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Kapitel 

SPIELMANNS GESCHICHTEN DER SAHEL

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1921

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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MIT EINER KARTE DER SAHARA UND

EINER BILDERTAFEL / TITEL- UND

EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE


7. Die Gimminifrau (Togolegende)

Ein Hogon in Kani-Bonso hatte einen Sohn, der war arm und hatte nichts als ein gutes Land. Der junge Togomann und Hogonsohn heiratete ein Gindomädchen aus Gimmini, die hieß Tando Gindo. Eines Tages begann die Regenzeit. Die Frau Tando fragte ihren Mann: "Hast du Korn zum säen?" Der Togomann sagte: "Nein, ich habe kein Saatkorn." Die Frau Tando sagte: "Dann will ich zu meinem Vater in Gimmini gehen und ihn bitten, daß er mir Saatkorn gebe." Der Mann sagte: "Gut, wenn du willst, so tue das." Die Frau ging heim und sagte zu ihrem Vater: "Mein Mann ist arm. Er hat einen guten Ackerboden unten im Tal, aber er hat kein Saatkorn. Willst du uns etwas Saatkorn geben?" Der Vater sagte: "Gewiß, ich tue es gern." Er gab, was nötig war, dann ging Frau Tando nach dem Togoorte Kani-Bonso zurück.

Am Tage, nachdem Tando zurückgekommen war, fiel Regen. Da säte der arme Togomann das Korn aus Gimmini. Die Saat ging auf, die Saat wuchs, denn der Ackerboden war sehr gut. Als das Korn kniehoch war, sagte die Frau zu ihrem Manne: "Sieh da herab auf unseren Acker (das Dorf liegt auf der Berghöhe). Sieh unser Korn. Das ist nicht das Korn der Togoleute in Kani, das ist das Korn der Gindo in Gimmini." Der Mann sagte nichts. Am andern Tage rief die Frau ihren Mann wieder, dann sagte sie dasselbe. Sie sagte es ihm nun alle Tage. Eines Tages rief die Gindofrau alle Togofrauen, von Kani zusammen, zeigte auf den Acker ihres Mannes herab und



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sagte: "Seht unser Korn da unten. Das ist nicht das Korn der Togoleute in Kani, das ist das Korn meines Vaters, der ein Gindo in Gimmini ist. Seht, so schön ist euer Korn nicht." Die Frauen sagten: "Ja, das Korn ist schön." Der Mann Tandos hörte es. Er sagte nichts. Er hörte das alle Tage, bis das Korn reif zur Ernte war. Aber er sagte nichts dazu.

Das Korn wurde reif. Der Mann rief seine Frau und sagte: "Sieh da unten herab. Das Korn ist reif, man kann es ernten." Die Frau Tando sagte: "Ja, das ist schönes Korn, das ist das Korn der Gindo in Gimmini - es ist anders als das Korn der Togo in Kani." Der Mann sagte nichts. Am anderen Tage schnitten sie das Korn. Die Frau sagte dann: "Das ist das Gindokorn meines Vaters." Der Mann sagte: "Wir wollen heimgehen, morgen werden alle Leute ihr Korn in die Speicher nehmen." Sie gingen nach Hause. Am anderen Morgen ging der Mann vor allen anderen Leuten Kanis auf den Acker ins Tal hinab - und sammelte all sein Korn zusammen. Er errichtete einen tüchtigen Kornhaufen daraus, zündete ihn an und brannte ihn ab. Das ganze Korn seines Ackers verbrannte.

Nach einiger Zeit kam auch Tando herab. Sie sah nach dem Korne. Sie sah nur den Aschenhaufen. Sie sah, daß alles Korn verbrannt war. Sie begann zu weinen und schrie: "Wer hat das Korn verbrannt?" Der Mann sagte: "Das habe ich getan. Und du weißt nicht, weshalb ich das tat?" Die Frau sagte: "Nein, das weiß ich nicht." Der Mann sagte: "Ich tat es, weil du die ganze Zeit hindurch zu mir und allen Frauen gesagt hast, das wäre Korn der Gindo aus Gimmini. Das wäre anderes Korn als das Korn der Togo von Kani-Bonso. Nun nimm das Korn und trage es, wie es ist (die Asche) dahin zurück, wo es herkam. Ich brauche weder das Korn noch dich. Ich habe mich sehr geschämt."

Der Vater des Mannes, der Hogon von Kani-Bonso, rief seinen Sohn zu sich und sagte: "Du hast dein Korn verbrannt. Deine Frau ist weinend fortgelaufen. Weshalb hast du das getan?" Der Mann Tandos sagte: "Ich hatte kein Saatkorn. Meine Frau Tando lieh solches von ihrem Vater in Gimmini. Als es aufging, sagte sie zu mir und allen Frauen Kanis, daß nur das Korn der Gindo in Gimmmi so schön sei, daß kein Togokorn der Kanileute so schön sei. Sie sagte es mir und den anderen Leuten alle Tage. Ich habe mich sehr geschämt und konnte es nicht anders machen, als wie ich tat." Der Hogon sagte: "Es ist gut."



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Dann rief der alte Hogon alle alten und jungen Männer Kani-Bonsos zusammen. Er setzte ein Wassergefäß auf und ließ sie bei dem Trunke schwören, dafür einzustehen, daß kein Togomann aus Kani-Bonso wieder eine Gindofrau aus Gimmini heirate. Die sämtlichen Leute schworen es. So blieb es auch. Etwa sechshundert Jahre lang hat kein Togo aus Kam eine Gindo aus Gimmini geheiratet. Erst seit wenigen (die Redewendung sagt drei Jahren) ist es wieder erlaubt und ein Verkehr angeknüpft.


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