Projektseite Volksmärchen Sagen Geschichten Etnologie Beriche © Arpa data
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

SPIELMANNS GESCHICHTEN DER SAHEL

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1921

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



Atlantis Bd_06-0004 Flip arpa

MIT EINER KARTE DER SAHARA UND

EINER BILDERTAFEL / TITEL- UND

EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE


7. Der Streit der Dabora und Sagone


(Ausklang der epischen Wagadudichtung in der Verzerrung geschichtlicher Ereignisse)

Sira Maka wurde König in diesem Lande und als solcher wurde er genannt Fan (= König) Sira Maka. Er hatte dreiunddreißig Söhne, die zum Teil, ohne jede Bedeutung gewonnen zu haben, starben. Sieben aber unter ihnen wurden Könige. Unter einigen brachen schwere Streitigkeiten aus. Aber die Kriege nahmen doch später ein Ende. Die sieben Söhne, welche Könige wurden, hießen:

I Dabo Mabu oder Dabo Mamuru. Er selbst ward Mabu oder Mamuru genannt, seine Mutter aber hieß Dabo.



Atlantis Bd_06-087 Flip arpa

2. Dama Mbana, der den Namen Dama nach seiner Mutter (?) erhielt.

3. Bagala Wali Sagaetigi Mannia, dessen persönlicher Name Wali war. Seine Mutter hieß Bagala, und Sagaetigi Mannia soll bedeuten, daß seine Mutter viele Verwandte hatte. War ein guter Freund der Mauren.

4. Bäi Tergissi. Man nennt im allgemeinen den Namen seiner Mutter nicht. Es war dies Sago, und somit ist Bäi Tergissi der Stammvater der Sagone.

5. Mamudu Köita, der Stammvater der Familie, die bei den Fulbe Bari und Marka Köita, bei den Malinke aber den Namen Makalo führt.

6. Djambere, dessen Mutter Fatuma Assa hieß.

7. Baba Saba, dessen Mutter Linge Dukure war.

Von allen dreiunddreißig Söhnen Fan Makas blieb Dabo Mamuru vereinsamt, während seine zweiunddreißig jüngeren Geschwister sich gegen ihn zusammentaten. Der erste Sohn Dabo Mamurus hieß Djugutu. Der schwerste Krieg brach zwischen den Nachkommen der Dabo mit Namen Sila Mabu und den Nachkommen des Sago, dessen Sohn Bäi Tergissi war, aus. Und das kam so:

Bäi Tergissi war sehr häßlich, aber ebenso tapfer. Dagegen war Sila Mabu aus Dabos Geschlecht ein ungewöhnlich schöner Mann. Bäi Tergissi und Sila Mabu hatten mancherlei Liebesabenteuer miteinander. Eines Tages war Sila Mabu verliebt in ein Mädchen, mit dem Bäi Tergissi nachts zusammenkam. Bäi Tergissi vermied es ängstlich, tagsüber mit seiner Geliebten zusammenzukommen, damit diese nicht die Häßlichkeit seines Gesichts erkenne. Sila Mabu nun sagte eines Tages, von Eifersucht getrieben, zu dem Mädchen: "Dein Geliebter ist so häßlich und entstellt, daß er es nicht wagt, sich dir tagsüber zu zeigen. Wenn du mir nicht glaubst, daß dies wahr ist, und wenn du sehen willst, wie häßlich dein Geliebter ist, so lege, ehe er kommt, einen deiner Ringe unter das Bett. Wenn ihr nun scherzet, sage: ,Mein Ring fiel mir herunter, mach' Feuer!' — Bestehe dann darauf, daß Licht gemacht wird und sieh dir alsdann deinen schönen Geliebten an." Das Mädchen wollte dem Rate nicht folgen.

Aber das Mädchen war neugierig. Sie folgte dem Rate des schönen Sila Mabo. Das Licht ward entzündet. Die Schmach für Bäi Tergissi war groß. Er wußte sogleich, daß Sila Mabu diesen Rat gegeben haben mußte.



Atlantis Bd_06-088 Flip arpa

Am anderen Tage begab er sich zu einer Frau mit Namen Sira Nomogo, die wohnte in Djofoga. Sie war alt und wohlbekannt dafür, daß sie allerhand Zaubermittel zur Hand hatte, die nur wenige kannten. Er ging zu ihr hinein und sagte ihr: "Gestern habe ich meine Familie sich über mich lustig machen hören. Nun will ich den Krieg beginnen. Sorge, daß mir nichts widerfahre, ehe ich nicht die Schmach vergolten habe." Sira Nomogo sagte: "Ich will dich gern fest gegen alle Waffen machen, nur benötige ich dazu das Auge eines Burschen, der der einzige Sohn seiner Eltern ist."

Bäi Tergissi hatte einen Kameraden, der war ihm immer sehr treu gewesen und er war außerdem das einzige Kind seiner Eltern. Er hieß Siatigi Sila Nkamba. Dem erzählte er, was ihm begegnet war und was die alte Sira Nomogo zu ihm gesagt hatte. Da sagte der Bursche: "So nimm doch mein Auge." Bäi Tergissi nahm das Angebot an. Die Alte bereitete mit dem Auge ein Medikament. Sie gab es Bäi Tergissi und sagte: "Erst wasche dich hier im Dorfe einmal mit dem Mittel. Dann gehe an den Fluß. Schwimme über den Fluß. Auf der anderen Seite steht ein Palmbaum, den mußt du besteigen, und da oben mußt du dich mit diesem Mittel noch einmal waschen. Während der ganzen Unternehmung darfst du keine Furcht verspüren, was auch unterwegs geschehe. Du darfst kein Furchtgefühl aufkommen lassen, bis du wieder ins Dorf zurückgekehrt sein wirst." —Bäi Tergissi nahm das Medikament und sagte: "Es ist gut."

Bäi Tergissi wusch sich erst im Dorfe, dann ging er in den Fluß und schwamm hinüber. Er kletterte auf den Palmbaum. Auf dem Palmbaume war die Schlange Bida. Als er sich wusch, streckte sie den Kopf empor. Sie ragte in Windungen weit empor. Er aber erschrak nicht, sondern wusch sich. Er stieg herab, um über den Fluß heimzukehren. Aus dem Flusse streckten die *ilden Tiere ihre häßlichen Gesichter empor. Er, Bäi Tergissi, aber ging unerschüttert über dem Wasser des großen Flusses und zwischen den Tieren hin nach dem Dorfe zurück. Er empfand keine Furcht.

Im Dorfe ließ er siebzehn Hörige zusammenbinden. Die brachte er der Alten als Gabe für das Medikament. Eines Tages war er bei der Alten und plauderte mit ihr. Die Alte sagte zu ihm: "Sieh dort hin." Am Rande eines großen Wassertopfes saß eine dicke Kröte. Die Kröte machte einen Sprung und versuchte in den Wassertopf zu kommen. Der Sprung mißlang. Die Kröte machte noch einen Sprung und versuchte nochmals, in den Wassertopf zu gelangen.



Atlantis Bd_06-089 Flip arpa

Auch der zweite Sprung mißlang. Die Kröte machte noch einen dritten Sprung und versuchte in den Wassertopf zu kommen. Diesmal gelang der Sprung. Die Kröte saß im Wassertopf. Die alte Sira Nomogo sagte: "So wird es dir auch ergehen. Zweimal wirst du vergebens zum Sprunge ansetzen und nicht gewinnen. Das dritte Mal wirst du Glück haben und deine Familie überwinden."

Der Krieg begann. Bäi Tergissi und Sila Mabo, die Sagone und Dabora schlugen sich zweimal, ohne daß einer den Sieg über den anderen davontrug. Das dritte Mal kam es zwischen Njoro und Kayes bei Gidime zum Gefecht. Ein Hirt Bäi Tergissis mit Namen Kembu Gollofa warf eine Lanze in den Rücken des auf dem Rückwege begriffenen Königs Sila Mabo. Der Hirt sagte: "Du bist von mir mit meinen Lanzen verwundet worden. Ich bin Kembu Gollofa. Sage das aber nicht in deinem Dorfe, denn sowie du es aussprichst, wirst du sterben. Das Gift an meiner Lanze ist von ganz besonderer Sorte. Es ist gewonnen von einem ersten Kalbe (?oder der ersten Milch) einer Kuh, aus der ich Butter bereitete. Sprich also nicht in deinem Dorfe davon. Sonst stirbst du." Sila Mabo floh eilig von dannen.

Eines Tages war im Dorfe Sila Mabos ein großes Tamtam. Jeder Krieger holte sein Gewehr und jeder erzählte (renommierte): "Ich habe das getan, ich habe das getan." Jeder erzählte von seinen Kriegstaten und Kriegserlebnissen. Sila Mabo zwang es (?). Er trat auf. Er sagte: "Ich habe großen Zorn im Herzen. Es war ein Hund, der hatte keine Farbe; nicht ein König hat mich verwundet, sondern ein Hirt. Ach, wie wenig schmerzt die Wunde, aber wie schmerzlich ist der Grimm in meinem Herzen. Ich bin verwünscht und es ist eine Schande. Die Worte, die mir zugefügt sind, schmerzen mehr als die Wunde." Bei dem Tanze war auch die Schwester des Hirten Kembu Gollofa. Sie sang: "Mein Bruder ist Hirt, aber er tat niemals jemandem, auch nicht einmal einem Ochsen, ein Leid an." Darauf entbrannte der Zorn des Königs und er rief: "Kembu Gollofa hat mich verwundet." Er ging in seine Hütte und starb.


Copyright: arpa, 2015.

Der Text wurde aus der Märchen-, Geschichten- und Ethnien-Datenback von arpa exportiert. Diese Datenbank wurde dank Sponsoren ermöglicht. Es würde uns freuen, wenn wir mit Ihrer Hilfe weitere Dokumente hinzufügen können.
Auch bitten wir Sie um weitere Anregungen in Bezug auf Erweiterungen und Verbesserungen.
Im voraus Dank für die Mithilfe. Spenden können Sie unter In eigener Sache

Ihr arpa team: www.arpa.ch Kontakt