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Kapitel 

SPIELMANNS GESCHICHTEN DER SAHEL

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1921

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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MIT EINER KARTE DER SAHARA UND

EINER BILDERTAFEL / TITEL- UND

EINBANDZEICHNUNG VON F. H. EHMCKE

Farakas historische Tiefe.

Auch das Lebensbild Farakas ist keine Fläche. Auch dem, der das "Heute" sieht, erschließt sich nicht ohne weiteres die Tiefe der Bilder, die Symbolik des Werdens. Sicherlich ist Tiefensicht nicht jedem Auge von vornherein angeboren, aber hier wird wohl ein jeder dazu angehalten. Denn:

An jenem Ufer ragen die Trümmer des Palastes des Königs Monsol - elende Lehmsäulen, aber doch noch wie anklagend erhobene Finger einer Schicksalserschütterung empor; — an dieser Stelle sind die tiefen Gruben, aus denen das Baumaterial zu einer Stadt entnommen wurde, die im 15. Jahrhundert dem Erdboden gleichgemacht wurde; — auf jenem Hügel starb der letzte Recke des Reiches Ganna, als dessen Hauptstadt noch im Norden lag; das war im 9. Jahrhundert; — alle diese roten Pyramiden wurden aber früher, viel früher über den Leichen der mächtigen Ritter aufgetürmt!



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Ich bin auch den Nil herabgefahren und habe die gewaltigen Monumente des Werdens einer uns urzeitlich hochehrwürdigen Kultur auf mich einsprechen lassen -einreden, einwirken lassen nach Maßgabe historischer Beglaubigung und dokumentarischer Tatsächlichkeit. Beredter, eindringlicher, überzeugender wirkte die Sprache dieser ältesten, geschichtlich versteinerten Zeugnisse des Niltales nicht als die in Lehm gebildete Zeugenschaft Farakas.

Da tauchte auf: die Beglaubigung der wenige Jahrhunderte alten Trümmer des ja nur jungen Bammanareiches von Segu. Da starrten empor die Merkzeichen des vorher blühenden Kaiserreiches Mali. Da waren voll sichtig: Stadtruinen aus der Zeit des noch jenseits liegenden Reiches der Songhai -die Mündung des Kanals, den der mächtige Askia nach Timbuktu gegraben -, die Pfeiler der Burgen, die er auf dem Gold heischenden Zuge nach Süden zum Schutze des Rückzuges errichtet die Trümmer der Dämme, die zur Wehr übermäßiger Überschwemmungen damals aufgetürmt wurden. Da prangten rot und unbeirrbar gewaltig aus gelbem Ufersand die roten Pyramiden der Gräber noch älteren Ganatumes - am Beginne unserer Zeitrechnung war ich damals angelangt; der Barde saß aber neben mir auf der Bordkante des Bootes und schlug die Laute und verkündete: "das aber, was das Heldenlied besingt, das war noch viel früher, und nach dem Einfall der Borojogo (=Fulbe; ca. drittes Jahrhundert n. Chr.) bis Mba (im II. Jahrhundert) regierten 44 Herrscher über Gana, vorher (also vor dem 3. Jahrhundert) regierten das Reich 74 Könige nacheinander."

Der Bardensang verherrlicht die Taten aus der Zeit der 74 Gana (oder Könige). —Leser, bedenke, in welcher Tiefe, in welches Jenseits geschichtlicher Ereignisse du damit dich versenken sollst.


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