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Kapitel 

DICHTEN UND DENKEN IM SUDAN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1925

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT EINER KARTE UND EINER TAFEL

9. Weitere Kriegszüge

Balla-Fasege-Kuate fragte Sunjatta: "Weshalb hast du den Djolofemansa töten lassen?" Sunjatta sagte: "Weil er mich einen Trinker geschimpft hat."Balla-Fasege-Kuate sagte: "Das hat nicht nur Djolofemansa gesagt, das sagte auch Ulimansa." Ulimansa war ein König, der nahe dem Lande Djolof wohnte. Sunjatta sagte: "So werde ich diesen Schimpf ebenso rächen", sandte eine Kriegsschar gegen den Mansa von Uli, ließ ihn töten und seine Herrschaft zerstören. Bald darauf hörte man, daß auch Njanimansa einen gleichen Schimpf gewagt hatte. Da sandte Sunjatta eine Kriegsschar gegen ihn und ließ ihn töten und seinen Kopf abschlagen.

Damals sagte man sich noch "Konata" als guten Tag und noch nicht "Keita", d.h. "Erbe"(in Wahrheit heißt Kei-taoder Koita "Glied der Königsfamilie"). Nachdem aber alle diese Kriege gewonnen waren, sagte man "Keita" statt "Konate", und so veränderte die Familie ihren Namen. Das Land war groß und die Krieger Sunjattas waren mit Pferden ausgerüstet.



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Kante Numu aber war ein Schmied, dem Sunjatta kein Pferd gegeben hatte. Deswegen war er sehr erbittert. Er sandte darum eine Nachricht an Susu Sumanguru und ließ ihm sagen: "Sende mir einen Pfeil!" (d. i. bildlich und soll eigentlich heißen ein Pfeilbündel und bedeutet eine Streitmacht), so will ich gegen Sunjatta zu Felde ziehen."Sumanguru empfing die Botschaft und war damit einverstanden. Er sandte eine Kriegsschar zu Kante Numu, der von Sunjatta abfiel und gegen ihn einen Krieg begann.

Sunjatta versammelte die Tuntajontanniuorro, die Morikantalulu, die Djabifedjonani, die Ngaranani und zog in den Krieg. Es kam zur Schlacht. Kante Numu sandte einen Pfeil auf Sunjatta, der den König an der Stirn verletzte. Die Leute wollten auf Kante Numu stürzen, um ihn zu töten. Sunjatta aber hielt sie zurück und sagte: "Laßt ihn, ich werde das selbst machen. Laßt ihn noch." Er nahm zwei Pfeile und schoß einen nach dem andern auf Kante Numu. Es waren Zauberpfeile und Sunjatta hatte zu ihnen gesagt: "Folgt Kante Numu, dem Abtrünnigen. Tötet ihn zunächst nicht, aber bleibt immer über seinem Haupte. Reitet oder geht er, so folgt seinem Wege, schläft, steht, sitzt, ruht er, so bleibt schwirrend über seinem Haupte. So bleibt bei ihm, bis er zu Sumanguru, dem Herrscher der Susu, seinem neuen Herrn kommt. Wenn er dort den Mund öffnet, um zu erzählen, daß er mich mit einem Pfeil getroffen habe, dann trefft, dann tötet den Abtrünnigen."Sunjatta schoß. Er schoß den ersten Pfeil. Er schoß den zweiten Pfeil.

Kante Numu war geschlagen, seine Truppen waren zersprengt. Er floh nach Süden (?),wollte zu Susu Sumanguru reisen. Die beiden Pfeile Sunjattas folgten ihm. Sie töteten den Abtrünnigen zunächst nicht, aber sie folgten ihm überall, wohin er ging, wo er stand. Sie blieben ständig über seinem Haupte. Ritt und wanderte er, so folgten sie ihm. Ruhte, lag, saß, stand er, so kreisten sie schwirrend über seinem Haupte. So blieben sie während der Reise immer bei ihm und verließen ihn nie. Mit den beiden Pfeilen im Gefolge kam er bei Sumanguru, dem Herrscher der geschlagenen Susu an. Sieben große Torbauten, die zusammen Bulungoulongola (ulongola = sieben) hießen, führten zum Regierungsplatze des Königs. Das erste Haus hieß Bulumbaualanta. Kante Numu trat hinein. Die Pfeile folgten ihm. Er schritt zur andern Seite heraus. Die beiden Pfeile traten mit ihm heraus. Das zweite Hofgebäude hieß Kiebalesigibung. Kante Numu trat hinein. Die Pfeile kamen mit ihm hinein. Er verließ das Torgebäude. Die Pfeile verließen es mit ihm. Er trat in das dritte,



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vierte, das fünfte, das sechste Torgebäude. Die Pfeile verließen ihn nicht, sondern blieben bei ihm. Das letzte Torgebäude hieß Gadaferubulong. Kante Numu trat hinein. Die Pfeile folgten ihm. Er durchschritt das Haus und trat auf der andern Seite ins Freie. Die Pfeile verließen mit ihm das Haus. Er durchschritt den Hof, die Pfeile folgten ihm.

Kante Numu trat vor den König. Die beiden Pfeile kreisten schwirrend über seinem Haupte. Kante Numu begrüßte den König und begann zu erzählen: "Du hast mir Krieger gesandt, mit denen zog ich gegen Sunjatta. Der hatte um sich Tuntjontaniuoro, die Djabifedjonani, die Morikantalulu, die Ngaranani. Es kam zur Schlacht. Sunjatta hatte viele Streiter. Wir fochten hin und her. Ich ergriff im Gefecht einen Pfeil und — In diesem Augenblick schossen die beiden Pfeile auf Kante Numu herab denn Sunjatta hatte ihnen gesagt, sie sollten den Abtrünnigen in dem Augenblicke töten, in dem er erzählen wollte, daß sein Pfeil den König der Mali getroffen habe. Kante Numu sank tot zu den Füßen des Königs Sumanguru. Dieser verfügte auch über starke Zauberkraft. Er ergriff seinen Baschiku (heiligen Kuhschwanz, Zeichen des Regenten) und wedelte mit ihm über dem Toten hin und her. Kante Numu erhob sich wieder. Susu Sumanguru sagte: "Sprich weiter." Kante Numu sagte: "Ich ergriff im Gefecht einen Pfeil und" — dann fiel er wieder tot zu Boden. Susu Sumanguru ergriff wieder den Baschiku und wedelte über ihn hin. Kante Numu erholte sich wieder. Susu Sumanguru sagte: "Sprich weiter!" Kante Numu sagte: "Ich ergriff im Gefecht einen Pfeil und — dann fiel er wieder tot zu Boden. Susu Sumanguru ergriff nochmals den Baschiku. Noch einmal konnte er Kante Numu zum Leben erwecken. Das viertemal gelang es nicht wieder, denn der Leib des Burschen war dann in Staub zerfallen. So erfuhr es Susu Sumanguru nie, daß einer seiner Pfeile Sunjatta verletzt habe. Der Krieg mit ihm nahm ein Ende. Die Susu waren geschlagen. Der König Susu Sumanguru ist bei Kulikorro in einen Berg verwandelt, der heute noch zu sehen ist. Der Ort ist heilig. Kein Fremder darf ihn betreten. Noch heute werden in der Umgebung bestimmte Zeremonien abgehalten.

Zu jener Zeit erschien oftmals ein Zwerg (Gotte) in den Träumen Sunjattas und erschreckte ihn bald mit einem, bald mit mehreren, bis zu sieben Köpfen. Sunjatta mußte im Schlafe weinen. Die Zwerge (Gotteni) gab es als lebendige Menschen in großer Menge in jener alten Zeit. Dies war ein ganz besonders gefährlicher. Es war Fakolobarama,



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der Vater der Koromagafamilie, der den Zwerg tötete und den König von der Plage befreite. —Ein Bruder Sunjattas, der Fatigi oder Fatjigi hieß, kam einst zum König und sagte: "Ich will nach Maka gehen. (Maka liegt im Osten und ist ein mythisches Land. Die Reihenfolge ist von West nach Ost: Medina, Maka, Dame Same, das Land, in das alle Toten gehen.) Es liegt sehr weit fort. Ich will aber alle Baschi und Komma suchen."Fatigi ging von dannen und holte tausendundvier Komma und Sanene, das sind die Urahnen der Komma, dann tausendundein verschiedene Baschi, und vor allem die Großväter der Baschitubalala, die Großväter der Tubalala, die aus goldenen Kuhstatuetten bestehen. Weiterhin brachte er die Großväter der Djakarri, d. h. der Hühner, die noch nicht bekannt waren, und die kleinsten Torre (Küken). Mit den Torre nährte er die Tubalala. Weiterhin kamen die Niginikonta, die Großväter der Bosso (Fischer) mit.

In Mossi brachte Fatigis Frau auf dem Heimwege einen kleinen Sohn zur Welt. Fatigi sagte: "Wie soll ich die beiden nach Mande bringen? Ich werde sie hier lassen." Er ließ Frau und Kind da, und von denen stammen die Mossi ab. —Er kam aber mit allen Baschi und mit den Komma in Mande wieder an.


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