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Kapitel 

DICHTEN UND DENKEN IM SUDAN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1925

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT EINER KARTE UND EINER TAFEL

8. Sunjattas Rückkehr

Sunjatta machte sich auf den Heimweg. Er kam an im Lande Mande, sandte einen Boten an Sumanguru und ließ ihm sagen: "Komm mit deinen Kriegern nach Kankinja, da wollen wir uns schlagen." Sumanguru kam mit seinen Helden nach Kankinja. Bei Kankinja schlugen sich die Mande und die Susunke neunmal. Bei Kankinja weinten die Leute aus Mande, aber die Susu lachten (d. h. gewannen die Schlacht). Sunjatta sandte seine Boten an Sumaflguru und ließ ihm sagen: "Komm, wir wollen uns in Djendjenfe schlagen."



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Sumanguru kam mit seinen Kriegern nach Djendjenfe. Bei Djendjenfe schlugen sich die Mande und die Susu neunmal. Bei Djendjenfe weinten die Leute von Mande und die Susu lachten. Sunjatta sandte Boten an Sumanguru und ließ ihm sagen: "Komme mit deinen Horden nach Djabefuga, da wollen wir uns schlagen." Sumanguru kam nach Djabefuga. Bei Djabefuga schlugen sich die Mande und Susu neunmal. Bei Djabefuga weinten die Mande und lachten die Susu. Sunjatta sandte an Sumanguru eine Nachricht und ließ ihm sagen: "Komm nach Tingambare, da wollen wir uns schlagen." Bei Tingambare schlugen sich die Heere neunmal. Bei Tingambare weinten die Mande und lachten die Susu. Sunjatta sandte Boten an Sumanguru und ließ ihm sagen: "Komme mit allen deinen Heeren und Kriegern nach Dagadjalla, da wollen wir unsere Kräfte erproben." Sumanguru kam. Die Schlacht bei Dagadjalla begann. Neunmal schlugen sich die Heere. Bei Dagadjalla lachten die Mande und die Susu wurden geschlagen. Sumanguru und die Susu mußten das Land verlassen. Sunjatta ward König von Mande.

Sunjatta rief Sirmangande, den Ahnherrn der Turre. herbei und sagte zu ihm: "Es gibt in der Welt etwas, das heißt Donfe (so wurde damals das Pferd genannt). Geh in das Land Djolof und kaufe für Gold Pferde, damit ich sie meinen Kriegern geben kann." Sirmangande Turre machte sich auf den Weg. Er suchte das Land des Djolofemansa (Mansa = König) auf, gab dem König das Gold und sagte: "Sunjatta, der König von Mande, schickt dieses Gold, damit du ihm dafür Pferde sendest." Der Djolofemansa ließ für das Gold fünfhundert Büffelhäute und fünfhundert Kobahäute bringen und legte sie an Stelle der Pferde vor den Boten Sirmangande. Er sagte: "Sage Sunjatta, daß die Malinke Jäger und Trinker sind, die besser Sandalen tragen als auf Pferden reiten. Sage Sunjatta, er solle aus diesen Fellen Sandalen für seine Leute machen. Die Pferde sind für wirkliche Könige. Die Pferde sind für den Djolofemansa." Damit entließ der König der Wolof den Boten.

Sirmangande kam zurück. Er traf zuerst Ulali Brahima, den Ahnherrn der Garanke, und sagte zu ihm: "Geh zu Sunjatta und sage ihm, daß der König der Wolof seine Botschaft verspottet hat und ihm sagen läßt, die Malinke seien Jäger und Trinker, aber keine Krieger, und die Pferde kämen nur wirklichen Königen zu." Ulali Brahima sagte: "Ich bin ein Arbeiter und arbeite meine Sachen stets gern und gut, aber ich bin kein Mann, der solche Sachen gut reden und vortragen kann."Sirmangande traf dann Fosana, den



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Ahnherrn der Fina, und sagte zu ihm: "Geh du zu Sunjatta und sage ihm, daß der König der Wolof seine Botschaft verspottet hat und ihm sagen läßt, die Malinke seien Jäger und Trinker, aber keine Krieger, und die Pferde kämen nur wirklichen Königen zu." Fosana sagte: "Ich schlage gern die Trommel und spiele gern, aber ich bin nicht geeignet, schlechte Worte zu sagen."Sirmangande traf dann Dumfaila, den Ahnherrn der Numu, und sagte: "Geh du zu Sunjatta und sage ihm, daß der König der Wolof seine Botschaft verspottet hat und ihm sagen läßt, die Malinke seien Jäger und Trinker, aber keine Krieger, und die Pferde kämen nur wirklichen Königen zu." Dumfaila sagte: "Ich bin ein Numu (ein Schmied) und verrichte jede Arbeit gern, die dem Numu zukommt. Solche Schimpfworte zu übertragen, schändet aber, und das mag ein anderer tun." Sirmangande traf dann auf Surrakata, den Ahnherrn der Djalli (der Sängerkaste). Er sagte: "So geh du denn zum König Sunjatta und sage ihm, daß der Djolofemansa seine Botschaft verspottet hat und ihm sagen läßt, die Malinke seien Jäger und Trinker, aber keine Krieger, und die Pferde kämen nur wirklichen Königen zu."Surrakata sagte: "Ich könnte es sagen, aber es wird jetzt Nacht, und die Geschichten der Nacht sind stets lang. Ich will aber zum Könige gehen und ihm sagen, daß ich ihm am Morgen die Botschaft bringen würde."

Surrakata ging zu Sunjatta und sagte: "Narremaga!"Der König anwortete: "Njatta, Njatta Ninkanja, Njatta, Njatta Namara!"Surrakata sagte: "Ich habe dir lange Worte zu überbringen, darum kann ich es dir heute abend nicht mehr berichten. Was ich zu sagen habe, ist nicht kurz. Sobald die Sonne den Osten rot macht, werde ich es dir sagen."Sunjatta sagte: "Sage es gleich, ich habe nicht die Gewohnheit, lange aufzuschieben, sage es!" Surrakata sagte: "Warte bis die Sonne den Osten rötet." Sunjatta hatte einen kleinen Sklaven mit Namen Djonfissiko (Djon = Sklave), zu dem sagte er: "Rufe alle meine Diener, sie sollen im Osten viel Holz aufschichten und es anzünden, damit der Himmel rot wird und man glaubt, die Sonne gehe auf." Der Knabe ging hin und tat so. Als der Himmel rot war, sandte Sunjatta zu Surrakata und ließ ihm sagen: "Der Himmel ist rot, komm und sage deine Worte!" Surrakata sagte: "Ich habe noch nicht die Hähne krähen hören. Es wird jemand Holz angezündet haben und davon wird der Himmel rot sein."Sunjatta sagte zu seinem Sklaven: "Geh hin und laß die Hähne schlagen, so daß sie krähen." Der Knabe ging hin und tat so. Als die Hähne



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krähten, sandte Sunjatta zu Surrakata und ließ ihm sagen: "Die Hähne krähen, komm und sage deine Worte!"Surrakata sagte: "Ich habe noch nicht die alten Leute husten hören. Es wird jemand die Hähne geschlagen haben, so daß sie krähen. Warte bis zum Morgen." Sunjatta sagte zu Djonfissiko: "Geh hin und laß die alten Leute schlagen, so daß sie husten." Der Sklave ging und ließ die alten Leute schlagen, so daß sie husteten. Dann sandte Sunjatta zu Surrakata und ließ ihm sagen: "Die alten Leute husten, komm und sage deine Worte!" Surrakata sagte: "Ich habe noch nicht die Sonne selbst gesehen. Es wird jemand die alten Leute haben schlagen lassen, so daß sie husten." Da wartete Sunjatta, bis die Sonne aufging.

Als die Sonne aufging, kam Surrakata und sagte: "Du hast Sirmangande in das Land der Wolof mit Gold gesandt, daß er es dem Könige bringe und dafür Pferde kaufe. Sirmangande ist hingegangen und hat das Gold dem Djolofemansa überreicht. Der hat vor ihm fünfhundert Büffelhäute und fünfhundert Kobahäute ausbreiten lassen an Stelle der Pferde und hat gesagt: ,Sage Sunjatta, daß die Malinke Jäger und Trinker sind, die besser Sandalen tragen als auf Pferden reiten. Sage Sunjatta, er solle aus diesen Fellen Sandalen für sich und seine Leute machen, die Pferde seien für wirkliche Könige. Die Pferde sind für den Djolofemansa.' Mit diesen Worten hat der Djolofemansa dich verspottet und deinen Boten entlassen!"

Es waren damals um Sunjatta versammelt: zum ersten die Tuntjontaniuoro, das sind die sechzehn unterworfenen Stämme, dann die Djabefedjonani, das sind vier fremde, und die Morikantalulu, das sind fünf islamische Völker oder Familien, und endlich die Ngaranani, die vier Helden Surrakata, Dumfaila, Ulali-brahima und Fosana mit ihren Anhängern. Von allen diesen galten die vier Helden als die klügsten.

Alle diese waren um Sunjatta versammelt, als Surrakata die beschimpfenden Worte des Königs der Wolof wiederholte.

Als der Djalli vollendet hatte, sagte Sangaradambinjakonte: "Laß mich diesen Schimpf rächen und gegen den Djolofemansa zu Felde ziehen!"Sunjatta sagte: "Das ist eine Sache, die ganz allein ich ausführen muß."Fagolibarma, der Großvater der Sussoro, sagte: "Laß mich diesen Schimpf rächen und gegen den Djolofemansa zu Felde ziehen."Sunjatta sagte: "Das ist meine Sache, die ganz allein ich ausführen muß."Tiramaga, der Großvater der Traore, sagte: "So laß mich denn diesen Schimpf rächen und gegen Djolofemansa



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zu Felde ziehen."Sunjatta sagte: "Der Schimpf ist zu groß, ich muß es selbst ausführen."Tiramaga sagte: "Wenn du mir das nicht erlaubst, so will ich mich selbst töten und begraben lassen."Sunjatta sagte: "Ich werde es selbst tun."Tiramaga ließ darauf sein Grab graben und hüllte sich in die Totenkleider. Er sagte nochmals zu Sunjatta: "Erlaube es mir!" Sunjatta sagte: "Ich muß es selbst tun." Da ging Tiramaga hin und legte sich in sein Grab. Er sandte einen Boten an Sunjatta, der sagte: "Tiramaga liegt im Grabe. Man wird es jetzt zuwerfen."Balla-Fasege-Kuate, der weise Sänger, stand bei Sunjatta, als die Botschaft ankam. Er sagte zu ihm: "Laß es jetzt genug sein und erlaube ihm, gegen den König der Wolof zu Felde zu ziehen."Sunjatta sagte: "So mag es denn sein."Tiramaga hörte die Nachricht, stand auf und sammelte seine Leute. Er zog von dannen in den Krieg. Tiramaga erschlug im Kriege selbst den Djolofemansa und hieb ihm den Kopf ab. Die Wolof stampften inzwischen wie wilde Büffel den Boden. So zerstörte Sunjatta das Wolofreich und erhielt Pferde.

Seitdem singt man folgendes Lied: "Tiramaga wird nie verletzt. Nie trifft ihn ein Pfeil. Nie trifft ihn ein Ball. Nie trifft ihn ein Messer. Wenn das Wasser steigt, kann Tiramaga es durchschreiten. Wenn ein Sumpf entsteht, so wird Tiramaga durch ihn hindurchgehen."


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