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Kapitel 

DICHTEN UND DENKEN IM SUDAN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1925

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT EINER KARTE UND EINER TAFEL

2. Bericht der Mossi von Wahiguja

Auch die geschichtlichen Erinnerungen und Sagen der Mossi von Jatenga sind scharf und klar. Nur die Anfangslegende, die Angabe über den Ursprung ist etwas variantenreich. Die Genealogie der Herrscher ist konturenrein und bei vielen Typendarstellungen fällt das Streben, porträtähnlich herauszumeißeln, in die Augen. Vieles und wahrscheinlich mancherlei vom wesentlichsten fehlt in diesen Überlieferungen. So vermißt man hier im Norden die Erwähnung von Kriegszügen der Mossi gegen Timbuktu, von dem die alten Autoren mit Schrecken berichten. Aber für die Mossi Wahigujas selbst war dieses kleine Ereignis entschieden bedeutend weniger wichtig als für die mohammedanischen Propagandisten, die die Blüten einer islamitischen Saat zertreten sahen, ehe der Samen herausgereift war. — Der Name "Jatenga" für dieses nördlichste Königreich früher sicher eine Provinz des Mogo-naba von Wagadugu wird einstimmig auf Jadaga, den Reichsgründer, zurückgeführt. Uns fällt die Ähnlichkeit des Namens Jatenga mit der einundvierzigsten Hofwürde und dem Titel des Jam-tenga-Naba auf. Das ist in Wagadugu der Oberherr der Wildlieferung. — Die Mossi von Wagadugu nennen dies abgefallene Königreich Jatiga.

Ein wesentlicher Zug in der Geschichte dieses Landes besteht in den ständig wiederholten Kriegen gegen Jako, gegen den Naba von Jako, dessen Residenz am Südrande Jatengas lag, und der zeitweise ein selbständiger Fürst, zeitweise ein Vasall von Wagadugu, zeitweise einer von Wahiguja war. Wir werden sehen, daß besonders die Anfänge der historischen Berichterstattung in Wahiguja mancherlei Detail bieten, das nicht einmal in Wagadugu wieder zu finden war, aber durchaus Anspruch auf Beachtung hat.

Vorgeschichte. Der erste Mossi überhaupt war Uidi Laogo oder Widi Laogo. Widi heißt Pferd, Widi Laogo heißt Hengst. Von seinem Ursprunge erzählt die Sage zwei Varianten:

1. Aus Gambaga soll ein Mann mit Namen Riaele gekommen sein. Das war ein Naba. Eines Tages war ein Hengst desselben entlaufen.



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Ein Sklave ging ihm nach, ihn zu suchen, fand im Busche eine Frau, beschlief sie. Die Frau ward schwanger. Als das Kind geboren war, nannte man es Uidi Laogo, weil es gelegentlich der Suche nach dem Hengst gefunden war. Diese Version hat nicht viel Wert; sie ward mir von Kurumi-nkobe vorgesetzt.

2. Die Version der eigentlichen Mossi von Jatenga lautet: In Garnbaga herrschte der erste Naba der Mossi, Gambaga Naba genannt. Er hatte eine Tochter, die hieß Jendenga. Der Naba wollte nicht, daß diese, seine Tochter, heirate und verlangte von ihr, daß sie wie ein Mann ein Pferd besteige und als Heerführer große kriegerische Taten vollbringe. Derart zog denn Jendenga aus. Sie führte Kriege. Sie unterwarf andere Stämme. Eines Tages aber traf sie einen Jäger mit Namen Riaele. In diesen verliebte sie sich. Sie schlief bei ihm. Sie sagte: "Wenn auch mein Vater mir verboten hat, je zu heiraten, so will ich dich doch und trotz allem zum Manne haben." Sie heiratete den Jäger Riaele. Sie schlug mit ihrem Manne ihr erstes Lager in Bito auf. Dort ward das Kind, der Stammherr der heutigen Mossi, geboren. Weil nun Jendenga ihren Mann auf dem Pferde reitend gewann, nannte man das Kind Widi Laogo, den Hengst. Seine Nachkommen aber nannten sich Mogosi, d. h. Menschensame, und das soll heißen, daß sie die ersten Menschen seien.

Widi Naba hatte zwei Söhne, nämlich:

1. Naba Rawa. Dieser führte Krieg nach Norden hin. Er ver- drängte die Habe, die im heutigen Jatenga ansässig waren und er- oberte das Land Jatenga für die Mossi. Sein Lager schlug er in der Sanga auf, die ich auf dem Wege zwischen Tu und Tiu kennen lernte. Er hatte einen

Naba Sonima, der den Ort gleichen Namens gründete. Weiter wissen die Mossi Jatengas von Familie nichts zu sagen.

2. Naba Sungarana. Dieser blieb erst in Bito, dann siedelte er nach Tenkodugu über. Dieser hatte einen Sohn, der hieß Ubri. Mit diesem Naba Ubri beginnt die Geschichte des eigentlichen Kai-Ortschaft serreichs Wagadugu. In jenen alten Zeiten soll es nämlich Sitte gewesen sein, daß jeder Nach-Sohn komme den Siedelplatz des ver. storbenen Vorgängersverließ und einen eigenen Ort gründete. Die von Ubri gegründete oder ausdieser erwählte neue Wohnstatt war Wagadugu.

Der Sohn Naba Ubris war Naba Naskiembj. Auch der herrschte in Wagadugu. In die Zeit von dessen Regierung im Süden fallen die Großtaten des Uamtanango Naba im fernen Norden. Ob derselbe aus Rawar oder Sungaranas oder aus noch anderem Stamme ist, konnte ich nicht feststellen, jedenfalls denken selbst die Mossi, noch viel mehr aber die älteren Einwohner dieses Landes, mit Schrecken an



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diesen grausamen Vorkämpfer des Mossitums zurück. Man erzählt von ihm: Er beherrschte die Distrikte Uderaogo, Djitti und Gurga im Norden Jatengas. Da er nun, anscheinend weil er daselbst ein Liebesverhältnis hatte, häufig nach Sabunu und zurück pilgerte, so störte ihn die Unebenheit des Weges, der über ein gebirgiges Terrain führte. So ließ er denn eines Tages alle Schmiede zusammenkommen und verlangte von ihnen, daß sie einen guten Weg bauten. Sie kamen dem Befehl nach und hoben einen Hohiweg aus, der nach Kapitän Noirées gleichlautenden Nachrichten eine Tiefe von 40 m bei 40 m oberer und 20 m unterer Breite hatte und der heute noch zu sehen sein soll. Dieser Fürst war über alle Maßen grausam. Eines Tages traf er eine Frau mit dem Kinde auf dem Rücken am Mörser. Er verlangte, daß sie das Kind im Mörser zerstampfe. Die Frau legte das Kind auch wirklich hinein, als es ihr nun aber fröhlich entgenlachte, warf sie die schon erhobene Mörserkeule fort, sprang dem Fürsten an die Kehle und erwürgte ihn. So kam er ums Leben.

Dem Naba Naskiembi folgte in Wagadugu dessen Sohn Naba Narimiori. Dem Naba Narimtori folgte in Wagadugu dessen Sohn Naba Nasibirri. Nasibirri verlegte die Residenz nach dem Orte La.

Naba Nasibirri hatte drei Kinder, nämlich: Naba Gurndunje, der in Wagadugu Herrscher ward, die Tochter Pawere und den jüngsten Sohn Jadaga. Besagter Jadaga war der Gründer des Königreichs Jatenga.

1. Naba Jadaga. Die Geschichte der Gründung resp. Absonderung Wahigujas oder Jatengas spielte sich folgendermaßen ab. Nasibirri verteilte das Land unter seine Söhne. Seine Tochter Pawere war in La verheiratet; Jadaga erhielt Gursi. Gumdumje war zunächst in Bussuma ansässig und zeugte daselbst einen Sohn. Dann ging er nach Wagadugu. — Es sei gleich hier betont, daß die direkte Abstammung Jadagas aus Sungarana-Nasibirris Stamm mir nicht ganz sicher ist. Denn die Überlieferung berichtet: Jadaga wurde zu Lebzeiten Naba Nasibirris am Hofe des Minima-Naba erzogen. Der Minima-naba war aber ein Urenkel des Naba-Rawa. Jadaga war eigentlich zur Thronfolge in Wagadugu bestimmt. Da er aber zur Zeit des Todes Naba Nasibirris gerade beim Minima-Naba und somit von Wagadugu fern war, so benutzte Gumdumji oder Kumdumji die Gelegenheit und schwang sich auf den Thron von Wagadugu. In dieser verdrängten Lagerung fand aber Jadaga in seiner Schwester Pawere eine Helferin, die ihm ein angenehmes Plätzchen, wenn auch nicht in Wagadugu, so doch im Norden bereitete. Das absolute Recht am Kaiserstuhle von Wagadugu hing nämlich ab vom Besitz der Reichsamulette, der sog. Tido. Pawere stahl nun eines Tages dem Kumdumje diese Tido und brachte sie ihrem andern Bruder Jadaga. Jadaga brachte sie in Gursi unter und dort werden



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sie heute noch aufbewahrt. Nun beschloß Jadaga die Gründung eines eigenen Reichs. Er sandte eine Botschaft an den Minima-Naba und ließ ihn bitten, zu ihm zu kommen und ihm zu helfen. Die Aufforderung lautete nach den Worten der Sage: "Komm, hilf mir, mein Kleid auszumessen." Der Minima-Naba ließ antworten, er werde kommen. Darauf ließ Jadaga eine tiefe Grube ausheben. Die Erde ward fortgeschafft und die Grube mit Matte bedeckt, so daß niemand den Tatbestand kannte. Als der Minima-Naba kam, lud ihn Jadaga ein, auf der Matte Platz zu nehmen. Der Minima-Naba trat darauf, die dünne Matte gab nach, der Minima-Naba stürzte in die Grube. Dann ließ Jadaga durch seine Frauen brühendes Wasser auf den Minima-Naba herabgießen. Darauf riß Jadaga die ganze Herrschaft an sich, und seitdem nennt man nach ihm das Land Jataga-tenga oder Jatenga. Nach Jadagas Tod regierte über Jatenga:

2. Naba Jaulo Fagama, ein jüngerer Bruder Jadagas, über den nichts Besonderes zu erfahren war. Nach diesem regierte:

3. Naba Kurita, der war ein Sohn Jaulo Fagamas. Soviel ist sicher, daß Kuritas Recht auf den Königsstuhl nicht unbestritten war, daß vielmehr noch ein Sohn Jadagas am Leben war, der hieß Djedda und gab sich alle Mühe, den Kurita von dem Platze, der ihm, dem Djedda, zukomme, zu verdrängen. Auf folgende Weise erreichte er sein Ziel:

In jener alten Zeit war es Sitte, daß jeder Jatenga-König erst ein "Tido-logo", ein Haus voll heiliger Zaubermittel, das in La stand, aufsuchen mußte. Er mußte zu Fuß dorthin wandern und empfing im Umkreise dieser Tida seine eigentliche Weihe. (Man sieht also, daß Kurita sich nicht in Gursi, sondern in La weihen lassen wollte.) Als Kurita diese Pilgerfahrt angetreten hatte, verbreitete Djedda möglichst schnell im Lande die Kunde, der Kurita sei auf der Pilgerfahrt ums Leben gekommen. Als alles Volk von der Nachricht erfüllt war, war es klar, daß man ihn, den Djedda, als zukünftigen König begrüßte und Djedda wußte sich sogleich dadurch beliebt zu machen, daß er die jungen "Witwen"Kuritas unter die Großen des Hofstaates verteilte. Die nahmen dankbar die Gabe des neuen, freien Königs an. Djedda nahm also keine der Frauen für sich selbst. Kurze Zeit später ward es bekannt, daß Kurita gar nicht gestorben, sondern vollkommen gesund, am Leben und im Begriff sei, auf Wahiguja zu marschieren. Sogleich verbreitete sich nun große Furcht unter allen denen, die eine Frau des Naba Kurita in ihr Haus bekommen hatten. Sie kamen zu Djedda und fragten: "Was sollen wir tun?"Djedda sagte: "Mich geht das eigentlich nichts an, denn ich habe mit keiner der Frauen etwas zu schaffen gehabt. Das ist eure Sache. Am besten wäre es für euch, wenn der Naba Kurita nicht lebend hier ankommt,



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damit ihr nicht tot von hinnen zu gehen braucht." Diesen Wink verstanden die Großen. Sie töteten Kurita-naba am Wege, ehe er an den Hof zurückkam und dann ward König:

4. Naba Djedda, der Sohn Jadagas. Durch die Erfahrung seiner Vorgänger gewitzigt, versammelt Djedda sogleich alle Großen seines Reiches und ließ an alle Dorfhäuptlinge die Nachricht ergehen, alle großen Zaubermittel seien nach Gursi zu bringen und dort in einem Hause, in jenem Heiligtum, in dem auch die von Pawere in Wagadugu gestohlenen Insignien aufbewahrt wurden, zu vereinen. So geschah es. Vordem mußte der neugekrönte Naba während sieben Jahren in einem derartigen Tida-logo zubringen, von nun ab ward es Sitte, daß der neue Mogo-naba von Jatenga nur sieben Tage im Heiligtum von Gursi schläft. — Nach Djedda bestieg ein weiterer Sohn Jadagas den Thron, nämlich:

5. Naba Puschinga, der seine Residenz nach Sai verlegte und in Sai verblieb. Sonst wird nichts Besonderes von ihm gesagt. Nach ihm regierte noch ein Sohn Jadagas, der hieß:

6. Naba Sonda, der regierte in Dombori. Sonst wird nichts Besonderes von ihm berichtet. Nach ihm bestieg der letzte Sohn Jadagas den Thron, nämlich:

7. Naba Untibaregum, der regierte in Sumjaga. Es wird nichts Besonderes von ihm berichtet. Mit ihm ist die Reihe der Söhne Jadagas abgeschlossen und nun kommen Herrscher an die Reihe, von denen gesagt wird, "daß sie länger regiert hätten als die Söhne Jadagas." Es folgte zunächst der Sohn Naba Uantibaregums, das ist:

8. Naba Lamboiga, von dem nichts weiter berichtet wird, als daß er in Tangai lange Zeit regiert habe. Ihm folgte der Sohn Lamboigas:

9. Naba Sungunum, von dem nichts weiter berichtet wird, als daß er in Bugunam residierte. Ihm folgte sein Sohn:

10. Naba Sangajella, der regierte in Arrasogoma. Unter seiner Regierung soll das Reich Jatenga den Gipfelpunkt seiner Macht erreicht haben und weder vor noch nach ihm soll ein Mogo-naba von Jatenga gleichen Hofpomp entfaltet haben. Die Legende erzählt sehr umständlich:

Naba Sangajella hatte an seinem Hofe einen Elefanten, einen Löwen und einen Panther, die waren alle drei zahm und in allen Ländern sprach man von diesem wunderbaren Besitze, der ein Zeichen der ungeheuren Macht des Naba Sangajella war. Auch der Mogo-naba von Wagadugu hörte von dem Pomp und von der Pracht, die am Hofe des Naba Sangajella herrschten. Er ward eifersüchtig und ließ zwei Fulbe und einen Mossi kommen. Zu denen sagte er: "Geht zusammen nach Jatenga an den Hof des Naba Sangajella. Man sagt mir, daß Naba Sangajella mehr Pracht biete und über größere Macht verfüge als ich." — Die Boten brachen sogleich auf.



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Als sie nach Arrasogonla kamen, wurden sie freundlich empfangen. Sie sahen sogleich den Reichtum, der hier herrschte, denn ihre Pferde wurden nicht an gewöhnlichen Holzpfählen festgepflöckt, sondern an Ringen festgebunden, die aus purem Kupfer bestanden. Auch wurde ihnen gesagt, daß der König sie am nächsten Tage empfangen wolle. —Am andern Tage wurden die Boten zum Empfangsplatze geführt. Sie warteten ein wenig, dann brachte man einen mächtigen Elefanten. Dann brachte man einen Panther herbei, der legte sich im Schatten des Elefanten nieder. Dann führte man einen Löwen herbei, der legte sich auch in dem Schatten des Elefanten nieder. Endlich kam der Naba Sangajella selbst. Die Leute legten ein Kissen in den Schatten des Elefanten zwischen den Panther und den Löwen. Darauf nahm der Naba Sangajella Platz, so daß er im Schatten des Elefanten lag und daß seine eine Hand auf dem Panther und die andere auf dem Löwen ruhte. Und der Naba fragte die Boten: "Ihr kommt von Wagadugu. Wie geht es dem Naba von Wagadugu?" Nachher entließ er die Boten. Sie kehrten nach Wagadugu zurück. Als sie zum Mogo-naba kamen, fragte der sie sogleich: "Ist es wahr, daß der Naba von Jatiga (Jatenga) so mächtig ist? Wer ist mächtiger, ich oder er?" Der Mossibote sagte: "Du bist mächtiger."Die beiden Fulbeboten aber sagten sogleich: "Das ist nicht wahr. Der Mossi, der mit uns war, und der dasselbe sah, was wir gesehen haben, lügt." Die beiden Fulbeboten fragten dann den Mogo-naba von Wagadugu: "Hast du je im Schatten eines Elefanten gelegen? Hat deine eine Hand je auf einem Panther, deine andere je auf einem Löwen ausgeruht? Nein, das vermochtest du nie. Du hast das nie gesehen und gekonnt. Das sahen wir aber am Hofe des Herrschers von Jatenga. Also ist der Herrscher von Jatenga mächtiger als du es bist." —

Nach ihm erhielt die Königswürde von Jatenga ein Sohn Sungunums, der hieß:

11. Naba Kissum. Er schlug seine Residenz auf in Kissamba. Es war nichts Besonderes über ihn zu erfahren. Ihm folgte der eigene Sohn:

12. Naba Nabassere, der regierte in Bissigai und war ein gar kriegerischer Herr. Wie viele seiner Vorgänger und Nachfolger führte er mit dem Naba von Jako Krieg. Gelegentlich eines solchen Kriegszuges ward er von einem Pfeil getroffen und starb an der Wunde in Tugung. Ihm folgte ein zweiter Sohn Naba Kissums, nämlich:

13. Naba Njobo, der schlug seine Residenz in Sissamba auf. Es wird nichts Besonderes von ihm erzählt. Man sagt nur, daß er mit Geschick dem eigenen Sohne zur Nachfolge verhalf, das war:

14. Naba Parima, der in Uomssum residierte. Ihm folgte wieder ein Sohn Kissums:



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15. Naba Kumjpaugung, der residierte in Ligi. Ihm folgte wieder ein Sohn Kissums:

16. Naba Tossedo, der residierte in Jalaka. Ihm folgte der letzte Sohn Kissums:

17. Naba Schieni, der residierte in Jeka. Ihm folgte ein Sohn des Naba Sungunum, der hieß:

18. Naba Jemba und residierte selbiger in Sitigo. Er war uralt und nicht imstande, sich zu bewegen. Darauf bestieg den Thron der erste Sohn Nabasseres:

19. Naba Pigo, der in Ubissige residierte; danach folgte ein zweiter Sohn Nabasseres:

20. Naba Kango. Die geschichtlichen Erinnerungen der nördlichen Mossistämme haften an keiner Persönlichkeit fester, als an diesem Manne. Ein Legendengewirr von typischer Üppigkeit hat sich um diesen Mann gesponnen. Das mag zum Teil in der sehr wichtigen Tatsache seinen Grund finden, daß Naba Kango der erste Herrscher Jatengas war, der sich in Wahiguja. fest ansiedelte und dieser Stadt zu einer Blüte verhalf, deren Blätter leider zum größten Teil im Winde der verschiedenen modernen Ereignisse abgerissen und verweht wurden. Es ist sicher, daß zur Zeit dieses Naba Wahiguja eine außerordentliche Entwicklung nahm, daß seine Bevölkerung sich vervielfachte, der Handel zunahm und ein großer Stapelplatz von Salzniederlagen hier entstand — und daß trotzdem die Sage fast nichts Gutes von dem Manne zu berichten weiß.—Vor allem erbaute er ein Schloß, ein Tuku. Tuku ist soviel wie ein Soro bei den Mande, d. i. ein großer Verteidigungsturm, wie ich ihn z. B. in Falaba schräg gegenüber von Sigirri photographiert habe. Bei dem Bau seines Schlosses entwickelte Kango einen ganz besonderen Ehrgeiz. Er sagte: "Ich will mein Tuku so hoch bauen, daß ich von hier, von Wahiguja aus, den Niger und Djenne sehen kann."Allerdings begann er den Bau des Schlosses, dessen Ruinen heute noch als imposante Massen aus den Feldern und Hainen emporragen, erst, nachdem er sich seines Thrones endgültig versichert hatte. Und das ist ihm, allen Anschein nach, schwer genug geworden oder gemacht worden.

Zunächst hatte der Naba Kango schwere Kämpfe mit den Naba Uabugu in Sitiga zu bestehen. Naba Kango ward geschlagen und mußte fliehen. Kango kam auf der Flucht zu dem Tenga-demba-Häuptling von Luguri. Er fragte ihn: "Sag' mir doch, was aus mir werden soll und ob ich nicht wieder Herr von Jatenga werden kann!" Der Häuptling sagte: "Ich will das Orakel befragen und ein Opferhuhn schlachten. Wenn das verendete Huhn mit dem Kopfe nach Osten auf dem Rücken liegend verendet, wirst du wieder Mogo-naba von Wahiguja werden. Wenn solcher Fall nicht eintritt, ist keine



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Hoffnung für dich." — Das Huhn ward geschlachtet. Es verendete mit dem Kopf nach Westen und mit der Brust auf dem Boden liegend. Naba Kango sah dieses schlechte Zeichen und befahl: "Töte noch ein Huhn!" Der Tenga Demba opferte noch ein Huhn und dieses verendete mit dem Rücken auf dem Boden liegend und dem Kopf nach Osten. Dieses Mal war das Orakel also günstig.

Darauf machte sich Naba Kango nochmals auf den Weg und floh bis nach Kong. In der Stadt Kong lebten und herrschten die gelehrten, einflußreichen und alleswissenden Mohammedaner. Naba Kango ging zum ersten unter ihnen und sagte: "Ich bin aus Wahiguja geflohen. Der Dorfchef von Luguri hat aus dem zweiten Orakelhuhn herausgefunden, daß ich wieder Mogo-naba von Wahiguja werden würde. Ich kann also nicht ohne eure Hilfe und ohne euren entscheidenden Rat, die große Schwierigkeit der Wiedereroberung meines Landes mit Mut und Hoffnung beginnen." Der große Marabut von Kong sagte: "Bring' mir einen weißen Hahn herbei."Naba Kango tat es. Der Marabut nahm den Hahn, er tötete ihn, er zerschnitt ihn in ganz kleine Stücke, er füllte sie insgesamt in einen Topf. Auf den Topf stülpte er einen Deckel, der fest schloß. Darauf sagte er zu Kango: "Warte nun sechs Tage." Am siebenten Tag hob Kango den Topf deckel empor. Da flog der weiße Hahn lebendig hervor, als ob nichts mit ihm geschehen sei. Der Marabut aber sagte: "Du hast gesehen, was ich mit dem weißen Hahn vermochte; um dich wieder zum Mogo-naba von Wahiguja zu machen, bedarf es desselben Verfahrens." Naba Kango sagte: "Wenn es nötig ist, tue es!" Der Marabut nahm den Naba Kango wie ein Opfertier. Er schlachtete, er zerschnitt den Naba Kango in lauter kleine Stückchen; er warf alle kleinen Stückchen zusammen in einen Topf. Dann stülpte er einen Deckel darüber. Hierauf ließ er den Topf sechs Tage lang stehen. Als er am siebenten Tage den Deckel lüftete, kam Naba Kango unbeschädigt, wohlerhalten an allen Gliedern und gesund wieder aus dem Topf heraus. Das alles sah der Naba Saga mit an. Der Naba Saga war der jüngere Bruder des Naba Kango, der hatte ihn auf seiner Reise bis hierher begleitet. Der Marabut sagte zu: Naba Kango: "Nun kehre getrost in dein Land Jatenga zurück. Allah wird dir alles geben, was du brauchst. Nur eines ist dir versagt. Dein Sohn wird nicht alt genug werden, um dir auf den Thron folgen zu können." Naba Kango sagte: "Das macht mir nichts, denn mein jüngerer Bruder Saga, der mich begleitet, kann mir nachfolgen und seine Kinder gelten mir ebensogut wie die meinen. Sorge du nur, daß er einen Sohn habe." Darauf wurde der Naba Saga mit vielerlei Medikamenten gewaschen, auf daß ihm Nachkommen erwüchsen.

Der Marabut sagte noch allerhand zu den beiden Nabas, dann verließen



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die beiden Kong. Sie reisten nun beide nach Segu. Naba Kango führte einen Strauß mit sich. Als er mit seinem Bruder und dem großen Vogel nach Segu kam, fragten ihn die Leute: "Was ist das für ein Vogel, den du da bei dir führst?" Naba Kango sagte: "Das ist ein Huhn aus Jatenga." Die Leute in Segu fragten: "Sind alle Hühner in Jatenga so groß?" Naba Kango sagte: "Ja, sie sind alle so groß." Die Leute sagten: "Laß uns mit dir gehen, damit wir auch solche Hühner kaufen und essen können." Der Naba Kango sagte: "Es ist gut, kommt nur mit mir." Es schlossen sich ihm viele an. Er kam aus einem Orte in den andern. In allen Städten und Dörfern bewunderten die Leute das große Huhn, erkundigten sich nach seinem Ursprung, baten um die Erlaubnis mitzugehen und schlossen sich ihm an. So wuchs die Zahl seiner Begleitung von Tag zu Tag.

Der Marabut in Kong hatte dem Naba Kango ein kleines Gewehr, eine Feuersteinpistole, gegeben und gesagt: "Nimm dieses kleine Gewehr mit. Wenn du nach Jatenga zurückkommst, wird dir ein Tansoba mit Truppen entgegenkommen. Auf den schieße mit dem kleinen Gewehr. Wenn dann beim Abschießen dein eigener Daumen weggerissen wird, so betrachte dies als gutes Zeichen, dann ist dir der Sieg sicher. Bleibt aber deine eigene Hand unversehrt, so ist das schlecht, so ist das ein Zeichen, daß deine Zeit noch nicht gekommen ist." Mit dem kleinen Gewehr aus Kong und seiner Truppenmacht aus Segu marschierte Naba Kango nun auf Jatenga zu. Zwischen den Dörfern Gomboro und Tangare kam ihm der feindliche Tansoba entgegen. Dieser Tansoba rief ihm zu: "Komm zurück! Dein Bruder tut viel Schlechtes im Lande und alle Leute hoffen auf dich!" Naba Kango gedachte aber der Aufforderung des Marabut in Kong. Er schoß mit dem kleinen Gewehr auf den feindlichen Heerführer und als der Schuß losging, ward ihm der eigene Daumen abgeschlagen. Das war ein gutes Zeichen. Er schlug seinen Bruder, den Usurpator, und jagte ihn bis nach Jako. Er selbst aber ward wieder Mogo-naba von Jatenga. —

Nunmehr begann er das Schloß zu bauen, das so hoch werden sollte, daß er von dessen Dache aus bis nach Segu und dem Niger schauen könne. Er ließ zum Baue viele Leute aus allen Teilen seines Landes zusammen kommen. Als der Hauptturm einige Stock hoch aufgeführt war, stürzte er zusammen und begrub viele Leute in seinen Trümmern. Er sagte: "Das ist mir gleich, beginnt von neuem!" Darauf ward wieder begonnen. Der Turm stürzte oft ein und begrub oft fünfzig und hundert Bauleute unter sich. Der Naba Kango sagte aber stets: "Es ist mir gleich, beginnt von neuem!"

Eine besondere Sache hatte Naba Kango mit den Fulbe im Norden zu erledigen. In Homburi wohnte ein großer Fürst der Fulbe, der hatte zahlreiche Herden und viele Hirten. Ein Diawando des Fürsten



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pflegte seine Herden weit nach dem Süden zu treiben. Da war ein Ort, an dem gab es sehr viele Strauße und Perihühner und der Diawando suchte hier deren Eier. Deshalb nannte man den Ort Djellegobi (d. i. Djelgoddi der Habe und der Karte). Der Diawando sandte von den Eiern häufig an seinen Fürsten nach Homburi. Der Hornburifürst freute sich hierüber, nahm die Geschenke an und machte dem Diawando Gegengeschenke. Auch kam er dann und wann nach Djellegobi zu Besuch. So nahm durch eigene Tüchtigkeit und durch das Wohlwollen seines Fürsten die Macht des Diawando immer mehr zu, so daß er zuletzt eine große Selbständigkeit erreichte und versäumte, seinem Fürsten seine Besuche zu machen. Das hatte aber zur Folge, daß der Fulbefürst von Homburi dem Diawando eines Tages den Befehl zukommen ließ, nach Homburi zurückzukehren.

Der Diawando kam diesem Befehl nicht nach. Vielmehr sandte er eine Botschaft nach Wahiguja zu Naba Kango, dem Mogo-naba von Jatenga und ließ ihm sagen: "Ich will meinem Herrn, dem Fürsten von Homburi nicht mehr gehorchen! Hilf du mir, ihm Widerstand zu leisten!" Der Naba Kango ließ dem Diawando antworten: "Ich kann dir zur Zeit keine Leute leihen. Ich habe aber von Kong ein Zaubermittel von außerordentlicher Kraft mitgebracht, das stelle ich dir für deinen Feldzug zur Verfügung. Es ist das ein heiliger Bare, Pferdepflock, der den Namen Kirre hat. Er besteht nicht wie andere Pferdepflöcke aus Holz, sondern aus Eisen. Schlage den Kirre in der Mitte deines Gehöftes ein und du wirst einen großen Erfolg sehen. Es wird dir niemand etwas anhaben können." Der Diawando bot darauf hin seinem Fürsten Trotz. Der Fürst sandte Truppen. Die Truppen wurden vom Diawando geschlagen. So ward der Diawando mit Hilfe des Kirre selbständig.

Nach einiger Zeit sandte der Naba Kango an den Diawando eine Nachricht und ließ ihm sagen: "Ich habe dir mit meinem Kirre gegen deinen Fürsten geholfen. Nun sende mir entweder den Kirre zurück oder zahle mir hinfort Abgabe." Der Diawando ließ darauf antworten: "Ich bin dir für deinen Kirre sehr dankbar. Möglicherweise brauche ich ihn auch in Zukunft und deshalb kann ich ihn dir nicht wiedergeben. Abgaben werde ich dir aber nicht zu zahlen brauchen, solange der Kirre in meinen Händen ist." Als Naba Kango diese schnöde Antwort erhielt, rüstete er sogleich Truppen und gab den Befehl den widerstrebenden Diawando zu züchtigen, ihm den Kirre wieder abzunehmen und ihn zu zwingen, in Zukunft Abgaben zu zahlen. Die Truppen machten sich auf den Weg und kamen nach Djellegobi. Sie wollten die Plünderung beginnen. Aber jede Kuh, die die Krieger wegführen wollten, jeder Ochse, den sie wegtreiben wollten, warf sich zu Boden und niemand vermochte es, die Tiere wieder emporzubringen, so fest lagen und hafteten sie am Boden.



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Das war die Wirkung des Kirre, den Naba Kango aus Kong mitgebracht und den er dem Diawando geliehen hatte. Die Leute suchten den Kirre, aber sie konnten ihn nicht finden. Sie kehrten unverrichteter Sache nach Wahiguja zurück. Seitdem aber besteht zwischen den Mossi von Jatenga und den Fulbe von Djellegobi Krieg. Bis heute ist kein Friede zwischen beiden Völkern geschlossen.

Eines Tages beschloß der Naba Kango mit dem Mogo-naba von Wagadugu Krieg zu führen. Er rüstete eine starke Truppenmacht und stellte diese unter den Befehl seines Bruders, des Naba Saba. Er begleitete mit seinen eigenen Truppen seinen Bruder ein gutes Stück weit und sandte dann den Naba Saga weiter, daß er die Sache mit Kraft anfasse. Er selbst blieb mit seinen Leuten liegen. Er erwartete in seinem Lager eine Nachricht von seinem Bruder, dem Naba Saga. Die Botschaft ließ sehr lange auf sich warten. Im Lager Kangos entstand daher Unruhe. Eines Tages sangen die Pendaga, Spielleute, vor dem Naba Kango: "Der Mogo-naba von Wagadugu ist zu mächtig; wir werden in dem Kampfe unterliegen. Es ist besser für uns, wenn wir heimkehren." Der Naba Kango antwortete: "Ich will hier abwarten, bis mein Bruder Naba Saga zurückgekehrt ist. Eher werde ich diesen Platz nicht verlassen." Er blieb mit seinen Leuten liegen. Eines Tages kam der Naba Saga in großer Hast angejagt. Sein Pferd war von sechzehn Pfeilen getroffen, die ihm im Leibe steckten. Als Naba Saga vor dem Naba Kango angekommen war, brach das schwer verwundete Pferd zusammen, überschlug sich und starb. Naba Kango fragte seinen Bruder: "Ist in Wagadugu für uns etwas zu machen?" Naba Saga sagte: "Du siehst es ja selbst. Betrachte mein Pferd und urteile. Wenn du es aber willst, bin ich natürlich bereit, den Krieg fortzusetzen." Naba Kango sagte: "Ich sehe die sechzehn Pfeile, das genügt mir. Wir wollen zurückkehren." So kehrte er mit seinem Bruder von dem Feldzuge gegen Wagadugu unverrichteter Sache zurück. —

Eines Tages sandte Naba Kango eine Botschaft nach dem Dorfe Sabuni und ließ sagen: "Die Bewohner von Sabuni sollen mir Luftziegel herstellen, denn ich will bauen." Die Bewohner von Sabuni hielten eine Versammlung ab und sagten unter sich: "Das hat noch niemand von uns verlangt; das ist nicht unsere Sache. Wir wollen es dem Mogo-naba mitteilen." Sie sandten den Boten zurück und ließen dem Mogo-naba sagen: "Noch niemals hat man von uns verlangt, Luftziegel zu machen. Du bist aber unser Mogo-naba, verlangst du unwiderruflich, daß wir Luftziegel machen?" Der Naba Kango ließ antworten: "Ja, ich verlange unbedingt, daß ihr mir Luftziegel macht." Die Leute von Sabuni sagten: "Wir werden also deinem Befehle nachkommen. Du wirst aber erstaunt darüber sein, was passiert!" Die Sabunileute machten sich sogleich an die Arbeit.



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Sie fertigten fünftausend Luftziegel an. Sie sagten: "Wir haben, dem Befehl des Mogo-naba nachkommend, fünftausend Luftziegel gemacht. Nun wollen wir diese fünftausend Luftziegel auch nach Wahjguja marschieren lassen." Dann schnitten die Sabunileute Stöcke und begannen auf die Luftziegel loszuschlagen. Darauf begannen die Luftziegel zu laufen. Sie liefen so schnell sie konnten. Die Luftziegel begannen immer schneller zu laufen. Die Sabunileute jagten sie, jagten sie, bis sie ohne alle andere Hilfe auf Wahiguja zu marschierten. Die Sabunileute trieben sie einfach vor sich her, sowie die Hirten eine Ochsenherde treiben. Sie trieben die fünftausend Luftziegel bis zum Dorfe Juba. Als sie so weit gekommen waren, kam beim Naba Kango eine Botschaft an, die lautete: "Die Sabunileute haben fünftausend Luftziegel bereitet, sie treiben sie jetzt wie die Hirten eine Ochsenherde vor sich her. Die Luftziegel laufen ganz von selbst und sind schon beim Dorfe Juba angekommen." Als der Naba Kango das hörte, befiel ihn große Furcht. Er sandte sogleich eine eilige Nachricht und ließ sagen: "Die Luftziegel der Sabunileute sollen sogleich, da wo sie sind, liegen gelassen werden. Ich will sie nicht mehr haben und will sie überhaupt nicht sehen." Der Bote mit der Nachricht rannte auf dem kürzesten Wege so schnell wie möglich von dannen. Aber als er nach Juba kam, waren die Ziegel schon weitergetrieben. Der Bote lief hinterher und traf sie erst, als sie schon ganz dicht bei Wahiguja angekommen waren. Als die Sabunileute die Nachricht vernahmen, trieben sie die Ziegel nicht weiter. Sie blieben alle zusammen auf einem Haufen liegen. Sie bildeten einen Hügel, den man noch heute sehen kann. Er ist im Lande wohlbekannt und hat den Namen Kabine-Tanga.

Eines Tages sandte der Naba Kango an die Bewohner des Ortes Ninga eine Botschaft, die lautete: "Stellt sogleich Kalebassen her und sendet sie umgehend, denn ich benötige sie für den Haushalt meiner Frauen!" Als die Ningaleute die Nachricht empfingen, hielten sie eine Versammlung ab und sagten: "Wir haben diese Gewohnheit nicht. Wir sind Tanga-Dumba. Wir machen keine Kalebassen. Wir wollen das dem Mogo-naba sagen." Alle sagten: "Wir wollen das dem Mogo-naba sagen." Sie sandten eine Botschaft an den Mogo-naba, die lautete: "Wir Leute von Ninga sind nie Kalebassenmacher gewesen, wir sind Tenga-Dumba." Der Naba Kango ließ ihnen aber antworten: "Ich verlange von euch die Kalebassen für den Haushalt meiner Frauen." Als die Leute in Ninga die Nachricht empfingen, pflanzten sie sogleich einen Kürbiskern. Dieser Kürbiskern keimte augenblicklich, und sehr schnell sprossen Zweige aus dem Keime hervor, der pflanzte sich mit großer Schnelligkeit fort; er schlängelte sich in der Richtung auf Wahiguja fort, langte dort an, ließ Blüten aufgehen und dann zwanzig Kürbisse keimen.



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Der Mogo-naba wußte nichts davon. Als eine Spanne Zeit verstrichen war, sandte er eine neue Botschaft nach Ninga, die lautete: "Vor längerer Zeit habt ihr den Auftrag erhalten, Kalebassen für den Haushalt der Frauen des Mogo-naba nach Wahiguja zu schaffen. Wo bleiben die Kalebassen ?" Die Leute von Ninga antworteten: "Der Mogo-naba soll hinter seinen Hof sehen. Die Kalebassen sind schon lange angelangt. Wir sind nicht so mächtig als Naba; wir wissen aber unsere Angelegenheit doch auch in besonderer Weise zu regeln." Der Mogo-naba empfing die Botschaft; er schaute hinter seinen Hof und sah die Kürbisranke aus Ninga und daran die zwanzig Kürbisse. Da bekam er Angst und sagte zu den Ningaleuten: "Behaltet lieber eure Kalebassen." —

Bei den Mossi war es in jener alten Zeit Sitte, daß nur die Großen und die Vornehmen lange Beinkleider trugen. Das niedere Volk mußte sich mit kurzen, zwischen den Beinen hosenartig durchgezogenen Zeugstreifen begnügen. Ein Aufseher der Sklaven des Königs war nun groß und angesehen geworden und der Mogo-naba hörte, daß der Mann die Angewohnheit angenommen hatte, bei sich zu Hause lange Hosen zu tragen. Der Naba Kango dachte: "Dieser Mann wird mir zu groß, ich werde ihn beiseite bringen." Er sagte einem Boten: "Laufe sogleich zu dem Sklavenaufseher und sage ihm, er soll schnell zu mir kommen, das Fleisch herzurichten." Der Bote lief hin. Er traf den Sklavenaufseher in seinem Hause, angetan mit langen Beinkleidern. Er sagte: "Naba Kango ruft dich. Du sollst sogleich zu ihm kommen, um Fleisch zu zerlegen." Der Sklavenaufseher sagte: "Ich komme sofort." Er wechselte schnell die lange Hose (Kurugu genannt) mit dem kürzeren Lendenhöschen (Pogei genannt), nahm seine Fleischaxt auf die Schulter und machte sich auf den Weg zum Mogo-naba. Naba Kango sah ihn an und sagte: "Es ist dein Glück, daß du im Sklavenkleid kommst. Andernfalls wärst du verloren gewesen. Nun geh, ich habe genug Leute zum Fleisch zerteilen." —

Eines Tages ward eine der Frauen Kangos guter Hoffnung. Es war aber keine sittengemäß geheiratete Frau. Man verkündete das weit im Lande, und als das Kind glücklich geboren war, brachten die Leute von allen Seiten Geschenke, zumal Stoffe, Kleider und dergleichen herbei, damit alles recht feierlich und großartig hergehe. Die großen und vornehmen Minister der Umgebung des Naba Kango sagten aber: "Dieser Mogo-naba, Naba Kango, ist ein ungemein grausamer und gewalttätiger Mann. Es wäre schlimm, wenn solchem Herrscher ein noch schlimmerer Nachkomme folgen würde." Dann trugen sie, gleich wie bedacht auf Ehrung dieses Kindes, viele Stoffe und Kleider herbei. Sie riefen: "Man gebe dem Kinde, was ihm zukommt" und häuften so lange Kleider und Stoffe über ihm auf, bis



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es erstickt war. Dann sagte man dem Naba Kango: "Dein Kind ist geboren, es ist aber auch wieder gestorben." Der König antwortete: "Man sagte mir schon in Kong, daß ich keinen Nachfolger aus eigenem Blute haben würde." —

Naba Kango war über alle Maßen streng und sehr grausam. Von seinem Turme aus konnte er weit über das Land sehen. Er sah, wenn abends die Skiavinnen und Arbeiterinnen seines Hofes fort und Zwischen den Feldern hingingen, um Wasser oder Holz zu holen. Wenn dann ein Vorübergehender nur mit diesen Hofsklavinnen nichts weiter als ein freundliches Wort wechselte, so ließ er ihn zu sich kommen, sagte ihm, daß er gegen die Ordnung gehandelt hätte, indem er mit den Hofsklavinnen sprach, und ließ ihn töten.

Solchergestalt tötete er viele Leute. Eines Tages sagte er: "Ich habe genug getötet, ich habe genug Leute auf die gewöhnliche Weise hinrichten lassen. Von jetzt ab will ich nicht mehr so töten wie sonst, sondern ich will einmal verbrennen." Darauf ließ er in der Nähe von Pinschi die Schmiede viel Holz schlagen und zu einem großen Haufen zusammenwerfen. Darin ließ er Männer und Weiber in großer Menge verbrennen. Seit der Zeit aber wächst an dem Platze kein Holz mehr.

Naba Kango regierte im ganzen dreißig Jahre. Nach seinem Tode bestieg den Thron sein Bruder.

21. Naba Saga. Es war der gleiche, der den Naba Kango auf der Reise nach Kong begleitet hatte. Er residierte in Tsiga. Dauer seiner Regierung unbekannt. Nach ihm bestieg den Thron in Jatenga ein vierter Sohn Nabasseres:

22. Naba Kanko, der nicht mit dem Naba Kango zu verwechseln ist. Er regierte nur sehr kurze Zeit in Kumsidiga. Im folgte ein Sohn des Naba Saga:

23. Naba Tunguri, der regierte unbekannte Zeit in Wahiguja. Ihm folgte wieder ein Sohn des Naba Saga:

24. Naba Tanga, der regierte fünf Jahre lang in Wahiguja. Ihm folgte wieder ein Sohn des Naba Saga:

25. Naba Ragongo, der regierte unbekannte Zeit in Wahiguja und hatte zum Nachfolger abermals einen Sohn Naba Sagas.

26. Naba Saguru, der regierte unbekannte Zeit in Wahiguja. Er gründete Nabasinigama, "den Platz der Könige". Ihm folgte wieder ein Sohn des Naba Saga:

27. Naba Totebalebo, der residierte in Siga. Er führte einen schweren Krieg mit Rischiam bei Koroko, Sabaseing und Korra. Er verbrannte alle Städte und jagte den feindlichen Fürsten auf den Berg. Nun bat der so geflüchtete Rischiam um Frieden. Rischiam ließ sagen: "Wir sind Verwandte und bei der ganzen Sache handelt es sich doch nur um eine Frau!" Naba Totebalebo war damit einverstanden.



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Der Friedensschluß kam zustande, und der Mogo-naba von Jatenga machte sich wieder auf den Heimweg. Diesen Rückmarsch benutzte Jembe, der Bruder Totebalebos, den Herrscher aus dem Wege zu räumen und sich selbst auf den Thron zu bringen.

Man erzählt, Totebalebo sei blind gewesen. Als der führende Fulbe den Mogo-naba nun auf das Dorf Darrigima beim See Bama zuleitete, verbreitete Jembe im Hintergrunde, d. h. unter dem Nachtrabe, plötzlich das Gerücht, Rischiam habe den Friedensvertrag gebrochen und greife plötzlich die abziehende Armee Totebalebos im Rücken an. Sogleich bemächtigte sich der Leute eine große Panik. Alles drängte nach vorn, und der mit fortgerissene blinde Naba Totebalebo jagte unversehens auf das Ufer des Sees zu, indessen Schlamm er erstickte. Jembe hatte seinen Zweck erreicht. Er bestieg als Nachfolger Totebalebos den Thron. Somit regierte wieder ein Sohn Naba Sagas:

28. Naba Jembe. Obgleich man das nach der hinterlistigen Weise, in der er seinen Bruder ums Leben und sich auf den Thron gebracht hatte, nicht glauben sollte, gilt er als der beste Mogo-naba, der je über Jatenga herrschte. Er regierte siebenundzwanzig Jahre lang in Wahiguja. Unter seiner Regierung unternahm eines Tages der Fulbekönig Balobo von Tenekung, Kako und Konari einen anscheinend religiösen Kriegszug gegen die Fulbe von Djellegobi. Die Fulbe von Djellegobi flohen zu Naba Jembe nach Wahiguja und baten um den Schutz des Herrschers von Jatenga. Der ward ihnen zuteil. Naba Jembe sandte seinen Tansoba gegen Balobo, und der gewann den Sieg. Jembe gründete Diniuokoro und andere Ortschaften. Sein Nachfolger war ein Sohn Naba Kankos, nämlich:

29. Naba Sannurn, der nur zwei Jahre in Sisamba regierte und von dem nichts Besonderes gesagt wird. Ihm folgte ein Sohn des Naba Tuguri:

30. Naba Ngoboga, der residierte fünf Jahre in Wahiguja. Ihm folgte ein Sohn des Naba Totebalebo:

31. Naba Pigo, der nur sieben Monate in Wahiguja residierte und dem folgte nach ein Sohn des Naba Jembe:

32. Nabo Baogo, regierte von 1884 bis 1895 in Wahiguja. Das wichtigste Ereignis in seinem Leben war ein sehr schwieriger Krieg gegen Mamadu Laki, den mohammedanischen Fulbeherrscher in Bandiangara. Naba Baogos Lage ward dadurch so schwierig, daß ihm im eigenen Lande in Bagare, in einem Sohn des Naba Tunguri ein gefährlicher Widersacher erwuchs, der sich im Jahre 1894 mit dem Fulbeherrscher vereinte und Naba Baogo zwang, auswärts eine Hilfe zu suchen. Sein Appell an den damals eingesetzten französischen Militärchef von Bandiangara hatte zur Folge, daß beiden Königsparteien Friedenshaltung anbefohlen wurde. Naba Baogo war damit nicht gedient. Nach Darstellung der Mossi ward er durch die



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Fulbe nochmals zum Kampfe gezwungen, der sich bei Tiu abspielte. Nach Angabe der Fulbe hat Naba Baogo den Kampf nochmals begonnen. Jedenfalls ward der Naba Baogo bei dem Streite durch einen Pfeilschuß verwundet und starb kurz nach dem Wiedereintreffen in Wahiguja an den Folgen dieser Verwundung. Ihm folgte sein Widersacher Bagare, der als Mogo-naba von Jatenga den Namen annahm:

33. Naba Bulli (der Sohn Tunguris), der vom 26. Januar 1896 bis 1899 in Wahiguja regierte. Das Eintreten in die Regentschaft ward ihm sehr schwer gemacht, da die wichtigste Partei im Lande gegen den "Bundesgenossen der Fulbe"eingenommen war. Ja, er soll nach den alten Landesgesetzen nicht einmal erbberechtigt gewesen sein. Die Nachkommen des Naba-Saga befehdeten ihn und machten ihm die Lage so schwierig, daß er seine alten Bundesgenossen, die Fulbe in Massina und die französische Regierung zur Hilfe in Anspruch nahm. Sie verhalfen ihm im Jahre 1898 zur rechtmäßigen Anerkennung und Königsweihe zu Gursi. — Ihm folgte wieder ein Sohn des Naba Tunguri:

34. Naba Ligidi, der regierte vom 4. Februar 1899 bis zum 12. Februar 1902. Er war ein bequemer, nach jeder Richtung seniler und stumpfer Mann, dem das Mogo-nabatum ganz gleichgültig war und der dem "Rufe des Volkes" nur Folge leistete, weil seine Großwürdenträger es verlangten. Diese nämlich fürchteten, die Oberherrschaft ihrer Familien aus den Händen zu verlieren, wenn jetzt, was evtl. geschehen konnte, ein Sagasproß ans Ruder käme. Ihm folgte ein Sohn Naba Ngobogas:

35. Naba Kaboga, der am 28. Februar 1902 in Wahiguja die Weihe empfing und bis zur Zeit meiner Abreise herrschte. Er ist ein alter, ziemlich stumpfsinniger Herr, dem am Absynth mehr liegt als an selbständiger Herrscherwürde. Er wird der französischen Regierung jedenfalls keine Schwierigkeiten bereiten.


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