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Kapitel 

DICHTEN UND DENKEN IM SUDAN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1925

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS/JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE

MIT EINER KARTE UND EINER TAFEL

1. Bericht der Mossi von Wagadugu

1. Uidi Rogo. Der Gambaka-naba hatte eine ganze Reihe von Töchtern, aber keinen Sohn. Einer alten Sitte entsprechend, hatte er seiner ältesten Tochter, welche den Namen Njallanga oder nach andern Jendanga führte, verboten zu heiraten. Dieses Mädchen war vielmehr mit der Aufgabe betraut, als kriegerische Fürstin vor den Soldaten des Gambaka-naba herzuziehen und den Krieg in fremde Länder zu tragen. Nur mißmutig verzichtete die Prinzessin auf die Ehe. Ein Streit entspann sich zwischen dem Vater und der Tochter, und sie bestieg eines Tages in wildem Zorne ihren Hengst und ritt von dannen. Der Streit hatte sich entsponnen um das Recht der Ausplünderung des Quartiers der Mandekaufleute, welche der Gambakanaba durchaus schonen wollte. Die Prinzessin sagte: "Mein Vater, du verbietest mir zu heiraten und erlaubst mir nur Kriege zu führen. Nun aber willst du mir auch nicht mehr meinen freien Willen in der Kriegführung lassen und willst mir nicht erlauben, daß ich diese Mande-Diula, die ich hasse, vernichte. So werde ich denn den Krieg dahin tragen, wo es mir gefällt, und werde meine Sitten einrichten, wie es mir paßt!" Die Prinzessin ritt von dannen.

Sie ritt weit fort, bis in die Gegend des Landes Namba. Dort traf sie einen mächtigen Jäger, welcher der Sage nach entweder Riale oder Riaele oder auch Torse oder Tonsa genannt wird. Er war der Sohn des Königs von Bingo, entstammte also dem uralten Geschlechte der Gurmafürsten. Die Prinzessin verliebte sich, ähnlich wie in der Sage der Kalunda- und Bihestämme, in diesen Prinzen und blieb bei ihm. Der Ehe entsproß dann der gewaltige Recke Uidi Rogo. Das Grab des Stammherrn Tonsa wird mit aller Bestimmtheit an den Ort Komtoiga verlegt.

Uidi Rogo erbte den Haß der Mutter gegen die Mande und gegen die Marenga, wie die Songhai bei den Mossi genannt werden. Er sammelte, sobald er erwachsen war, viele Leute um sich, ward Naba in Namba und begann als Namba-naba seine Feldzüge nach den verschiedensten Himmelsrichtungen. Er drängte überall im Lande die Marenga und die Jarsi zur Seite, gelangte auf diesem Zuge immer weiter nach Norden und erreichte im vierzigsten Jahre seiner Regierung den Niger, überschritt ihn und zerstörte die mächtige Handelsempore des Nordens, das altberühmte Timbuktu. Die Leute von Timbuktu erzählen hiervon heute noch. Sie sagen, daß vordem ein



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mächtiges Wasser von der Sahara her an der Stadt Timbuktu vorüber dem Niger zugeeilt wäre, daß Timbuktu im Schatten mächtiger Wälder von Borassuspalmen gestanden und geblüht hätte. Der gewaltige Mossirecke schüttete aber den Fluß zu. Er ließ Wälder mit Beilen umschlagen und den Flußlauf mit den Stämmen und mit Erde anfüllen. Er machte die Stadt dem Erdreich gleich und brachte auf ihren Trümmern der schwarzen Fahne, die ihm vorangeweht hatte, ein Opfer dar. Langsam nur erholte sich Timbuktu von diesem Schlage, langsam nur wuchsen die Palmen wieder empor und konnten so das Holz geben, aus dem später der mächtige Songhaikaiser seine Kriegsflotte baute.

Nach diesem Kriege kehrte Uidi Rogo nach dem Süden zurück. Im nördlichen Lande des Nigerbogens ließ er seine beiden Söhne, den Rava-naba und den Sonima-naba, zurück. Es war das ein Geschlecht von mächtigen Recken, die zunächst aber nicht mehr im Zusammenhang mit den nach Süden sich ausdehnenden Mossistämmen wirkten. Die Volkslegende weiß, daß es nicht nur kriegerische Leute waren, die hier aus diesem Stamme entsproßten, sondern daß sie auch große Bauwerke auszuführen verstanden. Sie waren außerordentlich grausam und gewalttätig und zwangen mit aller Macht, über die sie verfügten, die Eingeborenen zu mächtigen Kulturleistungen. Am lebendigsten blieb den Eingeborenen die Erinnerung an den Uamtanangonaba im Gedächtnis, der als Schrecken des Landes und grausamer Vorkämpfer des Mossitums geschildert wird. Man erzählt von ihm, daß er die Gebiete um Nderaogo Djitti und Gurga beherrscht hätte. Da er nun häufig nach Sabunu hin und zurück wanderte, weil daselbst eine Frau wohnte, die er über alles liebte, so veranlaßte ihn die Unebenheit des Weges, der gebirgiges Terrain durchschnitt, eines Tages alle Schmiede zusammenkommen zu lassen. Er verlangte von ihnen, daß sie einen guten Weg bauten. Sie kamen dem Befehle nach und buben einen Hohiweg aus, der nach Kapitän Noirdes übereinstimmendem Bericht vierzig Meter obere und zwanzig Meter untere Breite hatte und der heute noch zu sehen sein soll. Der Fürst war über alle Maßen grausam. Eines Tages traf er eine Frau mit einem Kinde auf dem Rücken am Mörser damit beschäftigt, Korn zu stampfen. Der Naba verlangte, daß sie das Kind im Mörser zerstampfe. Die geängstigte Frau legte das Kind in den Mörser; als es ihr aber fröhlich daraus entgegenlachte, warf sie die schon erhobene Mörserkeule fort, sprang dem Fürsten an den Hals und erdrosselte ihn. So kam er ums Leben.

2. Naba Djungulana. —Während im Norden die Söhne des Reichsgründers in dieser Weise wirtschafteten, setzte Uidi Rogo bei seinem Tode seinen Enkel Djungulana als Groß-naba ein. Dieser führte gegen die Völker im Westen des Reiches die Ursprungskriege. Diese



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Stämme nannte man Ninisi. Zuerst versuchte Djungulana den Krieg mit Pfeil und Bogen. Aber der Pfeilkrieg brachte ihm keinen Vorteil. Er vermochte nicht zu siegen. Da wandte er sich an ein anderes Volk, an die Njonjonsi, und sagte: "Wenn ihr euch in einen Wind verwandelt und diese oder jene Stadt umbiast, so will ich euch ein gutes Gericht vorsetzen." Dann verwandelten sich die Njonjonsi in Winde und bliesen die Stadtmauern und alle Häuser der Ninisi um. Oder Djungulana bot den Njonjonsi Ochsen oder Kaurimuscheln, für die sie ihm auch derartige Dienste erwiesen. Man sah damals viele Leute zusammengekauert und mager und ständig schlafbedürftig im Lande umherhocken. Wenn man die Leute aufweckte und fragte: "Was hast du denn?", so antworteten sie: "Das ist die Kunukungu (Schlafkrankheit), die haben die Njonjonsi auf Naba Djungulanas Befehl auf uns herabgeblasen." Viele Leute bekamen geschwollene Beine oder Arme oder sonst geschwollene Körperteile. Das alles war das Werk der Njonjonsi, die sich auf Naba Djungulanas Befehl in Wind verwandelten. Und so drängte dieser Herrscher die Ninisi nach Westen.

3. Naba Ubri. — Ihm folgte Naba Ubri, der insofern mit Recht als Gründer des Mossireiches genannt wird, als er die Hauptstadt Wagadugu erbaute. Sein Vorgänger hatte gegen die Stämme im Süden, gegen die Gurunsi, erfolglos gekämpft. Ubri setzte dieses Ringen mit doppelter Kraft fort und war fast ununterbrochen im Kriege; zuweilen verbrachte er vierzig Tage im Busche, ohne ein Dach über sich zu haben. Aber er ruhte nicht eher, als bis er die Gurunsi weit über den Volta nach Westen verdrängt hatte, und pflanzte die Fahne als Grenzzeichen in Boroma auf. Weiterhin eroberte er auf weitausgreifenden Kriegszügen einige Provinzen im Norden. Im Nordosten gelangte er bis zu einem Orte, den man sehr einfach Tenga (d. i. Erde), nachher aber Ubri-Tenga nannte.

Eines Tages wollte Ubri die Stadt Kudugu erobern, sah aber, daß er dazu nicht imstande war. Da befiel ihn die Furcht vor einem schlimmen Ende dieses Krieges und er floh nach Nanjali zurück. Hier befiel ihn eine Krankheit, an der er starb. Seine Leute nahmen den Leichnam auf den Kopf und trugen ihn fort. Sie wollten ihn nach Tenkodugu tragen und dort bestatten, kamen aber mit dem Leichnam nur nach Tenga. Die Leute von Tenga sagten: "Bestattet doch den Naba in unserem Orte!" Sie antworteten: "Nein, wir wollen ihn zurück bis nach Tenkodugu bringen." Die Leichenträger waren aber zu ermüdet, um gleich weiterzuwandern, legten sich hin und schliefen ein. Während sie schliefen, buben die Tengaleute schnell das Grab aus, bereiteten alles gut vor und stahlen den Leichnam des Naba. Das vollbrachten sie um Mitternacht und machten es ganz heimlich. Als die Leichenträger erwachten, war ihr Naba Ubri bestattet,



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ohne daß die Leute wußten wo. Da blieb ihnen nichts weiter übrig, als ohne die Bürde weiterzugehen und nach Tenkodugu zurückzukehren. Die Leute von Tenkodugu fragten: "Wo ist der Naba Ubri ?" Die Leichenträger sagten: "Er wollte die Stadt Kudugu angreifen, kehrte dann aber nach Nanjali zurück, wurde dort krank und starb. Wir nahmen ihn auf die Köpfe und wollten ihn hierher zurücktragen. Als wir aber nachts ermüdeten und im Tengagebiete ausruhten, stahlen die Leute von Tenga den Leichnam und bestatteten ihn heimlich in ihrem Orte." —Seit jenem Tage nennt man den Ort nicht mehr einfach Tenga, sondern Ubri-Tenga oder Naba-Ubri-Tenga. Die Eingeborenen des Ortes genießen aber bis heute ein eigenartiges Vorrecht: sie dürfen königliches Eigentum stehlen.

4. Naba Sorroba. — Ubri folgte sein ältester Sohn, der Naba Sorroba, dessen erste Handlung war, daß er die Großen des Reiches, also den Uidi-naba, den Lachale-naba, den Gunga-naba, den Tansoba-naba, den Kamsogo-naba und den Ballum-naba zu sich kommen ließ. Nachdem sie aber sechs Tage bei ihm verweilt hatten, sagte der Kaiser: "Ich werde jetzt auf dem Grabe meines Vaters Ubri einen Ochsen schlachten. Hört, was ich euch sage: in Zukunft soll man jedem Mogo-naba (d. h. Kaiser), der gestorben ist, in dieser Zeit einen Ochsen darbringen. Auch soll der Mogo-naba seiner verstorbenen Mutter ein Stück Vieh opfern. Das soll in Zukunft Recht und Sitte sein!" Auf diese Weise war durch Sorroba das Basagafest eingesetzt. — Der Naba Sorroba gab überhaupt viele Gesetze. So richtete er die Sitte der drei Tänze Uarraba, Tschigiba und Uando ein. Er war ein großer Organisator, der sein Leben in Lugusi, südwestlich des Wagadugugebietes, verbrachte.

5. Naba Nasikiemde. 6. Naba Narimtori. —Von den beiden nachfolgenden Kaisern Nasikiemde und Narimtori ist nicht viel zu sagen, wohl aber erfuhr das Mossireich unter dem siebenten Kaiser, dem Naba Nasibirri, eine bedeutende Entwicklung. Unter seiner Regierung haben die beiden Provinzen Kajo und Jatenga, deren Hauptstadt Uahiguja ist, ihre eigentliche Entwicklung erfahren. Es ist hierbei sehr eigenartig und nicht ohne Rechtsstreitigkeiten zugegangen. Um das, was die Eingeborenen sich erzählen, zu verstehen, muß man wissen, daß jedesmal, wenn ein Mossikaiser eine neue Provinz schuf, indem er einem seiner Söhne die Lehnsgewalt über ein zu eroberndes oder neu zu besetzendes Landgebiet übertrug, ein gewisses Zaubermittel von dem Mittelpunkte des Reiches aus leihweise in die neue Stadt getragen wurde.

7. Naba Nasibirri. — Dieser Nasibirri hatte nun außer seinen Söhnen noch eine Tochter, welche Pawere oder Bi-Kajo hieß. Von ihr erzählt die Sage eine Überlieferung, deren Sinn sowohl die Ja. tenga wie die Kajoleute für sich in Anspruch nehmen. Trotzdem



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man mit ziemlicher Sicherheit sagen kann, daß die entsprechenden Ereignisse Jatenga betrafen, erhielt ich von Kajoleuten die bessere Version, die ich im folgenden wiedergebe. Sie erzählen, daß es am Hofe des Kaisers Nasibirri ein Zaubermittel gegeben habe, das "Pemtiga" hieß und das, wie alle andern Staatszaubermittel, der Oberaufsicht des Gungu-naba unterstellt war. Dieses Medikament wirkte gegen Pfeilschußwunden, ja auch gegen Pfeilgifte. War jemand verwundet, so brauchte er nur ein wenig von Pem-tiga abgekratztes Pulver auf die Wunde zu streuen, um seiner Genesung sicher zu sein. Oder aber auch, man wandte sich, bevor man in den Kampf zog, an dieses Zaubermittel und sagte: "Wenn ich aus diesem Kampfe unverletzt zurückkehre, so will ich dir ein weißes Huhn zum Geschenk machen." Man war in solchen Fällen des Schutzes Pem-tigas sicher. Nun hatte der Naba Nasibirri der Sitte gemäß seine Söhne mit Gebieten an der Grenze des Reiches belehnt, und zwar da, wo ein ständiger Kampf mit den kriegerischen Alteingeborenen vorauszusehen war. Besonders der in Kajo angesiedelte Sohn war einem stetigen Kampfe ausgesetzt und verlor im Pfeilkampfe mit den Eingeborenen viele Leute, wie auch sein eigenes Leben ständig bedroht war.

Da beschloß die Schwester des Kajo-naba, das noch als Pogo-Bi-Kajo in der geschichtlichen Erinnerung sehr lebendige Mädchen, dem älteren Bruder einen Schutz zu verschaffen und ihrem Vater das Zaubermittel Pem-tiga zu rauben. Sie führte ihr Vorhaben in einer dunklen Mitternacht aus. Der Gungu-naba sah das Mädchen, die Kaisertochter, eines Abends bei sich eintreten. Er konnte sich nichts Schlimmes denken. Am andern Tage besichtigte er aber die Reichszaubermittel und fand die Pem-tiga nicht. Er begab sich sogleich zum Mogo-naba und fragte: "Hast du die Pem-tiga an dich genommen?" Naba Nasibirri sagte: "Nein; sind sie nicht mehr vorhanden?" Der Gungu-naba sagte: "Die Pem-tiga sind nicht mehr bei mir. Allerdings sah ich gestern abend die Pogo-Bi bei mir eintreten, ich weiß aber nicht, ob sie etwas weggenommen hat." Der Mogo-naba schickte sogleich Reiter mit dem Gunga-naba ab, um das Entwendete oder die Diebin zu suchen. Die Reiter suchten die ganze Gegend ab, fanden aber nichts mehr. Pogo-Bi war schon zu weit. Sie war zu ihrem Bruder nach Kajo entflohen und hatte dem die Pem-tigas gegeben. Als sie das getan hatte, sandte sie selbst eine Nachricht an Naba Nasibirri, ihren Vater, den Mogo-naba von Wagadugu, und ließ ihm sagen: "Ich war es, die die Pem-tiga stahl. Mein Vater hat meinen ältesten Bruder nach Kajo geschickt, und hier gibt es so viele Pfeilschüsse, daß er seines Lebens nicht sicher ist. Deshalb habe ich meinem älteren Bruder die Pem-tiga gebracht, daß er sie anwende. Wenn Naba Nasibirri die Pem-tiga wieder erlangen will, dann muß er sie schon selbst holen!" Während nun einige



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sagen, daß der Naba Nasibirri die Sache dabei hätte auf sich beruhen lassen, erzählen andere eine sehr eigentümliche Fortsetzung.

Naba Nasibirri sagte: "Die Pem-tiga mag da bleiben, wo sie jetzt ist. Ich will aber auf jeden Fall diese Pogo-Bi, meine Tochter, die die klügste und tapferste unter den Frauen der Mossi ist, zurückgewinnen. Ich werde ihr folgen, bis ich sie wiedererlangt habe." Nasibirri machte sich mit einem gewaltigen Heere auf den Weg. Die Prinzessin sammelte ihre Streiter und Reiter um sich. Sie floh über den Niger und kam in die große Stadt der Marenga. Der Kaiser folgte ihr. Er eroberte die Stadt, nahm seine Tochter gefangen und kehrte mit ihr zurück. Die Pogo-Bi ward darauf die kriegerische Vorkämpferin des Nabatums.

Der Schluß der Mossiversion ist deswegen so interessant, weil wir in der Songhaichronik für das Jahr 1480 verzeichnet finden, daß der Kaiser der Mossi im Juli in der Stadt Biro angelangt sei, ihre Krieger überwunden und sie nach einem Monat wieder verlassen habe. Merkwürdigerweise erzählt die Chronik, daß er von den Eingeborenen eine Frau verlangt hätte und daß dies die Tochter eines sehr gelehrten Mannes gewesen sei. Er habe sie geheiratet. Es heißt, daß der Mossikönig zuerst die Bewohner von Biro überwunden und ihre Familien in Gefangenschaft gesetzt, die Gefangenen nachher aber im Kampfe wieder verloren habe.

Daß wir hier ein historisches Ereignis, das von zwei Seiten beleuchtet wird, vor uns haben, geht aber noch daraus hervor, daß der Herrscher sich nicht mit dieser Tatsache begnügte. Vielmehr rüstete er im Jahre 1498 einen Zug gegen diesen Kaiser, der in der Chronik als Na-Asirra, in der Tradition der Nordmossi aber als Naba Asirri aufgeführt ist. Der Songhaikaiser verlangte vom Mossikaiser die Annahme des Islam. Dieser erklärte, daß er mit seinen Ahnen Rücksprache nehmen wolle, begab sich in den entsprechenden Tempel und erlebte es, daß sich ein Greis aus der Tiefe erhob. Die Mossi warfen sich anbetend vor dem Verstorbenen nieder, und dieser erklärte dann im Namen der Vorfahren, daß sie nie damit einverstanden sein würden, wenn die Mossi Islamiten würden; sie sollten vielmehr bis zum letzten Augenblick gegen die islamitischen Heere kämpfen. In der Tat vermochten die Heere des Kaisers das Mossivolk nicht zu überwinden.

8. Naba Njiginjem. — Diesem historisch so wichtigen Herrscher folgte Njiginjem, von dem die Sage nichts anderes zu verzeichnen weiß, als daß er die Großen des Reiches bestach, auf daß sie gegen das Herkommen seinen Sohn zum Nachfolger machten. Dieser, der Naba Kundumje, hat auch in der Tat eine ganz bedeutende Rolle gespielt; ihm ist die eigentliche Festigung und Organisation des Landes, die Einteilung in große Provinzen, zuzuschreiben. Er führte



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sehr viele Kriege und wußte selbst den Bogen geschickt zu handhaben. Er setzte seine eigenen Söhne als Provinzverwalter ein. Vor allen Dingen unterwarf er zunächst den Nordwesten und gründete die Provinz des Bussama-naba, der seinerseits dann seinen jüngeren Bruder Mani-naba mit einem Distrikte belehnte. Kundumje war aber auch der erste, der gegen aufrührerische Mossifürsten, also gegen eigene Verwandte, umfangreiche Kriege führen mußte, und vor allen Dingen machten ihm die immer sehr selbständigen Herren des Nordens, der Provinz Jatenga, das Leben schwer. So gründete er denn die Provinz Jako, die in der Mitte zwischen Jatenga und der Wagaduguprovinz lag. Dann rief er noch die Städte Kumkiesse Tenga, dann Tanga und im Süden Gjellogo und Pauam-Ture ins Leben. Der Poa-naba verließ als Kurita das Land.

Jedesmal nämlich, wenn ein neuer Kaiser auf den Mossithron gesetzt wurde, wurde der älteste Volibruder des neuen Herrschers förmlich und feierlich mit den Kleidern des verstorbenen Vaters gewissermaßen investiert. Er erhielt den Titel Kurita, während die andern Volibrüder als Kurita-damba galten. Der Kurita ward aber der König der verbannten Vollbrüder. Sobald die Krönung stattgefunden hatte, wurden nämlich Kurita und Kurita-damba verjagt und für die ganze Lebenszeit aus der Reichshauptstadt verbannt. Ihr Leben ist ein sehr merkwürdiges. Der Kurita wird vom Mogo-naba im allgemeinen gefürchtet. Sein Name und Titel wird bei Hofe nicht genannt. Der König der Verbannten und seine Brüder haben nämlich irgendwo in entfernt liegenden Gegenden Ländereien inne. Sie brauchen keinerlei Abgaben zu zahlen und werden für ihre Taten, die denen des alten Raubrittertums gleichkommen, nie bestraft. So können sie z. B., wenn es ihnen gelingt, ungestraft Herden des Mogo-naba anfallen und auch Boten, die dem Herrscher Abgaben bringen, berauben. Niemand zieht sie zur Rechenschaft. Auf solche Weise ward manche Provinz des Reiches selbständig. Vom Bulsi-naba erzählt es die Sage und vom Jatenga-naba können wir es annehmen. Manche von diesen Kuritas gingen aber früher aus dem Lande und eroberten dem Mossitum neue Provinzen. Folge dieser Sitte ist auf der einen Seite Ausdehnung des Mossivolkes, auf der andern Seite langsam und sicher vor sich gehende Abtrennung einzelner Reichsteile und Auflösung des eigentlichen Mossireiches.

9. Naba Kudumfe. — Der Kaiser Kudumje hatte mit seinen Feld-Zügen ganz außerordentliches Glück. Wenn er kriegerischen Mutes war, so gab er dem Tapo-Rane, dem Fahnenträger, den Befehl, die Tapo-Kaore, die Reichsfahne, herbeizubringen. Der Fahnenschaft wurde mit Opfern und Medikamenten behandelt und dann das Banner auf freiem Felde entfaltet. Nun achtete der Mogo-naba genau darauf, nach welcher Richtung der gerade herrschende Wind die



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Fahne flattern ließ. In der hierdurch gegebenen Richtung brach er dann mit seinen Truppen auf, indem er sie anfeuerte und sagte: "Nach dort fliegt unsere Tapo-Kaore. Nach dort wollen wir ziehen. Dort werden wir jedenfalls siegreich sein!" Und wirklich siegte Naba Kundumje immer. Unter seiner Regierung fielen viele Krieger im Kampfe. Aber sonst war er kein roher Herrscher, und in Wagadugu hat er wenig Leute hinrichten lassen. Dagegen war er außerordentlich freigebig, gab jedem Tonsaba (General) reichlich Sklaven und Weiber und trachtete nicht danach, selbst Schätze aufzuspeichern. Seine Residenz hatte er in Kiu im Südsüdwesten von Wagadugu. Er starb nicht im Kriege, sondern daheim eines friedlichen Todes. Er war es, der das eigentliche Kaiserreich Wagadugu ausbaute und organisierte.

10. Naba Kuda. — Von seinem Sohne Kuda weiß die Sage zu berichten, daß er viele Kriege geführt und seine Söhne als Landesverwalter eingesetzt habe. Er galt als ausgezeichneter Kaiser von großer Klugheit, der allerhand übernatürliche Fähigkeiten anzuwenden wußte und endlich als hochgeehrter Herrscher in Wagadugu starb.

11. Langoegoma. — Sein Sohn und Nachfolger Langoegoma entwickelte die übersinnlichen Fähigkeiten seines Vaters in noch höherem Maße. Die Summe der Traditionen, die sich um den Namen dieses Herrschers gesammelt hat, beginnt schon mit seiner übernatürlichen Geburt.

Langoegoma war schon zu Lebzeiten seines Vaters ein mächtiger und gefürchteter Tansoba (General). Oftmals blieb er lange von Wagadugu fern, um einen entlegenen Landstrich zu unterwerfen. So war er auch abwesend, als sein Vater, der Naba Kuda, starb, und infolgedessen setzten die Großwürdenträger seinen jüngeren Bruder, den Naba Jotembussuma, auf den Thron. Langoegoma fand also bei seiner unerwarteten Rückkehr den ihm zukommenden Platz besetzt. Er begab sich sogleich in das große, im Westen des Herrscherhofes von Wagadugu gelegene Haus seines Vaters und setzte sich darin nieder. Die Nachricht von seiner Heimkehr verbreitete sich schnell, und am andern Morgen erschienen die Großen des Reiches, um ihm ihren untertänigen Gruß zu entbieten. Naba Langoegoma herrschte sie aber an und fragte: "Wie kommt ihr dazu, ohne einen Befehl von mir abzuwarten, meinen jüngeren Bruder zum Mogo-naba zu ernennen ?" Die großen Fürsten warfen sich demütig zu Boden und sagten: "Verzeihe uns, aber du warst so lange im Kriege auswärts, daß wir nicht wußten, ob du noch lebtest. Darum haben wir deinem jüngeren Bruder Jotembussuma die Herrschaft anvertraut." Naba Langoegoma sandte nun sogleich zu seinem jüngeren Bruder, dem Naba Jotembussuma, und ließ ihm sagen: "Mein jüngerer Bruder



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soll sogleich Wagadugu verlassen und fliehen, damit ich ihn nicht etwa zu sehen bekomme." Zornig saß er im Kreise der Großen im großen Hause seines Vaters. Er schnaubte; da fuhr Feuer auf die Erde und breitete sich auf dem Boden aus. Dann sagte er: "Führt mich zum Grabe meines Vaters, ich will das Grab meines Vaters sehen und will weinen." Die Großfürsten führten ihn dahin. Als Langoegoma an dem Grabe stand, tropften aus seinem linken Auge Blutstropfen, aus seinem rechten Tränen. Während dessen rief der Naba Jotembussuma die Großfürsten zu sich und sagte: "Ich danke euch für alles, was ihr für mich getan habt. Ich habe aber die Botschaft meines Bruders, des Naba Langoegoma, empfangen und werde jetzt gehen. Ich werde Wagadugu verlassen. Wenn mein ältester Bruder sterben sollte und ihr dann glaubt, daß ich hier am Platze bin, so könnt ihr mich wieder rufen." Dann ging Naba Jotembussuma von dannen. Als dies Naba Langoegoma hinterbracht wurde, sagte er: "Ich habe mich geirrt. Ich habe geglaubt, mein jüngerer Bruder habe mir einen bösen Streich spielen wollen. Nun aber sehe ich, daß ich mich geirrt habe und daß mein jüngerer Bruder ein rechtlich denkender Mann ist. Wenn ich also einmal sterbe, so wählt nur keinen meiner Söhne zum Nachfolger, sondern meinen Bruder, den Naba Jotembussuma."

Naba Langoegoma führte glückliche Kriege und bewährte sich dabei als mächtiger Bumbande (Zauberer). Wenn er eine Stadt angriff, verwandelte er sich in aller Eile in einen gewaltigen Wirbelwind und brauste über die feindliche Stadt hin. Dann zerstörte er die Mauern und Häuser und machte alle Leute krank. Der eine hatte einen Beinbruch, der andere eine Bauchschwellung, der dritte ein Augenleiden, der vierte die Schlafkrankheit, der fünfte Rückenschmerzen usw. Viele Berichterstatter sagen, solche grausamen Kriege habe er aber nur geführt, ehe er in Wagadugu Mogo-naba ward und nachher nicht mehr. Vielmehr ist er nachher ein friedliebender und sehr guter Herrscher gewesen. Als er seinen Tod herannahen fühlte, rief er seine beiden Söhne und sagte zu ihnen: "Ich habe seinerzeit meinem jüngeren Bruder Unrecht getan, denn ich dachte, er hätte Schlechtes vorgehabt und mich vom Throne verdrängen wollen. Es ist aber nicht so gewesen. Nun verlange ich von euch beiden, daß ihr nicht danach trachtet, meine Nachfolger zu werden. Ich will, daß Naba Jotembussuma mir nachfolge. Auch wenn der Naba Jotembussuma sterben sollte, verlange ich von euch, daß weder ihr, noch eure Nachkommen zum Throne drängen; denn ich will nicht, daß es zwischen meinen und Naba Jotembussumas Nachkommen zu einem Streite komme. Ich werde nach eurem Glauben mit meinem Leibe unter der Erde sein. Ich werde aber doch auch in der Luft gegenwärtig sein. Fragt also, wenn ihr nicht sicher



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seid, die Erde über meinem Grabe, was mein Wille sei, und ich werde euch meinen Willen bekanntgeben."

Danach starb Naba Langoegoma. Man wollte ihn nun bestatten und grub eine Grube. Inzwischen bewachten die Schwestern den Leichnam. Als man aber den Toten holen wollte, um ihn in die Grube zu versenken, war er verschwunden. Man suchte und suchte, man fand ihn aber nicht mehr. Er war in der Luft verschwunden. Man weiß, daß er auch heute noch in der Luft umherschwebt. Aber damals suchte man ihn vergeblich, und weil man nicht das leere Grab schließen wollte, opferte man ein Huhn und einen Widder und legte beide Opfer in den Grabkanal.

12. Nabci Jotembussuma. — Dem Willen des älteren Bruders entsprechend, ward Naba Jotembussuma zurückgerufen und zum Herrscher gemacht. Er war sehr gut und ständig bestrebt, den Wünschen des älteren Bruders nachzukommen, von dem er wußte, daß er ihn umschwebe und alle seine Maßnahmen überwache. Er herrschte in Wagadugu.

13. Naba Jandefo. — Sein Nachfolger Jandefo soll nicht weniger als sechzig Jahre lang Herrscher in der Reichshauptstadt gewesen sein. Schon als jüngerer Monarch war er wenig kriegslustig und wich schon hierin von der Art der andern Mossikaiser ab. Hatte er einen Widersacher, so trachtete er danach, ihn nicht durch kriegerische Gewalttätigkeit, sondern auf geheimnisvolle Weise aus dem Leben zu schaffen. Er lud die, die seine Gegner waren, ein, zu ihm nach Wagadugu zu kommen. Auf dem Wege, auf dem sie seine Hofburg erreichen mußten, vergrub er Zaubermittel. Wenn der Fuß des Herannahenden dann die Stelle streifte, so starb er.

Als er nun alt war, stellten sich allerhand Schrullen bei ihm ein. Eines Tages sagte er z. B. zu seinen Leuten: "Ich bin schon so lange Mogo-naba, und ihr habt mir im Laufe der Zeit schon so viele Kaurimuscheln, Steinperlen, Stoffe usw. geschenkt, daß ich reich genug und dieser Dinge überdrüssig bin. Bringt mir also in Zukunft als Zeichen eurer Unterwürfigkeit und Treue etwas anderes. Bringt mir Asche und Kohlenabfall. Das werft dann vor meinem Hofe auf eine Stelle zusammen." Die Leute taten so, und daraufhin häufte sich jener kleine Abfallberg auf, der heute noch in Wagadugu als Tampure des Naba Jandefo gezeigt wird. Er liegt im Westen der Stadt. Es ist ein regelrechter Kjökkemöddinger, wie solche weiter im Süden, im Lande der Gurunsi, häufig sind, und wie ich sie später am Benue in Djenn und in Adamaua als häufiges Vorkommnis feststellen konnte.

14. Naba Naijeng. — Der Kaiser Natjeng gilt als überaus gütig und durchaus vorbildlich. Er wurde sehr geschätzt, und man sagt, daß er seinen Ruf auch verdient habe, denn es wären viele Fremde



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in seinen Dienst getreten, und er habe viel ausländisches Handelsvolk in Mossi zusammengezogen. Er war so religiös, daß er die üblichen Opfer auf den Gräbern verdoppelte. Er brachte zwei Ochsen statt einen, zwei Hühner statt eines, zwei Hunde statt einer Ziege dar —und üppiger kann man im Mossilande nicht sein, denn Hunde gelten als wertvollste Opfergabe unter dem Kleinvieh. Er verbrachte sein Leben in Dassuri und ist daselbst, nachdem er zehn Jahre regiert hatte, auch gestorben.

15. Naba Namego. 16. Naba Kiba. 17. Naba Kimba. —Vom Naba Namego wird noch berichtet, daß er fünf Jahre regierte und während dieser Zeit eine große Reihe von Kriegen gegen die Bussangsi und gegen Bussuma geführt habe. Seine Kriege richteten sich besonders gegen Osten, und während eines Krieges ist er auch gestorben. Sein Sohn Kiba herrschte zwei Jahre lang und hatte als Nachfolger Naba Kimba, der schon sehr alt war, als er zur Regierung kam. Er hatte die Herrschaft nur sechs Jahre lang in kraftlosen Händen.

Nach Naba Kimbas Tode erhoben die Großfürsten erst den Naba Sana, von den Mande auch Naba Djana oder Naba Gana genannt, auf ihren Herrschersitz. Aber sowie er zu seiner Würde gelangt war, begann eine ernste und schwere Zeit für das Land. Es hörte auf zu regnen. Dieser unselige Zustand währte drei Jahre, und in dieser Zeit hat das Mossireich seine Kraft eingebüßt. Die Wahlfürsten des Reiches versammelten sich daher, hielten eine lange Besprechung ab und fanden nach der Befragung der Priester heraus, daß der Naba Sana dem Lande nur Unglück bringe. So veranstalteten sie denn eine Opferung und gingen dann zu dem Mogo-naba, um ihm zu sagen: "Du bringst nur Unglück über das Land! Willst du freiwillig gehen oder sollen wir dich töten?" Naba Sana sagte: "Ich gehe freiwillig." Die Großen gaben ihm einige Sklaven und Frauen und was er sonst zum Leben nötig hatte, und er verließ Wagadugu und sein Land.

18. Naba Gobaga. —Darauf setzten die Wahifürsten den Naba Gobaga auf den Thron, der zehn Jahre herrschte. Er war eine Geißel für alle Großfürsten, denn er sandte an alle Pewere-Soba (Inhaber schwerer Zaubermittel) im Lande die Nachricht: "Kommt an meinen Hof", und als sie kamen, schloß er mit ihnen Freundschaft und ein Bündnis, das gegen die Großfürsten seiner Umgebung gerichtet war. Mit den Pewere-Soba zusammen, d. h. also unter Ausübung ihrer Zauberkräfte, begann er alle Großen im Lande zu töten. Während seiner Regierungszeit war keine Henkersnot, aber alle alten Würdenträger des Reiches wurden vernichtet. — In jener alten Zeit war es Sitte, daß, wenn gute Herrscher einen Sohn hinterließen und wenn sie im Lande bei einem Kriegszug verstarben, ein Sohn die Leiche des Herrschers nach Wagadugu bringen und selbst die Herrscherwürde in Empfapg nehmen durfte. Als nun Naba Gobaga in



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Ubri-Tenga starb, sah man von diesem Brauche ab, begrub ihn in dem Orte seines Verscheidens und erlaubte nicht, daß seine Leiche nach der Reichshauptstadt überführt wurde. Denn alle Würdenträger waren seine Gegner und freuten sich seines Todes.

19. Naba Sana. — Danach berief man den Naba Sana wieder auf den Thron nach Wagadugu. Er war noch einmal sechs Jahre lang Herrscher. Kaum aber begann seine Regierung, da hörte wieder der Regen auf. Die Ernte versagte. Es war wieder das alte Elend, und mit Sehnsucht wartete man auf seinen Tod, der ihn in Wagadugu erreichte.

20. Naba Giliga. 21. Naba Ubi. 22. Naba Muatuba. —Naba Giliga soll einer der grausamsten Herrscher gewesen sein. Während man vordem die Eunuchen aus Gambaka bezog, führte er die Sitte der Verstümmelung im Lande selbst ein und begann Eunuchen zu exportieren. Nachdem er in Wagadugu verschieden war, kam in Ubi wieder ein beliebter und ausgezeichneter Monarch zur Herrschaft, der während acht Jahren das Land regierte und in der Hauptstadt starb. Zuweilen rief er alle seine Großen zusammen und schlachtete an hundert Stück Rindvieh. Er veranstaltete viele Opferfeste, beschenkte und speiste die Großen und pflegte zu sagen: "Mein Vater brachte dem Lande viel Unglück. Ich will versuchen, es anders zu machen." Ihm folgte sein Sohn Muatuba, der acht Jahre herrschte und wenige, unbedeutende Kriegszüge nach Westen unternahm, in deren Verlauf er auch auswärts verschied.

23. Naba Uaraga (der Name soll heißen: "der Regen macht"). — Uaraga regierte ungefähr sieben Jahre und soll einer der schlimmsten Herrscher in Wagadugu gewesen sein. Er begann in Saptenga einen Feld- und Zerstörungszug, den er ungefähr bis La fortsetzte. In jedem neu eroberten Orte — es scheint, daß die ganze Nordlinie im Aufstande war — nahm er die hübschesten Mädchen für sich in Beschlag und kastrierte einige Eingeborene, sie dadurch zu Eunuchen und Oberaufsehern seines Harems zu machen. Als er in La ankam, sagte er: "Diese Gegend gefällt mir ganz besonders."Er baute da eine große Stadt und richtete sich wieder einen großen Harem ein.

Mit vielen seiner Großen war er unzufrieden, und besonders der Häuptling von Kombissiri sagte ihm gar nicht zu. Er ließ diesen zu sich kommen. Er schlug ihm dann den Kopf ab und setzte darauf seinen zweiten Sohn als Kombissiri-naba ein. Dann brach ein Krieg zwischen ihm und dem Nanon-naba aus. Der Kampf der beiderseitig arg mitgenommenen Parteien währte sieben Tage. Fast hätte der Naba von Nanon gesiegt. Im letzten Augenblicke aber ward dem Kaiser noch der Sieg zuteil. Er ließ nun dem aufständigen Fürsten den Kopf abschlagen und setzte seinen vierten Sohn als Nanon-naba ein.



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Von diesen Kriegszügen kehrte er nach Wagadugu zurück, lebte hier noch ein Jahr und starb dann in der Hauptstadt. Ihm folgte sein Sohn:

24. Naba Dumburi oder Djumburi, das soll heißen: "so stark wie Pfeffer". — Er regierte dreißig Jahre lang, und zwar war er ein friedlicher Herrscher, der es versuchte und verstand, die religiösen Institutionen des Landes für die Regentschaft nutzbar zu machen. Im Lande lebten damals —zumal an den Orten Boassa, Tengondogo (Tenkodugu?) und Sangadogo, erstere beide im Osten, letzterer Ort im Süden, —die Njonjonsi, ein Volk, das seit Alters im Ansehen stand, besonders kenntnisreich und mächtig in allen religiösen Kultusangelegenheiten zu sein. Er sandte nun überall dahin, wo noch diese alten Anwohner in blühenden Anwesen ihren Kultus übten, eine Botschaft und ließ ihnen sagen: "Ich habe gehört, daß ihr ganz besondere Fähigkeiten beherrscht, daß ihr zum Beispiel Wind machen könnt, daß ihr imstande seid, euch in einen Leoparden zu verwandeln, daß ihr Krankheiten bereiten könnt, daß ihr die Erde im Orakel zu befragen versteht. Kommt also alle nach Wagadugu und zeigt mir, was ihr könnt, damit ich euch die entsprechende Ehre erweisen kann." Darauf machten sich die Njonjonsi auf und kamen auch nach Wagadugu. Der Naba Dumburi sagte: "Nun zeigt mir, ob ihr Wind machen könnt." Die Njonjonsi hatten ihre kleine heilige Axt, deren Griff mit Opferblut und Federn bedeckt ist, die Tobaga, mitgebracht, und der Träger legte sie auf die Mauer. Er sagte: "Ich brauche ein weißes Huhn." Man brachte das weiße Huhn. Der Kultuszelebrant trat vor die Tobaga und sagte: "Hier bringe ich dir ein weißes Huhn, ich will es dir gerne opfern. Aber siehe: der Mogonaba hat uns hierhergerufen, damit wir zeigen, was du kannst. Nun tue es so!" Der Mann opferte das Huhn. Sogleich erhob sich ein starker Wind.

Der Mogo-naba sagte nun zu den Njonjonsi: "Nun lest das Erdorakel und sagt mir, wer in meiner Umgebung schlecht und wer in meiner Umgebung gut ist." Die Njonjonsi lasen das Erdorakel. Darauf sagte einer: "Der und der will dir nicht wohl. Der und der will dir wohl." Ein anderer verbesserte und sagte: "Es ist nicht so oder so, sondern so oder so." Der Naba Dumburi achtete genau auf alles, und als er sah, daß ein Stümper darunter war, wies er ihn heraus, die aber, die ihm von den weisen Leuten als schlechte Menschen seiner Umgebung bezeichnet wurden, die setzte er schlechtweg ab und ergänzte den Hofstaat durch würdigere Leute. Er machte es aber nicht wie seine Vorgänger, die unredliche Leute einfach köpfen ließen.

Danach sagte Naba Dumburi zu den Njonjonsi: "Ich habe gehört, daß ihr es auch regnen lassen könnt. Ist das wahr?" Die Njonjonsi



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sagten: "Wir wollen es dir zeigen. Gib uns ein weißes Huhn."Darauf reichte man den Njonjonsi ein weißes Huhn. Der Herr der Tobaga wandte sich an die kleine heilige Axt und sagte zu ihr: "Wir wissen, daß du unseren Vätern und Großvätern (dabei zählte er alle Namen auf) nur Gutes getan hast. Der Naba Dumburi möchte, daß es regnet. Das ist etwas Gutes. Zeige, daß du es regnen lassen kannst. Ich will dir auch dies weiße Huhn opfern." Nachdem das Opfer dargebracht war, begann es zu regnen. — Sieben Tage blieben die Njonjonsi bei dem Naba Dumburi. Dann schenkte ihnen der Mogo-naba Vieh, Kauri und Kleider und sagte: "Kehrt jetzt heim. Wenn ich euch brauche, werde ich euch wieder kommen lassen." Die Njonjonsi gingen. Der Naba Dumburi ließ sie aber oft nach Wagadugu kommen und fragte sie um Rat, beschenkte sie und blieb so in ständigem Verkehr mit ihnen.

Naba Dumburi wurde sehr alt. Es störte ihn, daß auf dem Markte, der nordöstlich des heutigen Platzes lag, ständig Streit und Zwiespalt entstand. Er sagte: "Der Markt soll auf den Platz verlegt werden, der neben meinem Hofe gelegen ist." So kam er an die Stelle, wo er heute noch abgehalten wird. Ihm folgte sein Sohn:

25. Naba Korn 1. (sein Name soll so viel heißen wie "Wasser"). — Korn war sieben Jahre Mogo-naba. Seine Mutter war eine Mohammedanerin, und so war es naheliegend, daß er im Gegensatz zur Politik seines Vorgängers, der den alten eingeborenen Priestern große Macht einräumte, den Mohammedanern sehr häufig das Ohr lieh. Und zwar kam das so. In der ersten Zeit war der Monarch gewalttätig und ließ ohne Ansehen von Recht und Billigkeit alles hinschlachten, was ihm im Wege stand. Eines Tages aber legten sich die Mohammedaner ins Mittel und sagten ihm: "Gewiß ist es richtig, wenn schlechte Leute schlimmes Schicksal haben. Du sollst aber nie töten, ohne in einer Gerichtssitzung Recht und Unrecht nachgeprüft. zu haben." Das überlegte er sich. Von da an machte er den Salaam und ward ein milder und gerechter Mogo-naba, der sehr beliebt ward. Ihm folgte sein Sohn:

26. Naba Saga (Saga soll so viel heißen wie "Regen"). — Er herrschte im ganzen sechs Jahre, aber den größten Teil seines Lebens hatte er in schweren Kämpfen mit seinen Vater brüdern zu verbringen, —Kämpfe, die schon anfingen, lange ehe er auf dem kaiserlichen Hofe in Wagadugu Einzug hielt.

Als er noch ein Junge war, sandte ihn sein Vater, der Naba Korn an den Hof des im Süden wohnenden Giba-naba (oder Gipo), der sein Verwandter war, nämlich der fünfte Sohn des Naba Uarraga. Der Giba-naba warf den Neffen aber einfach heraus, doch war es mir nicht möglich, die Gründe hierfür in Erfahrung zu bringen. Der junge Saga kam als Flüchtling nach Wagadugu, vergaß aber die



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ihm zugefügte Schmach nicht. Ohne Wissen seines Vaters, des Herrschers, rüstete er eines Tages einen Heerhaufen und griff den Oheim an. Er mußte aber erfolglos zurückkehren. Drei Jahre lang zog er jährlich einmal gegen den Onkel zu Felde. Beim dritten Zuge gewann er die Oberhand. Er eroberte die Ortschaft und zerstörte sie. Viele Eingeborene flohen nach Gurunga. Er aber tötete seinen Oheim und kehrte nach Wagadugu zurück.

Ein Jahr später starb sein Vater und die Großen des Hofes erwählten ihn zum Mogo-naba. Kaum war das aber ruchbar geworden, da taten sich alle Nachkommen des Naba-Uarraga zusammen und zogen gegen den Naba-Saga zu Felde. Sie sagten, erst kämen die Vaterbruder und dann die Söhne zur Regentschaft. Den Uarragasöhnen gegenüber vereinten sich die Komsöhne, um für ihren Bruder und sich das Recht geltend zu machen. Es kam zu einem langen, erbitterten Kriege. Der Erfolg schwankte. Erst gewannen die Uarragasöhne die Oberhand. Sie gelangten bis Wagadugu, setzten den Naba-Saga ab und führten ihn in einem schmachvollen Aufzuge, nämlich auf einen Esel gebunden, nach dem Süden, bis nach Sapone. Dort blieb der arme entthronte Kaiser drei Jahre lang. Dann erst gelang es seinen Brüdern, die Oberhand zu gewinnen und ihm die Möglichkeit zu bieten, als Herrscher wieder in Wagadugu Einzug zu halten. Dann hatte er noch eine ungetrübte Regierungszeit von drei Jahren. Ihm folgte der älteste Sohn:

27. Naba Lulugu (Lulugu soll ein Vogel, und zwar ein Stelzvogel, der Dibong der Mande, sein, dessen Flug hie und da als Omen beobachtet wird). — Er regierte etwa neunundzwanzig Jahre, aber er führte so viele Kriegszüge, daß er im ganzen kaum einen Monat in Wagadugu zubrachte. Den Anfang dieser fortlaufenden Kriegsperiode scheint das Ringen mit Bussuma-naba gewesen zu sein. Er zerstörte dessen Macht und Ansehen, dann zog er weiter. Die Kumtegaleute, die zuerst auch aufständig gewesen zu sein schienen, unterwarfen sich ohne starken Widerstand. Dann zog der Herrscher weiter nach Garango und zerstörte auch diese Ortschaft. Dann hub der große Krieg gegen die Bussanga an. Als sie unterworfen waren, kehrte er zurück nach Mani. Hier kam es wieder zu einem Kampfe, in dessen Verlauf der Mogo-naba einen Pfeilschuß erhielt. An den Folgen der Wunde starb er. Seine Leiche wurde nach Wagadugu gebracht und hier beigesetzt. Im folgte sein ältester Sohn:

28. Naba Sagadogo (Sagadogo soll so viel bedeuten wie gewitterreiche oder gute Jahreszeit). — Er regierte im ganzen siebzehn Jahre, von denen er die ersten zehn Jahre in guter, den Rest in sehr schlechter Gesundheit verbrachte. Er war anscheinend Diplomat und ein sehr vorsichtiger Mann. So erzählte man von einem Getränk besonderer Art, das er jeden Morgen genossen habe. Viele schwierige



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Familienangelegenheiten wußte er geschickt in Ordnung zu bringen. Seine Krankheit ward zuletzt so schlimm, daß er das Ende des Lebens in der Hütte verbrachte, unfähig zu sprechen oder sich zu bewegen. Ihm folgte sein ältester Sohn:

29. Naba Karfo (Karfo soll so viel bedeuten wie dunkeiblauer Stoff oder gleichfarbiges Gewand). —Er regierte sieben Jahre. Auch er wieder hatte mit einem Aufstand eigener Verwandten zu tun. Der Sondere-naba, Koliogo mit Namen, schloß Freundschaft mit dem Widi-Naba, und diese beiden suchten unter den Großen am Hofe nach Anhang, um den Naba Karfo zu beseitigen. Die andern Großen aber widersetzten sich dem Plane und machten dem Mogo-naba Mitteilung von dem Anschlag. Naba Karfo rüstete sogleich einen Feldzug und rückte nach Osten gegen die vereinte Truppenmacht der Aufständigen vor. Er schlug sie auch und jagte sie bis nach Bassoko (im Osten). Viele Leute kamen in diesem Kriege um das Leben. Als der Mogo-naba nach Wagadugu zurückgekehrt war, traf bald darauf auch der rebellische, aber zurückgeschlagene Widi-naba ein, um sich zu unterwerfen — was der Mogo-naba auch annahm.

Der fernere Verlauf dieser Sache ist ungemein charakteristisch für die Negerpolitik im allgemeinen und das Verhältnis der Abhängigkeit, in dem der Mogo-naba von Wagadugu zu seinen Reichsgroßen, nenne man sie nun Fürsten oder erbliche Minister, stand. Naba Karfo wagte es nicht, die Unterwerfung des Widi-naba abzulehnen und ihn zu kassieren. Er wagte es nicht, einen andern an die Stelle des aufrührerischen Beamten zu setzen, und doch wollte er sich seiner entledigen, gleichwie auf welche Art. Er wandte sich also an einige als Getreue bekannte Leute mit der Frage: "Dem, der es wagt, den Widi-naba schnell auf anständige Weise aus dem Leben zu schaffen, will ich ein Pferd, eine Frau und hunderttausend Kauri schenken. Wer wagt es?"Darauf meldete sich ein tapferer Mann mit Namen Daogo. Daogo sagte: "Ich will es unternehmen."Naba Karfo fragte: "Wie willst du es ausführen?"Daogo sagte: "Gib mir zwei Pfeile." Naba Karfo gab ihm zwei schwer vergiftete Pfeile und sagte: "Sage mir nun aber genau, wie du die Angelegenheit erledigen willst?"Daogo sagte: "Ich will mich abends um sechs Uhr in den Hof des Widi-naba einschleichen. Dann werde ich dem Pferde alles Heu wegnehmen und das Heu beiseite werfen, dahin, wo der Mond hinscheint. Dann werde ich mich verstecken. Nachts wird das Pferd wiehern, weil es das Heu, das nahe bei ihm liegt, nicht erreichen kann. Der Widi-naba als guter Pferdeherr wird erwachen, auf den Hof treten, nach dem Heu sehen, das Heu aus dem Winkel im Mondlicht nehmen und dem Pferd hinwerfen wollen. Das wird ein guter Augenblick für meine Pfeile sein."Naba Karfo sagte: "Es ist gut so; geh!" Der tapfere Daogo ging und machte alles, wie er es vorher



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gesagt hatte. Als der Widi-naba in den Mondschein trat, das Heu zu ergreifen und dem Pferde hinzuwerfen, legte er gleich beide Pfeile auf die Sehne des Bogens und schoß auf den Widi-naba. Dann lief er sogleich in die Hofburg des Mogo-naba und sagte ihm: "Ich habe es ausgeführt. Der Widi-naba stirbt." In der gleichen Nacht starb der Widi-naba. Am andern Tage schenkte Naba Karfo dem Daogo ein Pferd, ein Weib, hunderttausend Kaurischnecken und außerdem noch ein schönes Kleid.

Zum vollendeten Beispiel afrikanischer Kaiserpolitik wird die Geschichte durch den Abschluß, den die ganze Sache nahm. Nach einigen Tagen überlegte sich der Mogo-naba die Sache und kam zu dem Schlusse: "Dieser Daogo ist ein gefährlicher Mensch." Und er gab den Befehl, ihn zu töten. Da ward der tapfere Daogo getötet. Auf Naba Karfo folgte sein Oheim:

30. Naba Bongo oder Banko (Bongo soll soviel heißen wie Gewässer). — Er regierte etwa fünf Jahre in Wagadugu und gilt als ein sehr schlechter Kaiser. Man sagt ihm vor allem nach, abends oder gegen Nacht habe er sich häufig in alte lumpige Gewänder gehüllt und sei dann so in die Stadt geschlichen. In der Stadt habe er umhergelauscht, was man rede. Und wenn er hörte, daß irgend jemand Schlechtes oder Mißachtendes von ihm, dem Mogo-naba, sage, so habe er ihn am andern Tage mit den bekannten drei Keulenschlägen töten lassen. Überhaupt stand auf dem geringsten Vergehen gegen seinen Hof- und Hausbesitz die Todesstrafe. So ließ er Hühnerdiebstahl und alles vergelten. Weiterhin wird ihm nachgesagt, daß er zu schlimm getrunken habe. Endlich führte er emsige Kriegs- oder vielmehr Beutezüge gegen Garango im Bussangogebiet aus. Er ließ die Sklaven von dort holen, wie der Metzger Schlachtstücke aus der Rinderherde nimmt. Ihm folgte der Neffe:

31. Naba Kutu (Kutu soll soviel heißen wie Eisen). — Dieser wieder recht fruchtbare Herrscher hatte siebzehn Söhne. Naba Kuta soll etwa siebzehn Jahre regiert haben. Das wesentlichste Ereignis in dieser Zeit ist ein Krieg gegen die Stadt Surruku im Südsüdwesten von Wagadugu. Der Naba dieses Gemeindewesens war gestorben und die Städter sandten zu Naba Kutu, ihn um die Entsendung eines würdigen Nachfolgers bittend. Naba Kutu sandte seinen eigenen Sohn hin. Doch dieser führte sich derart schlecht auf, daß die Surrukuleute nach einiger Zeit beschlossen, ihn herauszutun und diesen Beschluß auch in die Tat umsetzten. Danach wählten die Städter sich einen eigenen Anführer. Als Naba Kutu das hörte, blieb ihm, wenn er das Ansehen seines Willens und seiner Familie aufrecht erhalten wollte, nichts anderes übrig, als einen Kriegshaufen gegen die aufrührerische Stadt zu entsenden. Der Stadtherr nun, den die Einwohner sich selbst gewählt hatten, besaß Energie genug, dem



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kaiserlichen Willen Widerstand zu leisten und sich den Truppen des Mogo-naba entgegenzustellen. Die Folge davon war, daß Surruku durch die Truppen des Naba Kutu vollkommen zerstört und der Stadtnaba getötet wurde. Im folgte sein ältester Sohn:

32. Naba Sanum (Sanum oder Sanam[a] soll so viel bedeuten wie Gold). Er regierte achtzehn Jahre. Er führte heftigen Krieg gegen Bussuma und Bulsi, das auch Bulsena genannt wird. Unter seiner Regierung kamen die ersten beiden Europäer nach Wagadugu, und zwar stieg der erstere bei "Maliki", der letztere bei Manam ab. Der Herrscher beschaffte reiches Sklavenmaterial im Osten. Er starb in Wagadugu und wurde auch daselbst bestattet. Im folgte sein Bruder:

33. Naba Uobogo (Uobogo soll so viel heißen wie Elefant). —Naba Uobogo regierte in Wagadugu etwa acht Jahre, und zwar in der Zeit, die die französischen Okkupisten jener Periode lachend als die "Zeit der Fahnenkriege" bezeichnen. Damals suchte manche Vertreterschaft europäischer Großmächte in verschiedener Art Kolonialausdehnung zu gewinnen. Diesem Fahnenkriege fiel wohl Naba Uobogo zum Opfer. Die näheren Umstände historisch festzustellen, wird vielleicht einmal die französische Kolonialgeschichtsschreibung unternehmen. Jedenfalls ward er nach dem Süden verjagt.

Diese Tatsache hat für mich übrigens eine ausgezeichnete Folgeerscheinung gezeitigt. Da der Fürst hinausgeworfen war, so sprachen sich die Wagaduguleute freier und unbefangener über sein Privatleben aus, als das einem andern Herrscher gegenüber geschehen wäre. Da kam ich denn hinter eine eigenartige Sitte: Seit den Zeiten des Naba Ubri, d. h. des eigentlichen Reichsgründers, ist es Brauch, daß der Mogo-naba einige oder mehrere seiner eigenen Töchter beschläft, während eine, anscheinend die älteste, unbedingt Jungfrau bleibt, solange er Herrscher und am Leben ist.

Dieser blutschänderischen Sitte huldigte auch der Naba Uobogo. Er beschlief seine drei Töchter Habibu, Laie und Kuka. Sie folgten ihm auch als Kebsweiber in das Exil, und eine von ihnen, die Kuka, ward auch von ihm schwanger. Die unehrliche Leibesfrucht wurde aber bald nachher zum Sterben gebracht. Die Mossi schämten sich sehr beim Vortrag dieser Tatsachen. Der Kaiser starb im Exil und ward im Ausland begraben.

34. Naba Sigirri (der Name scheint irgendwie mit dem Anfange der Regenzeit zusammenzuhängen). — Er regierte in Wagadugu zehn Jahre. Während dieser Zeit bekamen die französischen Truppen ohne Schwierigkeit die Herrschaft in die Hand, denn Naba Sugirri brachte den Europäern alle erdenkliche Freundlichkeit und biegsamen Geist entgegen. Er starb und ward begraben in Wagadugu. Schon er war keine Persönlichkeit mehr. Ihm folgte sein Sohn:



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35. Naba Korn II. — Mit diesem körperlich voll entwickelten und geistig kümmerlichen Herrn ist das Ende der eigentlichen Herrscherkraft unter der französischen Regierung offenkundig erreicht. Zur Zeit meiner Anwesenheit in Wagadugu (November 1908) regierte er etwa dreieinhalb Jahre.

Dieser Naba starb im Dezember 1908 oder Januar 1909 gelegentlich einer Epidemie, die im Mossilande ausbrach, während wir in Nordtogo weilten und arbeiteten. Man schrieb diese Epidemie der Tatsache zu, daß die heiligen Masken das Land verlassen hatten.


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