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DIE ERZÄHLUNGEN AUS DEN TAUSENDUNDEIN NÄCHTEN

VOLLSTÄNDIGE DEUTSCHE AUSGABE IN SECHS BANDEN

ZUM ERSTEN MAL NACH DEM ARABISCHEN URTEXT DER CALCUTTAER AUSGABE AUS DEM JAHRE 1839

UBERTRAGEN VON ENNO LITTMANN

BAND 2

IM INSEL-VERLAG


DIE GESCHICHTE VOM SPERLING UND VOM ADLER

Es ist mir berichtet worden, daß einmal ein Sperling zu einer Schaf hürde flog. Wie er nun jene Hürde anschaute und sitzen blieb, um sie zu betrachten, da stieß plötzlich ein Adler auf ein junges Lamm nieder, packte es mit seinen Krallen fest und flog



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davon. Als der Sperling das sah, schlug er mit den Flügeln und rief: ,Ich will tun, wie der da getan hat!' Und in seinem Eigendünkel glaubte er einem gleich zu sein, der größer war als er. Alsbald flog er davon und setzte sich auf einen fetten Widder mit dichtem Vlies, dessen Wolle verfilzt und klebrig war, weil er immer in seiner Jauche und seinem Dünge gelegen hatte. Und sowie er sich auf dem Rücken des Tieres niedergelassen hatte, schlug er mit seinen Flügeln, aber seine Fülle verwickelten sich in die Wolle. Nun wollte er davonfliegen, aber er konnte sich nicht wieder frei machen. All dies geschah vor den Augen des Hirten; der hatte gesehen, was zuerst mit dem Adler vor sich ging und dann mit dem Sperling. Ergrimmt eilte er auf den Sperling zu, packte ihn, riß ihm die Flügelfedern aus und band ihm die Füße mit einer Schnur zusammen; dann brachte er ihn seinen Kindern und warf ihn vor sie hin. .Was ist diese' fragte eins der Kinder. Da antwortete er: ,Dies ist einer, der es einem Höheren gleichtun wollte und dadurch ins Verderben geriet.' *

,Dir könnte es ebenso ergehen, o Fuchs! Ich warne dich, es einem gleichtun zu wollen, der stärker ist als du, auf daß du nicht ins Verderben gerätst. Das ist's, was ich dir zu sagen hab, und nun zieh in Frieden ab!' Da der Fuchs nun keine Hoffnung mehr hatte, die Freundschaft des Raben zu gewinnen, so wandte er sich zum Gehen; dabei stöhnte er in seinem Leid und knirschte mit den Zähnen vor Grimmigkeit. Doch als der Rabe sein Weinen und Stöhnen vernahm, so daß ihm der Schmerz und die Trauer des Fuchses zum Bewußtsein kam, sprach er: ,O Fuchs, was ist dein Leid, das dir Zähneknirschen leiht?' Der Fuchs rief: ,Ich knirsche nur deshalb mit den Zähnen, weil ich gesehen habe, daß du ein größerer Halunke bist



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als ich!' Dann lief er eiligst fort, kehrte zurück zum Heimatsort und begab sich in seine Höhle dort. Und dies ist die Geschichte von den beiden, o König! * * *

Da sprach der König: »O Schehrezâd, wie schön und trefflich sind diese Geschichten! Weißt du wohl noch eine ähnliche von erbaulichen Erzählungen? « Sie gab zur Antwort: »Man erzählt auch


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