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Grönländer und Färinger Geschichten


Übertragen von Erich von Mendelssohn

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1912


57. Leif tötet Sigurd und dessen Vettern

Jetzt ist von Sigurd und Thord zu berichten, daß sie sich zur Abfahrt rüsteten und daß Sigurd auf Eile drängte. Thord sagte, ihm läge wenig an dieser Fahrt: " — und ich glaube, daß du zum Tode bestimmt bist, da du so eifrig bist." "Sei nicht so sonderbar," antwortete Sigurd, "und fürchte dich nicht, wo



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keine Gefahren sind. Wir werden gewiß zu der Zusammenkunft gehen, die wir verabredet haben." "Du magst darüber bestimmen ," sagte Thord, " aber es käme mir nicht unerwartet, wenn wir nicht alle gesund heute abend nach Hause zurückkehrten."

Sie fuhren auf einem Schiffe fort und waren zusammen zwölf Männer auf dem Schiffe. Alle waren wohl bewaffnet. Sie hatten den Tag über Sturm und starke Strömungen, aber kamen wohlbehalten zur Buschinsel. Da sagte Thord, daß er nicht weiter gehen wollte, aber Sigurd antwortete, daß er zum Gehöfte hinaufgehen würde, und wenn er es allein tun müßte. Thord sagte, Sigurd müsse zum Tode bestimmt sein.

Sigurd ging auf die Insel hinauf. Er trug einen roten Rock und einen blauen Mantel mit Bändern auf den Schultern. Ein Schwert hatte er am Gürtel und einen Helm auf dem Kopfe.

Er ging auf die Insel hinauf, und als er in die Nähe des Hauses kam, sah er, daß die Türen geschlossen waren. Die Kirche, die Sigmund hatte bauen lassen, stand auf der Wiese der Tür gegenüber; und als Sigurd jetzt zwischen die Häuser und die Kirche kam, sah er, daß die Kirchentür offen war und eine Frau in rotem Rock und mit einem roten Mantel um die Schultern aus der Kirche herauskam. Sigurd erkannte sie als die Hausfrau Thurid und ging auf sie zu. Sie begrüsste ihn freundlich und ging zu einem Baumstamm, der auf der Wiese lag. Sie setzte sich auf den Baumstamm und sie wollte sich der Kirche zuwenden , aber er wollte sich der Haustür zuwenden. Sie setzte ihren Willen durch, und sie wandten sich der Kirche zu. Sigurd Sagte, was für Männer gekommen seien. Sie antwortete, daß nur wenige dort seien. Er Sagte; ob Leif da sei. Sie antwortete, daß er nicht da sei. "Sind deine Söhne zu Hause:" fragte er. "Ja," antwortete sie. "Was haben sie zu unserer Angelegenheit gesagt:" Sagte er. "Wir sind darüber einig geworden, daß du allen Frauen am besten gefällst, und ich würde wenig zögern, wenn du ledig wärst." "So ist mir mein Glück sehr verkürzt worden," sagte Sigurd, "doch das läßt sich schnell ändern, so daß ich ein Freier werde." "Das mag sein," antwortete sie, und da wollte er sie an sich ziehen und schlang die Arme um sie, aber sie zog seinen Mantel mit den Bändern ansich, und im selben



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Augenblick wurde die Tür geöffnet, und ein Mann mit entblößtem Schwerte lief heran, und das war Hjeri, der Sohn Sigmunds . Als Sigurd das sah, kauerte er äch unter dem Mantel nieder und streifte ihn damit ab, aber Thurid hielt noch den Mantel fest.

Jetzt kamen mehrere Männer heraus, und Sigurd lief auf das Feld hinunter. Hjeri ergriff einen Speer und lief ihm nach und holte ihn ein. Er schleuderte den Speer nach Sigurd, und Sigurd sah, daß der Speer auf seine Schultern zu flog. Da warf er sich auf den Boden, und der Speer flog über ibn weg und blieb im Boden stecken.

Sigurd sprang schnell auf und ergriff den Speer und schleuderte ihn zurück, und Hjeri wurde mitten in die Brust getroffen und starb bald.

Sigurd lief dann den Steig hinunter, aber Leif kam dorthin, wo Hjeri lag, wandte sich schnell ab, lief auf der Insel weiter und sprang an den Klippen hinunter, und die Leute sagen, daß er fünfzehn Faden tief auf den Strand herabsprang. Er kam auf die Füße zu stehen und lief zum Schiffe der Brüder.

Da war Sigurd zum Schiffe gekommen und wollte hinaufspringen, aber Leif stach ihm das Schwert nach der Seite, aber Sigurd wand sich, und das Schwert traf ihn in den Unterleib, wie es Leif vorkam. Sigurd sprang jetzt aufs Schiff, und seine Genossen ruderten vom Lande fort, und damit schieden sie.

Leif ging auf die Insel zu seinen Leuten und bai sie, schnell auf ihre Schiffe zu gehen: " —denn wir wollen sie verfolgen." Sie fragten ihn, ob er wüßte, daß Hjeri tot sei, und ob er Sigurd getroffen hätte. Er antwortete, jetzt sei keine Zeit zum Schwatzen.

Sie bemannten schnell zwei Schiffe. Leif hatte achtzig Männer, und ihre Abfahrt verzögerte sich sehr,

Sigurd und Thord kamen zur Strominsel. Sigurd hatte das Schiff gesteuert, aber war wenig gesprächig. Aber als er vom Schiffe herunterging, fragte ihn Thord, ob er schwer verwundet sei. Sigurd antwortete, daß er das nicht genau wüste.

Sigurd ging zum Bootshause, das dicht am Meer lag und stützte seine Arme an die Wand. Die andern aber räumten das Schiff



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und gingen dann zum Bootshause und sahen, daß Sigurd dort stand und steif und kalt war.

Sie brachten seine Leiche nach Hause und erzählten nichts von diesen Ereignissen.

Dann gingen sie um Abendessen, und als sie beim Essen saßen, kam Leif mit seinen Leuten zum Gehöfte. Sie versuchten einen Angriff und legten Feuer an. Die andern verteidigten sich gut. Sie waren elf Männer, aber dreißig griffen an. Und als das Feuer das Haus ergriff, lief Gaut der Rote heraus, weil er es nicht länger ertragen konnte. Steingrim, Sigmunds Sohn, griff ihn an, und ebenso zwei andere Männer, aber er wehrte sich tapfer. Gaut hieb nach Steingrims Knie und schlug ihm die Kniescheibe ab. Das gab eine große Wunde, so daß Steingrim sein Leben lang hinkte. Gaut tötete auch einen von Steingrims Genossen.

Dann kam Leif hinzu, und sie fochten miteinander, und das Ende war, daß Leif Gaut tötete.

Jetzt lief Thord der Kleine heraus, und Sigmunds Sohn Brand und zwei andere Männer traten ihm entgegen, und so endete ihr Kampf, daß Thord Brand und die beiden andern Männer tötete. Jetzt kam Leif herzu und durchstach Thord mit demselben Schwerte, mit dem er vorhin Sigurd, dessen Bruder, getötet hatte, und Thord starb bald darauf.


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