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Grönländer und Färinger Geschichten


Übertragen von Erich von Mendelssohn

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1912


56. Leis und sein Weib fahren zu Thrand

Leif fuhr jetzt mit seiner ganzen Sippe fort, und es waren sieben Männer auf dem Schiffe. Sen ganzen Tag über schlugen die Wellen in das Schiff hinein, und alle wurden durchnäßt; nur Thora blieb trocken.



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Sie kamen zur Ostinsel und gingen zum Gehöfte in Gata hinauf, Thrand empfing sie freundlich. Er ließ für Leif und seine Begleiter das Feuer anfachen, und dort war der Knabe Sigmund, ihr Sohn, mit ihr zusammen. Er war damals neun Jahre alt und sah sehr kräftig aus. Seine Mutter fragte ibn, was Thrand ihm gelehrt hätte, und er antwortete, daß er alle gerichtlichen Klagen durchführen könne, sowohl eigene Rechtshändel. wie die von andern, und daß er sich gut darauf verstehe. Dann fragte sie, was sein Pflegevater ihm von der heiligen Lehre gelehrt hätte. Sigmund sagte, er könne das vaterunser und das Credo. Thora wollte es gern hören, und es dünkte sie, daß er das vaterunser leidlich sänge, aber Thrands Credo lautete so:

"Allein nicht geh ich,
vier mir folgen,
Fünf Engel Gottes.
Für mich bet ich Gebete.
Bete vor Christo.
Sieben Psalmen fing ich:
Gott mag für mich sorgen."

Im selben Augenblicke kam Thrand in die Stube und fragte, worüber sie sprächen. Thora antwortete, ihr Sohn Sigmund hätte ihr das aufgesagt, was Thrand ibn im Glauben gelehrt hätte: " — und ich kenne nichts, was diesem Credo gleicht." "Es verhält sich so, wie du weißt," sagte Thrand, "daß Christus zwölf oder mehr Jünger hatte, und jeder von diesen hatte sein eignes Credo. Jetzt habe ich mein Credo, wie du das hast, das du gelernt hast, und es gibt viele verschiedene. So verhält es sich, und sie brauchen nicht gleich zu sein, um richtig zu sein." Damit schloß ihr Gespräch.

Am Abend wurden sie gut bewirtet, und es wurde stark gen unken. Dabei war Thrand der heiterste und sagte, daß man ihnen ein Lager in der Stube bereiten solle, und war ein Flach bett auf dem Estrich. Leif sagte, daß sie damit zufrieden wären. Thora sagte, sie wollte, daß Sigmund ihr von seinem Leben erzähle und die Nacht über bei ihr läge. "Das geht nicht an," sagte Thrand, " denn dann werde ich in der Nacht nicht schlafen



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können." "Du mußt es mir gönnen, mein Thrand," sagte Thora. Und sie setzte durch, daß der Knabe bei ihr lag.

Thrand hatte eine kleine Kammer; in der er immer mit dem Knaben schlief, und wenige Männer waren bei ihm.

Spät nachts ging Thrand in seine Kammer. Leif wollte schlafen und legte sich hin und wandte dabei seinem Weibe den Rücken zu. Sie berührte seinen Rücken und bat ibn, nicht zu schlafen. "Steht auf," sagte sie, "und geht in der Nacht zu allen Schiffen, die bei der Ostinsel liegen und bohrt sie an, so daß keins seetüchtig ist.

Das taten sie. Leif kannte dort jede Bucht. Sie bohrten jedes Fahrzeug an, so daß keins mehr seetüchtig war.

Sie schliefen nicht in der Nacht und standen früh am Morgen auf. Thora und Sigmund gingen sofort zu ihrem Schiff hinunter, aber Leif ging zu Thrand in die Kammer und nahm Abschied von ihm und dankte ihm für den freundlichen Empfang:" —und Thora will, daß Sigmund mit ihr fahre."Thrand hatte wenig in der Nacht geschlafen und sagte, es dürfe nicht sein, daß Sigmund fortführe.

Leif eilte zu seinem Schiff, aber Thrand glaubte jetzt die ganze List von Leif und seiner Sippe zu durchschauen und bat seine Knechte eine Schute zu nehmen, die ihm gehörte.

Da liefen viele Männer an den Strand. Sie nahmen die Schute, aber das dunkelblaue Wasser strömte herein, und sie waren fiala, daß sie wieder an Land kommen konnten. Kein Schiff bei der Insel war seetüchtig, und Thrand mußte dort bleiben, ob ihm das gefiel oder nicht,

Leif fuhr solange, bis er nach Hause kam und sammelte sich eine Schar. Und das war am Tage; bevor Sigurd und Thord kommen sollten.


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