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Grönländer und Färinger Geschichten


Übertragen von Erich von Mendelssohn

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1912


29. Sigmund kommt zu König Olaf 1

Jetzt ist davon zu berichten, daß König Olaf zwei Winter in Norwegen gewesen war und alle Bewohner von Drontheim zum Christentum bekehrt hatte.



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Da sandte der König eine Botschaft nach den Färöern zu Sigmund , entbot ihn zu sich und ließ ihm sagen, daß Sigmund geehrt werden und zum mächtigsten Manne auf den Färöern gemacht werden sollte, wenn er König Olafs Gefolgsmann würde.

Als der Sommer seinem Ende zuging, reiste König Olaf von Drontheim südwärts nach Südmöre und hielt sich bei einem reichen Bauern auf.

Da kamen auf die Botschaft des Königs hin Sigmund und Thorir von den Färöern. Als Sigmund vor den König trat, empfing ihn dieser aufs freundlichste, und sie kamen bald ins Gespräch. Da sagte der König: "Gui hast du daran getan, Sigmund, daß du diese Reise unternommen hast. Deshalb entbot ich dich hauptsächlich zu mir, weil mir so viel von deiner Tapferkeit und deiner Geschicklichkeit erzählt worden ist. Ich will gern dein vollkommener Freund sein, wenn du mir in den Dingen gehorchen willst, an denen mir am meisten liegt. Manche Männer sagen auch, daß unsere Freundschaft nicht ungehörig sei, da wir beide nicht als unmannhaft gelten, dagegen aber lange Widerwärtigkeiten und Elend erduldet haben, bevor wir die uns zukommende Achtung erlangten. Manche Dinge sind uns nicht ungleich in unserer Landflüchtigkeit und Knechtschaft begegnet: du warst ein Kind und sahest zu, wie dein unschuldiger Vater getötet wurde. Aber ich war noch im Mutterleibe, als mein unschuldiger Vater verräterisch durch Bosheit und Habgier seiner Sippe getötet wurde. Dann ist mir auch berichtet worden, daß man, statt dir Bußgeld für den Tod deines Vaters zu bieten, dich wie deinen Vetter töten wollte. Später wurdest du als Sklave verkauft, man hat sogar noch Geld dafür gegeben, um dich zu einem Knechte und Sklaven zu machen, und so wurdest du von deinem Gute und deiner Heimat vertrieben und weggeführt. Lange Zeit hindurch hast du nichts gehabt, um dir in einem unbekannten



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Lande das Leben zu fristen, wenn sich nicht fremde Menschen aus Barmherzigkeit deiner angenommen hätten, unter der Leitung dessen, der alles vermag. Aber gan; ähnliches wie das, was ich von dir aufgezählt habe, ist mir begegnet. Gleich nach meiner Geburt wurde mir von meinen Landsleuten nachgestellt , die mir nach dem Leben trachteten, so daß meine Mutter in bitterer Armut mit mir von ihrem Vater und ihrer Sippe und ihrem ganzen Gute fliehen mußte. Das waren die ersten drei Jahre meiner Kindheit. Dann wurden wir beide von Wikingern erbeutet, und ich wurde von meiner Mutter getrennt, so daß ich sie nie mehr wiedergesehen habe. Dreimal wurde ich als Sklave verkauft und lebte in Esthland unter ganz fremden Menschen, bis ich neun Jahre alt war. Da kam einer aus meiner Sippe mir, der meine Herkunft erfuhr. Er erlöste mich aus der Knechtschaft und brachte mich ostwärts nach Nowgorod. Und dort lebte ich weitere neun Jahre als Heimatloser , obgleich man mich einen Seien Mann nannte. Dann erholte ich mich etwas und genoß größere Ehre und Ansehen von König Waldemar, als einem Ausländer zustehen mag. Auch das kann mit den Ehrungen verglichen werden, die Jarl Hakon dir zuteil werden ließ. Jetzt ist es endlich dahin gekommen, daß jeder von uns sein väterliches Erbe und Geburtsland wieder erworben hat, nachdem wir lange Glück und Ehre entbehrt haben. Und hauptsächlich, weil ich erfahren habe, daß du nie nach der Sitte anderer Heiden Götzen geopfert hast, hoffe ich, daß der hohe Himmelskönig, der Schöpfer aller Dinge, dich durch meine Worte zur Kenntnis seines heiligen Namens und des heiligen Glaubens führen wird und dich zu meinem Genossen im rechten Glauben machen wird, da wir in Kraft und Fertigkeiten und anderen Beweisen seiner Gnade gleich sind, die er mir gegeben hat, lange bevor ich etwas von seiner Herrlichkeit vernommen hatte. Nun gebe der allmächtige Gott, daß ich dich sum wahren Glauben und zu seinem Dienste bringe, so daß du dann durch seine Barmherzigkeit und mein Beispiel und meine Aufmunterung alle deine Untergebenen zu seiner Herrlichkeit führest, was ich bestimmt erhoffe. Wenn du auf die Worte hörst, die ich jetzt gesprochen habe,



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und Gon treulich und standhaft dienst, sollst du auch von mir Ehre und Freundschaft erhalten, obgleich das nichts gegen die Ehre und das Glück ist, die der allmächtige Gott dir wie jedem andern zuteil werden läßt, der seine Gebote aus Liebe zum Heiligen Geiste erfüllt und die seines großen Sohnes, des Königs aller Könige, der ewig in der höchsten Herrlichkeit des Himmelreichs herrscht."

Als der König seine Rede beendet hatte, antwortete Sigmund: "Es ist Euch bekannt, Herr, was Ihr auch vorhin in Eurer Rede erwähntet, daß ich ein Dienstmann Jarl Hakons war. Er war gut zu mir, und ich war zufrieden. Er war huldreich und aufmerksam und liebevoll gegen seine Freunde, aber grimmig und listig gegen seine Feinde. Doch ist ein großer Unterschied zwischen Euren Glaubensbekenntnissen. Ich sehe aus Euren Worten, daß Euer Glaube in allen Beziehungen schöner und besser ist, als der der Heiden, und will gern Eurem Rate folgen und Eure Freundschaft erwerben. Den Götzen habe ich nicht opfern wollen, weil ich schon lange sah, daß der Glaube an sie nichts nützte, obwohl ich von keinem besseren wußte."

König Olaf Sente sich über Sigmunds Worte und darüber, daß er so bereitwillig seinen vorschlag annahm.

Sigmund wurde jetzt getauft und ebenso alle seine Genossen, und der König ließ sie in der heiligen Lehre unterweisen.

Sigmund blieb den Winter über in großen Ehren beim Könige.


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