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Grönländer und Färinger Geschichten


Übertragen von Erich von Mendelssohn

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1912


24. Sigmund kommt zu Thrand

Jetzt ist von Sigmund und seinen Genossen zu berichten, daß sie günstigen Wind bekamen und auf eine Insel zu segelten. Sie sahen, daß sie sich an der östlichen Seite der Inseln befanden Auf Sigmunds Schiff befanden sich einige Männer, die die Beschaffenheit des Landes kannten und wußten, daß sie in die Nähe der Ostinsel gekommen waren.

Sigmund sagte, daß er am liebsten versuchen wollte, Thrand in seine Gewalt zu bekommen.

Aber als sie sich der Insel näherten, begegneten sie Wind und Sturm, so daß sie nicht an die Insel herankommen konnten. Sie kamen aber bei Tagesgrauen zur Schwnnsinsel, da sie landeskundige Männer an Bord hauen. Sie liefen vierzig Mann stark sofort zum Gehöfte hinauf, während zehn das Schiff bewachten. Sie umstellten das Gehöft, erbrachen es, ergriffen den Bauer Bjarni in seinem Bett und führten ihn hinaus . Bjarni fragte, wer ihr Führer wäre. Sigmund nannte sich. "Da wirst du grimmig gegen den gesinnt sein, der dir nichts als Böses in dem Treffen erzeigt hat, wo dein Vater getötet wurde, und nicht will ich dir verhehlen, daß auch ich dort war. Aber entsinnst du dich dessen, was ich in bezug auf dich sagte, als vorgeschlagen wurde; dich und Thorir zu töten: Ich sagte, daß man euch ebensowenig wie mich selbst töten würde." "Gewiß erinnere ich mich daran," sagte Sigmund. "Wann wird mir das vergolten werden ?" fragte Bjarni. "Jetzt" antwortete Sigmund. "Du sollst Frieden haben, aber was alles übrige betrifft, so will ich allein darüber bestimmen." "So soll es gewiß sein," sagte Bjarni. "Du sollst mit uns zur Ostinsel fahren," sagte Sigmund. "Solange dieses Wetter anhält, kommst du ebensowenig dorthin, wie in den Himmel hinauf," sagte Bjarni. "Dann sollst du mit uns zur Buschinsel fahren,



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falls Össur zu Hause ist." "Du magst darüber bestimmen, und ich glaube, daß Össur dort ist;" sagte Bjarni.

In der nächsten Nacht fuhren sie zur Buschinsel und kamm wieder bei Morgengrauen zur Insel. Es traf sich für Sigmund so glücklich, daß keine Wache beim Einstieg dort auf der Buschinsel stand. Sie gingen sofort hinauf, und fünfzig Männer begleiteten sie, die Bjarni ihnen mitgegeben hatte. Als sie zur Schanze kamen, hatte Össur mit seinen Mannen sie besetzt, und Össur fragte, wer die Männer seien, die gekommen wären. Sigmund nannte seinen Namen.

"Du wirst glauben, daß du Ansprüche an uns hast, und ich will dir den Vergleich anbieten," sagte Össur, "daß die besten Männer von den Färöern zwischen uns richten." "Nichts kann aus einem Vergleiche zwischen uns werden," antwortete Sigmund , " wenn ich nicht allein die Bedingungen festsetze." "Ich werde mich nicht so vergleichen," sagte Össur, "daß ich mich völlig deinem Urteile unterwerfe. Ich weiß nichts davon, daß zwischen uns Männern oder unseren Rechten ein solcher Unterschied besteht, daß ich dessen bedürfte."

Als Antwort wandte sich Sigmund an seine Mannen und sagte, daß sie einen Scheinangriff auf die Schanze ausführen sollten: " — aber ich werde überlegen, was ich zu tun habe." Harald Eisenstirn war hart mit seinen Ratschlägen und verwarf jeden vergleich.

Össur hatte dreißig Mann auf der Schanze, und diese war schwer anzugreifen. Össur hatte einen Sohn, der Leif hieß. Dieser war damals ein kleines Kind,

Nun griffen Sigmunds Mannen die Schanze an, und jene verteidigten sie. Sigmund ging um die Schanze herum und betrachtete sie genau.

Er war folgendermaßen ausgerüstet: er hatte einen Helm auf dem Kopfe und ein Schwert am Gürtel, in der Hand hielt er eine silberbeschlagene und ausgeschweifte Art, deren Schaft umwunden war. Es war eine vortreffliche Waffe. Er trug einen roten Rock und darüber einen leichten Brustharnisch. Freunde und Feinde sagten, daß sonst nie ein solcher Mann auf die Färöer gekommen war.



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Sigmund sah, daß an einer Stelle die Wand der Schanze etwas eingestürzt und leichter als sonst zu ersteigen war. Sigmund trat etwas zurück, nahm einen Anlauf und sprang so hoch an der Schanze hinauf, daß er die Art oben in der Schanze festhaken konnte. Er kletterte dann schnell am Axtschafte hinauf und gelangte so auf die Schanze,

Ein Mann lief gleich auf ihn zu und hieb mit seinem Schwerte nach ihm. Sigmund sing den Hieb mit der Art auf und stieß mit der Artspitze zu, so daß die Art dem Manne tief in die Brust drang und er bald starb.

Das sah Össur und lief auf Sigmund zu und hieb nach ihm, aber Sigmund fing auch diesen Hieb auf und schlug nach Össur mit seiner Art. Er trennte Össurs rechte sand ab, so daß sein Schwert niederfiel. Dann schlug Sigmund zum zweiten Male zu und traf Össur in die Brust, so daß die Art tief eindrang, und Össur zusammenbrach.

Jetzt stürzten sich viele Männer auf Sigmund, aber dieser sprang rückwärts von der Schanze hinab und kam auch auf die Füße zu stehen.

Nun sammelten sich die Männer um Össur, bis er tot war.

Sigmund rief jetzt den Männern zu, die äch noch auf der Schanze befanden, daß sie die Wahl zwischen zwei Dingen hätten: entweder in der Schanze ausgehungert oder verbrannt zu werden, oder aber einen vergleich einzugehen, und ihm allein zu überlassen, die Bedingungen festzusetzen. Sie stimmten dem zu und ergaben sich.

von Thorir ist zu berichten, daß er zur Südinsel gekommen war und mit Sigmund zusammentraf, nachdem sich jene Ereignisse zugetragen hatten.

Jetzt gingen Boten zwischen Sigmund und Thrand bin und her, um einen Vergleich zu finden. Waffenstillstand wurde geschlossen und eine Zusammenkunft war in Thorshafen auf der Strominsel verabredet. Dort war die Thingstätte der Färinger. Sigmund und Thrand kamen mit großem Gefolge dorthin, und Thrand war sehr übermütig.

Der Vergleich wurde jetzt besprochen, und Thrand sagte: "Es war nicht richtig von mir, daß ich bei dem Treffen zugegen



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war, dem dein Vater getötet wurde, Vetter Sigmund. Deshalb will ich dir einen Vergleich zugestehen, der für dich am ehrenvollste ist, und der dich befriedigen muß, und ich will, daß du alle Streitigkeiten zwischen uns entscheidest." "Das will ich nicht," antwortete Sigmund, "ich will, daß Jarl Hakon alle Streitigkeiten schlichte, oder daß wir unverglichen bleiben, was ich besser halte. Aber wir müßten beide zu Jarl Hakon fahren, falls wir uns vergleichen wollen." "Ich hielte es für das Wünschenswerteste, Vetter," sagte Thrand, "das du richtest. Ich bedinge mir nur aus, daß ich Landes- frieden habe, und die Herrschaft behalte, die ich jetzt habe." "Nichts wird aus dem Vergleiche,"sagte Sigmund",außer unter den Bedingungen, die ich anbot."

Und als Thrand sah, daß alles andere härter sei, verglichen sie sich unter den Bedingungen und verabredeten, im Sommer zusammen nach Norwegen zu fahren.

Eins von Sigmunds Schiffen kehrte im Herbste nach Norwegen zurück und führte viele von Sigmunds Mannen mit sich. Sigmund blieb mit seinem Vetter Thorir und Harald Eisen- stirn den Winter über auf der Buschinsel, und viele Männer waren bei ihnen. Sigmund entfaltete große ,Pracht und ließ es sich an nichts fehlen.

Jetzt verging der Winter und Sigmund rüstete sein Schiff. Thrand rüstete ein Frachtschiff aus, das ihm gehörte. Jeder von ihnen wußte von den Vorbereitungen des andern.

Sobald Sigmund gerüstet war, segelte er fort. Thorir und Harald Eisenstirn begleiteten ihn, und fast zwanzig Männer waren auf dem Schiffe. Sie landeten in Norwegen bei Süd- möre, und hörten, das Jarl Hakon nicht weit sei. Sie kamen bald zu ihm, und er empfing sie freundlich. Sigmund berichtete ihm von seinem vergleiche mit Thrand. Der Jarl antwortete: "Ihr seid nicht gleich klug gewesen. Ich zweifle daran, daß Thrand bald zu mir kommt."

Jetzt verstrich der Sommer, und Thrand kam nicht. Ein Schiff kam von den Färöer, und die Besatzung berichtete, daß Thrand zurückgetrieben sei, und daß sein Schiff beschädigt und nicht mehr seetüchtig wäre,


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