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Grönländer und Färinger Geschichten


Übertragen von Erich von Mendelssohn

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1912


20. Thormod und Gest fahren mit Skuf nach Grönland

Als Thormod Schwarzbrauenskald einen Winter bei König Olaf gewesen war, rüstete Skuf ein Schiff, um nach Grönland zu fahren. Thormod ging zum Könige und sagte: "Ich wollte, König, daß Ihr mir erlaubt, in diesem Sommer mit Skuf nach Grönland ;u fahren." Der König sagte:"Was für ein Geschäft haft du in Grönland: Willst du deinen Schwurbruder Thorgeir rächen" Thormod antwortete: "Ich weiß nicht, was das Schicksal hierüber beschlossen hat." Der König sagte: "Ich will dir die Fahrt nicht verbieten, denn ich glaube zu wissen, was du willst." Damn schloß ihr Gespräch. Thormod bekam von Skuf die Erlaubnis, mit ihm zu fahren. Als sie alles gerüstet hatten, gingen sie zum Könige und dankten ihm die Freundschaft, die er ihnen erwiesen hatte. Der König wünschte ihnen eine glückliche Fahrt. Als sie schieden, gab er Thormod einen Goldring und ein Schwert.

Dann gingen Thormod und Skuf an Bord. Als sie dort waren, kam ein Mann auf die Schiffsbrücke. Er war hochgewachsen, schulterbreit und dick und trug einen breiten Hut, daß man sein Gesicht nicht sehen konnte. Dieser Mann grüßte Skuf. Skuf nahm den Gruß entgegen und Sagte ihn nach dem Namen. Jener sagte, er hieße Gest. Skuf fragte: "Wo ist deine Sippe:" Gest antwortete: "Weit verstreut ist meine Sippe. Aber das ist mein Geschäft hier, daß ich dich fragen will, ob du mich in diesem Sommer nach Grönland bringen willst." Skuf sagte: "Unbekannt bist du mir, und ich werde meine Mannschaft Sagen, was ihnen rätlich zu sein scheint, dich mitzunehmen oder nicht."Gest sagte:"Ich dachte, daß der Steuermann dem Schiffe vorstände und nicht die Mannschaft. Ihr könnt sicher sein, daß ich die Arbeit tun werde, die mir zukommt, daß deine Mannschaft



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nicht für mich zu arbeiten braucht." Damit schloß ihr Gespräch, daß Skuf versprach, Gest mitzunehmen.

Gest ging zur Stadt hinauf und kam nach einer kleinen Weile mit einer großen Bürde zurück, die so schwer war, daß zwei Männer sie kaum hätten tragen können.

Gest wählte sich einen Platz hinter der Last. Er kümmerte sich wenig um die andern und mischte sich nicht in ihre Angelegenheiten.

Skuf stach in See. Sie bekamen hohen Wellengang und rauhes Wetter. Je größer die Schwierigkeiten waren, desto tüchtiger zeigte sich Gest. Manchem der Männer schien es, daß er die Kraft von zwei Männern habe. Aber er und Thormod kamen immer in Streit, sobald sie etwas gemeinsam zu tun hatten.

Da geschah es eines Tages, daß Thormod und Gest zusammen Wasser schöpften. Damals hatte man Schöpfkellen auf den Schiffen, aber keine Pumpen. Thormod stand unten im Kielraume und füllte die Kellen, Gest nahm sie auf Deck in Empfang und goß sie über Bord aus. Thormod war nicht stark und reichte die Kellen oft nicht hoch genug. Gest sagte ihm, er solle sie höher hinaufreichen. Thormod antwortete nichts, aber tat wie vorher. Als er es am wenigsten erwartete, ließ Gest eine gefüllte Kelle auf Thormod fallen. Dieser wurde gan; naß, lief aus dem Kielraume und griff nach seinen Waffen. Gest griff nach den seinen. Sie wollten miteinander kämpfen. Skuf sagte: " Es ziemt sich nicht, daß Leute auf einem Kauffahrteischiffe auf offenem Meer uneins werden, denn es führt zu vielem Ungemach. Selten wird ein Schiff glückliche Fahrt haben, wenn sich die Männer an Bord streiten. Deshalb will ich euch beide bitten, einander Frieden zu geloben, solange ihr auf dem Meere seid." Das taten sie.

Das Schiff wurde lange umhergetrieben, und sie hatten starken Sturm. Dabei zerbrach ihnen eine Rahe, und das Segel fiel über Bord. Sie zogen es wieder herein, und dabei leistete Gest die beste Hilfe,

Skuf wußte, daß die Leute, die er von Grönland mitgebracht hatte, nur wenig handfertig waren. Er hatte aber gesehen, daß



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Thormod und Gest geschickt in Holzarbeiten waren. Skuf fragte deshalb Thormod: "Willst du die Rahe zusammenfügen:" Thormod antwortete: "Ich bin nicht handfertig. Bitt Gest, die Rahe instandzusetzen. Er ist so stark; daß er die Enden zusammendrücken kann."

Skuf ging zu Gest und bat ihn, die Rabe zusammenzufügen. Gest antwortete: "Ich bin nicht handfertig. Bitt Thormod es zu tun. Er ist so redegewandt, daß er die Rabeenden zusammenreimen wird. Da wir aber in Not sind, will ich das eine Ende zurechtmachen, falls Thormod das andere zurechtmacht."

Dann nahm jeder seine Art und begann an seinem Ende zu arbeiten. Ab und zu sah Gest über seine Schulter zu Thormod. Wie er mit seinem Ende fertig war, setzte er sich auf die Last. Thormod brauchte bei seinem Stück etwas mehr Zeit.

Als auch erinit der Arbeit fertig war, fügte er die Enden aneinander und sie paßien vollständig zusammen. Gest setzte die Rahe wieder instand. Dann hißten sie das Segel und fuhren weiter. Spät im Herbste kamen sie nach Grönland und landeten im Erichsfjorde. Damals war Leifs Sohn Thorkel dort Häuptling. war mächtig und beliebt und ein guter Freund König Olafs des Heiligen.

Sobald sie angelegt hatten, kam Thorkel aufs Schiff und kaufte von den Steuerleuten und der Besatzung alles, was er brauchte. Skuf ließ Thorkel wissen, daß ein Hofmann König Olafs an Bord sei, der Thormod hieß. Er sagte, daß der König Thormod zu ihm geschickt hätte, um ihm mit Rat und Tat beizustehen, wenn er dessen bedürfte. Deshalb wurde Thormod Gast in Steilhang. Skuf besaß ein Gehöft auf Stokkanes, auf der andern Seite vom Erichsfjorde gegenüber Steilhang.

Bei Skuf wohnte ein Mann, der Bjarni hieß. Er war klug und beliebt; tüchtig und geschickt in vielen Dingen. Skuf und er hatten sich zusammen geschlagen, und Bjarni verwaltete das Gehöft, wenn Skuf auf Reisen war. Es ging ihnen gut in ihrer Gemeinschaft. Gest nahm Aufenthalt am Erichsfjorde im Gehöfte Bucht. Dort wohnte ein Mann, der Thorgrim hieß.


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