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Grönländer und Färinger Geschichten


Übertragen von Erich von Mendelssohn

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1912


15. Thorgeir und Sant im Lavahafen bei der Weißfuchsebene

Zwei Brüder wohnten in Garpstal, der eine hieß Kalf, der andere Steinolf. Sie waren jung, wohlhabend und beliebt.

Thordis hieß eine Frau, die im Qlafstale wohnte. Sie war Witwe, eine gute Hausbau und hilfreich. Ihr Sohn hieß Eyolf und wohnte bei ihr. Er war tüchtig und beliebt. Thorgeir hieß ein Vetter von Thordis, den sie erzogen hatte. Er war ein geschickter Mann, der den Namen Thorgeir Übermaß erhalten hatte, weil er zu allem mehr Geld ausgab als nötig war, auch wenn er nur wenig Geld hatte.

Zwischen den Pflegebrüdern Eyolf und Thorgeir Übermaß bestand schon in der Jugend große Freundschaft. Sie waren beide kräftig und fleißig, und bei ihren Spielen machten sie großen Lärm.

Eine alte Frau, die Thordis in Pflege hatte, nahm oft Ärgernis an ihnen und besonders dann, wenn sie miteinander rangen, aber je mehr sie sich ärgerten, desto mehr neckten jene sie.

Eines Tages, als sie miteinander in der Stube rangen, gerieten sie gerade dorthin, wo die Frau saß, und rissen ihr die Arbeit von den Knien fort. Da sagte die Frau: "Wenig Ehre bringt es euch, meine Arbeit zu zerstören und mich zu necken. Aber ich kann euch voraussagen: so groß eure Freundschaft jetzt auch ist, so wird sie doch ein schlimmes Ende nehmen." Sie erwiderten: "Wenig geschickt zum Wahrsagen scheinst du uns zu sein." Die Frau sagte: "Was ihr auch darüber denken mögt: mein Wort wird doch in Erfüllung gehen."

In dem Frühling, der auf den Winter folgte, in dem Jllugi und Thorgeir, Havars Sohn, auf Reykaholar gewesen waren, bat Thorgeir Jllugi, ihn mit sich zu nehmen, sobald er von Island fortführe. Jllugi versprach es ibm. Er wollte auch Kalf und Steinolf mitnehmen.

Als die Leute dann im Frühling zum Schiffe gingen, sagte Jllugi zu Thorgeir: "Ich wollte, Vetter, daß du mit meinen Leuten nordwärts zum Schiffe gingest und es während des



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Things zurüstest. Ich will meine Freunde auf dem Thinge treffen. Dann werde ich nordwärts reiten, und ich wünsche, daß das Schiff segelfertig ist, wenn ich nach dem Norden komme." Thorgeir sagte, es solle geschehen.

Jetzt ritt Thorgeir nordwärts nach der Weißfuchsebene um Schiffe. Jllugi begab sich zum Thinge. Steinalt Kalf und Helgi Seebundshode begleiteten Thorgeir. Ihre Waren hatten sie schon vorher hinbringen lassen. Thorgils, Aris Sohn und Ari sein Sohn und Jllugi, sein Bruder, ritten mit Gefolge vom Breitfjorde zum Thinge.

Als Thorgeir zum Lavahafen kam, brachte er das Schiff ins Wasser und rüstete es. Gaut, Sleitas Sohn, war hergekommen, aber er und Thorgeir nahmen ihre Mahlzeiten getrennt ein. Es war knapp mit der Feuerung, und sie wechselten sich ab, Holz zu suchen. An einem Tage ging Thorgeir mit seinen Genossen, und am nächsten Tage Gaut mit den seinen.

Eines Tages war Thorgeir fortgegangen, um Brennholz zu holen, während Gaut zurückgeblieben war. Gauts Genossen hatten einen Kessel aufgesetzt, und gerade begann es zu kochen, als das Holz ausging. Sie gingen zu Gaut und berichteten ihm das Mißgeschick. Dieser ging zu Thorgeirs Zelt und nahm Thorgeirs Speer, hieb die Spitze vom Schafte ab und warf sie auf das Bett. Er nahm auch Thorgeirs Schild und ging damit zur Feuerstelle. Er schlug den Schild und den Schaft in Stücke und warf diese unter den Kessel ins Feuer, daß sie ihr Essen fertig kochen konnten.

Am Abend kam Thorgeir nach Hause. Er vermißte sogleich seine Waffen. Er fragte, wer sie fortgenommen hätte: " — meinen Schild und meinen Speer." Gaut antwortete: "Ich nahm deinen Schild und deinen Speerschaft und warf sie unter unsern Kessel, denn sonst hätten wir unser Essen nicht fertig kochen können. Wir hatten kein Brennholz mehr, und wollten nicht Ungekochtes essen." Thorgeir ließ sich nicht anmerken, daß ihm Gants verhalten mißfiel.

Am nächsten Tage ging Gaut mit seinen Genossen fort; um Brennholz zu holen, aber Thorgeir blieb zurück und arbeitete am Schiffe. Thorgeirs Genossen, die das Essen zubereiten sollten,



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hatten nur wenig Brennholz. Als sie das Essen fertig machen sollten, gingen sie zu Thorgeir und sagten es ihm. Er ging zu Gauts Zelt und nahm Gauts Speer und Schild, hieb vom Speere den Schaft ab und zerschlug den Schild. Dann warf er die Stücke unter den Kessel. Jetzt mangelte es ihnen nicht an Brennholz, um ihr Essen zu kochen.

Gant kam am Abend nach Hause und Sagte, ob jemand wüßte, wo sein Schild und sein Speerschaft wären. Thorgeir antwortete: "Deinen Schild und deinen Speerschaft zerschlug ich und warf die Stücke heute unter den Kessel, denn meinen Leuten fehlte es an Brennholz, um das Essen zu kochen." Gant erwiderte: "Spät hörst du auf, uns Verdruß zu bereiten." Thorgeir antwortete: "Jedem wird mitgespielt, wie er sich um Spiele bereitet hat." Da hieb Gaut nach Thorgeir, aber dieser wehrte den Schlag mit seiner Art ab. Er wurde nur leicht am Fuße verletzt. Jetzt sprangen andere zwischen sie und hielten sie zurück. Thorgeir sagte: "Ihr braucht mich nicht zu halten, denn ich werde jetzt keinen Unfrieden stiften." Sie wurden getrennt, und jeder ging nach seinem Zelte, verzehrte sein Abendessen und legte sich hin.

Als alle schliefen, erhob äch Thorgeir, nahm seine Art in die Hand und ging sum Zelte, in dem Gant lag. Er hob einen Zeltlappen auf trat ein, schritt zu Gauts Bett und weckte ihn. Gaut erwachte, sprang auf und wollte nach seinen Waffen greifen . Im selben Augenblicke hieb Thorgeir nach ihm und spaltete ihm den Kopf bis auf die Schultern. Dann kehrte Thorgeir in sein Zelt zurück. Gauts Zeltgenossen erwachten beim Lärm. Sie eilten zu seiner Leiche und gaben sich mit ihr ab. Über dies Ereignis hat Thormod das Lied gedichtet:

"Sleitas Sohn, Gaut
Sank hin durch den Krieger.
hartem Männerkampf
Zaudert er nie. Den zum
Tode geweihten lohnte er
Mit großem Schmerz.
Schwer wird geprüft,
Wer das Thing der Schwerter besucht."


Copyright: arpa, 2015.

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