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Grönländer und Färinger Geschichten


Übertragen von Erich von Mendelssohn

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1912


12. Thorgeir erschlägt sachsen-snorri und dessen Knechte. von Snorris Sohn Helgi

Nun ist von Thorgeir; Havars Sohn, dem Hofmanne König Olafs, zu berichten.

Es geschah in einem Sommer, daß er mit seinem Schiffe in die Weißach und ganz hinaus in die Nordach fuhr, wo er es im Herbste an der Stelle aufs Land setzte, die jetzt Thorgeirsdach heißt. Er ging im Winter westwärts nach Reykjaholar, blieb dort bei seiner Sippe und verkaufte seine Waren. Zeitig im Frühling fuhr er südwärts sum Borgfjorde und rüstete sein Schiff zur Abreise. Kurz vor dem Thinge begab er sich westwärts nach Reykjaholar, um die Waren zu holen, die er im Tausche für die seinen bekommen hatte. Er brachte sie zum Waldstrande und verschaffte sich Pferde, ging dann südwärts sum Borgfjorde mit einem Manne, der vor ihm her ritt und ein Pferd am Seil führte. Thorgeir trieb einige Packpferde vor sich her. Er trug Schild, Speer und Art.

Der Mann wohnte im Weißhorn der Snorri hieß. Man nannte ihn Hachsen-Snorri. Er war hochgewachsen und stark; schön anzusehen, aber grimmig, unfreundlich, jähzornig und rachsüchtig. Helgi hieß Snorris Sohn. Zur Zeit dieser Geschehnisse stand er in jungem Alter. Die Häuser lagen damals weiter unten auf der Landzunge als heute, und das Gehöft hieß Mel. Ein großes Schafhaus stand westlich von der Wiese, an der Stelle, die jetzt Snorrishöh heißt.

Thorgeir und sein Begleiter ritten an diesem Gehöfte vorbei, aber die Packpferde, die Thorgeir trieb, liefen auf die umzäunte Wiese. Snorri kam in dem Augenblick heraus, ab Thorgeir sie von der Wiese fortzujagen suchte. Den Pferden gefiel es dort zu fressen, und das eine blieb stehen, wenn er das andere fortjagte. Snorri ging auf die Wiese und nahm einen großen Speer; der mit Widerhaken versehen war. Er lief den Pferden nach und verfluchte sie und Thorgeir. Er stieß mit dem Speer nach den Tieren und verwundete sie.

Thorgeir befürchtete, daß Snorri die Pferde töte. Er sprang aus dem Sattel und hielt den Schild vor sich. Die Art hielt er



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mit dem Schilde in der linken Hand, den Speer aber in der rechten und ging so auf Snorri los. Dieser zog sich zum Schafhause zurück und wehrte sich mit seinem Speere.

Zwei Knechte hatten Snorri zornig mit seinem Speere hinauslaufen sehen. Jeder von ihnen nahm eine Art in die Hand, und so ausgerüstet eilten sie Snorri zu Hilfe,

Thorgeir wehrte sich mit großem Geschick und griff sie mit großer Kraft und Furchtlosigkeit wie ein bösartiges Tier an. Die Knechte waren bald von Thorgeir verwundet, denn sie hatten nur kurzstielige Arte, und Thorgeir stieß oft und hart mit seinem Speere.

Snorri und seine Knechte wichen jetzt ins Schafhaus zurück. Die Türen waren niedrig und schmal, und es war schwer, den Männern da nachzudringen. Da sprang Thorgeir aufs Dach und riß es auf. Durch das Loch stieß Snorri nach ihm und verwundete ihn, aber nur leicht. Da warf Thorgeir den Speer fort und nahm die Art in die rechte Hand. Durch das Loch im Dach griff ihn Snorri hart an, aber Thorgeir verteidigte sich mit Schild und Art. Er wollte nur Snorris Speerspitze vom Schafte abhacken, und dieses Spiel nahm kein anderes Ende, als daß es ihm gelang. Im selben Augenblicke sprang er mit Schild und Art durch das Loch im Dache in das Haus und hieb Snorri so hart auf den Kopf, daß der Schädel gans zersprang. An dieser Wunde starb Snorri auf der Stelle.

Thorgeir wandte sich dann den Knechten zu und bedrängte sie. Er schützte sich mit dem Schilde und griff hart mit seiner Art an, die schon vielen Männern zur Nachtruhe verholfen hatte.

Der Kampf endete damit, daß er sie beide erschlug. Dann ging er hinaus, bestieg sein Pferd, ritt zur Haustür und rief den Leuten zu, daß er ihnen etwas zu sagen hätte. Hachsen-Snorri wolle sie sprechen und erwarte sie im Schafhause. Dann ritt er fort, um seinen Begleiter zu suchen. Dieser hatte die Packpferde von der Wiese fortgetrieben, während die andern kämpften. Sie ritten nun um Schiffe. Thorgeir setzte es instand und fuhr dann zum Seehundsstrande. Dort wartete er auf günstigen Wind. Sobald der sich einstellte, stach er in See. Er hatte



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guten Wind und eine schnelle Fahrt nach Norwegen, wo er gleich zu König Olaf ging und ihm ein freundlicher Empfang zuteil wurde.

Über diese Ereignisse sagte Thormod im Totenliede auf Thorgeir:

"Der Röter der Schwerter,
Der Könige strafte,
Zerbrach das Dach,
Das Snorri, Häkils Sohn schirmte.
Tatenfloh tötete er
Drei tapfere Männer.
Die Sucher des Goldes
Erzählten mir dies."

Snorris Sohn Helgi wohnte lange in Weißhof. Er war seinen Ahnen und seiner Sippe ungleich in Aussehen und Gemüt. Er baute seine Häuser dort, wo jetzt das Gehöft steht. Man nannte ihn den weißen Helgi, denn er war schön und hatte feines, helles Haar. Nach ihm ist das Gehöft Weißhof genannt. Helgi war freundlich und hilfbereit zu auen Menschen und ein guter Vorsteher der Gemeinde. Er hatte einen Streit mit Thorstein, dem Sohne Egils um die Gufufitjar, denn Thorstein wollte sie kaufen, aber Helgi wollte sie nicht verkaufen.

Helgi ging eines Winters mit seinen Knechten zu der Gususitjar. Er fuhr sein Heu auf Ochsen nordwärts über die Sümpfe, wie er es zu tun pflegte. Thorstein folgte ihm mit seinen Knechten. Sie trafen bei den Langinseln, südlich von Weißhof zusammen. In diesem Kampfe wurde Helgi schwer verwundet.

Wohlmeinende Leute, die von beider Fahrten wußten, kamen hinzu, trennten die Kämpfenden und vermittelten einen Vergleich, daß Thorstein die Gufufitjar kaufte, aber dem weißen Helgi nach dem Urteil guter Männer eine Buße für die Wunde zahlte.


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