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Grönländer und Färinger Geschichten


Übertragen von Erich von Mendelssohn

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1912


8. Thorgeir tötet Bjarni und Skuf. Seine Meerfahrten

Ein Schiff lag oben in der Nordach bei Floi, wo Schiffe in der Zeit anzulegen pflegten. von diesem Schiffe kauften Thorgils und sein Bruder Jllugi heimlich einen Teil für Thorgeir und ließen eine entsprechende Menge Waren an Bord bringen. Thorgils und Jllugi ritten im Sommer nicht zum Beginn des Things. Sie wollten nicht durch die Täler des Breitfjordes kommen, bevor nicht Thorstein, Kuggis' Sohn, zum Thinge geritten war, denn sie wollten Thorgeir, der auf Thorsteins Betreiben friedlos erklärt worden war, auf das Schiff begleiten.

Ein Mann hieß Skuf er wohnte in Hundetal in Dalir. Skuf war ein guter Bauer und hilfsbereit. Bjarni hieß Skufs Sohn, der bei ihm lebte. Skuf hieß auch der Schafhirt des Bauern Skuf in Hundetal.

Als alle Leute zum Thinge ritten, begaben sich Thorgils und seine Leute von Reykjaholar ostwärts. Sie hatten Leute voraus zum Thinge geschickt, um die Zelte aufzuschlagen. Sie blieben zum Nachtessen in Schmutzhof, aber ritten in der Nacht weiter ostwärts in Tal und wollten zum Mittagessen in Hundetal sein.

Frühmorgens kamen sie nach Mitteltal, das vor Dickwald liegt. Dort aßerti und schliefen sie.

Thorgeir besaß ein schönes rotes Pferd, das sehr groß und gut zum Reiten war,

Am Morgen baten sie ihre Gefolgsmannen die Pferde zu holen. Jene standen auf und holten sie. Thorgeirs Pferd konnte man nicht finden. Sie begannen zu suchen, denn damals lagen große Wälder an allen Abhängen, aber das Pferd war nicht zu finden. So nahmen sie ein Lastpferd und verteilten dessen



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Bürde auf mehrere Pferde, und Thorgeir ritt nun das Lastpferd .

Dann sahen sie einen Mann auf einem roten Pferde reiten. Es war ein gutes Reittier. Er trieb einige Schafe von Schafberg her über die Sandbänke. Er drängte sie hart. denn er hatte ein schnelles Pferd. Es schien Thorgeir, daß es dem seinen gliche. Nun ließ er sich an, als ob er nichts wüßte — beobachtete nur, wohin der Mann ritt, und sah, daß er die Schafe zum Gehöfte in Hundetal trieb.

Skuf hatte einige Schafe westlich aus dem Lachstale bekommen. Sie waren fortgelaufen, und Skufs Sohn Bjarni war sie suchen gegangen und hatte Thorgeirs Pferd genommen.

Jetzt ritten alle zum Gehöfte Hundetal. Die Brüder geboten ihren Genossen, die Pferde draußen zu lassen, damit sie nicht auf die umhegte Wiese kämen. Die Brüder selbst aber ritten mit einigen Leuten zum Hause hinauf.

Thorgeir ritt zur Schafhürde, wo er sein Pferd zu sehen glaubte.

Skuf war nach Hause gekommen und trieb die Pferde in die Hürde. Bjarni saß auf dem Pferde und hatte gerade die Schafe, die er gefunden hatte, in die Hürde getrieben. Thorgeir fragte: "Wer ist der Mann, der dort auf dem Pferde sitzt?" "Er heißt Bjarni." Thorgeir sagte: " Du besitzt ein schönes Pferd, oder gehört das Pferd einem andern:" Bjarni antwortete: "Wahrlich, das Pferd ist schön, aber ich weiß nicht, wem es gehört." Thorgeir fragte: "Weshalb nahmst du es denn:" Bjarn antwortete: "Ich nahm das Pferd, weil ich es angenehmer hielt zu reiten, als zu gehen." Thorgeir sagte: "Es scheint mir jetzt das Richtige zu sein: daß du jetzt vom Pferde steigst und es in die Hände seines Eigentümers kommen läßt." Bjarni antwortete: "Ich werde es nur noch wenig brauchen, denn ich werde nicht länger reiten, als bis zur Tür." Thorgeir sagte: "Ich will, daß du sofort absteigst." Bjarni sagte: "Es kann dem Pferde nichts schaden, wenn ich bis zur Tür reite." Thorgeir sagte: "Ich will dir raten, nicht weiter zu reiten."

Bjarni wollte das Pferd zur Hoftor wenden und zum Hause



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reiten, aber Thorgeir durchbohrte ihn mit seinem Speer, daß er tot zur Erde siel.

Der Schafhirt Skuf sah Bjarni vom Pferde fallen. Er lief von der Hürdentür, die er gerade schließen wollte, auf Thorgeir zu, faßte seine Art mit beiden Händen und schlug auf ihn ein. Thorgeir wehrte die Schläge mit seinem Speerschaft ab, dann faßte er die Art mit der rechten Hand und schlug Skuf auf den Kopf und spaltete ihn bis auf die Schultern. Skuf war auf der Stelle tot.

Thorgeirs Genossen eilten zu Thorgils und Jllugi und erzählten ihnen, was vorgefallen war. Diesen schien es eine schlimme Nachricht zu sein. Sie ließen gleich Thorgeir von einigen Männern fortbringen, damit er Bjarnis Vater oder verwandten aus den Augen käme. Darauf berichteten sie dem Bauern Skuf das Geschehene. Der sah ein, daß er keine größere Genugtuung haben könnte, als selbst die Buße zu bestimmen, was ihm die Brüder anheimstellten, da die Brüder so edle Männer waren, und der Totschläger schon als Friedloser diesen Totschlag beging. So verglichen sie sich. Über diesen Totschlag hat Thormod in Thorgeirs Totenlied folgendes gesagt: "

Seinen großen Eifer
vergalt der Held
Dem Sohne Mars,
Da im Streit er gab
Rohes Fleisch den Raben.
Skuf und Bjarni sielen
Durch ihn. Häufig führte
Er die Hand um Hieb."

Thorgils und Jllugi aßen mit ihren Leuten ihren Morgenimbiß in Hundetal. Darauf ritten sie südwärts sum Borgfjorde und begleiteten Thorgeir aufs Schiff.

Dorthin war ein Mann gekommen, der Gant hieß. Er war Sleitas Sohn und ein naher verwandter von Mars Sohn Thorgils, den Thorgeir erschlagen hatte.

Gaut war hoch von Wuchs, stark, streitsüchtig und unbändig. Er hatte sich die Mitfährt beim Steuermann ausbedungen



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und wußte nicht, das Thorgeir mit demselben Schiffe ausfahren wollte.

Bei Thorgeirs Ankunft zog er die Brauen zusammen. Es schien den Leuten schwierig zu sein, sie auf demselben Schiffe zu bergen, so wie sie beide gesinnt waren.

Das Schiff war zur Abreise fertig, die Ladung befestigt, und Gauts Waren befanden sich dabei,

Als Thorgeir die Norweger darüber murren hörte; daß er und Gaut zusammen auf dem Schiffe sein sollten, sagte er: "Ich werde verstehen, mit Gaut Frieden auf dem Schiffe zu halten, wie stark er auch die Brauen zusammenzieht."

Aber was auch Thorgeir über ihr Zusammensein sagte; es wurde doch beschlossen, daß die Last geöffnet werde. Gauts Waren wurden ans Land getragen, und erselbst ritt nordwärts davon.

Die Norweger fuhren nun den Fluß hinunter und beim Seehundstrande hinaus.

Die beiden Brüder gingen erst fort, als das Schiff das Meer erreicht hatte. Sie ritten mit großem Gefolge zum Thinge und schlossen in Thorgeirs Namen vergleich wegen des Totschlages an Mars Sohn Thorgils und gaben dies bekannt.

Thorger und seine Genossen trieben eine Zeitlang auf dem Meere umher. Endlich sahen sie Land vor dem Steven. Die Norweger erkannten das Land. Es war Irland. Es schien ihnen ungewiß zu sein, ob sie friedlich empfangen werden würden wenn sie dort angetrieben würden. Thorgeir sagte "Wenn wir uns mannhaft wehren, können wir einigen Leuten ein prächtiges Nachtessen bereiten, bevor man uns tötet."

Nicht zu nahe am Lande warfen sie Anker, nahmen ihre Waffen hervor und machten sich zum Kampfe bereit. Dann sahen sie viele Männer am Lande mit so vielen Speeren, daß es wie ein Wald aussah. Obgleich die Iren langschäftige Speere hatten, erreichten sie doch nicht die Norweger. Diese behielten Gut und Leben und segelten fort, Sobald sie günstigen Wind bekamen.

Sie fuhren nach England und blieben dort eine Weile. Thormod hatte ein Lied darüber gedichtet, daß Thorgeir große Geschenke von den Fürsten bekam.



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Dann fuhr er nach Dänemark und wurde mit solchen Ehren behandelt, als ob er ein König sei, nach dem was Thormod über ihn in einem Liede berichtet.

Von dort fuhr er nach Norwegen und kam zu König Olaf dem Heiligen und begrüßte ibn.

Der König nahm seinen Gruß freundlich entgegen und Sagte, wer er wäre. Er antwortete: "Ich bin ein Isländer und heiße Thorgeir." Der König fragte: "Bist du Thorgeir, Havars Sohns" Er antwortete: "Der Mann bin ich." Der König sagte: "Ich habe von dir erzählen hören. Du bist hoch an Wuchs und mannhaft anzusehen. Aber doch ist das Glück nicht immer bei dir."

Der König bot ihm an, bei ihm zu bleiben, und so wurde Thorgeir König Olafs Gefolgsmann. Der König hielt ihn hoch in Ehren, denn in auen Mannesproben zeigt er sich tüchtig und tapfer.

Thorgeir ging auf Kauffahrt südwärts nach Pommern, und in der Zeit war dort die Kaufleute aus den Nordländern nur wenig Friede. Auf dieser Fahrt gewann er Ruhm, denn er nahm einem jeden ab, was er vom ihm haben wollte.

Thorgeir hielt es jetzt so mit seinen Fahrten, daß er immer einen Winter in Norwegen bei König Olaf verbrachte und den andern auf Island in Reykjaholar. Er pflegte mit seinem Schiffe in den Borgfjord zu segeln und von dort nach Floi in der Nordach. Er brachte sein Schiff westlich vom Fluß für den Winter aufs Land an der Stelle, die jetzt Thorgeirs schuppen heißt: sie liegi südlich vom Hügel, der Schmiedehöh heißt.

Thorgeir fuhr sechsmal mit seinem Schiffe von Island fort, nach dem, was Thormod sagt:

Der freigiebige Krieger
Rüstete sechsmal zur Fahrt.
Der Runder der Ringe fuhr
Mit überflutetem Fahrzeug.
Dieses hab' ich gehört.
Strenge Kämpfe im eignen
Vaterlande bestand der
Streuer des Goldes."


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