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Grönländer und Färinger Geschichten


Übertragen von Erich von Mendelssohn

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1912


4. Ref entkommt und tötet Grant. Seine Erlebnisse in Dänemark

Jetzt ist wieder von dort zu erzählen, wo Ref sich in den Einöden aufhielt. Seine Söhne entwickelten sich zu den prächtigsten Männern.

Im selben Frühling sandte Ref sie südwärts in die Ansiedelungen zu den Männern, welche Ref Gefolgschaft gelobt hatten, wie früher berichtet wurde. Die Brüder rüsteten im geheimen, und Gunnar erfuhr nichts von ihrer Fahrt. Und als jene Refs Botschaft erfuhren, freuten sie sich und begaben sich sofort zu ihm. Ref ließ dann das Schiff ins Wasser setzen, es war dasselbe, das er von Island mitgebracht hatte. Das Schiff hatte an Holzwerk und Teerung keinen Schaden gelitten. Ref ließ das Schiff mit grönländischen Waren beladen, Walroßbäuten , Walroßzähnen und Fellen. Und als das Schiff gerüstet war, fuhren sie in den nächsten nördlich gelegenen Fjord und legten dort das Schiff in eine versteckte Bucht. Auf dem Schiffe war sein Weib Helga, ihr Pflegebruder Thormod, Thormod ihr Sohn und die zwölf Männer, die aus den Ansiedelungen gekommen waren. Ref sagte ihnen, er werde mit seinen Söhnen noch eine Weile die Festung bewohnen.

Von Bards Reise ist zu berichten, daß ereine gute Überfahrt hatte. Er landete an der Stelle auf Grönland, die er sich gewählt hatte. Gunnar empfing Bard mit großer Freude. Sie bestimmten sofort Männer, um Bards Waren zu bewachen, aber sie selbst fuhren unverzüglich in die Einöden mit ebensoviel Männern, wie der König ihnen geraten hatte. Sie wußten jetzt Bescheid und fanden schnell den Fjord, in dem Refs Festung stand. Gunnar brachte sein Schiff in dem äußeren Fjorde ans Land, denn es ging schwer unter den Rudern, weil es mit



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ihren Lebensmitteln beladen war. Es dünkte ihnen leichter zu sein, in den Fjord hinein zu gehen.

Bard und seine Leute ruderten dicht an die Festung heran, dann kam auch Gunnar mit seinen Leuten dorthin. Sie gingen alle zur Festung hinauf Dort war nichts verändert, soweit sie sehen konnten, nur ein Graben war von der Festung zum Meere hinunter gegraben. Dort war dieses sehr tief, auch bei Ebbe. Dieser Graben war nicht tiefer, als daß er einem Manne an den Gürtel reichte.

In diesem Augenblick trat ein Mann auf die Festung. Sie erkannten ihn, und es war Ref. Er begrüßte sie und Sagte nach Neuigkeiten. Bard sagte: "Keine andere werde ich dir sagen, als daß du mit totgeweihten Füßen auf der Festung stehst." "Das sind keine großen Neuigkeiten," antwortete Ref. Bard ließ dann sofort einen Graben ausheben, und bald fanden sie die Balken, die mit Birkenrinde umwunden waren. Sie hieben die Balken auf, und da sprang viel Wasser heraus. Gunnar und seine Leute zogen jetzt gegen die Festung und trugen Feuer heran. Zuerst sprang viel Wasser aus der Festung heraus, aber bald begann die Festung auszutrocknen. Ref ging da auf der Festung vor und fragte, wer ihnen diesen Rat gegeben hätte. Bard antwortete, daß ihn das nichts anginge. Ref sagte: "Ich weiß auch, daß niemand von euch auf diesen Plan gekommen wäre, wenn ihr nicht von klügeren Leuten Nutzen gesogen hättet." Bard antwortete: "Wer uns auch diesen Rat gab, wir werden heute über dich und dein Eigentum bestimmen und dich so aufhängen, daß du diesen deinen Wohnsitz überschauen kannst, oder du wirst verbrennen." Da sagte Ref dieses Lied:

"Kluger Krieger glaubt
Unseres Schicksals zu walten.
Schwertschwingers Stärke
Macht wohl es glaubhaft.
Doch ahnt mir, daß List ihn täuscht,
Ehe er mich fängt.
mir ist Raum bestimmt.
Wahrheit spricht das Lied."



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Ref kehrte wieder in die Festung zurück. Jene verstärkten jetzt das Feuer, und es gab viele glühende Kohlen und ungeheuren Dampf.

Im selben Augenblick hörten sie ein großes Krachen in der Festung, und als sie es am wenigsten erwarteten, brach die Feftungs seite zusammen, die auf das Meer hinaussah. Es war gerade so berechnet, daß die Festung in die Rinne vorn am Strand fiel. Sie war so glatt wie ein Brett. Und während die Festung zusammenbrach, lief ein Schiff auf Rädern ins Meer. Ref und die Seinen hißten die Segel, und ein leichter Wind kam von Norden her; an den Bergen entlang. Während des Zusammenbruchs der Festung gerieten vier von Bards Männern unter die Trümmer und waren sofort tot,

Bard rief jetzt seine Leute an. Ihrer acht liefen zum Schive, hißten sofort die Segel und ruderten aus vollen Kräften. Sie waren dicht hinter Ref. Aber Gunnar durchforschte jetzt die Festung, doch hier fanden sich nur wertlose Dinge. Dann wandte er sich mit seinen Männer dem Ausgange des Fjordes, seinem Schiffe zu.

Ref sah, daß Bard ibn bald einholen würde und sagte: "Jetzt müssen wir unsere Segel herunterlassen. Mir scheint, daß jenes Schiff so schnell fährt; daß sie es nicht anhalten können, und jene vermuten nicht, daß wir warten werden, und da wird ihr Schiff an uns vorbeifahren. Dann sollst du, Stein, ihr Stag durchhauen, aber du Björn, sollst mit den Rudern plätschern, so daß es jenen scheint, als ob wir mit allen Kräften rudern, aber du läßt das Schiff nur ganz wenig vorwärts geben." Ref schlug jetzt die Räder von seinem Schiff ab, und dann nahm er einen kleinen Speer und schärfte ihn.

Jetzt ist von Bard und seinen Leuten zu berichten, daß sie segelten und ruderten, aber nicht glaubten, daß Ref anhalten lassen würde. Ihr Schiff lief an Refs vorbei. In diesem Augenblick warf Ref seinen Speer nach Bard. Er durchbohrte ihn und spießte ihn an der Schiffsseite fest. Stein hieb alle ihre Stage durch, da fiel ihr Segel über Bord mit allem Zubehör, und dabei sah es aus, als ob dav Schiff kentern würde. Jetzt sogen Refs Leute ihre Segel auf und waren bald weit fort, und



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fuhren dann weiter, bis sie aus dem inneren Fjorde hinaus waren. Bards Schiff genossen konnten ihr Takelwerk auffischen. Sie legten dann bei einer Landspitze an.

Gunnar und seine Leute sahen, daß Ref aus dem Fjorde heraussegelte. Sie glaubten da zu wissen, daß der Zusammenstoss zwischen ihm und Bard gewiß derart gewesen sei, wie Bard ihn sich nicht gewünscht hätte. Gunnar befahl da seinen Leuten, aufs Schiff zu eilen und die Mündung des Fjordes abzusperren . Das taten sie. Es begann jetzt zu dämmern.

Als Ref und seine Söhne aus dem Sunde kamen und der Fjord sich sum zweiten Male öffnete, sahen sie, wie Gunnar und seine Leute so schnell sie konnten vom Lande fortruderten. Es begann jetzt sehr dunkel zu werden, nur der Mond leuchtete schwach. Da sagte Ref: "Wir müssen versuchen, so stark wie möglich zu rudern. Aber du, Björn, sollst unser Segel immer mehr und zuletzt ganz einziehen." Sie taten es. Gunnar sagte dazu seinen Männern: "Das Rudern gelingt ihnen seltsam gut, wir waren ihnen vorhin so nah, daß ich glaubte, wir würden sie bald erreichen, aber jetzt entfernen sie sich von uns, so daß ihr Schiff wie ein kleiner Erdhaufen aussieht. Da draußen muß mehr Wind sein, und deshalb haben sie den Vorsprung. Jetzt müssen wir zum Lande zurückkehren und Ref nicht nachts auf hoher See verfolgen." Das taten sie.

Am Morgen kamen Bards Leute zu Gunnar und erzählten ihre unglücklichen Erlebnisse. Sie führten Bards Leiche mit sich. Gunnar kehrte jetzt wieder zur Ansiedelung zurück und war wenig mit seiner Fahrt zufrieden. Es war auch die Rede aller Leute, daß wenige so große Niederlagen von einem einzigen Manne erlitten hätten,

Die Ruderer, die bei Bard gewesen waren, tauschten schnell ihre Waren um und segelten im Herbste nach Norwegen, und es wird nicht berichtet, ob Gunnar König Harald Geschenke sandte. Sie erzählten dem Könige von Bards Tode und ihrem Zusammentreffen mit Ref. Der König meinte, es wäre nicht anders zugegangen, als er es vorausgesagt hätte.

Ref und seine Söhne wendeten zu ihrem Schiffe zurück, und die Männer freuten sich ihres Wiedersehens. Sie rüsteten sich



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dann zur Meerfahrt, und als alles bereitet war, stachen sie in See. Sie hatten eine lange und angenehme Seefahrt.

Im Herbste kamen sie nach Norwegen und erreichten zuerst die Insel, die Ädö heißt. Sie liegt eine Meile südlich von Drontheim. Bauern Sagten, wer das Schiff steuere. Ref nannte sich Narsi und gab sich für einen Isländer aus. Narfi fragte, wo der König im Lande sei. Die Bauern sagten, er wäre in Drontheim .

Narsi segelte von Ädö zum Festlande und verbarg sein Schiff in einer versteckten Bucht. Dort ließ er seine Genossen zurück und mietete sich ein sechsrudriges Boot und einen Lotsen. Seine Söhne und sein Weib begleiteten ihn. Seine Mannen sollten das Schiff bewachen.

Nichts wird von Narfis Fahrt berichtet, bevor er zur Kaufstadt Drontheim kam und sich dort eine Hütte mietete. Dort verbrachten sie einige Nächte. Narfi verbot seinen Leuten aufs strengste, jemals so die Hütte zu verlassen, daß Helga allein zurückbliebe. Er ließ sich einen blauen Mantel machen und trug immer einen Gürtel aus Walroßhaut. Er hatte sich auch einen weißen Bart angebunden und gab sich für einen alten Kaufmann aus. So beschaffen ging er auf den Markt. Einen Spieß mit kurzem, eisenumwundenem Schafte hielt er in der Hand.

Der König war damals mit großem Gefolge in der Stadt. Ein Hofmann des Königs hieß Grani und wurde Scheiden Grant genannt. Er war schön anzusehen und hielt auf Waffen und Kleider. Grani stellte sehr den Weibern nach. Damit fügte er vielen großen Schaden zu. Es wurde bei ihm geduldet, denn er besaß das vertrauen des Königs.

Da geschah es eines Tages, daß der König ein großes Thing in der Stadt abhielt, und durch Trompetenstoße wurden alle Männer aufgefordert, dorthin zu kommen. Narsi ging mit seinen Söhnen Stein und Thormod zum Thinge. Björn blieb bei seiner Mutter zurück, aber bald wurde er neugierig, was dort auf dem Thinge gesprochen wurde und begab sich dorthin. Narfi erblickte ihn auf dem Thinge, ging zu ihm und fragte ihn, wer bei Helga wäre. Er antwortete, daß niemand dort sei. Narfi kehrte da zur Hütte zurück.



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Bald nachdem Björn fortgegangen war, war ein Mann in die Hütte gekommen. Er war in blauem Mantel und prangte mit schönen Kleidern und Waffen. Helga begrüßte den Mann und fragte ihn nach seinem Namen. Er gab an, Grani zu heißen und ein Hofmann König Haralds zu sein: " — und deshalb bin ich hierhergekommen, um mir ein Weib zu kaufen." Sie bat ihn, in dieser Angelegenheit woanders hinzugehen. Grani sagte, es wäre unziemlich, daß ein alter Mann ein so frisches und schönes, junges Weib hätte. Sie antwortete, das wäre ihre und nicht seine Sache. Grani sagte, er nähme das nicht so genau und griff nach Helga. Sie sprang auf und wehrte sich, und sie begannen miteinander zu ringen.

Im gelben Augenblicke kam Narfi ans Fenster und schaute hinein. Als aber Grani den Schatten am Fenster vorbeigleiten sah, ließ er Helga fahren und lief zur Tür. Narfi wollte auch zur Tür kommen. Grani konnte vorher entschlüpfen und begann sofort zu laufen. Helga lief zur Tür und wollte Narfi festhalten: "Laß Grani gehen," sagte sie, "denn er hat nichts von deinem Gute beschädigt." Narfi stieß Helga fort, lief Grani nach und forderte ihn auf, stehen zu bleiben. Aber Grani mäßigte seinen Lauf nicht, bis er an einen Holzzaun kam. Jetzt war nur eine kurze Strecke zwischen ihnen. Grani sah da, daß er ergriffen werden würde, drehte sich um und sagte: "Überlege dir, was du tun willst. Wenn du mich erschlägst, ist es dein Tod. Andererseits werde ich dir keinen Schaden zufügen, solange du hier in der Stadt bist." Er bat aus Kräften um sein Leben. Narfi sagte: "Wahr ist, daß dir nur schlechte Eigenschaften gegeben sind. Du prahlst mehr als andere Männer und glaubst groß zu sein und bereitest vielen Schande, aber jetzt weißt du nicht, was du tun sollst, oder wie du dich anstellen willst, so sehr fürchtest du dich. Mach dich bereit, denn ich werde mich jetzt nicht versöhnen lassen."

Darauf stieß Narfi mit dem Speer nach ibm. Grani hatte eine Art in der Hand, damit wehrte er den Stoß ab. Das tai er mehreremal. Narfi setzte ibm hart zu, und das Ende war, das er ibn mit dem Speer durchstieß. Dann schleppte er ibn unter



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den Zaun, während Grani mit dem Tode kämpfte und verbarg den Leichnam dort.

Narfi fiel es jetzt ein, daß es für ihn nicht rätlich wäre, den Mann ermordet zu haben, 1 und daß es am besten wäre, es dem König selbst zu sagen. Zuerst aber ging er nach Hause zur Hüne und bat Helga, ihre Sachen zusammen zu nehmen und aufs Schiff zu bringen, und ebenso ihre Begleiter.

Dann ging er dorthin, wo das Thing war. Dort waren viele Männer und ein großes Gedränge. Narfi zwang sich hindurch, bis er vor dem Könige stand. In diesem Augenblicke antwortete der König auf die Klagen, die man ihm vorbrachte. Trotzdem ergriff Narsi das Wort und sagte: "Herr König, mit Schwerthausgrani hatte ich heute eine Trunkeinigkeit, als er mein Weib bergschluchten wollte. Ich großteichte ihn durch die Grasbeugeraugen. Da langhauste er, Herr. Dann langhauste ich, Herr. Da nestkugelte ich ihn, Herr, aber er vielroßte dagegen . Da schönrockte ich ihn, Herr, und er schiffsrandete dabei. Da heidekrautbündelte ich ihn, Herr, unter einen Zaun in der Nähe, und beendigte das Gewebe über ihm." Narsi ging dann sofort weg und auf sein Boot und beschleunigte seine Reise sehr. Am Abende und in der Nacht fuhren sie südwärts am Lande entlang, bis sie zu Narfis Schiff kamen. Dann stachen sie sofort in See,

Jetzt ist von König Harald zu berichten, daß er sich auf dem Thinge aufhielt, wie vorher erzählt wurde. Aber während Narfi sein Geschäft vorbrachte, hielt der König nicht mit seiner Rede inne und niemand fand, daß er auf das acht gab, was Narsi sagte. Und als Narfi seine Sache vorgetragen hatte, ließ er zur Ruhe blasen und sagte dann: "Wer war dieser uns unbekannte Mann, der in blauem Mantel und mit einem großen Gürtel aus Walroßhaut und mit einem Speere in der Hand vor uns stand, und woher ist er:" Man antwortete ihm, daß niemand wüßte, woher er wäre und daß er einige Tage in der Stadt sei, sich eine Hütte gemietet habe und sich Narfi



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genannt habe. Der König sagte: "Was dünkte euch, daß er sagte:" Die Männer antworteten, sie könnten nichts anderes glauben, als daß er irr und unsinnig gewesen wäre. "Es mag so sein," sagte der König, " aber der Mann schien mir nicht unbedeutend zu sein, und wo ist Scheiden-Grani, unser Hofmann Führt ihn vor mich." Sie suchten ihn, aber fanden ihn nicht, Da sagte der König: "Gewiß hat sich etwas Schlimmes ereignet. Jener sprach so: ,mit Schwerthaus-Grani hatte ich heute eine Trunkeinigkeit. Er wollte mein Weib bergschluchten.' Ich glaube, daß er meinen Hofmann Scheiden-Grani, Schwerthaus-Grani genannt hat, denn die Scheide ist das Haus des Schwertes. Er ist wohl um die Häuser geschlichen, um sich ein Weib zu suchen. vielleicht ist er dabei auf Narfis Weib gestoßen . Es gibt auf Island einen Trank, der Miß heißt, und Missen und Saufen und Trinken bezeichnen dort dasselbe. Sie werden gewiß miss-einig geworden sein. Er sagte: ,Gram habe sein Weib bergschluchten wollen'. Wenn aber der Führer den Weg über den Berg nicht gut kennt, und in eine Schlucht gerät, so sagt man, jener hätte einen verführt. So wollte Grani Narsis Weib verführen. Er sagte dann, daß er durch das Grasbeugerauge großgeteicht habe. Das ist richtig. Seen nennt man große Teiche, und ihr wißt, daß in der Skaldensprache der Wind der Grasbeuger heißt. Aber Windauge ist ein anderer Name für Fenster. Narfi hat durch die Fenster des Hauses sehen können, wie sie zusammen waren. ,Da langhauste ich, König, und da langhauste er.' Ein langes Haus heißt aber eine Rannte, und da rannten sie beide. Narfi wird schnell an der Wand der Hütte entlang gelaufen sein, als er die beiden zusammen gesehen hat. Das wird Grani gehört haben, und vielleicht hat er sein vorhaben aufgegeben und ist geflüchtet. Da nestkugelte ich ihn,' sagte Narsi. Mit Nestkugeln bat er die Eier gemeint. Die Eier bilden aber den Retz des Nestes. Da hat er ihn gewiß gereizt zu warten. Aber er vielroßte dagegen.' Viele Rosse nennt man einen Stand, und da hat Grani standgehalten. Dann sagte Narfi, er hätte Grani, schöngerockt, aber er schiffsrandete.' Auf Island braucht man Mäntel, die Felder heißen, und das grobe Haar auf diesen



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nennt man Rocken oder Stoß. Da hat er ihn gewiß durchstoßen. Aber er ,schiffsrandete dabei.' Schläge nennt man die Spitze des Kiels, die zum Schiffsrande emporgebogen wird. Grani wird sterbend um sich geschlagen haben. Da ,heidekrautbündelte ich ihn unter einen Zaun in der Nähe.' Ein Heidekrautbündel bildet eine Trage. Da hat er ihn unter einen Zaun getragen. Da ,beendigte er das Gewebe über ihn.' Es gibt eine Redensart auf Island, daß die Weiber ein Gewebe verstecken, wenn wir sagen, daß sie es beendigen. Da wird er ihn versteckt haben. "Jetzt will ich,"sagte der König, "daß ihr nach diesen Männern sucht, sowohl nach dem Getöteten, wie nach dem Totschläger." Die Männer taten, was der König verlangte. Sie fanden Grani tot, aber Narfi wurde nicht gefunden.

Am Morgen ließ der König zur Versammlung blasen und sprach: "Solche Dinge sind gestern geschehen, die glücklicherweise selten sind. Einer unserer Hofleute ist erschlagen. Ich kann mir nicht den Isländer denken, daß er wagte, solche Dinge hier unter unserer Hand zu vollbringen. Jetzt werde ich eine Vermutung aussprechen, wer dieser Mann ist. Hierher muß derselbe Ref gekommen sein, der den Grönländern viel Schaden zugefügt hat."Darauf bestimmte der König Männer, um diesen Mann zu Wasser und zu Lande zu suchen. Sie befolgten die Ratschläge des Königs.

Jetzt ist von Refs Reise zu berichten, daß er auf seiner Fahrt nicht anhielt, bis er nach Dänemark kam. Er begab sich sofort zum Könige, berichtete ihm alle Umstände seiner Zusammenkunft und bat ihn um Aufnahme. Der König sagte; daß seine Erzählung ihm so dünke, daß Not ihn oft zu Gewalttaten gezwungen hätte: " — und so gefällst mir mit deinen Söhnen , daß ich Gefolgschaft haben möchte. Da ihr jetzt zu uns gekommen seid, du auch Waren in unser Land gebracht hast, die wir in langer seit unserer Feinde wegen nicht haben bekommen können, wie Walroßhaut zu unseren Schiffstauen , so werden wir euch bei uns aufnehmen und euch Land und Hof geben, wo uns gefällt. Aber deine Söhne, Stein und Björn, sollen bei uns sein, und unsere Ehrenbeweise werden sich danach richten, welchen vorteil ich von ihrer Gefolgschaft



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habe, solange ich sie prüfe. Dein Sohn Thormod soll bei dir bleiben." Ref antwortete, er wolle gern, daß der König hierüber bestimmte: "— aber doch müssen wir, Herr, zuerst nach unseren Waren sehen und die Brüder für den Aufenthalt bei Euch ausstatten." Der König sagte; so solle es sein.

Ref kehrte mit den Seinigen zu seinem Schiffe zurück. Da wurde es bekannt, daß sie große Schätze von Walroßhäuten, Watroßzähnen, Fellen und vielen anderen Dingen hatten, da von grönländischen Waren wenig in Dänemark gesehen wurden. Sie hatten fünf Eisbären und fünfzig Falken und davon waren fünfzehn weiß.

Jetzt ist davon zu berichten, daß jenes Schiff im Herbst von Grönland zurückkehrte; das Bard gesteuert hatte. Der König erfuhr jetzt den Tod Bards und alles, was dort geschehen war. Der König ließ jetzt eines Tages zur Versammlung blasen und berichtete den Männern vom Tode seines Hofmannes Bard auf Grönland: " — und die Umstände bei Granis Tod weiß ich jetzt gewiß, daß dieser Narfi der Sohn Steins gewesen ist; ich werde seinen Namen verlängern und ihn Kroka-Ref 1 nennen. Und obgleich er ein tüchtiger Mann ist, werden wir dach unsere Ehre wahren und anderen die Lustvertreiben, unsere Hofleute töten, und deshalb erklären wir heute hier diesen Mann friedlos im ganzen Norwegen und so weit, wie unsere Macht sich erstreckt." Darauf trug der König Erich, Granis Bruder, und elf Männern, auf, südwärts nach Dänemark zu fahren, um Ref nach dem Leben zu trachten.


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