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Grönländer und Färinger Geschichten


Übertragen von Erich von Mendelssohn

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1912


24. Thorgils kommt zu dem weißen Thorstein

Eines Morgens war Thorgils draußen und sah in einem Eisloch ein großes Tier, das angeschwemmt war, und bei ihm zwei Trollfrauen, die schwere Bündel zubanden. Thorgils lief auf sie zu und traf die eine, die gerade ihr Bündel ansehen wollte, so mit dem Schwerte Jardhusnaut, daß er ihr die Hand abschlug. Das Bündel fiel zur Erde, und sie lief fort. Dann nahmen Thorgils Leute das angeschwemmte Tier und hatten jetzt genug zu essen.

Später löste sich das Eis, und Thorgils versuchte mit seinen Leuten fortzukommen. Sie erreichten im Sommer die Seehundinseln und blieben den Winter über dort.

In den ersten Sommertagen fuhren sie weiter und fanden eine kleine Insel.

Einen halben Monat später fanden sie ein Mantelmövenei und gaben es dem Knaben. Er ass aber nur das halbe Ei. Sie Sagten ihn, warum er nicht mehr äße. Er antwortete: "Ich spare an meinem Essen, damit ihr an eurem Essen spart."

Sie fuhren jetzt am Gletscher entlang und kamen an steile Klippen, zogen ihr Schiff ans Land und errichteten dort ein Zelt. Am Morgen ging Kol hinaus, konnte das Schiff nicht sehen und legte sich wieder hin, denn er wollte Thorgils nichts davon sagen. Etwas später kam Thorleif heraus und schwieg auch. Thorgils kam heraus. Er sah, daß das Schiff fort war und berichtete seinen Leuten den Verlust des Schiffes:" —jetzt ist nichts anderes zu machen," sagte Thorgils, "als sich des Knaben zu entledigen." Thorleif antwortete: "Das darf nicht



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geschehen." Thorgils bat es doch zu tun. Sie nahmen den Knaben, und Thorleif bat Kol, den Knaben umzubringen. "Ich werde das nicht tun," sagte Kol, "denn ich weiß, daß es Thorgils sehr betrüben wird, sobald er äch beruhigt hat. Ich schulde Thorgils so viel Gutes." Dann gingen sie hinein, ließen den Knaben aber draußen. Thorgils Sagte sie, ob sie den Knaben getötet hätten. Sie antworteten, es sei nicht geschehen. Er dankte ihnen herzlich dafür. Der Knabe wurde geholt und blieb die Nacht über bei Thorgils.

Dann erzählte Thorgils einen Traum: "Mich deuchte, ich wäre auf Island bei einem Thing. Dort zog ich mit Asgrim, dem Sohne Ellida-Grims an einem Seile 1 , und er verlor." Thorleif antwortete: "Dann wirst du noch einmal nach Island kommen und mit ihm in Streit geraten, und dabei wird es dir besser gehen." "Das ist möglich," sagte Thorgils.

In der nächsten Nacht hatte er wieder einen Traum gehabt und sagte: "Mir deuchte, ich war in Weghöh und dort waren viele Leute. Ich sah einen Schwan durch das simmer gehen, der zu den anderen freundlicher war als zu mir. Dann schüttelte ich ihn, und dann wurde er viel freundlicher zu mir." Thorleif sagte: "Dann wirst du wieder ein Weib nehmen, Vater sein und wirst anfänglich wenig der Liebe deines Weibes genießen, aber später wird es besser sein." "Ich träumte noch mehr, als ich zu Hause in Weghöh war: ich sah aus meinem rechten Knie fünf Lauchstauden herauswachsen, die sich in viele Stauden teilten, und eine Staude wuchs mir über den Kopf, und sie war so schön, als ob sie goldfarben wäre." Thorleifantwortete:"Ich verstehe deinen Traum: du wirst fünf Kinder haben und von ihnen werden viele Geschlechter auf Island stammen. Aber ich werde dort mein Leben nicht zubringen, und mein Geschlecht werde ich anderswohin verpflanzen. Aber die schöne Staude bedeutet; daß ein Mann von dir abstammen wird, der sich besonders auszeichnet."

Und das hat sich später bestätigt, denn von Thorgils stammt Bischof Thorlak der Heilige ab. Thorleif sagte dann: "Das träumte ich, Vater daß meine Schwester Thorny mir ein Stück 1 Eine oft geübte Kraftprobe



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Käse gab, von dem die Rinde abgeschnitten war." Thorgils antwortete: "Dann werden wir das härteste hinter uns haben, wenn die Rinde abgeschnitten war."

Dann hörten sie einen lauten Ruf. Es wurde gerufen, das die Isländer zu ihrem Boote gehen sollten. Sie gingen gleich hinaus und sahen zwei Frauen, die aber schnell verschwanden. Ein Bär war im Eise eingebrochen und hatte sich ein Bein gebrochen. Thorgils lief hin und erstach den Bären mit dem Schwerte. So starb das Tier. Thorgils hielt es an den Ohren fest, denn er wollte nicht, daß es untersänke. Dann zogen sie es heraus und bereiteten es zu. Thorgils gab einem jeden ein Stück, und daraus kann man sehen, was schweren Mangel sie gelitten hatten. Thorleif sagte:"Du sparst mit dem Essen, Vater Thorgils antwortete:"Ja, mein Sohn, das ist notwendig." Dann wandten sie sich dem Meere zu und ruderten an vielen kleinen Buchten vorbei. Als sie an die Mündung eines Fjords kamen, waren sie ganz ermattet. Großer Durst plagte sie und nirgendwo war Wasser in der Nähe. Sie waren mit dem Knaben zusammen fünf. Da sagte Starkad: "Ich habe gehört, was Leute taten, um sich vor dem Tode zu retten. Sie haben Meerwasser und Harn zusammengemischt." Sie nahmen die Schöpfkelle und ließen ihr Wasser hineinlaufen, mischten es mit Meerwasser und baten Thorgils um Erlaubnis , es zu trinken. Er antwortete, ihr vorhaben wäre zu entschuldigen , er wolle es aber weder verbieten noch erlauben. Als sie aber trinken wollten, bat Thorgils sie, ihm die Kelle zu reichen, denn er wolle einen Trinkspruch ausbringen. Er nahm sie und sprach: " Du verfluchtes Tier, das unsere Fahrt verzögert, sollst uns doch nicht zwingen, unsere eigene Notdurft zu trinken."Im selben Augenblick flog ein Vogel, der am meisten einem jungen Alken glich, vom Schiffe fort und schrie dabei. Thorgils goß die Kelle da ins Meer aus. Sie ruderten weiter und fanden spät am Tage Wasser. Jener vogel flog nordwärts vom Schiffe. Thorgils sagte: "Spät hat dieser vogel uns verlassen, mögen ibn alle übelwollenden Geister holen. Aber darüber können wir uns freuen, daß er uns nicht dazu brachte, wozu er uns bringen wollte."



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Nach drei Tagen sahen sie ein Leinwandzelt und erkannten, daß es Thoreys Zelt war. Sie fanden dort Thorgils verwalter und fragten ihn, wie er dorthin gekommen wäre. Er sagte, daß Snäkol und dessen Leute ihn vor die Wahl gestellt hätten, mit ihnen zu gehen oder zu sterben: " — Snäkol stach Thorey mit einem spitzen Messer." Thorgils antwortete: "Ich weiß nicht, welche Strafe du verdient hast, aber unwahrscheinlich scheint mir deine Erzählung zu sein, und du sollst nicht länger leben." Sie töteten ihn und begruben ihn dort. Dann fuhren sie weiter.

Als der Herbst begann, kamen sie in einen Fjord und sahen ein Bootshaus. Sie ruderten ans Land, zogen ihr Boot hinauf gingen landeinwärts und kamen zu einem Gehöft. vor dem Gehöfte stand ein Mann und grüßte sie. Sie Sagten sich gegenseitig nach ihren Namen. Er sagte, er heiße Hrolf und lud sie ein, bei ihm zu bleiben. Sie nahmen das an, und Thorsinn wurde den Frauen zur Pflege übergeben. Sie gaben ihm Milch-Er sagte aber, die Milch seines Vaters hätte nicht so ausgesehen . Sie blieben den Winter über dort.

Im Frühling bot Hrolf Thorgils an, mit seinen Leuten dazubleiben oder aber sein Schiff zu nehmen, wenn er fortfahren wollte. Thorgils dankte ihm und sagte, er wolle das Schiff nehmen: " — es ist aber unsere Schuldigkeit, dich für deine Wohltaten zu belohnen." Hrolf antwortete, er hoffe, daß Thorgils ihm einen großen Dienst erweisen werde: " — du wirft auch dein Ansehen dadurch vergrößern, wenn du mir Frieden mit den Ansiedlern schaffst, denn sie haben mich friedlos erklärt." Thorgils versprach es, und sie nahmen freundschaftlichen Abschied voneinander.

Dann fuhr Thorgils mit seinen Leuten südwärts am Lande entlang, und sie kamen in einen Fjord, wo sie das Schiff festmachten und ihr Zelt aufschlugen. Im selben Augenblick sahen sie ein Schiff, und das war ein Handelsschiff. Es fuhr in den Fjord hinein, vom selben Winde geführt, den Thorgils benutzt hatte, und legte an derselben Stelle an. Thorgils sagte: "Das ist ein freudiges Ereignis. Geht hin, Thorleif und Kol, und sucht zu erfahren, wer die Leute sind."



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Sie gingen bin, kamen ans Schiff und bestiegen es. Hinten bei der Kajüte saß ein Mann in rotem Mantel. Er sprang auf und umarmte Thorleif. Es war der weiße Thorstein, der gekommen war, Thorleifs Stiefvater und Erzieher. Er Sagte nach Thorgils, und ihm wurde geantwortet, daß er dort sei. Thorstein suchte Thorgils auf, und sie begrüßten einander voll Freude. Thorstein berichtete, daß er von Island käme, und daß es gut um seinen Besitz stände. Er sagte, daß er vier Jahre lang nichts von Thorgils gehört hätte und daß Thorgils Tochter Thorny das Weib Bjarnis von Grab, des Sohnes des Goden Thorsteins , eines der ersten Ansiedler auf Island, geworden sei:" — und da Thorleif nicht nach Norwegen zurückkehrte, rüstete ich mein Schiff und fuhr nach Island und blieb dort zwei Winter. Da ich dort nichts von dir hörte, kam ich hierher, um dich zu suchen." "Immer habe ich nur Gutes von dir erwartet," sagte Thorgils. Bald kamen Leute zu ihnen. Der Bauer, der dort am nächsten wohnte, hieß Thorir. Er lud Thorstein zu sich ein, und dieser ging zu ihm. Erich der Rote bat Thorgils zu sich, und Thorgils ging mit zwölf Männern

Thorgils saß bei der Tafel Erich gegenüber, neben ihm zur Tür zu saßen Thorleif, Kol und Starkad.

Thorsinn hatte eine Amme bekommen, er wollte aber keine Milch trinken, bevor sie nicht dunkel war. Dann wurde er entwöhnt.

Erich gab sich nicht viel mit Thorgils ab, und die Bewirtung war geringer, als Thorgils es sich gedacht hatte. Thorgils erfuhr, daß seine Knechte dort im Lande wären, ließ sich aber an, als ob er es nicht wüßte,


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