Projektseite Volksmärchen Sagen Geschichten Etnologie Beriche © Arpa data
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

Grönländer und Färinger Geschichten


Übertragen von Erich von Mendelssohn

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1912


4. Tyrker findet Weintrauben

Eines Abends geschah es, daß einer in der Schar fehlte, und das war der Deutsche Tyrker. Leif hörte dies mit großem Unwillen , denn Tyrker war lange bei ihm und seinem Vater gewesen und hatte Leif in seiner Kindheit sehr geliebt. Leif schalt seine Genossen und machte sich auf, um ihn zu suchen, und zwölf Männer waren mit ihm. Aber sie waren nur ein kurzes Stück Weg gegangen, als Tyrker ihnen entgegenkam. Sie begrüßten ihn voll Freude. Leif merkte bald, daß sein Pflegevater verstört war. Tyrker hatte eine vorspringende Stirn, unruhige Augen und ein sonnensprossiges Gesicht. Er war klein und schmächtig, aber in jeder Art Kunstfertigkeit geübt. Leif Sagte ihn: "Wo warst du so spät, mein Pflegevater und warum hast du dich von deinen Gefährten getrennt:" Tyrker sprach zuerst lange deutsch, und rollte mit den Augen und verzog sein Gesicht, und sie konnten nicht verstehen, was er sagte. Als eine Weile vers war, sagte er auf nordisch: "Ich bin nicht viel weiter gegangen als ihr. Doch kann ich euch eine Neuigkeit berichten: ich fand Weinranken und Weintrauben." "Ist das wahr, mein Pflegevater:" Sagte Leif. "Gewiß ist es wahr," antwortete jener, " denn dort, wo ich geboren bin, mangelt es weder an Weinranken noch an Weintrauben." Nun schliefen sie eine Nacht, und am Morgen sagte Leif seinen Genossen: Jetzt wollen wir uns zwei Dinge vornehmen: an einem Tage wollen wir Weintrauben sammeln und am andern Weinranken abhacken und Bäume fällen, um damit mein Schiff voll zu beladen." Und das wurde beschlossen.

Jetzt ist berichtet, daß ihr Schleppboot mit Weintrauben vollbeladen war und das Schiff mit den behauenen Ranken. Im Frühling rüsteten sie ihr Schiff und segelten fort. Leif gab dem Lande den Namen Weinland, weil Wein dort wuchs.



Thule-Bd.13-038 Groenlaender u. Faerinder Geschichten Flip arpa

Sie stachen dann in See und hatten guten Wind, bis sie Grönland sehen konnten und die Berge unter den Gletscher. Da wandte sich ein Mann zu Leif und Sagte:"Warum steuerst du so scharf gegen den Wind :" Leif antwortete: Ich achte auf mein Steuer; aber doch auch auf andere Dinge. Seht ihr denn nichts:" Sie antworteten, daß sie nichts Ungewöhnliches sehen könnten. "Ich weiß nicht," sagte Leis "ob ich ein Schiff oder eine Schare sehe." Jetzt sahen es auch die anderen und sagten, es wäre eine Schäre. Leif hatte schärfere Augen als die anderen, so daß er Menschen auf der Schare erkennen konnte. "Jetzt will ich gegen den Wind kreuzen," sagte Leis; "um uns jenen dort zu nähern und ihnen zu helfen, falls sie unserer Hilfe bedürfen. Sind jene aber nicht friedlich gesinnt, so können wir beschließen, wie wir uns gegen sie verhalten, jene aber nicht, wie sie sich gegen uns stellen wollen."

Sie segelten nun an die Schäre heran, zogen die Segel ein, warfen Anker und setzen ein kleines Boot aus, das sie ebenfalls mit sich führten. Dann fragte Tyrker wer ihr Führer wäre. Es wurde geantwortet, er hieße Thorir und sei ein Norweger: — "und wie ist dein Namen?"Leif nannte ihn. "Bist du der Sohn Erichs des Roten von Steilhang:"Sagte Thorir. Leif antwortete:"Ja". "Jetzt will ich euch alle auf mein Schiff entbieten," sagte Leis" " und soviel von eurem Gut mitnehmen, als auf dem Schiffe Platz findet." Sie nahmen das Angebot an und segelten dann mit ihrer Last zum Erichsfjorde und bis Steilhang. Dort trugen sie das Gut vom Schiffe ans Land. Leif bot Thorir und seinem Weibe und noch drei Männern an, bei ihm zu bleiben. Den andern von Thorirs Mannschaft und seinen eigenen Genossen verschaffte er bei andern Obdach. Leif hatte fünfzehn Menschen an der Schäre geborgen und wurde von da an Leif der Glückliche genannt. Leif gewann damit Gut und Ehre.

In diesem Winter brach eine schwere Seuche unter Thorirs Leuten aus, auch Thorir starb und mit ihm viele andere aus seiner Schar. Im selben Winter starb auch Erich der Rote.

Jetzt wurde viel über Leiks Weinlandsfabrt gesprochen, und sein Bruder Thorvald meinte, daß Leif zu wenig vom Lande



Thule-Bd.13-039 Groenlaender u. Faerinder Geschichten Flip arpa

untersucht habe Da sagte Leif ;u Thorvald : "Du sollst mit meinem Schiff nach Weinland fahren, mein Bruder, doch will ich, daß das Schiff zuerst die Balken bolt, die Thorir auf der Schäre hatte." Und so geschah es.


Copyright: arpa, 2015.

Der Text wurde aus der Märchen-, Geschichten- und Ethnien-Datenback von arpa exportiert. Diese Datenbank wurde dank Sponsoren ermöglicht. Es würde uns freuen, wenn wir mit Ihrer Hilfe weitere Dokumente hinzufügen können.
Auch bitten wir Sie um weitere Anregungen in Bezug auf Erweiterungen und Verbesserungen.
Im voraus Dank für die Mithilfe. Spenden können Sie unter In eigener Sache

Ihr arpa team: www.arpa.ch Kontakt