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Kapitel 

Sieben Geschichten von den Ostland Familien


Übertragen von Gustav Neckel

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1913


7. Wie Thorstein auf eine Tat sann

In diesem Winter begab sich Thorstein nach der Wassenförde, um seinen Schwager Skegg-Broddi zu besuchen. Sein Bruder Kol und noch ein paar Leute begleiteten ihn, und sie blieben eine Zeitlang dort; die Schwäger hatten immerfort mit einander zu reden.

Beim Abschiede erhielt Thorstein von Broddi wertvolle Geschenke, und als sie südwärts über die Butterseeheide gingen, da stolperte einer von ihnen an einer Erhöhung. Thorstein lachte; und mehrere andere auch, denn dem Manne war nichts zugestoßen. Da sagte Kol: ,Mich wundert, Bruder, daß du lachen kannst nach solchen Reden, wie Thorhadd über dich verbreitet hat. Du scheinst gar nicht an Rache zu denken, und brauchtest doch nur zuzugreifen wie ein großes Raubtier, das einem kleinen viehzeug den Garaus macht. Inzwischen wehen ihre Lästerreden über das Land wie Schneeflocken vor dem Winde. Es wird nichts übrig bleiben, als daß ich die Sache in die Hand nehme.' Thorstein erwiderte, vom vielen Stacheln



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werde es nicht besser; übrigens habe er noch selten Schmähreden geduldig ertragen und nicht anderer Hilfe gebraucht, um sich Genugtuung zu schaffen.

Man kam beim und blieb den Winter über zu Hause. Als der Frühling anbrach, machte Thorstein sich südwärts auf, um nach seinen Geschäften und nach seinen Thingleuten zu sehen. Sie stießen auf einen großen Fluß, kamen wohlbehalten hinüber und begegneten, als sie auf der andern Seite ans Land ritten, dem Thorbadd. Er ritt mit Lastpferden und fragte, wie man über den Fluß käme. Thorstein erwiderte, allein würde es ihm schwer fallen, aber er wollte ihm einige geschickte Leute mitgeben zu seiner Begleitung. Thorhadd nahm das an und kam glücklich hinüber. Es erregte Verwunderung, daß Thorstein ihm diesen Dienst erwies. Als man ihn fragte, warum er es tue, antwortete er: ,Es gibt nicht viel, was mir in meinem Leben mehr am Herzen gelegen hai als jetzt Thorhadd heil über den Fluß zu bringen, —denn ich gönne ibm einen andern Tod als das Ertrinken.'

Thorstein kehrte nach Hause zurück. Bald darauf träumte ihn, daß seine Mutter Joreid ihn besuchte. Sie war Thidrandis Tochter und damals schon tot. Sie fragte: ,Willst du nun bald um vergleichstermin mit Thorhadd: Er erwiderte, das habe er nicht im Sinne. ,Du denkst also auf Rache?' fragte sie weiter. Daran habe er gedacht, erwiderte er. Da sagte sie: ,Dann darfst du nicht lange zögern, denn die verleumdungen werden erst aufhören, wenn die Rache kommt '; den nächsten Tag nannte sie dm günstigsten Zeitpunkt und riet ihm: ,nimm deine beiden Arie in die Hand, den Jarl und den Thidrandi, und wähle zur Tai diejenige, die schwerer in der Hand wuchtet; denn der Thidrandi hai sich oft bewährt, obgleich er nicht so schön aussieht wie der Jarl.' Da erwachte Thorstein und meinte noch ihre Bewegung zu sehen, als sie hinausging.


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