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Kapitel 

Sieben Geschichten von den Ostland Familien


Übertragen von Gustav Neckel

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1913


3. Wie Thorhadd gedemütigt ward

In jenem Sommer nun kam, wie erzählt, Thorstein heim. Das Herbstthing nahte, und Thorstein machte sich mit großem Gefolge dahin auf. Auch Thorhadd kam hin. Das Thing war stark besucht, und die Leute verhandelten über ihre Angelegenheiten und die Bezirksregierung. Thorstein sagte, er habe erfahren, daß Thorhadd aller Leute Angelegenheiten gut verfolgt habe, ausgenommen die des Hauk, die noch ganz unerledigt sei. Thorhadd versetzte, er und sein Schwiegersohn würden sich allein darüber einigen; doch hätten auch andere Leute davon ihren Nutzen gehabt. Thorstein nannte es in der Ordnung , daß jeder über das Seinige bestimme; ,und jetzt', sagte er, ,ist wohl auch der Zeitpunkt gekommen, daß ich mein Godentum wieder übernehme.' Thorhadd antwortete: ,Das hättest du sagen sollen, ehe die Prozesse verhandelt wurden. Jetzt ist es besser, wir machen die Sache auf dem nächsten Frühjahrsthing ab, vor den Gerichtsverhandlungen. Im Winter brauchst du ja das Godentum nicht.' Thorstein wurde sehr zornig, als er das Godentum nicht bekam, und sie trennten sich.



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Der Sommer ging Ende, auch der Winter verging, und das Frühjahrsthing kam heran. Ehe Thorstein von Hause wegritt sagte seine Frau Yngvild: ,Es ist nicht alles richtig zwischen dir und den Leuten an der Waffenförde, wenn du keinen höheren Namen trägst als ein beliebiger Bauer." Und als Thorstein sich dem Thingplatze näherte, sagte er: ,Hier wollen wir halt machen und auf Thorhadd warten. Wir beide kommen nicht zusammen auf dieses Thing, erhalte ich mein Godentum nicht zurück.' Bald erschien Thorhadd mit seinen Söhnen und einem Trupp Reiter. Thorstein sprang auf und hieß ibn das Godentum ausliefern und die Hand darreichen; ,sonst', sagte er, ,müssen wir unsere Kräfte messen '; es gehe nicht an, daß die Bauern beraubt und die Häuptlinge geschändet würden. Er machte ihm heftige Vorwürfe wegen seines Handels mit Hauk und sagte, er dürfe Hauk, und ebenso seine Tochter, nicht länger so schmachvoll behandeln. Thorbadd sagte, er sei kühn; ,es ist wahrscheinlicher,' sagte er. ,daß du Hauk in Schmach bringst, denn jedesmal, wenn du bei ihm zu Gast bist, schläfst du im Bette seiner Frau. So lohnst du ihm seine Geschenke.' Thorstein antwortete: ,Gut lügt nur; wer mit Zeugen lügt. Ich glaube aber, du kannst keinen Zeugen dafür beibringen , daß ich je eines Mannes Frau verführt hätte. Ich habe nämlich eine gute Frau und bin ihr treu. Entschließe 'dich nun schnell: gib das Godentum heraus, oder — das andere ist das Schlimmere" Thorhadd: ,Ein hitziger Mensch bist du, nicht gerade von ruhigem Wesen. Du sollst dein Godentum bekommen, auch ohne Drohungen. Dein Vater machte es anders , als er auf dem Allthing seinen Sohn Ljot verlor. Da redete er bedächtig genug, und es war doch wirklich eine Prüfung für ihn, während dies für dich keine ist.' Viele Dritte mischten sich ein. und Thorstein bekam auf dem Thing das Godentum zurück.

Die verhandlungen gingen vor sich. Bei der Auflösung des Thinges auf dem Thinghügel stand Thorstein auf und sprach: Der Landsgemeinde ist bekannt der Handel zwischen Thorhadd



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und Hauk. Soll es so weitergehn, so sind die Bauern rettungslos verloren. Darum soll Thorhadd allsogleich erfahren, daß ich mächtiger bin als er. Ich verkünde hiermit, Thorhadd , daß dir als Wohnsitz der Hof An der Straße, vor dem Bärinnenfjord, zugedacht ist und daß du abziehen sollst aus Rannveighausen, ehe vier ebu Tage um sind. Tust du das nicht, so führe ich dich schonungslos fort. Aber ich dulde nicht, daß du oder deine Söhne aus dem Bezirk fliehst, denn wir Ostfjordleute sind die nächsten dazu, uns mit eurer schlimmen Lage ;u beschäftigen. Geht ihr aus dem Bezirk ohne meinen Willen, so verbiete ich, euch aufzunehmen, und sage denen, die es tun, den Frieden auf.' Thorhadd sagte, das seien unbedachte Reden; ,es könnte so kommen,' fuhr er fort, ,daß mein Verbleiben im Bezirk wenig Nutzen brächte, wenn man uns allzu wenig Raum gönnt; übrigens habe ich bisher immer selbst über meinen Wohnsitz bestimmt.' Thorstein erklärte, es folie nun einmal so sein, wie er bestimmt habe. Und man trennte sich.

Thorhadd ritt nach Hause und ließ nichts von sich hören. So verging einige Zeit. Er sagte, Thorstein werde sicher den Ablauf der Frist übersehen.

Die letzte Nacht der vierzehn Tage kam, und als am nachsten Morgen Thorhadd ruhig zu Hause bleiben wollte, erschien Thorstein mit fünfzehn Mann und erklärte, er habe Thorhadd nur das gedroht, was er wahr zu machen gedächte. In aller Frühe war Thorhadds Schäfer hereingekommen und hatte gemeldet, fünfzehn Reiter seien im Anzuge; ,du sagtest,' hatte er hinzugefügt, ,Thorstein würde die Frist vergessen; aber mir scheint, jetzt kommt er.' Thorhadd hatte erwidert:

Stehn wir auf und brauchen unsere Waffen; ehe man uns totschlägt, geschieht etwas.' Als Thorstein sich dem Hofe näherte, ließ er absitzen und sagte, die Pferde sollten Hauks Gras nicht zertrampeln. Sie gingen zu Fuß an das Haus. Dort sagte man ihnen, Thorhadd und seine Söhne warteten drinnen. Die Türen waren zu, Thorstein trat an den Eingang und sagte: ,Vernimmt Thorhadd meine Worte, so bin ich nicht feindlicher Absicht da, wenn er herauskommen will und ab



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guben.' Thorhadd rief zurück, er solle nur angreifen. Aber Thorstein erklärte, seine Leute seien ihm zu schade dazu: ,Wir wollen Feuer an das Haus legen und Hauk Genugtung verschaffen für den Hausbrand" Man tat es und schaffte Feuer herbei. Den Frauen gewährte Thorstein Seien Ab ug. Bald erfüllte die Zimmer dichter Qualm, und es rauchte immer stärker . Da sagte Helgi ': ,Es dünkt mich ein übler Tod, eingeräuchert zu werden wie Füchse. Lieber geb ich hinaus zu Leben oder Kampf!' Er tat es und ging voran, und wie sie herauskamen , ließ Thorstein einen nach dem andern binden, sonst aber ihnen nichts tun. Dann wurden ihre Wirtschafisgeräte fortgeschafft und ihr vieh nach der Straße getrieben. Dort ließ Thorstein Thorhadds ganzen Besitz in zwei Teile teilen, und er mußte sich darein fügen und blieb dort wohnen. Thorstein ritt beim nach Hof. Man schickte Hank Nachricht. Er kam und nahm das Seinige an sich.


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