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DIE ERZÄHLUNGEN AUS DEN TAUSENDUNDEIN NÄCHTEN

VOLLSTÄNDIGE DEUTSCHE AUSGABE IN SECHS BANDEN

ZUM ERSTEN MAL NACH DEM ARABISCHEN URTEXT DER CALCUTTAER AUSGABE AUS DEM JAHRE 1839

UBERTRAGEN VON ENNO LITTMANN

BAND 2

IM INSEL-VERLAG


DIE GESCHICHTE VOM FUCHS UND VOM RABEN

Einst bewohnte ein Fuchs einen Bau im Gebirge; und jedesmal, wenn ihm ein Junges geboren wurde und dann fett geworden war, fraß er es vor Hunger auf. Denn hätte er es nicht gefressen, sondern bei sich bleiben lassen und es gehütet und gepflegt, so wäre er Hungers gestorben. Aber das schmerzte ihn doch. Nun hatte auf dem Gipfel jenes Gebirges ein Rabe sein Nest, und der Fuchs sprach bei sich selber: ,Ich will mit diesem Raben Freundschaft schließen und ihn zum Gefährten in der Einsamkeit machen, der mir hilft, mein täglich Brot zu suchen; denn er vermag in solchen Dingen manches, was mir unmöglich ist.' So machte sich der Fuchs auf den Weg zum Raben, bis er so nahe bei ihm war, daß jener seine Worte vernehmen konnte; da begrüßte er ihn und fuhr fort: ,Lieber Nachbar. ein Muslim hat auf seinen muslimischen Nachbar zweierlei Anrecht, erstlich das Recht der Nachbarschaft und zweitens das Recht des islamischen Glaubens. Wisse nun, mein Freund, ich bin dein Nachbar, und du hast einen Anspruch auf mich, den ich erfüllen muß, zumal wir schon so lange Zeit Nachbarn sind, und da in meiner Brust so viel Liebe zu dir aufgespeichert ist, die mich dazu trieb, freundlich zu dir zu reden, und mich veranlaßte, um deine Brüderschaft zu werben. Was hast du mir darauf zu antworten?' Der Rabe erwiderte dem Fuchs: ,Wahre Rede ist die beste Rede. Vielleicht sprichst du mit deiner Zunge etwas, das nicht in deinem Herzen ist. Ich fürchte, deine Brüderschaft ist nur mit der Zunge äußerlich, und Feindschaft wohnt dir im Herzen innerlich; denn du bist ein Fresser, ich aber einer, der gefressen wird. Es ist daher richtiger für uns, daß wir uns nicht in Liebe und Freundschaft verbinden.



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Was hat dich denn bewogen, zu erstreben, was du nicht erreichen kannst, und zu wünschen, was unmöglich ist? Du gehörst ja zum Stamm der Raubtiere, ich aber zu dem der Vögel. Eine solche Brüderschaft führt nicht zu einem guten Ende.' Da hub der Fuchs wieder an: ,Wer die Stätte der trefflichen Dinge kennt und eine gute Wahl trifft in dem, was er von ihnen auswählt, der wird am ehesten dazu kommen, daß er den Brüdern nützt. Ich habe den Wunsch, dir nahe zu sein. und ich habe dich zum Gefährten gewählt, damit wir beide einander zu unseren Zielen verhelfen und unsere Freundschaft uns Gewinn bringt. Ich kenne Geschichten von der Trefflichkeit guter Freundschaft, und wenn du es wünschest, will ich sie dir gern erzählen.' Der Rabe entwortete: ,Ich erlaube dir, sie mitzuteilen; sprich und erzähle mir davon, auf daß ich sie höre und verstehe und ihren Zweck erkenne.' ,Höre, mein Freund,' so sprach der Fuchs, ,vom Floh und von der Maus wird etwas erzählt, durch das bewiesen wird, was ich dir sagte.' Als der Rabe fragte: ,Wie war das?' begann der Fuchs


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