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Kapitel 

Sieben Geschichten von den Ostland Familien


Übertragen von Gustav Neckel

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1913


3. Thidrandi fällt. Sein Bruder Thorkel erkundet das versteck des Töters

Thjodgeir und Thorir Kring waren Knechte Ketils ; die Selen dort. Danach wollte Thidrandi südwärts abreiten durch die Engen, mit ihm seine überlebenden Gefährten, zusammen fünf. Da kam eine Magd ins Haus und meldete das vorgefallene Gunnar und Thormod, die von nichts wußten, da alles so plötzlich gekommen war. Sie sagte: ,Seltsame Leute seid ihr, daß ihr hier sitzt, und der Bauer liegt draußen erschlagen und ein paar seiner Knechte dazu! Aus euch wird nie etwas Rechtes!' Gunnar sagte: sie lege ja mächtig los, das sei durchaus nicht nötig, ,und', sagte er, ,welcher von den Gegnern lohnt sich am meisten?' ,Das ist der Thidrandi,' versetzte das Unglücks weib, ,erschlägst du den, so ist unser Herr gerächt.' Gunnar warf den Speer den Reitern nach: er traf Thidrandi auf den Rücken und durchbohrte ihn. Er fiel tot vom Pferde.

Thorgerd, die Hausfrau, und ihre Söhne waren unzufrieden mit dieser Tat und nannten sie ein großes Unglück. Gunnar sagte, es sei nun nicht mehr zu ändern. Sie meinten, die Totschlagsklage würde gefährlich und hartnäckig verfolgt werden und wiesen die Norweger aus dem Hause. Sie würden nirgends eine Freistätte finden, sagte Thorgerd. Nicht lange, so machten sie sich davon, und niemand wußte, was aus ihnen wurde.

Jedermann beklagte den vorfall, denn Thidrandi war sehr beliebt gewesen und hatte viel gegolten. Die Kunde verbreitete sich durch alle Bezirke.

Bald darauf erschien an der Njardbucht Thorkel, Geitirs Sohn,



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mit ein paar Leuten, um nach den Norwegern und ihrem Geld zu suchen. Beide Parteien hätten es nötig, sagte er, ihre Sache verfolgen und ihr Leid zu rächen. Thorgerd, die Bäurin, gab Thorkel das Recht zu, bei ihr zu suchen, sagte aber, sie habe die Beiden fortgejagt. Daraufhin ritt Thorkel ab und wieder nach Hause.

Der Winter kam heran. Thorkel, Geitirs Sohn, hegte dringenden verdacht, Gunnar — der später Thidrandis Töter ge- nannt wurde — und sein Genosse Thormod wären versteckt bei den Söhnen des Ketil, Thorkel und Eyjolf. Im Laufe des Winters nahm er sich einen seiner Hausgenossen, der Thord hieß, vor und sagte: ,Ich habe dir einen Botenritt zugedacht hinab zur Njardbucht, um den Brüdern zu melden, ein Pferd aus ihrem Gestüt sei abhanden gekommen.' Thord versetzte: Aber ich möchte nur solche Botschaften dort ausrichten, die den Brüdern kein Unheil bringen. Keinerlei Anschlag soll da- hinter stecken.' Thord ritt hinab zur Njardbucht und berichtete den Brüdern das mit den Pferden. Sie sagten, er erweise ihnen wieder einmal eine Gefälligkeit, und damit trennte man sich.

Bald darauf begaben sich Thorkel und Eyjolf Ketils Söhne, zu dem Gehege, in dem ihre Pferde zu stehn pflegten. An dem Tage fiel reichlich Schnee bei stiller Luft, und das Wetter war trübe. Während die Brüder sich beim Gehege aufhielten, kamen fünf Männer heran; das war Thorkel, Geitirs Sohn. Sie legten Hand an die Brüder und banden beide. Dann forderte Thorkel sie auf, das versteck der Norweger anzugeben, denn er wisse, daß es in ihrem Bereiche sei. Sie bestritten es und behaupteten, nichts von jenen zu wissen. Da ließ Thorkel sie einzeln beiseite führen. Der eine Bruder; Thorkel , hatte einen Pelz an. Jener ließ am Zaun ein Kalb schlachten und das Blut über ihn strömen. Dann nahm er ihm den Pelz ab, brachte ihn dem Eyjolf vor Augen und verlangte Auskunft über die Norweger, sonst würde er erschlagen wie sein Bruder, dessen Blut auf den Pelzrock zu sehen sei. Eyjolf versetzte: ,Das Leben hat jeder lieb. Eher verrate ich sie; als ich mich totschlagen lasse. Sie sind hier in unsern Ziegenställen. Ich und mein Bruder haben ihnen den Winter über immer



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zu essen gebracht, wenn wir zu den Pferden gingen.' Nachdem dies heraus war, wurde sein Bruder Thorkel ihm vorgeführt und war wohlbehalten. Da sagte Eyjolf: ,Du hast uns überlistet , Thorkel. Aber ich möchte dir eines Tages eine Nachricht bringen können, die dir nicht minder schwer zu verwinden wäre als mir soeben die Kunde vom Tode meines Bruders.'


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