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Kapitel 

Sieben Geschichten von den Ostland Familien


Übertragen von Gustav Neckel

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1913


13. Brodd-Helgis letzter Ritt zum Thing

Im nächsten Frühjahr verlegte Geitir seinen Wohnsitz wieder nach der Kreuzbucht und hatte starke Mannschaft bei sich. Es war ein Hungerjahr. Als das Thing heranrückte, trafen sich Brodd-Helgi und Geitir, und Helgi fragte, mit wie viel Mann er sum Thing reiten würde. ,Wozu soll ich viel Leute sammeln,' erwiderte er, ,wenn ich doch nichts vorhabe Ich werde erst kurz vor dem Thing reiten und mit wenig Leuten.' ,So begegnen wir uns, wenn ich reite,' sagte Helgi, und reiten zusammen, denn ich nehme auch nur ein paar Mann mit.' ,Das mag wohl so kommen,' sagte Geitir.

Bjarni, Brodd-Helgis Sohn, ritt vor Anfang des Thinges mit Helgis Thingleuten ab. Lyting dagegen wartete auf seinen Vater denn er liebte ihn viel mehr. Geitir ließ sich melden, wann Brodd-Helgi aufbräche. Dieser ritt denn auch ab, sobald er fertig war, mit ihm sein Sohn Lyting, Thorgils Skinni — er war Lytings Pflegebruder —, Eyjolf der Fette, der Norweger Roll, Thorgerd die Silberne und Hallbera, ihre und



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Brodd-Helgis Tochter. Da machte sich Geitir auch auf. Mit ihm waren die Egilssöhne, Thorarin, Hallbjörn, Thröst, Tjörvi der Große und sieben andere Männer.

Einige erzählen, Brodd-Helgi habe eine zukunftskundige Amme gehabt. Diese pflegte er vor jedem Aufbruch aufzusuchen, und auch diesmal. Als er zu ihr kam, saß sie mit den Händen vor dem Gesicht und weinte. Helgi fragte, worüber sie weine und warum sie so traurig sei. Sie weine über ihre Träume, jagte sie. Und er fragte, was sie geträumt habe. ,Mich träumte,' erzählte sie, ,wie hier zu Hof ein Stier aufstand, von blasser Farbe, groß und stattlich. Er trug die Hörner hoch und ging hinaus auf den Sand bei der Einmündung der Sonnentalache. Und dann sah von weither aus dem Bezirk Rinder kommen, große, aber nicht viele, und ihnen voran schritt ein rotgefleckier Stier, kein besonders großes oder schönes Tier, aber ein sehr starkes. Diese Herde ging auf unsern Stier — den großen — los und stieß ihn mit den Hörnern zu Tode. Da stand hier zu Hof ein roter Stier auf, mit Hörnern, die wie Knochen aussahen, das stattlichste Tier von der Welt. Der stieß den rotgefleckten zu Tode. Nun kam aus der Kreusbucht ein Bullenkalb, von einer Farbe wie die Seekühe. Das rannte brüllend durch den ganzen Bezirk und über die Heiden und suchte überall nach dem roten Stier. Da erwachte ich.' Brodd-Helgi sagte: ,Jedenfalls meinst du, der blasse Stier gehört mir und der rotgefleckte dem Geitir, und er wird mich töten.' ,Gewiß meine ich das,' versetzte sie. ,Und jedenfalls,' fuhr er fort, ,soll der rote Stier Lyting sein, der mich also rächen wird.' ,Nein,' sagte sie, ,Bj arni wird dich rächen.' Dann weißt du es nicht richtig,' rief er und eilte zornig hinaus. (Hier folgt eine Lücke. Auf dem verlorenen Blatt war erzählt, wie Brodd-Helgi unterwegs von Geitir und seinen Begleitern erschlagen wird. Durch Vermittlung Gudmunds des Mächtigen kommt es zu einem vergleich. Bjarni erhält eine ansehnliche Bußsumme; Geitirs Mitschuldige werden auf drei Jahre des Landes verwiesen; Tjörvi soll nach Ablauf einer Frist auf immer den Bezirk räumen. Diese Einzelheiten sind auf der Vorderseite des anschließenden Pergamentblaues zu



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entziffern. Hier wird weiter, mit vielen kleinen Lücken, erzählt: :

Als Tjörvi im Begriff war, mit seiner Habe aufzubrechen, wurde das dem Bjarni gemeldet, und dieser nahm alsbald Schild und Speer und warf sich auf das Pferd des Hirten, Tjörvi sah ihn heranreiten und wollte sich !ns Haus retten. Aber Bjarni holte ihn am Hofzaun ein und trieb ihm den Speer durch den Leib. Als er heimkam und das Geschehene seiner Stiefmutter berichtete, sagte sie: ,Das ist besser als nichts,' Geitir ließ die Leiche beerdigen.

Es schien, als wären die Parteien endgültig versöhnt. Man traf sich und lud sich zu Gaste. Bjarni nahm eine Frau, Rannveig .

Als er einmal an der Kreuzbucht zu Gast war, schliefen Geitir und erin einem Bett. Da sah Geitir in einem Loche der gegenüber liegenden Wand ein blutrotes Tuch. Bjarni meinte, es komme vom Biertrinken oder es sei ein Feuerschein. ,Kann sein,' sagte Geitir.


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