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Fünf Geschichten aus dem Westlichen Nordland


Mit einer Übersichtskarte


Übertr. von W. H. Vogt u. Frank Fischer

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


1. Thorhall wird wegen eines Waldbrandes verklagt

Thorhall hieß ein Mann, der wohnte in den Blauwäldern 1 auf Thorhallshofen. Er war vermögend und schon vorgerückten Alters, als sich diese Geschichte zutrug. Er war klein und häßlich und kein Mann von großen Fertigkeiten, — nur zu Schmiede- und Zimmerarbeiten war er geschickt. Während der Thingzeit hatte erdas Gewerbe; Bier zu brauen, und verdiente sich so sein Geld. von dieser Beschäftigung wurde er bald allen angesehenen Männern bekannt, denn die kauften ihm vor allem sein Bier ab. Es war hier; wie immer, daß das Bier bald mehr, bald auch weniger Freunde hat, und ebenso der, der es verkauft. Thorhall galt nicht als verschwender, sondern eher als Geizhals. Er hatte trübe Augen. Oft pflegte er eine Mütze zu tragen, —zumal während der Thing cit; und weil sein Name nicht zu den bekanntesten gehörte, gaben ihm die Thingleute einen Zunamen, der sich dann hielt, und nannten ihn Ölkofri, das ist Biermütze.

Es war im Herbst, als Olkofri einmal in seinen Wald ging und Kohle zu brennen gedachte, wie er das sonst tat. Dieser Wald lag oberhalb der Rabenklippen 2 und östlich der Langhalde. Dort hielt er sich einige Tage auf und brannte Kohlen. Darauf brannte er ein Stück Wald herunter und wachte zur Nacht über der Feuergrube. Als aber die Nacht hereingebrochen war, schlief er ein. Das Feuer kam in der Grube hoch, sprang in das Laub und flammte auf. Das Feuer sprang in den Wald über und der begann zu brennen. Ein starker Wind kam hinzu. Ölkofri erwachte und mußte sich freuen, daß er sich noch retten konnte.

Das Feuer wütete in dem Wald. Erst brannte das Stück nieder, das Ölkofri gehörte, dann sprang es in die Wälder über, die angrenzten, und weithin über das Lavafeld brannten die Wälder



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ab. Die Stelle heißt jetzt Der Brand 1. Da brannte auch ein Wald ab, der Godenwald 2 hieß und sechs Goden gehörte. Das waren der Gode Snorri, 3 Gudmund Eyjolfsson 4, der Gesetzsprecher Skapti 5 als dritter, Thorkel Geitirsson 6 als vierter, Eyjolf 7, der Sohn Thords des Schreiers, als fünfter und Thorkel Fransentuch 8 als sechster, der Sohn Rauda-Björns. Die hatten den Wald gekauft, um ihn während der Thingzeit zu nutzen.

Olkofri zog nach dieser Brandgeschichte wieder heim; aber die Nachricht lief rasch durch die ganze Gegend und kam Skapti zuerst zu Ohren von denen, die den Schaden dabei hatten.

Im Herbst schickte er Botschaft nach dem Inselstord mit Leuten, die über Land zu fahren hatten, und ließ dem Gudmund von dem Waldbrände mitteilen, und zugleich auch, daß man bei einem Prozeß auf Gewinn hoffen dürfe. Die gleiche Botschaft ging auch an die Waldeigentümer im Westen. Den Winter durch gingen so Nachrichten unter ihnen hin und her, und es wurde abgemacht, daß sie sich alle sechs auf dem Thing treffen wollten und die Sache gemeinsam führen, aber Skapti sollte die Klage einleiten, weil er am nächsten wohnte.

Als nun der Frühling gekommen war und die Ladetermine, da ritt Skapti mit großem Gefolge hin und lud Olkofri wegen Brandstiftung im Walde und richtete seine Klage auf die Acht. Ölkofri war bebend im Antworten und tat sehr groß. Er meinte, wenn erst seine Freunde zum Thing kämen, würde Skapti schon kleinlauter werden. Skapti ließ sich nicht auf Entgegnungen ein, sondern ritt heim. 1 Ist. Svidningr. 2 Der Godenwald wird auch in der Geschichte von Grettir, Thule Bd. V, S. 96, erwähnt. Ein Weg, der vom Thingfeld, südlich am Schildbreitferner vorbei, nach Osten führt, heißt heute Godenpaß. 3 Seine Geschichte Thule, Bd. VII s. a. Einleit.-Bd., S. 62. 4 Gudmund der Mächtige, s. oben S. 18. 5 Skapti Thoroddsson, s. Thule, Bd .V, Kap 27, 32 und 51. Auch in der Niala und in andern Geschichten ist von ihm die Rede; er war 27 Jahre Gesetzesbrecher, 6 S. Thule, Bd. XII: die Geschichte von den Männern an der Waffenförde und die der Droplaugsöhne. Eyiolf der Graue begegnet der Geschichte von Gisli (Thule, Bd. VIII) und der vom Goden Snorri (Thule, Bd .VII). 8 Thorkel spielt in der Geschichte vom Hühnerthorir (Thule, Bd .VIII) eine Rolle.



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Den Sommer darnach kamen die sechs Goden, denen der Wald gehört hatte, zum Thing und hatten gleich eine Unterredung miteinander; und man machte ab, daß die Sache vor Gericht durchgeführt werden sollte, so daß man auf eine bedeutende Geldsumme rechnen könne, oder daß sie andernfalls das Recht, selbst den Entscheid zu tun, erhalten müßten.

Ölkofri kam zum Thing und wollte sein Bier verkaufen und ging zu seinen Bekannten, die ihm sein Bier abzunehmen pflegten. Er bat sie um Unterstützung und bot ihnen sein Bier an. Aber alle antworteten dasselbe: sie hätten keine vorteilhaften Geschäfte mit ihm gemacht. Und sagten, sie hätten keine Lust, sich die Finger zu verbrennen und sich in seine Streitigkeiten mit so überlegenen Männern einzulassen. Niemand wollte ihm Hilfe zusagen, und niemand wollte ihm mehr etwas abnehmen. Da schien es ibm, als werde die Sache nun doch recht ernst. Er ging von Bude zu Bude und erhielt keine andre Antwort, wo er auch um Hilfe bai. Da war es mit seinem Großtun und mit seinem Prahlen vorbei. Eines Tages ging Ölkofri zu der Bude Thorsteins Siduhallssons 1 und trat vor ihn und bat ihn um Hilfe. Thorstein gab ihm aber dieselbe Antwort, wie alle andern.


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