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Kapitel 

Fünf Geschichten aus dem Westlichen Nordland


Mit einer Übersichtskarte


Übertr. von W. H. Vogt u. Frank Fischer

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


18. Skeggi überfällt Thord, Eid trennt die beiden. Thorhalls Ende

Jetzt ist zu berichten, daß Mittelgard-Skeggi erfuhr, sein Vetter Össur sei gefallen. Ihm schien, daß Tdord ihn damit mitgetroffen habe, und er faßte einen großen Zorn, ohne daß er sich das merken ließ. Denn er wollte nicht; daß Eid, sein Sohn, und Thords Brüder irgend einen verdacht wegen seiner Pläne schöpfen sollten, ehe er damit ans Licht rückte. Er ließ heimlich zwölf seiner Hengste einstellen und gedachte gleich nach den Jultagen Thord heimzusuchen.

Heimlich ritt er dann mit elf Begleitern von den Dampfquellen



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aus. Er ritt nach Norden über den Seepaß, über den Reiherwerder 1 hinab, dann nachts durch das Küstenland, so daß sie kurz vor Tag nach Großhof kamen.

Es war heller Mondschein. Sie pochten an die Tür. Ein Mann ging zur Tür und fragte, wer da wäre. Skeggi nannte seinen Namen und Sagte, ob Thord Unruh da drinnen wäre. Der Mann antwortete: "Was willst du von ihm:" Er erwiderte: "Frag ihn, ob er draußen oder drinnen sich den Hieben Sköfnungs stellen wolle!" Als man drinnen hörte, was das Begehr sei, stand Thord auf und griff nach seinen Wassen. Da sagte die Hausbau Olof: Steht auf, Leute, und waffnet euch und helft dem wackern Mann! Hier sind viele streitbare Männer vor der Tür. Laßt Skeggis Fahrt zu uns böse enden" Da entgegnete Thorball: "Ich verbiete meinen Hausleuten, Skeggi in den Weg zu treten und meinem Hause vor einem auswärtigen Häuptling Schande zu bereiten. Die Hausbau antwortete: "Ich wußte es wohl, daß du keine Waffen führen kannst und kein Herz hast zu braver Tat." Thord sagte: "Der Bauer bat dem Gesinde zu befehlen, Hausfrau!"' und ging zur Tür hinaus. Skeggi rief ihm zu, er solle herauskommen und ihm Platz geben, nach ihm hauen. Thord sprach da die Strophe:

Gern gewähr dein Begehr ich,
—Hab deinen Willen, Skeggil —
Vor das schneidenscharfe
Schwert der Helden zu treten.
Meereshengste-Bändiger
Sollen ans Mal uns führen,
Wo wir den furchtlosen Össur
Mit freudiger Hand erschlugen.

"Mit der Bedingung will ich hinauskommen," sagte Thord, "daß wir dahin gehen, wo ich deinen Vetter Össur erschlug. Dort wirst du eher daran denken, was einen Schlag in dein Geschlecht ich geführt habe" Skeggi sagte: "Deine Hobn-



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reden werden dir jetzt wenig helfen. Aber billig scheint es mir, daß die Rache jetzt kommt."

Thord ging nun mit ihnen zur Stelle, wo Össur begraben lag. Sie schritten um den Hügel. Thord sprach da die Strophe:

Zeit ist's, Skeggi, Schwertes
Schärfe an mir zu färben:
Nacht die sinkt hernieder —,
Suchst du mich zu fassen.
Denk der nächsten Magen,
Die zum Morde hetzten,
Kampferprobte Fechter;
Die ich fällte beide!

Skeggi zog darauf sein Schwert Sköfnung und sagte:"Keinem andern als mir kommt es zu, Thord zu fällen." Thord zog sein Schwert und sagte: "Du darfst nicht hoffen, Skeggi, daß ich deinen Hieben still halte, solange ich nicht gebunden bin."

Indem liefen plötzlich achtzehn Männer auf sie zu, alle mir gezogenen Schwertern. Das waren Eid und Thords Brüder Eyjolf und Steingrim. Eid fragte, ob Thord lebe. Thord sagte, daß er uni Tode noch gute Weile habe.

Alle sprangen sie vom Pferde. Eid machte seinem Vater zwei vorschläge zur Wahl: ob er lieber Thord Frieden zusichern wollte, daß er heim nach Os reiten und dort ungestört leben könnte; — oder im andern Falle würde er seinem Ziehvater Hilfe leisten und sich mit ihm schlagen. Skeggi sagte: "Lange hätte ich schon Thord erschlagen, bei der ersten Gelegenheit; wenn ich nicht gemerkt hätte, daß du, Eid, deine Pflegschaft bei Thord viel höher stellst als deine Blutsverwandtschaft mit mir." Eid sagte, daß Thord es nicht anders verdiene; —"Thord hat keine andern Totschläge begangen, als um sich seiner Haut zu wehren, den Totschlag an Orm ausgenommen. Und dafür gab es auch eine Entschuldigung." Skeggi antwortete: Es wird ja wohl so sein, Eid, daß du deinen Willen durchsetzst. Denn ich werde mich nicht mit dir schlagen.

Skeggi ritt darauf nachts nach Großhof, ging mit gezogenem Schwert hinein und trat an Thorhalls Bett. Er sagte der Hausbau, sie solle aufstehen, allzulange habe sie diesem Lumpenkerl



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Ehre erwiesen. Sie stand auf. Sie bat, Thorball zu schonen. Er antwortete, der Feigling habe schon zu lange gelebt. Er packte ihn darauf beim Haar und zog ihn über die Bettstelle, hieb ihm den Kopf ab und sagte: "Weit besser ist es, Sköfung in deinem Blute zu tränken als in Thords. Um den wäre es Schade, wenn er sein Leben ließe, um dich aber nicht der kleinste. Nun habe ich Sköfnung Genugtuung gegeben dafür, daß ich ihn gezückt hatte."Skeggiritt dann davon, kam nach den Dampfquellen heim und war mit seiner Fahrt übel zufieden. Thord und Eid kamen nach Großhof als Skeggi fortgeritten war. Olof sagte ihnen, daß Thorhall erschlagen sei. Eid sagte, das sei das mindeste, was er erwartet habe, — "so gewaltig zornig war mein Vater als wir auseinandergingen." Olof forderte sie auf, so lange dazubleiben, als sie wollten. Eid sagte, sie zeige sich wacker. Sie blieben eine Woche dort und erholten ihre Pferde. Dann machten sie sich auf den Weg.

Thord ging zu Olof und sagte:"Ich möchte dich um eins bitten: nimm keinen Mann in den nächsten zwei Jahren, solange du mich am Leben weißt. Von allen Frauen bist du die, die am ehesten meine Liebe gewinnen könnte." Sie antwortete so: "Das will ich dir versprechen. Ich wünsche mir keine ehren- vollere Heirat, als diese."

Sie ritten nun westwärts nach dem Mittelfjord und heim nach Os. Eyvind sog mit Thord und bestellte einen Verwalter nr seine eigene Wirtschaft, denn er wollte Thord nicht verlassen, solange der noch wegen seiner Totschlagsachen verfolgt wurde. So verging der Winter, ohne daß etwas geschah.


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