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Fünf Geschichten aus dem Westlichen Nordland


Mit einer Übersichtskarte


Übertr. von W. H. Vogt u. Frank Fischer

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


17. Thorhalls Verrat. Össurs Fall

Thord blieb in Flachaue und beendete den Saalbau; es wurde ein gewaltig starkes Haus. Die Halle stand bis zu der Zeit, wo Egil Bischof in Holar 1 war. Als Thord dann fortwollte, begleitete Thorgrim ihn mit neun Leuten, und sie ritten nach dem Skagafjord hinunter. Als Össur sie vorbeikommen sah, schien ihm seine Mannschaft zu klein, um ihnen nachzureiten. Sie ritten ihren Weg, bis sie nach Großhof an der Oslandshalde gekommen waren. Thorhall begrüßte Thord wohl, aber die Hausfrau noch besser. Thorgrim ritt dann heim und schied von Thord als guter Freund. Thord wurde nun weit im Lande berühmt.

Mittelfjord-Skeggi hörte davon und tat, als ob er nicht wüste, was zwischen Thord und seinem Vetter Össur wäre. Thord lebte ruhig bis in die Julzeit.

Eines Morgens vor dem Julfest geschah es, daß Thord sich aufmachen wollte, seinen Hengst Svidgrim zu besuchen. Der stand bei vier Stuten. Thorhall sagte, Thord möchte doch noch warten und drei Tage später aufbrechen: —"ich möchte nämlich mein Heu gerne aus den Diemen holen." Thord sagte, er solle entscheiden; —"aber es käme mir nicht überraschend, wenn wir dabei ein Zusammentreffen mit Männern hätten." Thorhall sagte, sie wären ja noch nicht verloren. auch wenn sie an Zahl unterlegen wären. Thord lächelte bei seinen Worten und sagte: "Ganz gewiß, wenn du mir zur Seite stehst." Die Hausbau sagte:"Daß dein Prahlen zu Fall käme l Ich glaube, daß Thord wenig von deiner Hilfe gehabt hat bei dem Treffen, wo du dabei warst. Das Weib ist böse verheiratet, das dich hat, — du bist ebenso prahlerisch wie feige!" Thord sagte: "So ist das nicht anzusehen. Thorhall ist kein Draufgänger und vorsichtig, aber er ist gewiß so waffentüchtig wie einer, wenn es einmal zu einer Probe kommt." Thorhall sagte:"Du hast keinen Grund zu so harten Worten, Frau; ich denke vor niemandem zu fliehen, wenn wir gleiche Waffen haben!" Damit schloß das Gespräch.



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Ein Landstreicher hatte ihnen zugehört. Der nahm die Beine in die Hand und kam am Abend noch nach der Querache. Össur fragte ihn nach Neuigkeiten und woher er käme. Er antwortete. er wüßte nichts zu berichten; — zur Nacht war ich in Großhof an der Ostandshalde." Össur sagte: Was hatte Thord Unruh vor, der Kämpe Der Bursche erwiderte: Du darfst ihn gewiß einen Kämpen nennen, so schmählich, wie du von ihm behandelt bist. Tun aber sah ich ihn nichts, außer daß er Parierstangen an sein Schwert schmiedete. Aber Thorhall hörte ich sagen, daß sie in drei Tagen fahren wollten, ihr Heu einzubohren ." Össur sagte: "Wieviel Leute werden sie mit sich haben:" Der Bursche antwortete: "Sie sind nicht mehr als Thord und Thorhall und Eyvind." "Schön, Bursche: sagte Össur.

Darauf sagte er zwölf Männern, sie sollten ihn begleiten, und ritt an die Oslandshalde hinaus.

An demselben Morgen ritten Thord, Eyvind und Thorhall von Hause fort. Thord bat Eyvind, seine Waffen mitzunehmen! das sei nicht überflüssig ig. Der tat es. Sie ritten auf die Svidgrimshügel. Da sagte Thord: Ich möchte, Thorhall, daß du hier zurückbleibst; ich will mit Eyvind auf dem Bergrücken nach den Pferden sehen." Thorhall sagte, er habe nur zu bestimmen .

Sie gingen auf die Halde hinauf. Da lag der Schnee überall in festgebackenen Haufen.

Össur kam da an die Heudiemen und umkreiste mit seinen elf Leuten Thorhall. Sie zogen ihre Schwerter und sagten, der Feigling solle sie zu Thord weisen. Thorhall erschrak gewaltig, verkroch sich an den Zaun und sagte, Thord sei mit einem Begleiter auf die Halde hinaufgegangen. Össur antwortete:"Böse ist es, einen Knecht als einzigen Freund zu haben:" und versetzte ihm einen Hieb mit dem Axthammer; daß er gleich in Ohnmacht siel. Dann liefen sie auf die Halde hinauf.

Da sagte Thord zu Eyvind: , Es kommen Leute die Halde hinauf, und ich kenne sie gut. Össur ist gekommen und möchte noch einen Zusammenstoß mit mir. Wir wollen jetzt versuchen, auf die Skeggiklippe zu kommen und von da auf die Svidgrimshügel . Dort ist es günstig zur verteidigung" Eyvind



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erwiderte; "Auf die Klippe wollen wir schon kommen." Sie liefen nun auf die Klippe zu. Zu gleicher Zeit kam Össur mit seinen Leuten an. Thord ging an den Rand der Klippe. Der Schnee lag in großen Ballen von der Klippe zur Hochfläche hinab, es ging steil hinunter und war höchst gefährlich, hinunterzukommen. Sie nahmen ihre Spieße zwischen die Beine und ließen sich so von der Klippe zu Tal gleiten. So kamen sie auf die Svidgrimshügel. Eben trafen auch Össurs Leute dort ein.

Thord sagte: "Du läßt es dir wirklich angelegen sein, Össur, mir nach dem Leben zu stellen Ich wünschte, du müßtest selber daran glauben. Beide sollen wir auch diesmal nicht das Feld verlassen." Össur sagte, er habe sich's auch vorgenommen, daß Thord diesmal nicht entschlüpfen solle.

Sie griffen nun Thord und Eyvind an. Thord warf seinen Spieß nach Össur; da lief einer seiner Leute dazwischen, und der Spieß ging durch ihn durch. Ein anderer hieb nach Thord. Der deckte sich mit dem Schild, fing den Hieb auf und blieb unversehrt. Thord hieb nun nach dem Manne und versetzte ihm den Todesstreich. Sofort traf er noch einen andern, er schlug ihm in den Hals und in die Brust hinunter; er fiel tot zur Erde. Den dritten durchbohrte er mit dem Schwerte. Eyvind erschlug den vierten. Össur griff jetzt mit aller Gewalt an. Es sielen noch zwei von seinen Leuten. Da wurde auch Eyvind stärker verwundet; der Blutverlust ermüdete ihn; er setzte sich und war arg ermattet. Nun griffen sie zu sechsen Thord an. Er wehrte sich so, daß sie ibm keine Wunde bei- brachten. Da rief Thord zu Össur: "Schlaff seid ihr im griff, ihr sechs! Alles möchte ich lieber, als Anführer von solchem Volk sein und sie den ganzen Tag nur als Schild um mich haben. Jetzt gilt es, loszugehen und den Vetter Orm zu rächen und alle die Schimpffahrten, die du bisher zu mir getan hast! Össur wurde sehr zornig über all dies: die Schmähungen Thords und der Haß, den er gegen ihn trug, reizten ihn-Er lief ihn an und hieb mit beiden Händen nach ihm. Er traf in den Schild, so daß ein großes Halbmondsstück abspaltete. Da hieb Thord nach Össur; der Hieb traf unter den linken



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Arm und fuhr den Rücken entlang, so daß er die Rippen vom Leibe trennte. Dann drang das Schwert in den Leib. Er stürzte sofort tot nieder. Össurs übriggebliebene Gefährten aber liefen davon und verkündeten den Tod Offurs.

Thord ließ Eyvind heimschaffen. Er war schwer verwundet, lag lange darnieder, wurde aber geheilt. Über Össur wurde ein Hügel gewölbt. Thord verkündete den Totschlag in Großhof und sprach die Strophe:

Sechs der Kampfesftütnke 1
—Mut schwillt mir —, du kluger
Baum des Goldrings 2, hab ich
Dem Galgenherrn 3 geopfert.
Land des Armlichts 4 ! lassen
Mußte das Leben Össur.
Der Spender des Flutenfeuers 5
Fiel als siebenter, Fraue !

Olof war über Thorhall aufgebracht, daß er Thord verraten hatte; und es fehlte wenig, daß sie sich wegen dieser Sache von ihm geschieden hätte. Thord vermittelte stets zwischen ihnen und sagte, es sei zu entschuldigen, wenn er sein Leben habe lösen wollen; von Össur habe er alles Böse erwarten müssen. So verging die Jul cit, ohne daß sich mehr zutrug. Thord saß still zu Hause.


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