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Kapitel 

Fünf Geschichten aus dem Westlichen Nordland


Mit einer Übersichtskarte


Übertr. von W. H. Vogt u. Frank Fischer

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


15. Der Kampf mit Össur im Hjaltatal

Ketil hieß ein Bauer; der wohnte landeinwärts von Osland 2 . Er hatte Thord einen guten Hengst geschenkt, der Svidgrim hieß; nach dem sind die Svidgrimshügel benannt.



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Der Bauer Kalf in Kalfshof 1 lud Thord und Thorhall zum Julgelage ein. Thord nahm das an. Ehe sie aber dorthin ritten, sagte die Hausfrau zu Thord: "Ich möchte, daß du deinen Weg achtsam nimmst, denn Össur von der Querache steht dir nach dem Leben. Er hat gelobt, seinen Vetter Orm zu rächen." Da sagte Thorhall: "Bedenke, Frau, daß wir nicht verloren sind, weder mit Anschlägen noch mit Mut, wo es einmal darauf ankommt, — selbst wenn wir in der Zahl unterlegen sind, und wohl gar bedeutend." Die Hausbau erwiderte: "Daß dein Prahlen einmal zu Fall käme! Ich rate dir, Thord, vertraue nicht auf Thorhalls Mut!" Thord sagte: "Es wird schon gut ablaufen." Darauf ritten sie nach Kalfshof und wurden dort bewillkommt. Da war die Julzeit über gute Bewirtung.

Nun ist von Össur an der Querache zu erzählen, daß er sich Kundschaft verschaffte von Thords Heimreise von dem Julgelage. Er sammelte Leute iim sich und brach mit achtzehn Mann am Abend vor dem lesten Jultage ins Hjaltatal auf. Er machte nahe bei Holzbucht 2 halt, wo es Hofsschlucht 3 heißt, dicht bei dem Hofe von Holzbucht.

Frühmorgens nach dem Julfest sagte Thord seinen Leuten, sie sollten sich zur Heimreise zurecht machen, und bemerkte, er habe nachts viel im Traum gesehen. Der Bauer Kalf Sagte, was er geträumt habe. "Mir träumte," sagte er, als wenn wir Fahrtgenossen das Hjaltatal hinauf ritten. Und als wir an Holzbucht herangekommen waren, da sprangen achtzehn Wölfe vor uns auf. Einer war weitaus der größte; er lief mit aufgespemtem Rachen auf mich los und griff mich und meine Leute an. Mir war, als bissen sie alle meine Leute zu Tode. Ich selbst meinte viele Wölfe zu erschlagen und den größten Wolf zu verwunden. Da erwachte ich."

Der Bauer Kalf meinte; das deute auf Unfrieden; — mit diesen Gedanken gehen Männer." Und bot ihnen an, den Tag über noch dazubleiben und den Weg hinunter nach Holzbucht auszuspähen. Thord wollte das nicht.

"Dann will ich," sagte Kalf, " dir mehr Leute geben und dein



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Gefolge verstärken." Thord antwortete: Es soll nicht heißen, daß Thord Unruh vor bloßen Träumen erschrecke und dann seine Schar vermehre, weil er sonst nicht wage, durchs Land zu ziehen."

Sie ritten nun zu sieben von Kalfshof fort, Thord und Thorhall und fünf ihrer Leute. Der Bauer Kalf hatte Thord zur Hilfe einen von seinen Hausleuten, namens Hall, mitgegeben, einen starken Kerl.

Eyvind hieß ein Bauer, der in Rücken 1 im Hjaliatal wohnte; er war in den Jultagen auf Kalfshof gewesen. Er hatte Thord einen goldbeschlagenen Spieß geschenkt und ihm seinen Beistand versprochen, wenn Thord einmal Männer brauchen würde. Eyvind begleitete Thord.

Sie ritten das Tal hinunter und waren noch nicht lange unterwegs, als ihnen ein Mann entgegenkam, den Kalf auf Kundschaft geschickt hatte, und meldete, daß nicht weniger als achtzehn Mann unten in der Hofsschlucht ihnen auflauerten.

Thorhall Sagte, wer das wäre. Er antwortete, Össur von der Querache sei der Anführer. Thord sagte, nun werde sich zeigen, wie kühn und wie waffentüchtig jeder sei. Thorhall antwortete: "Es ist nicht rätlich, auf sie zuzuhalten, wenn wir an Zahl so unterlegen sind. Da will ich einen andern Rat geben." "Wie ist der:" fragte Thord. Thorhall sagte:"Wir wollen hier über die Höhe abbiegen ins Kolbeinstal hinüber und so nach Hause; ohne daß sie uns bemerken können."

Thord sagte: "Gering scheint mir der Unterschied, wenn die achtzehn und wir neun sind; von vielen Männern weiß ich, die gegen solche Übermacht wacker gefochten haben. Mein Großvater Hörda-Kari hätte sich nicht abschrecken lassen, wenn er es auch mit einer größeren Übermacht zu tun gehabt hätte Soviel denke ich in jedem Fall von ihm und meinen andern vornehmen Geschlechtsgenossen zu haben, daß ich nicht fortlaufe , ohne meine Sache versucht zu haben. Jetzt werde ich gehen und Össur erwarten, was auch komme. Aber du, Thordall , sollst bei diesem Treffen nicht dabei sein; ich will deiner 1



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Hausbau eure Wohltaten nicht so übel lohnen, daß ich dich in irgendwelche Lebensgefahr bringen"

Thorhall meinte, Thord habe zu entscheiden;"aber meine Feinde —werden jetzt behaupten, ich hätte dich unrühmlich im Stich gelassen."

Thord forderte auch Eyvind auf, heimzureiten. Der sagte:"Ich würde schlechte Kameradschaft mit einem wackern Mann halten. wenn ich dir weglaufen wollte, wo du Manneshilfe am nötigsten hast. Das soll nie geschehen, daß mich solche Schmach trifft!'

Dann ritten sie weiter, bis sie Össur im Hinterhalt liegen sahen. Thord sagte: Hier wollen wir auf den Steilhang am Wege hinaufgehen, da ist ein guter Platz zum Kampf." Sie taten so und drachen sich oben Steine los. Als Össur mit seinen Leuten das sah, stürmten sie auf den Hang ein. Thord rief:"Was sind das für Männer, die sich so feindlich zeigen:" Össur nannte sich, — ist Thord Unruh etwa oben auf dem Hügels" Er antwortete: ""Das bin ich. Es ist dich nun das beste, deinen Vetter Orm zu rächen, wenn du das Herz dazu hast. Übermacht habt ihr genug"

Össur trieb seine Leute zum Angriff. Da begann ein heftiger Kampf. Thord hatte bald einen Gegner erschlagen. Er und seine Leute schleuderten Steine auf Össurs Leute, und die deckten sich mit ihren Schilden. Da fielen einige auf Össurs Seite, solange die Steine vorhielten. Darauf sprangen Thord und seine Leute den Hang hinunter; da begannen die Männer zu fallen. Einer namens Örn hieb auf Thord und traf ihn ins Bein, als er nach der andern Seite schaute; denn von vorne griff ihn Hafthor, ein verwandter Össurs, an. Als Thord den Hieb bekam, drehte er schnell und hieb nach jenem mit dem Schwert in der einen Hand, traf ihn in der Mitte und schlug ihn gradeswegs in zwei Teile. Den nächsten Hieb richtete er auf Hafthor, traf ihn auf die Schulter und trennte ihm den Arm von der Seite. Er fiel tot zu Boden. Jetzt hatte Thord drei Leute erschlagen. Össur sah das und spornte seine Leute an. Er machte sich an Thord mit fünf anderen, die übrigen griffen Thords Leute an. Das Ende aber war, daß Thord sechs Männer er



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schlug und Össur verwundete; daß er nicht weiterfechten konnte. Neun Männer sielen von Össurs, fünf von Thords Seite. Nach dem Kampf ging Thord zu Össur zog ihn aus dem Blut und deckte ihn mit seinem Schild, damit die Raben nicht nach ihm hacken könnten, denn erkannte sich selbst nicht mehr wehren.

Össurs Leute waren alle davongeflohen, und die Thords waren nicht imstande, sie zu verfolgen, denn niemand kam ohne Wunden aus diesem Treffen. Thord bot Össur an, ihn heilen zu lassen. "Du hast nicht nötig, mir Pflege anzubieten, sagte Össur, . ,denn ich werde dich erschlagen, sobald ich wieder die Möglichkeit habe. Thord sagte: das sei ihm einerlei, und sandte Thorhall nach Rücken hinüber zu Thorgrim, der dort wohnte, daß er Össur holen lasse und ihn heile.

Der tat das und schaffte ihn heim. Er lag lange an seinen Wunden und wurde schließlich gesund. Über den Leichnamen der gefallenen Männer wurden Hügel aufgeworfen Nach dem Treffen in der Hofsschlucht ritt Thord mit Thorhall heim; er hatte viele Wunden, aber keine, die lebensgefährlich schien. Olöf fragte Thord, wie es abgelaufen wäre. Er sprach die Strophe:

Fielen im Sturm der Speere
Fünfzehn, doch verwundet
Blieben Seemondsträger 1
Sieben im Gefechte.
Sechs schlug ich der Spender 2,
—Schwere Wunden Össur
Siegverzagtem hieb ich —,
Sandbankgürtelfeuers.

"Das sind große Dinge;" sagte sie. Sie heilte Thord wieder, und der Winter verging, ohne daß sich etwas ereignete.


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