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Kapitel 

Fünf Geschichten aus dem Westlichen Nordland


Mit einer Übersichtskarte


Übertr. von W. H. Vogt u. Frank Fischer

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


10. Orm sucht Sigrid zu gewinnen Diesen Sommer kam ein Schiff nach der Blandamündung im Langental. Mit dem Schiffe kam Orm, ein Schwestersohn Skeggis und Bruder Asbjörns. Als Skeggi von der Ankunft seines Neffen hörte, ritt er zum Schiff und lud Orm ein, den Winter bei ihm zu verbringen. Orm ging auch mit ihm. Er war größer und stärker als die meisten Männer sonst; von gewaltigen Leibeskräften, dabei trotzig und übermütig. Er war auch rasch im Zuhauen und voller Anmaßung.

Eines Tages geschah es, daß Orm zum Bade ging und Sigrid aus Os traf mit einem anderen Weibe. Sie gefiel ihm sehr,



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und er erkundigte sich, wer das wäre. Man sagte ihm ihren Namen und ihr Geschlecht. Er kam mit Skeggi ins Gespräch und sagte: "Die Sache liegt für mich jetzt so, daß ich dich bitten möchte, um Sigrid von Os für mich zu werben." Skeggi antwortete: "Um dieses Mädchen kann ich für dich nicht werben; aber um jedes andere will ich es tun, wenn du es willst." Orm erwiderte: "Entweder wird um Sigrid oder um keine." Skeggi sagte: "Wie sollte ich um die verlobte deines Bruders Asbjörn fin dich werben:" Orm antwortete: " Darum kümmre ich mich gar nicht, daß sie meinem Bruder versprochen ist. Wenn du nicht für mich uni sie werben willst, wird es im Bezirk keine Ruhe geben, denn dann werde ich sie verführen. Ihre Brüder werden das nicht dulden, und darum werde ich mich wieder nicht scheren. Dann wirst auch du hineingezogen werden !" Da sagte Skeggi: "Sigrid wird sich von dir schon nicht verführen lassen. Und es ist von dir eine große Torheit, sie auf solche Weise gewinnen zu wollen. Es wird dir nur Schmach eintragen. Thord ist schon mit größeren Lasten fertiggeworden, als er mit seinen Brüdern König Sigurd Geifer erschlug." Orm sagte: " Das wird sein, wie es sich fügt. Darauf lasse es ankommen. wenn du mir das Weib nicht werben willst." Skeggi antwortete: " Lieber will ich dann den Auftrag übernehmen, als daß solche Mißhelligkeiten entstehen. Aber du wirst immer unzufrieden sein, wie auch die Antwort ausfallen mag." Eid hörte das mit an, da er geradezu Besuch bei seinem Vater war. Vater und Sohn ließen nun Thord bitten, nach den Dampfquellen hinüberzukommen. Thord kam mit seinen Brüdern zusammen. Skeggi begrüßte Thord freundschaftlich. Er erwiderte den Gruß und fragte, was vorläge, daß man ihn gebeten habe. Skeggi erwiderte, daß sein Neffe Orm die Sigrid haben wolle. Thord sagte: "Das ist ein seltsames Begehr von deiner Seite. Mir scheint, dein Vetter Orm hat mehr Heftigkeit und Gedankenlosigkeit, als Glück '; es ist leicht möglich, daß sich das bald eigen wird. Weiß er denn nicht, daß das Mädchen seinem



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Bruder versprochen ist:" Skeggi sagte:"Orm ist nicht zu Hause, er ist ins Langental zu seinem Schiff geritten."

Da sagte Eid: "Ich möchte, Ziehvater, daß du die Fürsprache meines vaters auch würdigst." "Das will ich tun," sagte Thord, "wie du es wünschst. Wegen deiner Bitte und der Fürsprache deines vaters will ich einen vorschlag machen. Ich hätte keinen gemacht, wenn Orm selbst um das Mädchen geworben hätte. will dir, Skeggi, diese Antwort geben: zunächst, daß ich Asbjörn gegenüber nichts tun werde, was gegen unsere Abrede ist. Orm aber soll im Sommer zur See gebn und zwei Jahre fortbleiben und soll Aussicht auf die Heirat haben, wenn Asbjörn nicht wiederkommt." Skeggi war mit der Antwort zufrieden, und sie ernannten Zeugen dafür. Thord ritt beim nach Os und Eid mit ihm. Sigrid sagte wenig dazu.

Nun war es soweit, daß Orm heimkam und sein Schiff gerüstet hatte. Er fragte Skeggi, wie der Erfolg seiner Werbung geworden sei. Skeggi sagte, wie alles verlaufen war. Orm meinte, Skeggi habe die Sache ohne Nachdruck betrieben. Skeggi antwortete, er möge das beurteilen, wie er Lust habe. Orm sagte, für diesen Erfolg solle er keinen Dank haben, und war sehr wütend Er sagte, ihm sei es gleichgültig, ob es Thord gefiele oder nicht gefiele; — " dann soll sie eben meine Kebse sein!" Skeggi erwiderte, er sei sehr unvernünftig, daß er so reden könne.

Orm war noch keinen zweiten Tag zu Hause, als er schon nach Os ritt und mit der Sigrid zu reden begann. Sie sagte, er solle das lassen, Thord würde das übel aufnehmen; "und du wirst dein Tun bald bereuen, wenn du nicht einhältst." Orm sagte, erlasse es Thord gegenüber auf alles ankommen. Sie meinte, es sei auch das Wahrscheinlichste, daß sie sich miteinander messen würden, — " wenn du noch öfter hierher kommst. Du sollst auch wissen, daß ich mich nicht im geringsten um dich kümmern werde, ehe ich von deinem Bruder Asbjörn eine Nachricht habe." Damit schlossen sie das Gespräch.

Thord war unten an der Mündung beim Schiffsbau beschäftigt er wollte mit dem Fahrzeug nach den Stranden 1, Dorsche zu fangen; er wollte selbst auf die Reise,



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Orm kam drei Tage hintereinander nach Os. Da sagte Thord zu ihm: "Ich möchte, Orm, daß du deinen Weg nicht hierher nimmst, zu meinem Verdruß und zur Unehre meiner Schwester." Orm gab grob zur Antwort, er habe bislang allein über seine Wege bestimmt und sei des Willens, es dabei zu lassen. Thord sagte, daß einer von ihnen das Leben lassen müßte, wenn er den vierten Tag wiederkäme. Orm ließ von seinen Besuchen einige Tage ab.


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