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Fünf Geschichten aus dem Westlichen Nordland


Mit einer Übersichtskarte


Übertr. von W. H. Vogt u. Frank Fischer

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


5. Thord rettet Eid das Leben

Thord war ein sehr betriebsamer Mann und ein hervorragender Schmied. Er baute den Winter über ein Boot unten an der Mündung und hielt sich tags meist dort auf; es war seine Absicht, daß das Boot nach den Stranden 1 fahren sollte und dort zum Fischfang dienen. So verging die Zeit bis um Julfest.

Als das Fest herangekommen war, sandte Skeggi einen Boten zu Thorkel nach Sand und lud ihn und seine Frau zum Julschmaus zu sich; er bat auch, daß der kleine Eid mitkommen möge. Der war damals noch jung, aber doch schon ziemlich aufgeschossen.

Die machten sich dann am Tage vor dem Festbeginn von Sand auf den Weg und der kleine Eid mit ihnen. Das Wetter stand so, daß Tauwind sich erhob und Regen, und die Mittelfjordache unfahrbar wurde; das Eis begann in Schollen zu treiben. Über den Fjord konnte man aber mit dem Schiff kommen. Als Thorkel das Schiff hinaus og, rief Thord ihn an: "Der Fluß ist unpassierbar, Nachbar!" sagte er. Thorkel antwortete: "Denk du an deine Zimmerarbeit, ich werde für meine Fahrten sorgen"

Thorkel stieß nun das Schiff hinab, und sie gingen ;u dritt hinein. Als sie in die Mitte des Flusses gekommen waren, trieb das Eis gewaltiger als bisher heran, und sie kamen nicht mehr vorwärts; das Eis und die Strömung führte sie mit sich, und es endete damit, daß das Boot umschlug. Sie kamen unter Wasser und waren am Ertrinken. Weil ihnen aber längeres Leben beschieden war, brachte Thorkel sie noch auf den Kiel hinauf. Das Fahrzeug trieb nun zur See hinunter und an die Stelle, wo Thord bei seiner Zimmerarbeit beschäftigt war und neben ihm sein Bruder Steingrim. Da rief Thorkel zu Thord hinüber um Hilfe. Thord antwortete: "Ich hab mit meiner Zimmerarbeit zu tun; sorge du für deine Fahrten!" Steingrim



Thule-Bd.10-218 Gesch. aus dem w. Nordland Flip arpa

sagte: "Sei gut, Bruder, und hilf den Leuten! Es geht um ihr Leben; zeig deine Mannhaftigkeit !"

Da warf Thord seine Oberkleider ab, sprang ins Wasser und schwamm auf das Fahrzeug zu. Er mußte sich durch das Eis brechen und es nach allen Seiten von sich stoßen. Als er zu dem Boot gekommen war, griff er zuerst nach dem Knaben Eid und legte ihn sich über die Schultern, band ihn mit einem Strick fest und schwamm mit ihm an Land. Er bat seinen Bruder Steingrim, dem Knaben zu helfen, daß er wieder warm würde, denn er war ganz erfroren. Darauf schwamm er von neuem zu dem Boot hinaus und holte Thorkels Weib, das schon ganz von Kräften war, und brachte es an Land. Zum dritten Male schwamm er dann hinaus und brachte Thorkel an Land; der war vor Kälte halb tot. Steingrim fragte: Warum hast du den Knaben zuerst gerettet?' Thord antwortete: "Eid hab ich zuerst geholt, weil ich eine Ahnung habe, daß dieser Junge mir einmal von großem Nutzen sein wird und mir das Leben retten. Thorkel aber hab ich zuletzt geholt, weil er mir am ehesten die Kälte zu vertragen schien, und dann schien es mir am wenigsten um ihn schade."

Thorkel wechselte darauf seine Kleider und kam wieder ;u Kräften, und ebenso seine Frau. Die beiden machten sich dann nach den Dampfquellen auf.

Den Eid forderte Thord auf, zu ihm nach Os zu kommen. Eid sagte, er nähme das gerne an, und blieb da lange Zeit. Nun ist zu berichten, daß Thorkel zu den Dampfquellen kam und erzählte, daß seine Fahrt nicht so glatt verlaufen sei. Skeggi sagte, er habe da eine rechte Unglücksreise unternommen; — "und meinen Sohn hast du dabei bei dem übermütigsten Manne, den es bier gibt, gelassen." Er sagte, ihm ahne, es werde noch so kommen, das man viel darum geben würde, wenn Eid nie dort zu Thord gekommen wäre. Als das Julfest zu Ende gegangen war, zog Thorkel beim und kam auf der Heimreise bei Os vorbei und sagte zu Eid, er möchte mit ihm kommen. Eid antwortete "mit dir geh ich nicht. Du sollst mir nicht öfter nach dem Leben stellen." "Lieber wollte ich meinen Tod als deinen,"sagte Thorkel. Er og ab und kommt nun in unsrer Geschichte nicht mehr vor.


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