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Kapitel 

Fünf Geschichten aus dem Westlichen Nordland


Mit einer Übersichtskarte


Übertr. von W. H. Vogt u. Frank Fischer

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


39. Jökul schickt einen Meuchelmörder nach Finnbogi

Es wird erzählt, daß einmal im Frühjahr ein Mann nach Finnbogihofen kam und um Quartier bat, groß und kräftig. Er trat vor Finnbogi und begrüßte ihn. Finnbogi erwiderte den Gruß und fragte ihn nach seinem Namen. Er nannte sich Thorgrim, er sei aus dem Seetal und auf dem Thing geächtet worden. Finnbogi Sagte, wer ihn geächtet habe Thorgrim antwortete: das hätten die Tempelleute getan. Finnbogi Sagte, was er vorhabe. Er sagte, das wisse er nicht eigentlich. Er habe sich schon nach manchen Häuptlingen um 1 Ein Sohn Gudmunds des mächtigen, Enkel Eyjolf Valgerdsons. 2 Jsl. Melrakkaholl Der Kampf wird in der Geschichte der Leute vom Lautersee, Kap. 24. erzählt; dort heißt der Hügel Kakalihügel, er wird der heutige Kampwügel (Orrostuholl) im Fnjoskatal, östl. des Inselfjords, sein.



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gesehen, und niemand habe ihn in seinen Schutz nehmen wollen; "nun erfuhr ich, daß du ein angesehenerer Mann seiest, als die meisten anderen, und mir schien rätlich, dich aufzusuchen. Ich möchte dich bitten, mich aufzunehmen und für mich zu sorgen." Finnbogi sagte: "Es ist nicht ratsam, einen Geächteten aufzunehmen. Ich habe mit den Seetälern auch schon viel zu tun gehabt, ohne daß ich so etwas mir habe zu Schulden kommen lassen, einen zu beschützen, den sie in die Acht gebracht haben. Es ist schon das Beste, wenn wir uns jetzt in Ruhe lassen, wenn wir auch voneinander viel Schaden gehabt haben. verstehst du übrigens irgend ein Handwerk?' Er sagte, er verstünde keins; — aber wenn ich denn eins nennen soll, so kann ich, glaube ich, Zäune bauen so gut wie einer. Das habe ich schon oft gemacht, und noch ist keiner gefallen. Eher schon sinken sie in die Erde ein." Finnbogi sagte:"Das hätte ich gerade recht nötig, denn um den Grasplatz ist kein Zaun und es wird viel darauf getreten." Thorgrim meinte, er solle doch versuchen, wie er sich dabei anstelle.

Und so kam es, daß er dablieb und sich an den Zaun machte. Es ging ihm rasch vom Fleck und gut, und Finnbogi merkte; daß er dazu geschickt war. Es ging auf den Sommer, als er den Zaun fertig hatte. Die Arbeit hatte zwei Monate gedauert; und alle sagten, das sei ein Werk, das ihm Ehre mache. Thorgrim war angenehm im Umgang und mischte sich nicht in andere Dinge. Er fragte Finnbogi, was er nun tun könne, und sagte, daß er gern dableiben wolle. Finnbogi sagte, er habe ein gehegtes Feld. Dort möge er hingehen und einen Zaun herumziehen. Thorgrim tat das. So verging eine Zeit. Eines Tages ging Finnbogi auf das Feld. Thorgrim begrüßte ihn; da war das größte Stück vom Zaune schon fertig, und er bewunderte die Schnelligkeit und das Geschick dieses Mannes. Es war an dem Tage sehr heiß, und Finnbogi sagte: "Mir wird so schläfrig und schwer im Kopfe, daß ich mich schlafen legen muß." Thorgrim sagte, er solle doch heimgehen und da schlafen. Finnbogi antwortete, daß er sich nicht mehr länger halten könne, warf sich nieder und schlang seinen Mantel um den Kopf. Er schlief auch gleich ein und schnarchte



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laut. Thorgrim machte Lärm, aber Finnbogi wachte nicht auf. Da lief Thorgrim in die Ecke an eine Stelle, hob eine Rasenscholle und holte ein Schwert hervor. Damit sprang er auf Finnbogi zu, wie er dalag, und hieb nach ihm, wie es ihm am bequemsten war. Finnbogi schlief nicht so fest, als es schien und Thorgrim dachte, sprang ihm entgegen, warf seinen Mantel ihm über das Schwert und stieß es beiseite. Thorgrim unterlief Finnbogi aber obwohl er stark war, fand er hier doch seinen Meister. Finnbogi hatte ihn sofort unter sich und fragte, was das für eine Treulosigkeit sei, und wer ihn dazu angestiftet habe. Thorgrim sagte, er wolle es nicht leugnen, es sei ein Anschlag von Jökul; " er meint, daß er großen Schaden von dir erlitten habe. Ich möchte dich um Frieden bitten und um Verzeihung für meine Tat." Finnbogi sagte "Ich fürchte nicht, daß du mir schädlich sein könntest. Aber weil du einen solchen Auftrag von Jökul hast, da soll es zwischen uns doch lieber zum Abschluß kommen." Er zog das Schwert und hieb ihm den Kopf ab.

Thorgrim hatte viel geschafft und großen Nutzen, aber er bekam seinen verdienten Lohn. Es verging eine Zeit, und Jökul erfuhr davon und war noch mißvergnügter als bisher. Finnbogi saß indes auf seinem Hof, und es mangelte ihm nicht an vermögen und Ansehen.


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