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Kapitel 

Fünf Geschichten aus dem Westlichen Nordland


Mit einer Übersichtskarte


Übertr. von W. H. Vogt u. Frank Fischer

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


37. Zökuls Überfall auf Gunnbjörn. Finnbogi siegt über die Tempelleute

Eines Sommers kam ein Schiff in den Widderfjord, das gehörte zur Hälfte einem Mann namens Lodin, zur andern Gunnbjöru Finnbogison. Dieser ging sofort nach Borg hinauf und beide Eltern nahmen ibn mit großer Freude auf. Lodin zog nach Tempel mit einem Begleiter und nahm Quartier bei Jökul. Gunnbjörn war größer und stattlicher als die meisten Männer und seinem Vater sehr ähnlich. Er war damals fünfzehn Jahre alt.

Es wird erzählt, daß bei Bersi in Schluft Spiele stattfanden und ebenso auch immer in Tempel. Gunnbjörn ritt stets nach Schluft zu den Spielen, und Finnbogi war nicht zufrieden damit, daß er stets ohne Begleiter ritt. Er sagte ihm, er möge entweder nicht hingehen oder in größerer Gesellschaft. Bersi war immer übler Laune, wenn er kam, und tat so feindlich, als er konnte.

Eines Tages ritt Gunnbjörn mit vier Hausleuten zum Spiel nach Schluft und fand dort eine Menge Spieler vor. Jökul vom Tempel und seine Leute waren da. Man redete viel über Ringkämpfe ; und Jökul fragte, ob Gunnbjörn ringen wolle: "Du bist gewiß ein starker Mann wie dein vater:" Er antwortete, seine Gewandtheit sei nicht groß, auch sei er noch nicht im rechten Alter. Bersi sagte: "Uns scheint es passend, daß Gunnbjörn und Jökul es miteinander versuchen. Er muß ja geübt darin sein, der Sohn des Weidentalsgoden, daß es keiner wagt, sich mit ihm zu messen. Wir Seetäler aber finden, daß Ingimund nun am Ende ist und seine Söhne ihre und ihrer verwandten Schmach ruhig mit ansehen." Darauf ging man iim Spiel. Gunnbjörn bekam seinen Platz gegenüber Iskul.



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Sie gingen scharf vor und hatten einen langen Gang. Jökul siel auf das Knie. Da rief man, sie sollten aufhören, sie wären gleichstark. Jökul ging darauf nicht ein; und sie begannen einen neuen Gang. Da fiel Gunnbjörn auf das Knie. Da gingen andere dazwischen und baten sie, aufzuhören. Jökul sagte, noch sei es nicht entschieden. Darauf begannen sie zum drittenmal. Gunnbjörn entschlüpfte da dem Jakut, unterlief ihn und zog ihn an seine Brust hinauf. Dann stieß er ihn hart auf die Bank in der Mitte nieder. Jökul und Bersi liefen nach ihren Waffen und wurden festgehalten. Man hörte mit den Spielen auf. Die Tempelleute ritten gleich nach Hause und ebenso Bersi. Gunnbjörn machte sich auch reisefertig.

In Schluft war eine Dienerin, namens Ingibjörg, hübsch und arbeitsam und aus guter Familie. Sie hatte Gunnbjörn stets gut behandelt und ihm aufgewartet, wenn er kam. Er hatte auch viel mit ihr geplaudert. Die ging zu Gunnbjörn und sagte, er möchte doch nicht denselben Weg reiten, den er ge- kommen sei:"Ich glaube, daß man dir auflauert." Er sagte, das kümmere ihn nicht; — "ich werde immer reiten, wie die Wege eben führen, durch das Seetal wie durchs Weidental, ob ich nun länger oder kürzer hier auf Island bleiben soll." Sie ritten also davon und kamen bis zu einer Wegkreuzung, wo der eine Weg westlich nach dem Weidental ging. Da sprangen Männer vor ihnen auf; das war Jökul mit acht Begleitern. Er rief Gunnbjörn zu, er solle vom Pferde steigen: "Wir wollen einmal zusehen, ob du ebensogut die Waffen führen kannst; als ringen!' Gunnbjörn sagte, beides könne er nur schlecht; und damit sprang er vom Pferde und ebenso seine Leute. Jökul stach sofort nach ihm und traf den Schild. Der Schild war so fest, daß er standhielt. Gunnbjörn zog sein Schwert und hieb nach Jökul und schlug ihm die ganze eine Seite des Schildes neben dem Handgriff herunter. Jökul wurde aber nicht verwundet.

Inzwischen war Finnbogi daheim in Borg. Hallfrid fragte denselben Tag, wo Gunnbjörn wäre. Finnbogi sagte, er sei zu den Spielen geritten. Sie sagte, das verstünde sie nicht, wie man seinen Sohn allein so seinen Feinden in die Arme laufen



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lassen könne, wo man es obendrein mit solchen Draufgängern zu tun habe. Finnbogi meinte, sie habe recht, und sagte Hrafn dem Kleinen, er solle sein Pferd holen. Das tai der. Finnbogi ritt, und Hrafn der Kleine lief voran.

Er ritt immer nach Osten dem Wege nach, bis er den Kampf sah. In dem Augenblick, wo er ankam, stieß Gunnbjörn dem Bersi durch den Schild in den Schenkel. Das gab eine große Wunde. Da stieß Jökul nach Gunnbjörns Schild; der war aber so hart, daß der Stoß nicht saß. Der Spieß sprang ab und fuhr an das Schlüsselbein.

Jetzt kam Finnbogi dazwischen und stieß nach Jökul, daß es gleich bis auf die Knochen ging. Finnbogi rief: "Jetzt gilt es, Bersi, mutig vorzugehen und die Ohrfeige wieder wett zu machen!" Damit hieb er nach Bergi und schlug ihm das Haupt so hurtig ab, daß es einem Knecht zwischen die Schultern flog, daß der die Besinnung verlor. Darauf griff Finnbogi so heftig an, daß er mit beiden Händen hieb. Nicht eher ließen sie ab, als bis fünf von Jökuls Begleitern gefallen waren und er selbst kampfunfähig war. Da sagte Gunnbjörn zu Finnbogi "Wollen wir uns nun zufrieden geben; sie sind alle besiegt und ganz geschlagen. Du darfst damit zufrieden sein, daß Jökul bisher immer mit Übermacht gegen dich vorgegangen ist, immer seine Leute verloren hat und selber nie mit heiler Haut davongekommen ist. Alle Männer in Norwegen, und wo du sonst dir einen Namen gemacht hast, werden auch sagen, daß es für dich nicht viel zu bedeuten hat, mit den Seetälern die Waffen zu kreuzen, und wenn du einen nach dem anderen erschlagen solltest." Finnbogi tat, wie ihn Gunnbjörn bat, und ließ vom Kampfe ab. Jökul und drei andere waren noch am Leben, aber alle waren schwer verwundet. Vater und Sohn ritten mit ihren Leuten beim. Dieser vorfall wurde nun bekannt , und Jökul wurde mit seinen Begleitern heimgeschafft.


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