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Kapitel 

Fünf Geschichten aus dem Westlichen Nordland


Mit einer Übersichtskarte


Übertr. von W. H. Vogt u. Frank Fischer

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


35. Bergs Fall. Gunnbjörn sieht mit Dalla nach Norwegen

Als es Sommer wurde, rüstete Berg sein Schiff und gedachte mit seiner Frau abzufahren. Finnbogi ließ ihre Waren an Bord schaffen. Thorkel und Thora waren zu der Zeit bei Finnbogi. Als Berg sich auf den Weg machte, ritten Finnbogi und Thorkel mit ihm; Hrafn der Kleine begleitete sie mit einigen Lastpferden. Sie ritten, bis sie ein gut Stück nach Westen über den Widderfiordrücken 2 gekommen waren. Hrafn ritt voran. Als sie nun den Rücken hinab ritten, wartete er auf sie. Finnbogi fragte, warum er nicht weiter reite; —"hast du etwa irgend einen Verdacht:" Er antwortete:"Freilich. Ich sah hier vor uns an dem Steilhang zwei gesattelte Pferde vorkommen. Dann liefen zwei Männer mit Waffen dazu, nahmen die Pferde und führten sie hinter den Hang. Ich glaube, daß man euch hier auflauert; und es werden mehr Leute sein, als ich gesehen



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habe. Mein Rat ist, einen anderen Weg zu nehmen und uns nicht mit ihnen einzulassen."Finnbogi antwortete: Das können nur die sein, die ich wohl noch lieber treffen möchte, als sie mich-mag unsere Begegnung enden, wie sie wolle! Diesmal wollen wir uns nicht den Neidingsnamen durch voreilige Flucht verdienen und dadurch, daß wir eine so unerhörte Schmach auf uns sitzen lassen" Damit ritten sie auf einen Geröllhügel. Beide Teile sahen sich. Da war es Jökul Ingimundsson, sein Verwandter Thorarin, Vilmund, dessen Sohn, und der Hausmeister Kol. Sie waren zusammen zwölf Männer, und lauter kampftüchtige.

Finnbogi und die Seinen sammelten einige Steine auf, bis die anderen kamen. Da rief Jökul: "Jetzt ist es Zeit, Kol, an den Arthieb zu denken!" Da sprang Kol vor und stieß mit dem Spieß nach Berg und traf ihn auf den Schild. Berg wehrte den Schlag mit dem Schilde ab. Da stieß Jökul nach Bergs Hals und zielte auf die Kehle. Finnbogi sah das, sog sein Schwert und zerhieb ihm den Spießschaft. Thorarin und zwei andere griffen Thorkel an. Der wehrte sich tapfer und fiel dann ehrenvoll. Berg stieß nach Kol durch den Schild hindurch und traf ihm die Brust, daß er zurückfiel. Sogleich schmetterte Finnbogi ihm einen Stein auf den Kopf, daß der Schädel in Splitter zerschellte und er auf der Stelle tot war. Finnbogi stieß darauf nach Jökul und traf ihm durch den Schild das Bein, daß es eine große Wunde gab. Vilmund griff indes mit zwei anderen Berg mit aller Kraft an. Berg stieß nach dem einen und durchbohrte ihn. Unterdessen war der andere ihm hinter den Rücken gekommen. Berg drehte sich und schlug ihm einen Querhieb mit dem Schwerte, der ihn mitten durch den Leib traf. Da stieß Vilmund nach Berg. Finnbogi sah, daß er ungedeckt dastand, und sprang ihm zu Hilfe. Da stieß Vilmund den Berg durch den Leib und zog das Schwert wieder zu sich zurück. Berg blickte dahin, lächelte und sagte: "Nun wird meine Hilfe geringer, als ich dachte, Vetter Finnbogi! Du hast mich gut Winter durch bewirtet." Damit wickelte er sich in seine Kleider und setzte sich hin. Finnbogi lief auf Vilmund zu und hieb ihn in die Schulter hinein. Da stieß Jökul nach Finnbogi, mit der



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anderen Hand aber schlug er dem Berg mit dem Schwerte den Kopf ab. Finnbogi hieb nach Jökul, so daß das Schwert in den Knochen Mr. Hrafn der Kleine war schwer verwundet und hatte einen der Begleiter des Goden Thorarin erschlagen. Da griffen sie zu fünfen Finnbogi an. Er hieb mit beiden Händen und drang tapfer auf sie ein. Thorarin griff ihn heftig an, er war mutig und einer der Stärksten. Finnbogi warf einen Stein nach ibm und traf ihn auf das Jochbein. Er stürzte davon sofort. Finnbogi hieb ihm nach und traf ihn mitten durch den Leib. Er teilte nun gefährliche Hiebe aus.

Als sie eine Zeit weitergekämpft hatten, sahen sie zebn Männer heranreiten und die ritten aus Leibeskräften. Das waren die Brüder Jökuls; die traten sogleich zwischen sie. Jökul war kampfunfähig und sehr schwer verwundet. Fünf konnten noch stehen, aber alle waren schwer verwundet. Finnbogi war sehr ermüdet, aber ohne Wunden. Thorir sagte: "Hier sind böse Singe geschehen, die nicht nötig gewesen wären!" Finnbogi antwortete: "Dinge sind geschehen, für die ich nie Buße bekommen kann. Gedacht hatte ich, daß ich Jökul nicht öfter mehr zu treffen nötig haben würde. Aber das steht nun in eurer Gewalt." Thorir sagte, sie müßten nun ablassen. Sie sorgten dann für die, auf deren Leben man noch hoffen konnte. Finnbogi schaffte die Leiche seines Vetters Berg beim und begrub ihn nahe bei Borg. Dort steht noch heute der Hügel. Das wurde nun bekannt; und alle fanden, daß das ein harter Kampf gewesen sei und daß Finnbogi bewiesen habe, daß er noch immer im Draufgehen andere übertreffe.

Dalla war sehr getroffen durch den Tod ihres Mannes. Sie bai Finnbogi, ihr seinen Sohn Gunnbjörn als Pflegesohn zu geben; das sei ihr ein Trost, einen aus Bergs Geschlecht bei sich zu haben. Und da Finnbogi wußte, daß sie überaus wohlhabend war, und auch, daß sie bei diesem Treffen einen großen verlust erlitten und viel Kummer erfahren hatte, da gab er ihrer Bitte statt und überließ ihr seinen Sohn Gunnbjörn. Der war damals sechs oder sieben Jahre alt. Er übergab ihr auch fünfzehnhundert Ellen braunrotgestreiften Fries und fünfzehn Handelsfelle, die er dem Bauern Bard in Grünheide schickte.



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Darauf machte sie sich auf den Weg nach Norwegen, wo sie einen ansehnlichen Hof besaß. Sie schnitt dem Gunnbjörn sofort prächtige Kleider aus Scharlach zu und ging dann nach Grünheide und brachte dem Bard die Geschenke. Bard gefiel der Junge wohl. Eines Tages fragte Bard ihn, ob er mit einem anderen Jungen ringen wolle. Er sagte, es käme auf Dalla an. Darauf rangen sie dreimal miteinander; sie schienen dem Bard fast gleich stark zu sein; und er sagte, sie möchten aufhören. Gunnbjsrn rief, er wolle nicht aufhören, unterlief den andern und warf ihn so hart nieder, daß gleich drei Rippen brachen. Jetzt wolle er aufhören, sagte er. Bard sagte, er sei nicht aus der väterlichen Art geschlagen, gab ihm einen Goldring, der sechs Unzen wog, und sagte, man dürfe bossen, daß er einmal ein rechter Mann werden würde. Der andere sei fünfzehn Jahre alt und dabei der gewandteste von allen Jungen. Gunnbjörn aber war damals erst acht Jahre alt. Danach fuhren sie denn ab mit reichen Geschenken. Gunnbjörn wuchs bei valla auf, bis er zwölf Jahre alt war. Er war da größer und stärker als seine Altersgenossen.

Rand hieß ein Wikinger der um Dalla geworben hatte. Gunnbjörn war ihm scharf entgegengetreten, und Raud hatte übel zufrieden abziehen müssen. Es kam nun die Zeit, daß Dalla dem Gunnbjörn ein Schiff gab. Er legte sich auf Seezüge und war allen voran an Tapferkeit. Er verfolgte Wikinger, wo er sie nur erreichen konnte. Als der Sommer zu Ende ging, traf er den Wikinger Raud unter einer Insel. Sie waren sofort in einen Kampf verwickelt. Raud hatte einen prächtigen Drachen 1. Er war grimmig und ein gefährlicher Feind. Auf beiden Seiten fiel Volk Da rief Gunnbjörn: "Willst du mit mir ringen:" Wie alt bist du fragte Raud. "Ich bin zwölf Jahre alt," sagte er. "Dann scheint mir, daß es wenig oder gar nichts zu bedeuten hat, mit dir zu ringen. Aber ich will's dir zu Gefallen tun." Darauf begannen sie zu ringen; es dauerte lange. Gunnbjörn war schwächer und suchte sich zu schonen. Rand legte sich mit aller Kraft hinein, bis er müde wurde. Da ging Gunnbjörn mit aller Kraft vor und Raud siel.



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Gunnbjörn hatte ein Messer an einer Schnur um den Hals, das ihm seine Pflegemutter geschenkt hatte. Und da er keine Waffe sonst hatte, so nahm er dieses kleine Messer und schnitt dem Raud damit den Kopf ab. Danach nahm Gunnbjörn sich das gute Drachenschiff und alle Habe, die Raud besehen hatte. Seine Leute aber ließ er in Frieden sieben mit dem, was ihnen gehörte. Sie nannten ibn den edelmütigsten Mann dafür.

Im Herbst fuhr er zu seiner Pflegemutter. Da saßen sie den Winter über in Frohsinn; und es fehlte ihnen weder an Geld noch an gutem Ansehen.


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