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Kapitel 

Fünf Geschichten aus dem Westlichen Nordland


Mit einer Übersichtskarte


Übertr. von W. H. Vogt u. Frank Fischer

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


34. Berg und Jökul geraten aneinander. Jökul errichtet Finnbogi eine Hohnstange

Grim hieß ein Mann, der in Torfahof 1 wohnte. Er war jung und unverheiratet. Sein Vater war gestorben. Er war aus gutem Geschlecht und ein tüchtiger Mann. Nahe verwandt war er mit Vefrid, der Frau Sigurds am Felsenriff. Grim warb um die Schwestertochter der Brüder vom Tempel. Im Winter sollte die Hochzeit sein; und man lud dazu die Gäste ein. Grim war auch mit den Leuten von den Labkrautwiesen nahe verwandt, und darum lud er Finnbogi und seine Frau ein und alle, die sie etwa mitzubringen wünschten. Die beiden Brüder Thorir und Thorstein luden Finnbogi auch ein. sagte, seine Verwandten hätten ihn schon eingeladen, er sei ihnen aber dankbar dafür. Die Zeit verging indes, es wurde Winter. Das Wetter wurde rauh, so daß es stürmte. An dem Tage, als das Gastgebot sein sollte, machten die Vettern Finnbogi und Berg sich auf; weiter aber hatte niemand Lust mitzugehen. Sie machten sich auf den Weg, und Finnbogi ging voran bis zur Seetalsache 2. Die war fast unpassierbar, hatte großen Eisgang und war am Ufer zugefroren. Sie banden ihre Waffen zusammen. Ihre Schaffelle reichten ihnen bis an die Füße. Berg verlor kein Wort, aber er hielt es unmöglich hinüberzukommen. Sie sprangen beide ins Wasser, und Finnbogi sagte zu Berg, er solle sich an seinen Gürtel halten. Er schwamm so, daß er das Eis vor sich her stieß. Und bei seiner Kraft und Geschicklichkeit kamen sie hinüber und gingen, bis sie am Tempel anlangten. Da waren alle Gäste schon ein



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getroffen. Sie gingen hinein. Da waren große Feuer in der Halle, und auf den Langbänken saßen einige Männer. Die Brüder waren alle dabei. Es war ein Mann, der hieß Kol. Der war in Tempel Hausmeister, groß von Wuchs und stark und unbändigen Sinnes. Sie gingen nun die Feuer entlang in den Saal hinein. Finnbogi ging voran. Als sie an Jakut vorbei kamen, stieß der mit der Hand nach Berg und schob ihn ans Feuer, so daß er Kol berührte, der am Feuer zu tun hatte. Der stieß Berg sofort zurück und sagte, er möge ihn nicht anrempeln . Finnbogi sah zu und griff mit einer Hand dem Berg zwischen die Schultern in seinen Pelz und hielt ihn mitsamt der vollen Rüstung aufrecht. Mit der andern Hand stützte er sich auf die Schultern Jökuls und sprang mit allem, was er auf dem Leibe hatte, über ihn und kam wieder stehend auf die Füße. Alle wunderten sich über seine Behendigkeit. Brüder sprangen nun auf und nahmen ihnen die Waffen und die nassen Kleider ab und reichten ihnen trockene. Dann gingen sie zur Bank des Bräutigams Grim. Finnbogi saß ihm zur Seite. Das Gastmahl verlief gut; und zum Schluß wurden Geschenke verteilt. Thorir gab Finnbogi Zuchtrosse zum Geschenk , wie sie besser im Seetal nicht zu haben waren. Thorstein gab ihm Helm und Spieß, zwei gute Stücke. Finnbogi dankte ihnen geziemend. Als man zum Aufbruch gerüstet war, ging Berg der Kühne auf Kol zu und schlug ihm seine Axt auf den Schädel. Er verlor sofort die Besinnung. Auf beiden Seiten lief man zu den Waffen. Weil aber viele vermittelnd dazwischen traten, trennte man sich vorläufig.

Den Sommer danach kam das Schiff wieder an Land, das Berg gehörte. Denselben Sommer forderte Jökul Finnbogi zum Holmgang und ebenso Thorstein Berg den Kühnen. Beide gingen darauf ein und man machte den Tag ab, an dem man sich treffen wollte. Als der Tag herankam, sagte Dalla zu ihren verwandten, daß ihr der Plan nicht gefalle; ich werde ein solches Unwetter wecken, daß weder ihr noch sonst jemand draußen sein kann." Finnbogi sagte, sie solle das lassen. Die Schande würde nie untergehen, wenn sie ihr Gelübde brächen; man würde ihnen das als Feigheit auslegen. Dalla sagte,



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darauf wolle sie es ankommen lassen; lieber, als daß sie ihren Mann verlöre. Und das sagte nicht umsonst. Es erhob sich ein so gewaltiges Unwetter, daß man sich nicht erinnerte, solchen Sturm und solches Schneefegen erlebt zu haben. Man sagt, daß es auch Finnbogi übel gefiel; er meinte aber, daß keiner kommen würde; und so blieben sie auch zu Hause. Das Uu- wetter hielt drei Tage an. Als es sich gelegt hatte, war keine Spur von Schnee mehr zu sehen. Jetzt wurde bekannt, daß die Männer von Tempel zu dem abgemachten Platz gekommen waren, und daß Jökul dem Finnbogi eine schmähliche Hohn- stange 1 errichtet hatte an der Stelle; wo sie hätten miteinander kämpfen sollen. Das wurde herumgetragen, und alle fanden, daß Finnbogi da unehrenhaft gel und daß sein Ansehen arg gelitten habe. Ihm selber schien es so schlimm, daß ihm noch nichts so nahe gegangen war, wie diese Sache. Er faßte großen Groll gegen Dalla. So ging der Winter bin.

Finnbogi hatte drei Söhne. Die hießen Gunnbjörn, Thorir und Eyjolf. Alles waren vielversprechende Burschen-


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