Projektseite Volksmärchen Sagen Geschichten Etnologie Beriche © Arpa data
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

Fünf Geschichten aus dem Westlichen Nordland


Mit einer Übersichtskarte


Übertr. von W. H. Vogt u. Frank Fischer

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


11. Finnbogi tötet den geächteten Bären

Diesen Winter trug sich's in Halogaland zu, wie ja oft, daß ein Bär erschien und das Vieh schlug. Nirgends richtete er mehr Schaden an, als in Grünheide. So kam es, daß Bard ein Thing gebot und den Bären ächtete und einen Preis auf seinen Kopf setzte. Daraufhin versuchten sich viele an ihm, aber niemand erlegte ihn. Er spaßte nicht; wenn man ihm begegnete, und tötete Menschen sowohl wie vieh. Der Bauer Bard hatte, so wird erzählt, eine Sennhütte und von der Hütte bis zum Hof war ein gutes Stück. Dort ließ er im Winter sein vieh hüten. Es brachte ihm großen Schaden, daß da stets der Bär lag, und niemand es mehr wagte, zum Vieh zu gehen, wenn nicht eine große Schar mitging.

Eines Abends redete Bard mit seinen Leuten, sie sollten sich alle gegen den Bären rüsten, jeder nach seinem vermögen und seinen Waffen; — "morgen ziehen wir auf den Bären aus." Einige taten neue Schäfte an ihre Äxte, andere machten ihren Spieß zurecht, und alles wurde gerüstet, was ihnen von Nutzen sein konnte. Am Morgen war alles früh auf den Beinen, jeder Knabe mit seiner Waffe.

Nun ist von Finnbogi zu erzählen. Am Abend vorher, als die Leute schon schliefen, stand er auf und nahm seine Waffen. Er folgte den Spuren, die nach der Sennhütte führten. Er brauchte die Lift, daß er rückwärts ging und stets in die Spur trat; bis er zur Hütte gekommen war. Da sah erden Bären liegen, wie er ein Stück Vieh geschlagen hatte und das Blut soff. Finnbogi rief: "Steh auf, Petz, und nimm es mit mir auf! Das



Thule-Bd.10-147 Gesch. aus dem w. Nordland Flip arpa

gibt mehr zu tun, als auf den Fleischfetzen da zu liegen!" Der Bär erhob sich, sah zu ihm hinüber und legte sich dann wieder 1. Finnbogi sprach: "Wenn du meinst, daß ich besser gewappnet bin, als du, will ich danach tun." Er nahm den Helm herunter, setzte den Schild hin und sagte: "Steh nun auf wenn du Mut hast!" Der Bär setzte sich auf und schüttelte mit dem Kopf, dann legte er sich wieder. Finnbogi rief: "Ich merke, du willst, daß wir gleich gerüstet seien." Er warf das Schwert fort und sprach: "Es sei, wie du willst. Aber nun steh auf, wenn du ein Herz hast, wie es sich gehört, und nicht das feigste Tier bist!" Der Bär stand auf, schüttelte das Fell und tat sehr mürrisch. Dann schritt er auf Finnbogi zu, hob die Pranke und gedachte auf ihn zu hauen. Und wie er sich erhob, unterlief Finnbogi ihn. Sie rangen lange miteinander und wühlten die Erde auf, soweit sie mit den Füßen reichten. Weithin war sie zertrampelt, und es endete damit, daß er den Bären von hinten packte und ihm das Rückgrat zerbrach. Dann richtete er ihn wieder so, wie er vorher gelegen hatte, nahm dann seine Waffen, ging heim und war ganz steif. Er legte sich zu Bett und tai, als habe er geschlafen.

Gleich darauf faßte Hard ibn an den Beinen, zur Fahrt gerüstet , wie erzählt worden ist. Er Sagte, ob Finnbogi mitkommen wolle. Der erklärte sich gern bereit. Darauf machten sie sich auf den Weg zu der Senne. Sie sahen, daß der Bär dalag und ein Stück Vieh unter sich hatte. Da ermunterte Bard seine Leute, den Preis zu verdienen und sich an den Bären zu machen. Keiner wollte das aber und wagte sich heran, sondern alle wichen rasch beiseite. Bard sagte: "Ich weiß nicht, was es ist mit dem Bären; er rührt sich nach keiner Seite. Da ich ihn geächtet habe, ist es nur billig, daß ich ihn zuerst angreife." Er ging tapfer vor. Da sah er, daß der Bär tot war. Da drängten sie sich heran und hielten sich alle dazu. Bard konnte nirgends eine Wunde am Tier finden, schaute nun genau hin und sah, daß ihm das Rückgrat gebrochen war. Da sagte er: "Das ist eine Weise und ein Werk, von dem man noch nicht gehört hat. Kein Mann aus Halogaland hat das gemacht. Du,



Thule-Bd.10-148 Gesch. aus dem w. Nordland Flip arpa

Finnbogi, mußt es getan haben!' Finnbogi antwortete und sagte, er könne glauben, was er wolle. "Ich glaube es gewiß zu wissen," sagte Bard — "aber wie machtest du es:"Finnbogi erwiderte: "Das ist einerlei; weder du noch dein Sohn kann es nachmachen." Bard sagte, daß man nicht leicht Männer zu solchem Werk gewinnen könne;" nun will ich das Geld für dich eintreiben, als wäre es für mich selbst."

Darauf enthäuteten sie den Bären und zogen wieder heim. Der Winter verging, und es geschah nichts weiter. Hard hielt Finnbogi mit jedem Tage noch besser. Als der Frühling kam, fing die Schiffahrt wieder an von Halogaland nach Norden und Süden. Finnbogi pflegte jeden Tag, wenn er gefrühstückt hatte, auf die Felsen hinaufzusteigen, saß da jeden Tag und sah zu, wie die Schiffe vorübersegelten. Das machte ihm Freude, schöne Schiffe von mancherlei Art zu sehen.


Copyright: arpa, 2015.

Der Text wurde aus der Märchen-, Geschichten- und Ethnien-Datenback von arpa exportiert. Diese Datenbank wurde dank Sponsoren ermöglicht. Es würde uns freuen, wenn wir mit Ihrer Hilfe weitere Dokumente hinzufügen können.
Auch bitten wir Sie um weitere Anregungen in Bezug auf Erweiterungen und Verbesserungen.
Im voraus Dank für die Mithilfe. Spenden können Sie unter In eigener Sache

Ihr arpa team: www.arpa.ch Kontakt