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Fünf Geschichten aus dem Westlichen Nordland


Mit einer Übersichtskarte


Übertr. von W. H. Vogt u. Frank Fischer

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


47. Wie Thorkel Frieden stiftet-Sein christlicher Tod

Zwei Brüder wohnten auf Wiesenhalde im Langtal 1, Fostolf und Throttolf, die waren rührige Männer. Sie nahmen einen Mann in ihren Schutz und wollten ihn, während sie zum Thinge fuhren, auf dem Kiel in einiger Entfernung von Rauchfluren 2 verborgen halten; sie aber wollten seine Sache aus- fechten.

Zwei andere Brüder wohnten am Braunberg im Langtal und hießen Hunröd und Ulfhedin, Söhne Vefeyds, des Sohnes Einars des Alten. Ulfhedin war der beliebtere von den Brüdern. Thorolf hieß ein Mann, der Spielgode 3 zubenannt war, der hielt sich bei den Brüdern auf.

Ulfhedin war ein großer Freund des Holmgang-Starri, und die Leute erzählen, daß damals, als Thorarin der Schlimme ihn zum Holmgang forderte, Ulfhedin ihn zum Holm begleitete. Auf der Fahrt überfiel sie schlimmes Wetter, und sie glaubten, es sei Zauberwetter. Hard hieß ein Mann und war Langsam zubenannt, der fuhr mit ihnen. Sie baten ihn, das Wetter zu wenden, denn er war zauberkundig. Er hieß sie die Hände ineinanderlegen und einen Ring schließen; dann ging er dreimal der Sonne entgegen und sprach irisch; er hieß sie "ja" dazu sagen. Sie taten's. Dann schwenkte er einen Beutel nach dem Gebirge, und da ließ das Unwetter nach.

Throttolf und Fostolf ritten zum Thinge, wie vorher erzählt ward, der mann aber war inzwischen im Diebstal und hoffte, daß dann weniger Geld zu zahlen sein werde, wenn er nicht selber erschiene . Jene ritten auch zum Thinge, Hunröd und 1 Das untere Tal der Blanda. Der Hof heißt isländisch Engihlid, das Tal Langidalr. 2 Der Kiel (Kiölr) ist der Daß über das Hochland, der sich ans Blandatal anschließt; ein Tälchen dort oben heißt Rauchfluren (Reykjavellir) 3 So hieß er wohl, weil er die Spiele leiten pflegte; wir würden vielleicht sagen: Spielkönig. 4 Das Diebstal, Thjofadalr, muß in der Nähe von Rauchfuren



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Thorolf Spielgode. Kurz vor Rauchfluren entliefen ihnen Rosse, und sie suchten sie weithin und fanden sie nicht. Nahe vor sich erblickten sie einen Mann und dachten, er sei ein Verbrecher, und er werde ihre Rosse gestohlen haben; sie fragten auch nicht vorher und liefen ihn gleich an und erschlugen ihn, ritten darauf zum Thinge und erzählten es den Brüdern Throttolf und Fostolf. Die waren darüber sehr ergrimmt und forderten Buße für ihn und sagten, sie hätten sich mit den Vettern des Erschlagenen 1 verglichen und Frieden erlangt und Geld für ihn bezahlt. Hunröd sagte, er meine, andere Buße sei notwendiger, und so ritten sie vom Thinge.

Die Brüder Throttolf und Fostolf kauften Land auf den Kolkamooren 2, das i Holti, im Walde, heißt. Thorfinn hieß ein Mann, der wohnte auf Weitewohnstatt 3 'im Seetal, ihr Vetter. Der batie eine Reise vor hinaus nach dem Skagastrand, und es traf sich, daß Ulfhedin dorthinaus reiste und Thorolf Spielgode mit ihm. Als sie nach Breitfurt 4 an der Blanda kamen, ritten Thorfinn und die Brüder Fostolf und Throttolf etwas hinter ihnen her. Fostolf und sein Bruder sagten, es treffe sich gut, daß sie auf Ulfhedin stießen — " denn die beiden Brüder haben unseren Mann im Sommer erschlagen, und wir wollen ihnen nachreiten." " reite ihnen nicht nach," sagte Thorsinn, und das tat er. Darauf sprengten die Brüder ihnen hitzig nach. Das sah Thorolf Spielgode; er sprach: "Reiten wir schnell davon; hier kommen die Brüder hinter uns her." "Nein," sagte Ulfhedin , " das tu' ich nicht, denn dann sagen sie, ich laufe vor ihnen davon." Thorolf sprengte hinaus in den Fluß, die Brüder aber hieben auf Ulfhedin ein, und er blieb liegen. Darauf ritten die Bruder zurück und erzählten Thorsinn den Vorgang. Der nannte das unrecht gegen einen braven Mann gehandelt und reiste heim ins Seetal. gesucht werden. — Die Klagepartei konnte leichter geneigt sein, die kleinere, aber sichere Buße anzunehmen, als auf größere oder Rache zu rechnen wenn der Beklagte nicht zur Stelle war. 1 Haben die Brüder den mann in ihren Schutz genommen, so können sie für ihn Wergeld fordern wie Thor- stein für seinen norweger, Kavitel 28. 2 Kolkumyrar, die Senkung westlich der Blandamündung. Der Hof westlich des Sees im Seetal; Breidabolstadr, Breldavad.



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Ulfedin war todwund. Hunröd suchte ihn, sein Bruder, und brachte ihn heim. Und er bat seinen Bruder Hunröd, nach seinem Tode vergleich in dieser Sache einzugehen, und sagte, er werde keine Rache erhalten — " deim ich gedenke jetzt an die vorige Fahrt und weist, daß keiner von denen den Strohtod gestorben ist, die an diesem Zug teilgenommen haben." Darauf starb Ulfhedin; Hunröd aber hatte keine Lust zum Vergleich und machte den Prozeß beim Allthing anhängig. Thorfinn 1 bot Vergleich und Geldbuße, Hunröd aber sagte, er wolle nichts als ihre Achtung, und so kam's auch, und darauf ritt er vom Thinge. Die Brüder Foftolf und Throttolf bauten eine starke verschanzung bei Walde in den Kolkamooren, und Hunröd fiel es schwer, sie zu verfolgen.

Skum hieß ein Freigelassener, der hatte sich Geld verdient und war reich geworden. Hunröd nahm ihm sein Geld weg, und Skum segelte heraus, kam nach Norwegen und zog nach Norden nach Drontheim; da erwarb er viel Geld und blieb da; ward zum zweiten Male reich. Hunröd verschwendete all sein Gut und auch das, welches Skum besessen hatte, so daß er beinahe gar nichts mehr hatte. Er ging zu Thorkel, dem Seetalergoden, und klagte ihm seine Not. Thorkel sprach :"Töricht hast du gehandelt, daß du keine Buße deinen Bruder nahmst, wo er dir's doch vorausgesagt hat, daß sonst nichts helfen werde. Und nun hast du weder Geld noch Rache. Aber weil du mich in meinem Hause um Rat angegangen hast; will ich dir helfen und suchen, Vergleich zustande zu bringen." Darauf suchte Thorkel die Brüder auf, und sie fragten sie; ob sie sich mit Hunröd versöhnen wollten, wenn sich die Möglichkeit böte. Die waren schwierig und sagten, Vergleich nehmen sei ihn jetzt nicht besser, als da er ihm angeboten wurde. Thorkel sprach: "Nun sollt ihr das eine oder das andere tun: entweder außer Landes geben, wie es bestimmt war, oder ich entziehe euch meine Hilfe vollständig." Sie sagten, sie wollten sein Wort sehr hoch achten, — "und wir wollen dich zu allerletzt gegen uns haben."

Sie segelten nun heraus und kamen nach Drontheim. Da sagte



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Throttolf: Das bat keine rechte Art, daß Hunröd, der wackere Mann, sein Vermögen verloren haben soll und das zumeist um unsertwillen, sein Knecht Skum aber reich geworden sein soll wie Njörd." Darauf gingen sie hin und schlugen ihn tot, nahmen aber all sein Gut und sandten es Hunröd. Kurz darauf kam Throttolf hinaus und reiste zu Thorkel Krabbler und bai ihn, einen Vergleich zwischen ihnen und Hunröd einzuleiten. Thorkel sagte, das solle geschehen. Er ritt darauf zu Hunröd , und durch seine Klugheit und Freundlichkeit brachte er völlige versöhnung zwischen ihnen zustande, so daß beide Teile mit seinem Entscheid voll zufrieden waren 1.

Thorkel wurde alt; und als er in seiner Todeskrankheit lag, berief er zu sich seine Freunde, Vettern und Thingleute. Dann sprach Thorkel: "Ich will euch kund tun, daß mich eine Krankheit befallen hat, und mir scheint; sie wird unser Zusammensein enden. Ihr habt euch treu meiner Obhut gefügt und seid mir gehorsam und willig gewesen." Darauf wünschte er eine gesegnete Zukunft allen seinen Vettern und lieben Freunden. Thorkel bereitete sich recht christlich auf sein Sterben, wie es sich für ihn ziemte, denn er war ein guter Christ und war eifrig in seinem Glauben. Danach starb er und ward sehr betrauert von seinen Thingleuten und allen Gaugenossen, denn er galt wie er's auch war, als der größte Gauhäuptling und als ein Glücksmann und am meisten den älteren Seetalern ähnlich, Thorstein und Ingimund. Aber Thorkel übertraf sie Darin, daß er ein rechtgläubiger Mann war und geliebt ward, wie einer, der über alles den wahren Gott geliebt hat.

Und hier machen wir ein Ende mit der Geschichte von den Leuten aus dem Seetal.


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