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Fünf Geschichten aus dem Westlichen Nordland


Mit einer Übersichtskarte


Übertr. von W. H. Vogt u. Frank Fischer

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


42. Die Godenwahl im Schattentage Thorkel Krabbler führt sich ins Geschlecht der Seetaler ein

Thorkel Krabbler Thorgrimssohn war ein großer und starker Mensch. Er war damals zwölf Winter, als dies geschah. Thorgrim übernahm nicht die Vaterschaft für ihn, und doch war er viel kühneren Wesens als seine ehelichen Söhne.

Thorkel Silbern vom Heiligen See war ein Gestaltentauscher und obendrein zauberkundig; er war reich an Gut, unliebenswürdig und bei den meisten Leuten unbeliebt, aber trotzdem sehr geachtet. Den Tag, für den die Zusammenkunft am Karnsbache wegen der Godenwahl angesetzt war, sagte des Thorkel Silbern Frau: "Was hast du heute vor:" Thorkel erwiderte: "Zur versammlung zu fahren und des Abends Godordsmann zu sein, wenn ich heimkomme." "Ich wünschte nicht," sagte sie, "daß du fährst, um Obmann der Seetaler zu werden, denn dir wird das nicht beschert sein; auch bist du dazu nicht geschaffen." Er antwortete: Sonst soll dein Rat gelten, aber nicht bier."

Zu dieser Zusammenkunft wollte auch Klackaorm und Thorbum von der Karnsache, Ingimunds Tochtersohn. 1 Thorgrim galt wegen seiner Verwandtschaft mit den Seetalern als der geeignetste, aber man wollte doch die Sache durchs Los entscheiden lassen, denn viele deuchten sich recht geeignet. Diese Versammlung war auf den Einmonat im Schattental bei Klackaorm gelegt worden.

Thorkel Silbern hatte in der Nacht vor der Versammlung einen Traum und erzählte ihn seiner Frau Signy: es sei ihm



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vorgekommen, als reite er das Seetal hinab auf einem roten Rosse, das kaum die Erde mit seinen Hufen zu berühren schien, — "und ich deute so, daß golden sich Aussichten eröffnen und Ehren bevorstehen." Signy sagte: sie denke anders darüber, —"das scheint mir ein schlimmer Traum" und sprach, Pferd heiße auch March",aber March ist des Mannes Folgegeist" und sagte, Rot zeige sich, wenn's Blut gebe, — " und es mag sein, daß du auf der versammlung erschlagen wirst, wenn du dir das Godord anmaßest, denn viele werden es dir mißgönnen." Thorkel tat, als höre er nicht, und puste sich vor seinem Aufbruch mit Kleidern und Waffen, denn er war ein sehr eitler Mann und kam unter den letzten zur versammlung.

Thorgrim war sehr zeitig gekommen und saß auf dem Hochsitz neben Orm; nie bekannte er sich zur Vaterpflicht gegen Thorkel Krabbler. Der spielte noch auf dem Fußboden mit anderen Kindern; er war groß und stark und ein sehr schöner Mensch. Er stellte äch vor Thorgrim hin und blickte lange ihn an und die Streitart, die er in Händen hielt. Thorgrim Sagte, warum der Magdsohn ihn so anstarre. Thorkel sagte, es sei kein übergroßes vergnügen für ihn, ihn anzusehen. Thorgrim fragte: Was willst du tun, Krabbler, daß ich dir die Axt gebe- denn ich seh's, sie gefällt dir sehr — und daß ich mit dir verwandtschaft eingebe:" Thorkel bat ihn, es selbst zu bestimmen. Thorgrim sprach:"Du sollst die Axt dem Silbern ins Haupt setzen, so daß er nimmermehr das Godord der Seetaler bekommt. Dann dünkt mir, führst du dich selbst in die Seetalersippe ein." Thorkel sagte, das wolle er tun. Thorgrim gab ihm nun Anweisung, er solle sich recht schlecht mit den anderen Knaben betragen — Silbern saß immer die Hand unter die Wange geschmiegt und ein Bein über das Knie gelegt . —Thorkel sollte nun draußen in den Schmutz laufen und dann wieder hereinkommen und an das Kleid Silberns streifen und versuchen, ob er ergrimme.

Nun reden sie hin und her über das Godard und werden nicht einig; jeder bestand auf seinem Anspruch. Da legten sie Lose in den Schoß und immer kam das Los Silberns heraus, denn er war zauberkundig. Da ging Thorgrim heraus und begegnete



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Thorkel Krabbler in der Tür bei den Knaben. Da sprach Thorgrim "Jetzt will ich, daß du die Axt bezahlst." Thorkel sagte: "Die Axt möchte ich sehr gern haben, und ich kann nun den Preis reichlich erlegen, wenn auch jetzt nicht grade solches Kaufgut zur Stelle ist, wie du es wünschtest." 1 Thorgrim erwiderte: " Es gibt mancherlei Zahlungsmittel." Thorkel sagte: "Willst du nun, daß ich Silbern töte:" "Ja," sprach Thorgrim. Da war das Godard auf Silberns Los gefallen. Thorkel Krabbler trat in die Stube und ging an Silbern vorbei und streifte sein Bein; aber der stieß ihn von sich und schalt ihn Magdsohn. Thorkel sprang auf den Sitz daneben und trieb ihm die Streitart in den Schädel, und Thorkel Silbern war sogleich tot, und Krabbler sagte, er habe nicht zuviel bezahlt für die Axt

Thorgrim sagte: der Knabe sei schändlich gereist worden, — "auch hat jener sich nicht recht gewehrt; dieser Knabe hat sich jetzt trefflich in die Seetalersippe eingeführt, und ich will die vaterschaft mit dir eingehen." Darauf übernahm Thorgrim das Godard und ward Karnsachengode genannt. Über die Tötung Silberns verglich man sich, denn seine Söhne waren jung.

Thorkel zog mit seinem Vater heim nach Karnsbach und verlangte , hinein in die Welt zu reisen und zu versuchen, wie es ihm erginge, wenn er Jarl Sigurd Hlödverssohn, seinen Vetter, besuchte. Thorgrim sagte, er solle haben, was er begehre .


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