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Kapitel 

MÄRCHEN AUS KORDOFAN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1923

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS / JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE MIT EINER KARTE


20. Die tapfere Fatma*

Ein reicher Mann nahm einem andern auf unehrliche Weise das Geld ab und brachte ihn dann auch noch um seinen Sohn. Der Verarmte mußte für den Reichen arbeiten, um überhaupt das tägliche Essen für sich und seine drei Töchter zu finden. Eines Tages rief der Reiche den Verarmten und sagte: "Folge mir in eine Stadt. Du hast drei Töchter. Ich kenne drei junge Männer, denen ich sie zur Frau geben möchte. Ich werde dabei verdienen und dir von dem Verdienst abgeben. Komm, wir wollen in die andere Stadt gehen und die Angelegenheit mit den drei jungen Männern besprechen." Der Verarmte sagte: "Ich muß tun, was du willst. Ich komme mit dir!"

Beide machten sich auf den Weg. Der Verarmte nahm aber ein Fas (Wanderbeil) mit. Dann kam er mit dem Reichen zusammen und sagte: "Ich bin bereit, mit dir zu gehen." Der Reiche sagte: "Wozu brauchst du das Fas ?" Der Verarmte sagte: "Ich will damit unterwegs, wenn es nötig wird, Äste und Früchte abschlagen, deren Zeit gekommen ist." Der Reiche sagte: "Wie meinst du das?" Der Verarmte sagte: "Wenn dir ein Zweig im Wege ist, schlägst du ihn doch ab und hältst seine Zeit für gekommen." Der Reiche sagte: "So ist es!" Der Verarmte sagte: "Wenn du nachts im Freien



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lagerst, suchst du doch Zweige für eine Hütte, läßt sie abschlagen und hältst ihre Zeit für gekommen." Der Reiche sagte: "So ist es!" Der Verarmte sagte: "Wenn dich unterwegs friert und du ein Feuer haben willst, schlägst du doch Zweige ab und hältst ihre Zeit für gekommen." Der Reiche sagte: "So ist es!" Der Verarmte sagte: "Warum fragst du also nach dem Fas? Du weißt, daß uns immer ein Zweig im Wege sein kann!" Dann gingen der Reiche und der Verarmte zusammen von dannen.

Im Busch ging der Verarmte hinter dem Reichen her. Der Verarmte sagte: "Dieser reiche Mann hat mich um meinen Wohlstand gebracht. Dieser reiche Mann hat mich um meinen Sohn gebracht. Dieser reiche Mann hat mich um meine Freiheit gebracht. Dieser reiche Mann will mich um meine Töchter bringen, die gute Mädchen sind. Dieser reiche Mann ist ein Zweig, der mir im Wege ist. Dieser reiche Mann soll mir aber nicht mehr im Wege sein. Seine Zeit ist gekommen. Ich will für mich und meine Töchter eine Hütte haben. Deshalb will ich den Ast abschlagen. Seine Zeit ist gekommen. Ich will für mich und meine Töchter ein Feuer haben und will deshalb diesen Ast abschlagen. Seine Zeit ist gekommen." Der Verarmte rief den Reichen an. Der Reiche wandte sich um. Der Verarmte sagte: "Deine Zeit ist gekommen. Du wirst nun abgeschlagen." Der Reiche schrie: "Oh, laß mich!" Der Verarmte erschlug ihn aber mit dem Fas.

Der Verarmte begrub den Toten, nachdem er ihm die reichen Kleider ausgezogen hatte, und ging mit diesen in die Stadt, in der die drei jungen Männer wohnten, an die der Reiche die Töchter des Verarmten verschachern wollte. Der Verarmte gab ihnen die Kleider des Reichen und sagte, daß der Reiche gestorben sei und deshalb aus der ganzen Sache nichts werden würde. Dann machte sich der Verarmte auf den Heimweg.

Als der Verarmte an die Stelle kam, an der er den Reichen erschlagen hatte und an der dessen Blut auf die Erde geflossen war, fand er da eine wundervolle große Wassermelone aufgewachsen. Der Verarmte betrachtete die Melone und sagte: "Diese Frucht ist so schön, daß ich sie meinem Sultan als Geschenk mitbringen werde." Der Verarmte nahm die Melone also auf und mit in die Stadt, in der er wohnte. Am andern Tag brachte er die Melone seinem Sultan. Dieser war erfreut und gab den Auftrag, die Frucht sogleich aufzuschneiden. So wurde sie zum Koch des Sultans gebracht. Als der nun die Frucht aufschnitt, fand er, daß Blut herausströmte.



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Darauf erschrak der Koch und lief zum Sultan und zeigte ihm die Frucht, aus der das Blut herausströmte. Der Sultan ließ nun den Verarmten zurückrufen und sagte ihm: "Du brachtest mir eine schöne Wassermelone als Geschenk. Als mein Koch sie aufschnitt, fand er, daß nur Blut herausströmte." Der Verarmte sagte nichts. Der Sultan sagte: "Sage mir sogleich die ganze Wahrheit oder aber ich lasse dich töten."

Der Verarmte sagte: "Weshalb soll ich nicht die Wahrheit sagen? Du weißt, daß der reiche Mann mir alles, was ich besaß, nahm. Du weißt, daß er mir meinen Sohn nahm. Du weißt, daß ich für ihn arbeiten mußte, um meinen Unterhalt zu erwerben. Nun wollte er mich zwingen, meine drei Töchter an fremde Leute zu geben, damit er davon einen Vorteil habe, und er nahm mich mit sich, um in meiner Gegenwart das Geschäft abzumachen. Sieh, Herr! Da habe ich ihn unterwegs totgeschlagen und habe dann den drei Männern, denen er meine drei Töchter verhandeln wollte, seine blutigen Kleider gebracht. Wie ich aber zurückkam, fand ich an der Stelle, an der das Blut des reichen Mannes in den Sand gesickert war, diese Melone, die ich dir brachte. Das ist alles, Herr!" Als der Sultan das hörte, sagte er: "Ich werde dich für den Totschlag, den du begangen hast, töten lassen." Er winkte aber seinen Leuten, und die banden den Verarmten und führten ihn ins Gefängnis.

Die Leute sprachen auf der Straße: "Der Reiche hat des Verarmten drei Töchter verkaufen wollen. Da hat der Verarmte den Reichen totgeschlagen, und der Sultan will ihn nun hinrichten lassen." Die Leute sprachen das so, und die drei Töchter des Verarmten hörten die Leute untereinander sprechen. Fatma, die älteste, sagte zu ihren andern Schwestern: "Wenn ihr die Leute beachtet, werdet ihr sehen, daß sie etwas über uns reden, denn sie schauen auf uns und unser Haus und gehen auseinander, wenn sie merken, daß wir kommen oder hinschauen. Ich werde aber selbst danach sehen." Darauf warf Fatma ein Tuch um und ging auf den Markt. Die Leute sprachen untereinander und Fatma hörte, wie sie sagten: "Der Reiche hat die drei Töchter des Verarmten verkaufen wollen, da hat der Verarmte den Reichen totgeschlagen, und der Sultan will ihn nun hinrichten lassen."

Als Fatma das hörte, machte sie sich sogleich auf den Weg und ging zum Sultan. Und als sie vor dem Sultan stand, sagte sie: "Sultan! Töte meinen Vater nicht, denn das sage ich dir: um unsert seiner Töchter willen, hat unser Vater den Reichen totgeschlagen.



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Wenn du ihn also deswegen töten lassen willst, wirst du durch unsere, seiner Töchter Hand getötet werden!" Der Sultan lachte aber und sagte: "So willst du wohl den Krieg mit mir beginnen?" Fatma aber sagte: "Wenn du unsern Vater tötest, wirst du in der Tat gegen Frauen kämpfen müssen." Der Sultan sagte: "Ich bin ein Mann und fürchte keine Frauen." Fatma sagte: "Wir werden sehen, wer früher stirbt: unser Vater oder du!" Dann ging Fatma in die Stadt. Sie kaufte Waffen, lieh Pferde, ging bei den Freundinnen umher und fand noch sieben Mädchen, die bereit waren, gegen den Sultan um den Gefangenen zu kämpfen.

Der Sultan ließ aber am andern Tage die Tore der Stadt öffnen und den Gefangenen hinausführen, um ihn draußen auf einem Hügel hinrichten zu lassen. Der Sultan selbst ritt in einiger Entfernung hinter dem Gefangenen her. Als der Gefangene an den Ort gebracht war, legte man Matten und Kissen hin; der Sultan ließ sich darauf nieder, um der Hinrichtung zuzusehen. Rund herum stand aber des Sultans Wache. Der Sultan ließ dem Gefangenen noch einmal sagen, weshalb er hingerichtet werden müsse und gab dann das Zeichen der Vollstreckung. Alle Leute aber, die außen standen und besonders die Reiter, wandten den Kopf vom Sultan und seinem Gefangenen ab und der Stadt zu. Der Sultan wurde ärgerlich darüber, daß man seinen Befehl nicht schnell ausführe und sagte: "Macht schnell! Tut, was ich euch sagte! Was gafft ihr da!" Darauf trat der Oberste seiner Reiter zu ihm und sagte: "Von der Stadt her kommen zehn Frauen auf Pferden und mit Waffen. Die treiben das Volk auseinander und werden gleich hier sein!"

Der Oberste der Reiter hatte noch nicht ausgesprochen, da hörte man Schreie und Waffenklirren, und als der Sultan sich erhob und auf sein Pferd gestiegen war, sah er, daß die zehn Mädchen nach allen Seiten die Reiter auseinander getrieben hatten und über Tote hinwegritten. Der Sultan sah aus der Ferne das Gesicht der ersten Reiterin. Sie war hoch gewachsen und stark. Das Kleid war ihr herabgeglitten. Sie schlug mit den starken Armen nach beiden Seiten, und ihr Schwert tötete hier einen Mann und da einen Mann. Der Sultan sah, daß das Mädchen schön und daß es Fatma war. Er erschrak, denn er sah, daß sie stärker war als seine Reiter. Er befahl, den Gefangenen schnell wieder zur Stadt zu bringen, und ritt auch eilig dahin zurück.

Die Leute brachten den Sultan und den Gefangenen fort. Die



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Leute flüchteten schnell in die Stadt. Die Reiter fochten lange gegen die Mädchen. Die zwei Schwestern Fatmas fielen im Kampf. Als der Sultan in der Stadt sicher war, folgten ihm auch die Soldaten. Die Soldaten flohen vor Fatma, die noch viele tötete. Sie flohen in die Stadt und schlossen das Tor hinter sich. Als Fatma aber an das geschlossene Tor kam, rief sie in die Stadt: "Ich gehe für einige Zeit fort. Sorgt, daß wenn ich wiederkomme, mein Vater noch am Leben ist, sonst lasse ich es die ganze Stadt büßen." Als der Sultan das hörte, erschrak er sehr und sagte: "Laßt den Gefangenen im Gefängnis. Tut ihm aber nichts Übles, sondern haltet ihn gut, denn diese Fatma ist schrecklich!"

Fatma kehrte aber mit ihren sieben Freundinnen um. Die Mädchen begruben Fatmas Schwestern. Dann sagte Fatma: "Hört, meine Freundinnen! Wir wollen in fremde Länder ziehen. Wir wollen starke Familien gewinnen und wollen mit denen hierher zurückkommen und die Stadt erobern. Fürs erste wollen wir aber unsere Pferde und Waffen zurücklassen und unsere Wanderung antreten." Die sieben Freundinnen sagten: "Wie du es willst, soll es geschehen." Darauf stachen sie an dem Grabe der beiden Schwestern ihre Pferde tot, legten ihre Waffen nieder und gingen zu Fuß weiter.

Fatma wanderte mit ihren Freundinnen weit weg. Sie wanderten viele Tage. Dann kamen sie zu einem alten Rai (Hirten), der lag unter einem Baum im Schatten. Der Hirte war ein sehr alter Mann, und als er Fatma gesehen hatte, sagte er: "Falini! Lause mich! Komm her und suche mir die Läuse (gammel) aus dem Haar." Fatma setzte sich zu dem Alten und sagte: "Mein Alter, ich will tun, was du wünschst!" Fatma nahm den Kopf des Alten auf den Schoß und lauste ihn. Als sie damit fertig war, sagte sie: "Mein Alter, wie kann man es doch machen, daß man dir die Haut vom Körper zieht?" Der Alte sagte: "Das ist sehr einfach. Man muß Schog (Dornen) in meine Kopfhaut stecken und die Haut dann herabstreifen." Danach schlief der alte Hirte im Schoße Fatmas ein.

Fatma rief ihre Freundinnen herbei und sagte leise zu ihnen: "Bringt mir doch Schog her." Darauf brachten die Freundinnen Dornen. Fatma steckte sie in die Kopfhaut des Alten und zog ihm dann langsam die ganze Haut ab. Als das geschehen war, zog Fatma die Haut selbst über. Vorher war sie ein schönes junges Mädchen gewesen, nun aber sah sie aus wie ein alter häßlicher Mann.



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Fatma nahm aus der Herde des Hirten zwei Schafe, ging mit ihren Freundinnen weiter und kam nach langer Zeit zu einer Frau, das war eine Gula. Die Gula sagte: "Kommt, ihr Leute, ich werde euch eine Assida (Speise) bereiten! Setzt euch nur! Ich werde euren Hunger stillen! Kommt und setzt euch!" Die acht Mädchen setzten sich. Die Gula ging in ihr Haus. Sie nahm die Knochen der Leute, die sie aufgefressen hatte, und rieb sie auf Steinen zu Mehl. Fatma aber folgte ihr heimlich und sah, was die Gula tat. Sie schlich sich zu ihren Genossinnen zurück und sagte: "Wir sind hier, wie ich sehe, bei einer Gula. Wir dürfen nichts von der Speise, die sie uns reicht, genießen." Die andern Mädchen sagten: "Wie sollen wir aber hier wieder fortkommen?" Fatma sagte: "Laßt mich nur machen. Wir haben noch die gerösteten Schenkel der Hammel des Hirten bei uns, brauchen also das Essen der Frau nicht. Ich werde schon mit der Gula alles ordnen."

Nach einiger Zeit hatte die Gula die Assida bereitet. Sie brachte sie und sagte: "Hier, ihr Leute, eßt nur, denn ihr müßt hungrig sein!" Fatma sagte: "Ich danke dir! Nun bitten wir dich, uns Wasser zum Trinken zu bringen. Wir können allerdings, unserer Sitte nach, nur aus einem Siebe (rurban) trinken. Bring uns also bitte, damit wir uns sättigen können, Wasser in einem Rurban." Die Alte ging. Als die Gula gegangen war, sagte Fatma: "Kommt nun und lauft schnell mit mir von dannen, damit wir weit genug fort sind, wenn das Sieb gefüllt ist." Fatma und die Mädchen liefen so schnell sie konnten von dannen.

Fatma und die sieben Mädchen liefen, bis sie an den Nil kamen. Sie wußten aber nicht, wie sie über den Nil hinwegkommen sollten. Es lag da nun ein Krokodil (timsa), das sonnte sich. Fatma ging zu ihm und sagte: "Mein Krokodil, wir haben hier die gerösteten Schenkel zweier Schafe. Wenn du uns acht Mädchen über den Nil bringen willst, wollen wir mit dir gern unser Essen teilen." Das Krokodil sagte: "Steigt nur auf meinen Rücken. Wenn ihr mir ein wenig zu essen gebt, will ich euch gern ans andere Ufer des Nils bringen." Darauf stiegen alle acht Mädchen auf den Rücken des Krokodils, und dieses schwamm mit ihnen von dannen. Nach einiger Zeit wandte das Krokodil seinen Kopf um. Fatma saß in der Haut des alten Mannes am weitesten vorn und steckte dem Krokodil einen Schenkel des Schafes in den geöffneten Rachen. Das Krokodil schlang ihn hinunter, schwamm ein wenig weiter und wandte seinen Kopf wieder zurück. Darauf gab ihm Fatma den zweiten Schenkel



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eines Schafes, und so ging es weiter, bis sie am andern Ufer waren. Da stiegen die Mädchen an das Ufer, bedankten sich und begaben sich mit dem Rest des Hammelfleisches ans Land.

Die Gula hatte inzwischen Wasser in das Sieb gegossen, um es darin den acht Mädchen zu bringen. Sie war aber nur einige Schritte weit auf die Mädchen zugegangen, da war alles herausgeflossen, und sie kehrte zurück, um das Sieb aufs neue zu füllen. Sooft die Gula aber auch das Sieb füllte, immer floß das Wasser wieder unten heraus. Endlich wurde die Gula wütend und sagte: "Dieser alte Mann und die sieben Mädchen betrügen mich. Niemand kann Wasser in einem Sieb tragen." In großem Zorn kam die Gula also dahin gelaufen, wo vorher die Mädchen gesessen hatten. Sie sah sie aber nicht, wohl aber die Spuren, die sie bei der Flucht zum Nil hin in den Sand getreten hatten. Nun erkannte die Gula noch deutlicher, daß sie genarrt war, ergriff einen dicken Stock und rannte der Spur nach zum Nil hin.

Als die Gula an das Ufer kam, sah sie Fatma in der Haut des alten Mannes und die sieben Mädchen weit fort auf dem andern Ufer laufen; vor ihr aber lag das Krokodil und sonnte sich. Die Gula sagte zum Krokodil: "Wie sind der alte Mann und die sieben Mädchen über den Nil gekommen?" Das Krokodil sagte: "Ich habe sie hinübergetragen." Die Gula sagte: "Dann trage mich nur auch schnell hinüber!" Das Krokodil sagte: "Dann steige auf meinen Rücken." Die Gula stieg auf den Rücken des Krokodils, und dieses schwamm vom Ufer ab. Nach einiger Zeit wandte es den Kopf herum und öffnete den Rachen. Das Krokodil dachte, es würde von der Gula nun auch einen Hammelschenkel erhalten. Als die Gula aber den geöffneten Rachen sah, schlug sie dem Krokodil auf die Schnauze und sagte: "Schwimme schnell zu, sonst entrinnen mir der alte Mann und die sieben Mädchen." Das Krokodil schwamm ein Stück weiter, bis es in der Mitte des Flusses war. Dann wandte es wieder den Kopf zurück und öffnete den Rachen. Die Gula schlug sie jedoch abermals auf die Schnauze und sagte: "Schnell! Schnell! Eile dich, damit mir diese Leute nicht entgehen." Da erkannte das Krokodil, daß es von der Gula kein Essen zu erwarten habe, und in seinem Zorn über die getäuschte Hoffnung tauchte es unter und nahm die Gula mit in die Tiefe. So kam die Gula um.

Fatma in der Haut des alten Mannes und die sieben Mädchen waren inzwischen auf das hohe Ufer gekommen und fanden da in



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den Felsen eine Höhle, in der gerade acht Menschen Platz hatten, wenn einer sich in dem Eingang lagerte. Fatma legte sich in der Haut des alten Mannes in den Hintergrund, und neben ihr streckten sich die andern sieben Mädchen aus, so daß die letzte am Ausgang lag. So schliefen sie die Nacht durch bis zum andern Morgen.

Nun waren grade in dieser Nacht der Sohn des Sultans dieses Landes und sieben Söhne der angesehensten Herren auf der Jagd. Gegen Morgen kamen die jungen Leute nun so auseinander, daß die sieben jungen Leute den Sohn des Sultans aus den Augen verloren. Als sie das wahrnahmen, hielten sie an, ließen ihre Pferde grasen und zerstreuten sich, um den Sohn des Sultans zu suchen.

Die sieben Pferde aber, die sich selbst überlassen waren, grasten langsam in der Richtung auf die Berge zu und kamen mit Sonnenaufgang zu der Höhle, in der Fatma und die sieben Mädchen schliefen. Das Mädchen, das am Eingang schlief, wachte auf, als ein Pferd seinen Kopf hineinsteckte. Das Mädchen erschrak, nahm einen Stein, schlug das Pferd auf die Nase und warf ihn, als es davonrannte, dem Tiere nach. Hierdurch aufgescheucht, rannten die sieben Pferde von dannen und auf ihre Herren zu. Die sieben Jünglinge aber sahen ihre Pferde daherstürmen und sagten: "Es muß etwas da am Berg sein, das die Tiere aufgescheucht hat. Wir wollen einmal nachsehen."

Die sieben jungen Männer gingen also zum Berg, sahen im Lichte der aufgehenden Sonne die Höhle und bemerkten nun die Mädchen, die sich darin aufhielten. Nun hatten die jungen Leute in diesem Land damals keine Mädchen, die sie hätten heiraten können. Somit war ihre Freude, als sie die Bewohner der Höhle sahen, sehr groß. Die Mädchen ihrerseits sahen, daß die jungen Männer zwar erstaunt waren, junge weibliche Wesen in diesem Lande zu finden, daß sie sich aber außerordentlich sittsam und als Söhne angesehener und wohlhabender Väter benahmen. Also kamen alle sieben Mädchen heraus, und jede war gern bereit, sich von einem der jungen Männer zuerst aufs Pferd heben zu lassen und ihm dann in seine Stadt zu folgen. Die Jünglinge ihrerseits sprachen mit Freuden von den Hochzeitsfesten, die ihre Väter ihnen veranstalten würden. Sie machten sich auf, die hier doppelt geschätzte Beute mit heimzunehmen, als auch der Sohn des Sultans ankam.

Der Sohn des Sultans rief: "Meine Freunde, was habt ihr da für eine merkwürdige Jagdbeute!" Die sieben Jünglinge sagten: "Sieh, Herr! Wir fanden gerade sieben Mädchen, die aus einem andern



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Land hierhergeflohen sind und die nun unsere Gattinnen werden." Der Sohn des Sultans sagte: "Ich kann euch hierzu nur Glück wünschen. Weshalb seid ihr Mädchen denn aber hierhergeflohen?" Die Mädchen sagten: "Wir haben gegen Reiter gekämpft und viele erschlagen. Dann sind wir weitergezogen und sind hierhergekommen." Der Sohn des Sultans sagte: "Meine sieben Freunde haben ihr Glück gemacht. Nun bin ich zu spät gekommen." Das eine der Mädchen aber rief den Sultanssohn heran und sagte ihm: "Sieh dich nur gründlich in der Höhle um; wenn du noch etwas erbeutest, ist es sicherlich nicht das schlechteste von allem."

Der Sohn des Sultans sprang also vom Pferd und ging zur Höhle. Er ging hinein und fand den alten Mann darin. Denn seitdem Fatma die Haut des alten Mannes übergezogen hatte, konnte man nichts mehr von ihrer früheren Jugend, Schönheit und Stärke sehen. Der Sultanssohn zog den alten Mann aus der Höhle ans Tageslicht, lachte und sagte: "Wer zuletzt kommt, kann nicht erwarten, daß ihm noch das Beste zufällt. Immerhin sollst du, mein alter Mann, es doch deshalb nicht schlecht haben. Du sollst mit deinen schönen Freundinnen mit in die Stadt kommen und ich will für dich sorgen." Damit nahm er den alten Mann auf sein Pferd, wie es die andern mit den Mädchen gemacht hatten, und alle ritten der Stadt zu.

Als die Leute in der Stadt den Sultanssohn und seine sieben Freunde mit den sieben Mädchen und dem alten Mann ankommen sahen, jubelten sie und grüßten die Mädchen mit lautem Geschrei. Dem alten Mann auf dem Pferde des Sultanssohnes riefen sie Spottworte über sein häßliches Äußere zu. Der Sultanssohn aber lachte und sagte zu dem Alten: "Mein Alter, sei nicht traurig. Wir müssen den Spott der Menschen heute beide ertragen." Damit ritt der Sultanssohn heim und begrüßte seinen Vater. Der Sultan sagte zu seinem Sohne: "Mein Sohn, deine Freunde haben es verstanden, in diesem Lande, in dem es uns an Mädchen fehlt, schöne Frauen zu gewinnen. Du bringst mir nichts als einen alten Mann ins Haus. Damit machst du mir nicht besondere Freude." Der Sohn sagte: "Mein Vater, jeder von uns muß das nehmen, was das Schicksal ihm bietet. Ich hoffe, daß es mir nichts Schlimmes gibt."

Der Sohn des Sultans nahm den alten Mann mit in sein Haus, ließ ihm zu essen und zu trinken geben, rief ihn dann wieder zu sich und sagte: "Mein Alter! Was machen wir nun mit dir, daß du ein wenig nützlich bist und so die Achtung der Menschen gewinnst? Kannst du etwa meine Ziegen und Schafe hüten?" Der alte Mann



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sagte: "Sieh, Herr, ich bin sehr alt! Wenn ein Schakal oder eine Hyäne in die Herde bricht, werde ich nicht imstande sein, die Herde zu schützen. Gib mir das nicht, Herr! Ich bin zu alt dazu." Der Sohn des Sultans sagte: "Ich will nichts von dir, was dir schwere Mühe und auch etwa noch mehr Spott einträgt, weil du nicht imstande bist es auszuführen. Also sage mir, ob du vielleicht die Gänse in meinem Garten hüten kannst?" Der alte Mann sagte: "Ja, mein Herr, deine Gänse werde ich dir hüten können." Der Sohn des Sultans sagte: "Es ist gut, dann hüte mir die Gänse. Ich werde dir jeden Mittag das Essen in den Garten schicken."

Am andern Tag trieb der alte Mann die Gänse in den Garten und brachte sie weit weg in den hintersten Teil. Als es Essenszeit war, sandte der Sohn des Sultans einen Sklaven mit einer Schüssel voll Speisen zu dem alten Gänsehirten. Der Sklave trug seine Schüssel und suchte einige Zeit vorn im Garten, fand den Gänsehirten nicht und ging weiter, bis er endlich ganz am Ende an einem Brunnenteiche die Gänse hörte und sah. Der Sklave suchte mit den Augen nach dem alten Manne. Da sah er ein Mädchen am Brunnen stehen, das war groß, stark und schön. Das Mädchen wusch sich und sah den Sklaven mit der Speisenschüssel nicht. Da nun aber niemand in diesem Lande junge Mädchen zu sehen gewohnt war und da dieses an Schönheit alle Mädchen, die es überhaupt gab, übertraf, schrie der Sklave vor Überraschung auf. Als Fatma aber den Sklaven schreien hörte, schlüpfte sie schnell wieder in die Haut des alten Mannes zurück, die sie abgestreift hatte, um sich zu waschen und kam so dem Sklaven entgegen.

Fatma wollte nicht, daß der Sklave in dem Hause des Sohnes des Sultans etwas davon erzähle, was er gesehen habe, und so lud sie ihn ein, an dem Essen teilzunehmen. Der Sklave war noch ganz befangen von der Schönheit des Mädchens, das er unter der Haut des alten Mannes gesehen hatte. Er nahm zögernd und gleichsam geistesabwesend an dem Essen teil. Als er einige Brocken zum Munde geführt hatte, sagte Fatma zu ihm: "Mein junger Freund, zeige einmal deine Zungenspitze heraus. Du hast ein kleines Insekt darauf, ich will es dir abnehmen." Der Sklave zeigte Fatma die Zunge. Fatma ergriff sie und schnitt schnell ein Stück heraus, so daß jener fürs erste nicht sprechen konnte.

Der Sklave schrak bei dem Schnitt auf. Er sprang entsetzt empor und lief so schnell er konnte durch den Garten zum Haus. Er lief zum Sohn des Sultans hinein und wollte ihm von dem, was er erlebt



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hatte, berichten. Er zeigte mit den Händen nach der Brust, machte die Bewegung des An- und Auskleidens und Waschens. Dazu stammelte er allerhand unverständliche Worte, die aber niemand verstehen konnte, da es ihm die Wunde an der Zunge unmöglich machte, sich verständlich auszudrücken. Nachdem der Sohn des Sultans das Zappeln und Plappern des Sklaven eine Zeitlang mit angesehen und gehört hatte, sagte er zu seinen andern Leuten: "Nehmt den armen Menschen mit fort. Er ist wahnsinnig geworden. Es soll morgen ein anderer Sklave das Essen zu dem alten Gänsehirten herausbringen, denn dieser hier würde den armen alten Mann zu sehr erschrecken."

Am andern Tage ging also ein anderer Sklave mit der Schüssel voll Essen in den Garten, um sie dem alten Gänsehirten zu bringen. Es ging aber diesem Mann auch nicht um ein Kleines anders oder besser als dem ersten. Er überraschte wieder Fatma, entsetzte sich über ihre Schönheit und ward von dem klugen Mädchen in gleicher Weise in die Zunge geschnitten. Er kam also in gleichem Zustande zu dem Sohne des Sultans zurück. Als dieser am dritten und vierten Tage jedoch andere Sklaven mit gleichem Erfolg hinaus zum Gänsehirten geschickt hatte, sagte er bei sich: "Mir scheint, daß alle Leute, die ich mit Essen zu dem alten Gänsehirten hinausschicke, wahnsinnig werden, dort draußen also etwas Besonderes erleben. Dieses nun will ich mir ansehen. Auch sind dieser alte Mann und die sieben Mädchen auf so eigentümliche Weise in unsere Gegend gekommen, daß es sehr wohl eine besondere Bewandtnis mit ihnen haben könnte."

Als daher am andern Tage wieder ein anderer Sklave das Essen zu dem alten Gänsehirten hinaustrug, folgte ihm der Sohn des Sultans heimlich und in einiger Entfernung. Der Sultanssohn sah nun, wie der Sklave den alten Mann erst vergeblich im vorderen Teil des Gartens suchte und dann immer weiter ging. Er sah dann, wie der Sklave die Gänse an dem Brunnensumpf fand und wie er heftig zurückprallte, als er Fatmas ansichtig wurde, die sich wusch und deshalb die Haut des alten Mannes abgezogen hatte. Der Sultanssohn sah aus seinem Versteck Fatma und er sah auch, wie jung und stark und schön das Mädchen war. Der Sultanssohn war darüber fast noch mehr erschrocken als der Sklave, denn er wußte, daß er hier seine zukünftige Gemahlin in ihrer Schönheit überrascht hatte, und diese Schönheit blendete ihn schlimmer als die Sonne.

Dann sah der Sultanssohn, wie die schöne Fatma, sobald sie den



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Sklaven gewahrte, in die Haut des alten Mannes schlüpfte, den Sklaven zum Essen einlud und ihn dann in die Zunge schnitt. Nun wußte der Sultanssohn alles - und er eilte, so schnell er konnte, seinem Hause zu, um noch vor dem Sklaven anzulangen, der ihm dann mit vielen Handbewegungen und unverständlichen Lauten zu berichten suchte.

Am gleichen Tage noch sandte der Sultanssohn einige ältere Leute in den Garten, die den alten Mann ablösen und ihn in sein Haus bringen sollten. Seinem alten Haussklaven sagte der Sultanssohn aber: "Heute abend wünsche ich nicht allein zu speisen. Bringt mir den alten Mann in das oberste Zimmer meines Gasr herauf. Er soll heut mein Gast sein."

Der Aufwärter sagte zu dem alten Mann: "Ich weiß nicht, was der Sohn des Sultans an dir gefunden hat; er will aber heut abend mit dir essen, und du sollst in das oberste Zimmer des Gasr hinaufsteigen." Der alte Mann sagte: "Ach, sage doch dem Herrn, daß ich ihm sehr danke. Ich kann aber nicht so hoch hinaufsteigen, ich bin zu alt dazu." Der Aufwärter sagte zu dem alten Manne: "Du weißt wenigstens, was sich schickt. Ich werde es dem Sohn des Sultans sagen, und du kannst dann bei uns im Bedientenzimmer essen." Der Aufwärter sagte seinem Herrn, daß der alte Mann sich zu schwach fühle, um bis zum Gasr hinaufzusteigen und glaubte, daß damit alles erledigt sei. Der Sohn des Sultans sagte jedoch: "Wenn der alte Mann zu schwach ist, allein da heraufzukommen, dann tragt ihr ihn eben herauf!"

So wurde denn der alte Mann abends hinaufgetragen und oben vom Sohne des Sultans freundlich empfangen. Der Sohn des Sultans sagte: "Komm, alter Mann, setze dich hier auf das Angareb!" Der alte Mann aber sagte: "Mein Herr, was willst du von mir! Ich bin dein niedrigster Diener. Laß mich hier auf der Bodenmatte sitzen."

Der Sohn des Sultans sagte aber: "Laß nur, alter Mann! Wir haben zusammen auf einem Pferd gesessen und sind gemeinsam verspottet worden. Da können wir auch gemeinsam auf dem Angareb sitzen und gemeinsam essen." So mußte denn der alte Mann neben dem Sultanssohn niedersitzen und mit ihm essen, und der Sultanssohn hatte seine Freude daran, wie geschickt der alte Mann die Hände zum Speisen gebrauchte.

Als sie gegessen hatten, befahl der Sultanssohn, daß der Aufwärter das Mangala bringe, da er mit dem alten Manne spielen wolle. Der alte Mann sagte: "Herr, spotte nun nicht weiter und laß



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mich gehen. Vergiß nicht, daß ich dein Sklave, aber ein alter Mann bin." Der Sultanssohn sagte: "Wo denkst du hin, alter Mann! Ich will nicht spotten. Ihr alten Männer kennt dieses Spiel ausgezeichnet, und ich kann sicher nur von dir lernen." Der Aufwärter brachte das Spiel. Der Sultanssohn sagte dann zu ihm: "Geh nun! Ich brauche dich nicht mehr. Ich will jetzt mit dem alten Mann ungestört spielen." Der Aufwärter ging. Der Sultanssohn sagte aber zu dem alten Manne: "Wir spielen nun gegeneinander! Wer gewinnt, kann vom andern verlangen, was er will." Der alte Mann sagte: "Herr, was sollte ich dir geben, wenn du gewinnst?" Der Sultanssohn sagte: "Laß das nur meine Sache sein!"

Der Sultanssohn spielte mit dem alten Manne. Beim ersten Spiel siegte der alte Mann. Beim zweiten Spiel siegte wieder der alte Mann. Beim dritten Spiel aber siegte der Sultanssohn. Der Sultanssohn jauchzte auf und rief: "Nun darf ich mir etwas wünschen und du mußt es erfüllen." Damit hatte der Sultanssohn unter die Haut des alten Mannes unversehens ein Messer hineingeschoben und schnitt die alte Haut mit einem Ruck auf. Fatma stand vor dem jungen Sultanssohn in ihrer Jugend, Schönheit und Kraft. Der Sultanssohn aber sagte: "Wer du auch seist, ich bitte dich, meine Gemahlin zu werden!"

Fatma sagte: "Du weißt nicht, wer ich bin. Ich bin die Tochter eines Mannes, der verarmt ist, weil ein Reicher ihm seinen Besitz, seinen Sohn und seine Freiheit raubte und der den Reichen dann erschlug, weil der auch noch seine Töchter an andere Leute verkaufen wollte. Ich bin also die Tochter eines Mannes, der von seinem Sultan zum Tode verurteilt ist, und ich habe mit meinen sieben Freundinnen gegen diesen Sultan und seine Reiter gekämpft und ihrer viele getötet. Ich bin ein Mädchen, das nur deine Frau werden kann, wenn du mit ihr und deinen Leuten ausziehst und ihren Vater befreist." Der Sohn des Sultans sagte: "Es ist mir alles recht. Wir werden erst dann heiraten, wenn dein Vater befreit ist."

Am andern Tage rüstete der Sultanssohn seine Leute. Auch die Männer, die um die andern sieben Mädchen freiten, bereiteten sich und ihre Leute zum Streite, und kurze Zeit später zog das ganze Heer, geführt von Fatma, ihren sieben Freundinnen und dem Sultanssohn und seinen sieben Freunden gegen die Stadt, in der der Verarmte gefangen lag. Als die Leute dieser Stadt heraussahen, sahen sie nahebei viele Zelte aufgeschlagen, liefen zum Sultan und sagten: "Es ist ein anderer Sultan gekommen, um dich zu begrüßen."



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Der Sultan sandte darauf einige Boten und ließ bei dem fremden Sultan anfragen, was ihm behebe. Der Sultanssohn war mit seinen sieben Freunden versammelt, als die Boten aus der Stadt kamen. Der Sultanssohn hörte die Boten an und antwortete: "Sagt eurem Herrn, daß ich die Herausgabe des Verarmten, der wegen Totschlags des Reichen zum Tode verurteilt ist, erbitte. Das ist alles!"

Die Boten kehrten zurück und meldeten ihrem Herrn die Antwort. Der Sultan fragte sie: "Habt ihr Fatma gesehen?" Die Boten sagten: "Nein, wir haben Fatma nicht gesehen." Der Sultan sagte: "Wenn Fatma nicht unter den Fremden ist, fürchte ich sie nicht. Dann wollen wir morgen mit den Fremden kämpfen."

Am andern Tage rückten die Leute des Sultanssohnes und seiner sieben Freunde gegen die Stadt. Die Reiter des Sultans kamen darauf heraus und rückten gegen die Fremden heran; der Sultan war inmitten der Seinen auch herausgekommen.

Als nun aber die beiden Heere einander dicht gegenüberstanden, öffneten die Leute des Sultanssohnes ihre Reihen. Fatma und ihre sieben Freundinnen kamen mit den Schwertern in der Hand hervorgesprengt. Als die Reiter des Sultans das sahen, erschraken sie und riefen: "Fatma kommt! Fatma kommt!" Sie hielten sich zwar zusammen, Fatma und ihre Freundinnen schlugen aber nach rechts und links zwischen sie, so daß sie tot zu Boden sanken. Fatma schlug sich mit ihren sieben Freundinnen eine Straße in die Reiter, bis sie zu dem Sultan kam, den sie gefangennahm.

Der Sultanssohn hatte mit seinen Freunden staunend das Werk der Mädchen gesehen und jagte hinter ihnen her, um ihren Rücken zu schützen. Nachdem der Sultan gefangen war, wagte niemand mehr gegen die Fremden die Waffen zu erheben. Der Sultan selbst mußte vor Fatma, ihren Freundinnen, dem Sultanssohn und seinen Freunden in der Stadt dem Gefangenen die Ketten abnehmen. Dann wurde der Sultan gezwungen, dem Manne, der soviel und solange geschmachtet hatte, eine hohe Summe auszuzahlen und ihn mit Ehren noch weithin zu begleiten.

So erlebte der Verarmte denn in kurzer Zeit, daß er, selbst ein wohlhabender Mann, dem Sultanssohne seine Tochter zuführen durfte. Fatma und ihre sieben Freundinnen heirateten aber an einem Tage.


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