Projektseite Volksmärchen Sagen Geschichten Etnologie Beriche © Arpa data
Textbreite
Schriftgröße
Kapitel 

Fünf Geschichten aus dem Westlichen Nordland


Mit einer Übersichtskarte


Übertr. von W. H. Vogt u. Frank Fischer

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


34. Wie die Brüder die Schandstange gegen Berg und Finnbogi errichten

Es wird erzählt, daß an dem Morgen, an dem man zum Holmgange ziehen sollte, ein so gewaltiges Schneetreiben mit Frost heraufzog, daß kein Mensch aus dem Hause treten konnte.

Diesen selben Morgen frühzeitig ward an die Tür zum Tempel geklopft. Thorstein ging zur Tür und hieß seinen Bruder Jökul willkommen. Der sprach: Bist du bereit, Thorstein, zum Holmgang Jener erwiderte: "Meinst du denn, daß wir fahren müssen: Das ist doch ein schlimmes Wetter."Jökul sagte: Das denk' ich gewiß." Thorstein antwortete: Tritt zunächst herein, Bruder, und warten wir ab, ob sich das Wetter bessert. Jökul sprach: er wolle nicht hinein und sich den Schnee abtauen lassen, — "und wenn du durchaus nicht fahren willst, so in ich es doch." Thorstein sagte: "Nie will ich so viel schwächer sein als du, daß ich zurückbleibe und du fährst; warte auf

Thorstein ging ins Haus und rüstete sich und sagte zu seinen Gästen, sie sollten dableiben und nicht von dannen ziehen, eh' das Wetter nicht recht schön geworden sei. Er trug der Haus- frau und seinen Söhnen auf, die Männer zu bewirten.

Die beiden Brüder brachen auf. Da sagte Thorstein: "Was hast du für einen Plan Jökul erwiderte: "Wahrhaftig, das hast du früher nicht getan, dir Rats bei mir erholt; da wird wohl wenig zu hoffen sein, wenn das vonnöten ist; aber ich bin doch um guten Rat nicht verlegen. Wir wollen nach Vesperberg ziehen, und Thorir, unser Bruder, soll mit uns kommen." Das taten sie, zogen weiter und kamen am Abend zu Farabrand, der war Jökuls Freund; dort blieben sie die Nacht. Brand hatte ein Pferd mit schöner Mähne, das Freygfari 1 hieß. Er war treu besorgt um das Pferd und schätzte es



Thule-Bd.10-091 Gesch. aus dem w. Nordland Flip arpa

hoch: man konnte sich auch sicher darauf verlassen, im Kampf und sonst. Die meisten halten es für wahr, daß Brand seinen Glauben auf Faxi gesetzt hatte.

Den Morgen darauf war derselbe Sturm, wenn er nicht noch schlimmer war. Die Brüder wollten fahren, wenn es sich auch nicht besserte. Brand hatte über seinen Schlitten eine Plane aus Fellen gebaut und Faxi vorgespannt und meinte, sie beide würden den Weg finden. Jökul sprach: "Thorstein und Thorir sollen sich in den Schlitten setzen, aber wir beide, Farabrand und ich, wollen vorneweggehen." Sie kamen früh am Tage an den Zaun, und niemand war zur Stelle.

Am Morgen sprach Finnbogi zu Berg: "Meinst du nicht, daß Jökul zum Holmgang gekommen ist:" "Das denke ich nicht," sagte der, "denn in einem solchen Wetter kann kein Mensch reisen." "Jökul müßte ein andrer sein, als ich denke," sprach Finnbogi, wenn er nicht gekommen wäre, und es wäre besser gewesen, wenn wir uns nicht so weit gegen ihn vorgewagt hätten und jetzt nicht immer eine Schmach auf die andere zu dulden brauchten." "Das habt ihr zu spät eingesehen," sagte Helga, "und so schlimm es jetzt schon ist loszukommen, so wird's doch später noch schlimmer werden." "Meinst du, daß Jakut gekommen ist:" sagte Berg."Darüber will ich keine vermutung aussprechen," sagte sie, aber das vermute ich —und so wird's auch kommen —, daß er nicht euresgleichen ist." Damit schloß das Gespräch; sie zogen nicht zum Holmgang.

Die Brüder warteten bis zur None, 1 und als es so spät geworden war, gingen Jökul und Farabrand zum Schafstall Finnbogis, der dort bei dem Zaun stand, nahmen einen Pfahl und trugen ihn hinunter unter den Faun. Da waren auch Pferde, die dorthin zum Schutze vor dem Sturme gelaufen waren. Jökul schnitt ein Manneshaupt in das Ende des Pfahles und ritzte Runen hinein mit dem ganzen Spruch, der vorher gesagt worden ist. Dann tötete Jökul eine Stute, und sie brachen sie an der Brust auf und steckten sie auf die Stange und



Thule-Bd.10-092 Gesch. aus dem w. Nordland Flip arpa

ließen sie nach Borg hinschauen. 1 Dann machten sie sich auf den Heimweg und blieben die Nacht bei Farabrand.

Nun waren sie am Abend sehr vergnügt. Jökul sprach: "So steht's jetzt, lieber Thorstein: du bist viel beliebter als ich und hast mehr Freunde; aber jetzt ist es doch einmal so gekommen, daß meine Freunde nicht weniger taugen als deine. Mir deucht, Farabrand hat wacker geholfen." "Brand hat sich brav gemacht sagte Thorstein. Brand sprach:"Einem solchen Manne wie Jökul ist gut helfen, denn wenige sind ibm gleich." Farabrand und Jakut meinten, das sei Zauberwetter gewesen, und gaben Helga von Borg die Schuld. Die Brüder kehrten heim, und alle begrüßten sie froh.

Das wurde durch alle Gaue bin bekannt, welche große Schande die Männer von Borg wiederum von den Brüdern befahren hatten.


Copyright: arpa, 2015.

Der Text wurde aus der Märchen-, Geschichten- und Ethnien-Datenback von arpa exportiert. Diese Datenbank wurde dank Sponsoren ermöglicht. Es würde uns freuen, wenn wir mit Ihrer Hilfe weitere Dokumente hinzufügen können.
Auch bitten wir Sie um weitere Anregungen in Bezug auf Erweiterungen und Verbesserungen.
Im voraus Dank für die Mithilfe. Spenden können Sie unter In eigener Sache

Ihr arpa team: www.arpa.ch Kontakt