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Kapitel 

Fünf Geschichten aus dem Westlichen Nordland


Mit einer Übersichtskarte


Übertr. von W. H. Vogt u. Frank Fischer

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


25. Die Brüder stören Hrolleif auf

Eines Morgens war Thorstein zeitig auf den Füßen und sprach zu seinen Brüdern: "Nun wollen wir in die Gaue im Norden aufbrechen, was es dort auch für Arbeit gibt." Sie waren zusammen fünf Brüder und kein Mann sonst.

Sie kamen eines Tages gegen Abend zu Geirmund, und der empfing sie sehr freundlich, und sie blieben die Nacht über da bei guter Bewirtung. Aber am Morgen sagte Thorstein zu seinen Brüdern: "Nun mögt ihr, Brüder, heute beim Brettspiel sitzen, ich aber will mit Geirmund sprechen." So taten sie.

Thorstein sagte zu Geirmund: "Darum sind wir Brüder hergekommen, weil wir nach Hrolleif fahnden, der sich, meinen wir, hier bei dir aufhält. Du bist auch hoch verpflichtet, uns zu helfen, da ihr unserem Vater diesen Schurken gesandt habt, von dem so viel Böses gekommen ist; wenn es auch nicht mit eurem Willen war. Er hat auch sonst keine ansehnlichen Vettern



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als dich allein." Geirmund erwiderte: " All das ist wahr, und du hast fein gespürt; aber Hrolleif ist jetzt nicht hier." Thorstein sagte: "Ich denke doch, er sitzt in deinem Schuppen. Nimm hier ein Hundert Silbers 1 und schick ihn weg. Und ich will es so einrichten, daß er nicht hier in deinem Frieden ergriffen wird, so daß dir ein Vorwurf daraus nicht gemacht werden könnte. Aber verfolgen werden wir ihn doch, wenn auch unseres vaters Rache nichts dadurch gewonnen wird. Sag ihm, du wagest nicht, ihn vor uns zu schützen und unsere Feindschaft zu ertragen, wo du doch sonst unsere Freundschaft haben könntest." Geirmund antwortete: "Jetzt will ich es nur eingestehen, daß er hier ist, man denke darüber, wie man will. Ich will tun, was du rätst, und ihm befehlen, fortzugehen. Fahndet ihr dann nach ihm, wenn er nicht mehr bei mir ist." "So soll es sein," sagte Thorstein.

Geirmund suchte nun Hrolleif auf und sprach: Jetzt sind die Ingimundssöhne hergekommen und suchen dich. Deines Bleibens kann jetzt hier bei mir nicht länger sein, denn ich will mich und mein Eigentum nicht für dich wagen, bei deiner schlechten Sache. Die Brüder aber sind planvoll und tatkräftig." Hrolleif erwiderte: "Das war zu erwarten, daß du erbärmlich handeln würdest; hab' allen Undank deine Hilfe und mach dich schnell davon." Geirmund sagte: "Das will ich tun."

Darauf ging er zu Thorstein und sprach: "Mir deucht's am rücksichtsvollsten gegen mich, wenn ihr gar nicht eilt und beut hier sitzen bleibt." Der sagte; so solle es geschehen.

Am nächsten Tage brachen sie auf und zogen nach Westen über die Bergjoche. Es war Tauwetter eingetreten, und sie sahen die Spuren eines Mannes im Schnee. Da sprach Thorstein:"Jetzt wollen wir uns niederlassen, und ich will euch mein Gespräch mit Geirmund erzählen. Ich ward gewiß, daß Hrolleif dort war." Jökul rief: "Du bist ein wunderlicher Mann, wolltest stille sitzen, und der Mörder deines Vaters saß neben dir! Wenn ich das gewußt hätte, wäre es ganz und gar nicht still geblieben!" Thorstein sprach, das sei nicht schwer zu vermuten



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gewesen, — "aber es ist besser, Geirmund in dieser Sache nicht bloßzustellen. Jetzt wollen wir volle Tagefahrten machen und versuchen, ob wir wohl eher als Hrolleif nach Westen kommen: denn nach Hause weisen seine Spuren. Jetzt wird Ljoi, seine Mutter, für den Sommer opfern, wie sie's nach ihrem Brauch zu tun pflegt. Dann aber wird die Rache nicht gelingen, wenn das Opfer vorher vollbracht ist." Jökul rief:"Eilen wir denn." Er war ihnen immer allen auf dem Wege voraus. Da blickte er zurück und rief: "Es ist ein Elend mit solchen kleinen, langsamen Knirpsen wie mit meinem Bruder Thorstein. Die Rache wird uns entgehen, wenn wir gar nicht von der Stelle kommen." Thorstein erwiderte: Noch ist nicht erwiesen, daß meine Anschläge und Pläne weniger ausrichten als deine unvernünftige Hast." Spät am Abend kamen sie herab zum Hofe am Tempel, und die Leute saßen bei Tische.


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