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Fünf Geschichten aus dem Westlichen Nordland


Mit einer Übersichtskarte


Übertr. von W. H. Vogt u. Frank Fischer

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


19. Hrolleif erschlägt Odd

Es war einstmals, als Hrolleif zum Heimweg aufbrach, da sagte Uni zu seinem Sohne Odd: "Das ist keine geringe Schlaffheit, daß wir nichts gegen die Besuche dieses Mannes tun. Wir haben uns in der Jugend mehr drangesetzt, als ich mich mit Kolbein schlug, und ich gewann die Oberhand; und er ist doch ein Häuptling und großmächtig, Der aber geht allein, uno Schande zu machen." Odd sagte: es sei nicht leicht gegen diesen Höllenkerl und die Zauberkunst seiner Mutter, — "die Leute sagen, er trage einen Kittel, den Waffen nicht beißen; ich will jetzt zunächst Hrolleif aufsuchen." Und das tat er.

Sie trafen sich oben auf dem Berge zwischen den Tälern. Odd sprach: "Du hast dir's angewöhnt, immer diese Steige zu gehen. Uns aber deuchte es besser, du kämest nicht so oft." Hrolleif er- widerte: "Seit ich neun Winter alt bin, habe ich mir immer meine Wege selber gesucht, und so soll's bleiben. Deine Worte achte ich nichts, und mir deucht, es sei kein Hindernis auf meinem Pfade, wenn du auch auf den Stiegen herumlungerst." Odd sagte, es habe eine bessere Antwort gegeben.

Hrolleif kam nach Hause und sagte seiner Mutter, er werde jetzt einen Knecht aus der Arbeit nehmen —" er soll mich auf meinen Besuchen begleiten, denn die dort fangen nächstens an, mir Ungelegenheiten zu machen." Ljot antwortete und sprach, der Knecht könne nichts besseres tun, als mit ihm gehen — "kümmere dich nicht um das Gehaben dieser Kätner und sieh deinen Kittel an, wann du willst, und versuche, was er taugt."

Darauf ging Odd zu seinem Vater und sagte, er wolle Sämund aufsuchen und ihm die Sache dartun. Uni sprach, jeder Aufschub mißfalle ihm. Odd fuhr zu Sämund und sagte: "Eine böse Sendung ist auf dein Anstiften in deinem Vetter Hrolleif zu uns gekommen; wir erleiden manche Schmach von ihm und gehen deshalb nicht scharf vor, weil er dein Vetter ist."Sämund sagte,



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das komme ihm nicht unerwartet, und es wäre nicht übel, wenn solche Leute beseitigt würden. Odd meinte, das werde er nicht denken, wenn's geschähe — "aber der dort ist doch ein Mann, der gegen alle Böses vorhat; es geschieht aus Achtung vor dir; daß nichts unternommen wird." Odd fuhr heim.

Uni sprach:"Mir deucht, als ob Hrolleif nicht von seinen Wegen läßt, und es will mich bedünken, du bist der Nächste zur Tat, lieber Odd, denn du bist nun ein junger Mann und stark genug zu allem; ich aber bin vom Alter geschwächt. Wenn er nun auch ein tapferer Mann ist und seine Mutter zauberkundig, so kann es doch nicht so bleiben." Odd antwortete und sprach, er wolle zusehen. Eines Abends legte sich Odd selbfünft vor Hrolleif in den Hinterhalt; die aber kamen zu zweit. Da sprang Odd auf und rief: "Jetzt könnten deine Reisen einmal aufgehalten werden; es könnte auch geschehen, daß deine Bosheit nun ein Ende nimmt und sich dir selbst um die Füße schlingt." Hrolleif sagte, es sei noch nicht klar, wer zuletzt lachen werde — " wenn ihr auch mehr seid als ich; mir dünkt's kein Schade, wenn einer Blut läßt." Dann liefen sie einander an und fochten. Hrolleif war ein tapferer Mann, und seine Kraft war erprobt; er hatte auch den Kittel an, den seine Mutter ihm gemacht hatte und an dem Eisen nicht haftete. Nun ist davon zu berichten, das Odd Ljot, Hrolleifs Begleiter, 1 erschlug, dann aber ging er gegen Hrolleif und sprach:"Schwer beißen dich die Waffen, Hrolleif; all dein Tun ist schändlich, Zauberer du und Schandkerl sonst." Darauf schlug Odd nach Hrolleifs Bein, und es biß, wo der Kittel nicht deckte. Da sprach Odd: "Nun hat dich die Zauberjacke nicht geschützt." Hrolleif hieb nach Odd und versetzte ihm die Todeswunde; und einen zweiten Mann erschlug er dazu; aber drei entkamen. Das war des Abends spät oberhalb von Unis Hof.

Hrolleif kam nach Hause und erzählte seiner Mutter; es sei denen übel ergangen, die ihm entgegengestanden hätten. Sie freute sich darüber, daß ihm Bauernkerle und ihre Söhne seine Wege



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nicht vorschrieben, die böse Reden gegen ihn führten. Hrolleif sagte, nun habe er's dem Odd heimgezahlt, — "daß er mich so sehr beschimpfte; er hat gesagt, ich habe ganz und gar nichts mit ehrlichen Leuten zu tun. Aber ich hab's ibm vorausgesagt, was jetzt gekommen ist, daß seine Schmach durch unseren Zusammenstoß wachsen werde, und das ist ihm nun geschehen."


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