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Kapitel 

Fünf Geschichten aus dem Westlichen Nordland


Mit einer Übersichtskarte


Übertr. von W. H. Vogt u. Frank Fischer

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


18. Von Hrolleif dem Langen; wie er seinem Oheim Sämund Ungelegenheiten macht und Uni beschimpft

Hrolleif hieß einmann und hatte den Beinamen der Lange, Er kam hinaus nach der Hvita, das heißt Weißache, und seine Mutter; die hieß Ljot. Über die hörte man wenig Gutes, und sie hatte absonderliche Sitten; und das war nicht verwunderlich, denn sie war nicht wie andere gute Menschen. Ihr Sohn glich ihr sehr. Hrolleif war der Brudersohn Sämunds, des Zieh- bruders Ingimunds. Die beiden reisten zu ihm nach dem Skagafjord sagten ihm über sich Bescheid und sprachen ihn als ihren Vetter an. Sämund erwiderte und sprach: er könne Hrolleif die Vetterschaft nicht ableugnen, — " aber das ist meine Ahnung, deine Mutter ist schlechter als dein Vater und ich fürchte sehr, du schlägst mehr nach ihrem als der Vatervettern Geschlecht." Hrolleif sagte, er habe anderes nötiger als üble Ahnungen. Sämund sprach, er wolle ihnen Winterquartier gewähren.

Hrolleif war der stärkste aller Männer und mißbrauchte seine Kraft. Gegen Schwächere war er herausfordernd und gewalttätig und lohnte Gutes mit Bösem auf seiner Mutter Anstiften. Er benahm sich häßlich gegen Geirmund, Sämunds Sohn, im Spiel und sonst, und es entstand Feindschaft zwischen den Vettern. Einstmals sagte Geirmund zu seinem vater: "Dieser unser Vetter zahlt das Quartier mit einer Münze, von der er wohl reichlich Vorrat haben mag, die aber anderen nichts wert ist, das ist Schimpfwort und Schelte und dazu rohe Mißhandtung. Manch einer dankt ihm gebrochene Knochen oder andere verletzungen, und keiner darf darüber reden." Sämund sagte: er bezahle allerdings das Quartier schlechter, als verabredet sei, — "und das kann nicht länger geduldet werden."

Hrolleif nannte es schmählich, um Kleinigkeiten Aufhebens zu



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machen und seine Vettern davonzujagen, — "ich habe wahrhaftig keine Lust, mir von solchen Knirpsen ins Angesicht treten zu lassen." Sämund sagte." So nennst du es; du hast mehr deiner Mutter Ljot Sinn, wie mir ahnte, als den von uns Vettern. Nun habe ich dir Wirtschafrsland und Wohnstätte zugedacht draußen auf Höfdastrand, jenseits Höfdi, außerhalb Unatals. Mein Rat wäre, du richtetest dich nach denen, die dir dort zunächst wohnen, dem Bauern Thord in Höfdi und Uni in Unatal und den anderen Bauern. Erbitte dir die Erlaubnis, dich anzusiedeln." Hrolleif sagte, er gedenke sich nicht unter ihren Bart zu verkriechen. Hrolleif sog hinaus ins Tal, und seine Mutter und er siedelten da; seitdem heißt der Ort Hrolleifstal. 1

Sie befreundeten sich wenig mit den Leuten, es gab Schimpf und Scheltwort, und sie zeigten ihren Nachbarn in allen Dingen ihre Bosheit. Und die Leute wurden bald gegen sie erbittert und meinten, Sämund habe ihnen ein übles Wrack gesandt. Erst schien es ihnen nicht gut, etwas dagegen zu tun, da Hrolleif der Vetter Sämunds war. Aber dann, als die Leute ihren Sinn recht erkennen lernten, wollten sie sie fortschaffen, — "sie hätten niemals herkommen sollen."

Uni war ein vermögender Mann und hatte einen Sohn mit Namen Odd. der war eben zum kräftigen Jüngling herangewachsen . Seine Tochter hieß Hrodny; sie war ein schönes Weib und eine gute Arbeiterin. Hrolleif ging zu Uni und sagte, man könne nicht froh und lustig in diesem Tale leben, obgleich die Leute zur Kurzweil aufwendeten, was sie vermöchten. "Nun sage ich," sprach er, " es schickte sich gut, wenn wir uno miteinander verschwägerten und ich deine Tochter bekäme. Mag sein, daß sich dann unsere Nachbarschaft bessert." Uni antwortete: er sei nicht der Mann dazu, ein braves Weib zu bekommen , — "und du führst dich auch nicht so auf. Meine Tochter aber ist kein unebenes Mädchen, und ich schlage dir die Heirat ab." Hrolleif sagte: da wähle er grade das, was weniger rät



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lich sei, "und sie soll dann meine Kebse sein, und das ist auch noch gui genug für sie." Seitdem lenkte Hrolleif seine Schritte oft dahin und setzte sich zum Plaudern zu Hrodny. So ging es eine Weile wider Willen ihrer verwandten.


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