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Kapitel 

Fünf Geschichten aus dem Westlichen Nordland


Mit einer Übersichtskarte


Übertr. von W. H. Vogt u. Frank Fischer

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


12. Der Finnenzauber. Ingimund beschließt die Fahrt nach Island

König Harald Haarschön war nun zur Ruhe gelangt, er, der der mächtigste aller Könige der vorzeit in den Nordländern gewesen ist. Er erinnerte sich nun dessen, was er seinen Freunden verbeißen hatte und richtete nun großartige Feste mit hohen Ehren. Er lud besonders Ingimund ein, und als er kam, empfing ihn der König sehr gnädig und sprach so:"Deine Wirtschaft und Stellung unter den Menschen, höre ich, ist recht ansehnlich; eins aber fehlt dir doch: du hast kein Weib. Aber ich habe dir eine Gattin zugedacht. Das kam mir in den Sinn, als du dein Leben für meins ein Die Tochter des Jarls Thorir,



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des Schweigers, heißt Vigdis; sie ist ein sehr schönes Weib und sehr reich; bei ihr will ich dein Freiwerber sein." Ingimund dankte dem König und sagte, er wünsche diese Verbindung sehr, Der König gab dieses Fest mit großer Pracht und Herrlichkeit, und die Gäste reisten heim.

Darauf rüstete Ingimund zur Hochzeit, und als alles bereit war, erschien König Harald und viele andere große Herren. Da vermählte sich Ingimund Vigdis nach der vereinbarung, Dieses Hochzeitsfest wurde mit den größten Ehren gefeiert; der König tat auch durch Geschenke und andere Ehrungen viel dazu.

Ingimund sprach zum König: "Nun bin ich recht zufrieden in meinem Stande, und eine große Ehre ist es, in deiner Gunst zu stehen. Aber das liegt mir im Sinn, was die Finnin über die Wendung in meinem Leben geweissagt hat; denn ich wollte, es würde nicht wahr, daß ich vom Erbe meiner Väter führe. Der König erwiderte: "Dagegen kann ich nichts tun, und es mag wohl etwas dahinter stecken, und Frey wird sein Los dorthin gelangen lassen, wo er sich seinen Ehrenstuhl aufrichten will." Ingimund sprach, er wüßte gern, ob er das Los da fände oder nicht, wo für die Säulen des Hochsitzes der Boden aufgeworfen würde; — " es mag auch sein, es ist nicht umsonst gesprochen; ich kann es dir auch nicht verhehlen, Herr, ich möchte Finnen kommen lassen, die mir des Gaues Fruchtbarkeit und des Landes Art, in dem ich wohnen soll, offenbaren; ich möchte sie nach Island senden."

Der König sagte, das könne er tun, 1 —" aber ich ahne, du fährst dorthin, und es ist mir nicht sicher, ob du dazu meine Erlaubnis einholst oder dich davonstiehlst, wie es jetzt vielfach Brauch wird." "Das soll mir nie widerfahren," sprach Ingimund",daß ich in deinem Bann reise." Dann trennte sich der König von ihm. Ingimund reiste nach Hause und saß auf seinen Gütern.

Er sandte nach Finnen, und drei kamen aus Norden, Ingimund sagte, er wolle einen Handel mit ihnen schließen: " —Ich will euch Butter und sinn geben, ihr aber fahret eine Botenfahrt



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für mich nach Island, mein Los zu suchen und mir von des Landes Art zu berichten." Jene antworteten: " Eine gefährliche Sendung ist das für die Boten, aber da du es forderst, wollen wir es versuchen. Nun sollst du uns zusammen allein in einem Hause einschließen und kein Mensch rufe uns beim Namen." 1 Und so geschah's.

Und als drei Nächte verstrichen waren, ging Ingimund zu ihnen. Die sprangen auf und atmeten schwer und sprachen: "Arbeit ist's den Boten, und große Mühe haben wir gehabt. Über wir kommen doch wohl mit solchen Wahrzeichen, daß du das Land erkennen wirst, wenn du hinkommst, nach unserer Beschreibung. Aber schwer war es uns, das Los zu suchen, und viel vermögen die Zauberworte der Finnin: denn wir haben uns in große Not begeben. Wir kamen ans Land, wo drei Fjorde von Nordosten her einschnitten, und große Seen lagen hinter dem einen. 2 Dann kamen wir in ein tiefes Tal, und in dem Tale unter einem Berge standen einige Gehölze. Da war ein wohnliches Tälchen, und da in dem einen Wäldchen lag das Los. Und als wir es ergreifen wollten, da schoß es in ein anderes Gehölz, und so sprang es immer fort, wenn wir danach griffen, und ein Schleier lag beständig darüber, so daß wir es nicht fassen konnten, und du wirst selber fahren müssen." Da sagte er auch, er werde bald reisen, und meinte, es werde nichts nützen, sich dagegen zu sperren. Er belohnte die Finnen reichlich, und sie zogen ab. Er aber wohnte ruhig auf seinen Gütern und war reich an Gut und ein tüchtiger Mann.

Darauf suchte er den König auf und meldete ihm, was ihm widerfahren sei und was er beschlossen habe. Der König sprach, ihm komme solches nicht unerwartet; er sagte; es sei schwer, gegen Zauberworte zu handeln. Ingimund nannte das wahr, — "ich habe jetzt alles untersucht." Der König sagte:"In welchem Lande du auch wohnst, wirst du ein angesehner Mann sein. Nach wie vor zollte ihm der König Ehre.



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Darauf rüstete Ingimund ein Gastmahl und lud seine Freunde und die Häuptlinge mit großer Pracht ein. Auf diesem Feste forderte er Schweigen und sprach: "Eine große veränderung habe ich beschlossen: ich gedenke nach Island zu fahren, mehr um des Schicksals und des Zauberwortes gewaltiger Mächte willen als aus eigenem Begehr. Die aber mit mir fahren wollen, denen steht es frei, und die zurückbleiben wollen. denen ist es auch erlaubt; und gleich lieb sind mir alle unsere Freunde, was sie auch erküren."

Lauter Ruf erschallte auf seine Rede, und die Leute nannten eines solchen Mannes Scheiden einen großen verlust — "und doch, weniges ist stärker als das Schicksal." viele entschlossen sich auch, mit Ingimund zu reisen, die hoch angesehen waren, angesessene Bauern und Männer. denen nicht Haus und Hof zu eigen war.


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