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Kapitel 

MÄRCHEN AUS KORDOFAN

HERAUSGEGEBEN VON LEO FROBENIUS

1923

VERLEGT BEI EUGEN DIEDERICHS / JENA



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TITEL- UND EINBANDZEICHNUNG VON F.H. EHMCKE MIT EINER KARTE


16. Der Faris*

Ein wohlhabender Mann hatte einen Sohn, der war ein Fans, der bekannt war wegen seiner großen Stärke. Der Vater sagte zu ihm, als er ihn für alt genug hielt: "Mein Sohn, es ist Zeit, daß du heiratest. Sieh dich nach einer Gattin um." Der Fans sah sich nun nach allen Mädchen in der Gegend um. Er konnte aber lange Zeit keins finden, das ihm zusagte. Eines Tages nun ritt er in die Wüste. Er kam in eine ferne Gegend und sah da Zelte aufgestellt. Die Leute hatten eine Trommel, trommelten und tanzten. Unter den Tanzenden war ein Mädchen, das schien dem Fans schöner als irgendeins, das er je zuvor gesehen hatte, und er liebte es sogleich sehr.

Der Fans sprach mit dem Mädchen und fragte es, wo es daheim sei. Das Mädchen sagte: "Mein Vater und wir alle ziehen immer umher. Bald sind wir hier, bald da. Wir sind nie lange an einem Ort und ziehen schon in Frage, wenn wir irgendwo angelangt sind, wo wir am andern Tag hinreisen wollen." Der Fans sprach lange mit dem Mädchen. Ehe er wegritt, sagte das Mädchen zu ihm: "Man kann, wenn eine von uns es will, unsere Spur immer finden." Der Fans nahm Abschied und ritt nach Hause.

Der Fans blieb einige Tage daheim. Dann sagte er zu sich: "Mein Vater hat mir gesagt, ich solle mir eine Frau suchen. Dieses Mädchen werde ich aufsuchen und heiraten, denn es gefällt mir. Das Mädchen hat mir gesagt, wenn eine von ihnen es wolle, könne man ihre Spur immer finden. Wenn das Mädchen mich nun ebenso liebt wie ich sie, dann werde ich es finden."

Am andern Morgen sattelte der Fans sein Pferd, band noch einigen Mundvorrat und einen Beutel mit Wasser auf und ritt von dannen, der Stelle zu, an der er das Mädchen zuerst zwischen den Zelten beim Tanzen gesehen hatte.

Als der Fans an die Stelle kam, wo noch vor einigen Tagen die Zelte gestanden und die Leute getrommelt und getanzt hatten, fand



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er nur noch einen kahlen Baumast, an dem hing aber ein Leder. sack (Ssaen) mit Wasser und ein geröstetes Brot (Gurassa). Er nahm den Ledersack und das Brot, genoß von der unerwarteten Speisung und sah sich dann nach der Spur um. Es dauerte nicht lange, so hatte er den Weg gefunden, auf dem die Leute weggezogen waren, und als er diesem dann einen Tag lang gefolgt war, sah er an einem vertrockneten Ast, der aus einem alten Lagerplatz aufragte, wiederum einen Ledersack mit Wasser und ein geröstetes Brot hängen. Er fand so wieder seine Speisung, und als er am dritten Tage die Spur der Weitergezogenen verfolgte, fand er am Abend auf einem alten Lagerplatz an einem dürren Ast wieder den Ledersack mit Wasser und ein geröstetes Brot. So ging es zwanzig Tage lang, und am Abend eines jeden Tages war er wieder am Lagerplatz der Fremden angelangt und fand für seine Nahrung gesorgt.

Am Abend des zwanzigsten Tages nun mußte er ganz nahe der Karawane sein, denn das Brot, das er am Baume fand, war noch warm. So beschloß er denn, in der Nacht noch weiterzureisen. Er brach auf. In der Dunkelheit verlor er aber den Weg. Der Fans ritt nun irrend und suchend in der Wüste umher und kam zuletzt zu einem hohen Gasr. Er ritt hinein, band sein Pferd an und ging in das Haus. In dem Hause fand er im ersten Raume sieben junge Männer, die lagen auf Angarebs und schliefen. Der Fans ging an ihnen vorüber und kam in ein zweites Gemach. Da stand nur ein Angareb, und auf dessen einer Seite lag ein junges, schönes Mädchen. Der Fans sah, daß auf der andern Seite des Angarebs noch Platz war. Er streckte sich also neben dem Mädchen aus. Zwischen das Mädchen und sich aber legte er sein Schwert. Der Fans war so müde, daß er auch sogleich einschlief. Das Mädchen war jedoch erwacht, als der Fans sein Schwert zwischen sie und sich gelegt hatte. Als es merkte, daß der Mann schlief, stand es vorsichtig auf und ging zu den jungen Männern. Es weckte diese und sagte: "Hört, meine Brüder! Wacht auf! Ihr schlaft hier und nebenan ist ein fremder Mann angekommen, der hat sich zu mir auf das Angareb, zwischen sich und mich aber ein Schwert gelegt. Kommt und seht ihn! Es scheint ein schöner Mann zu sein!" Die sieben Brüder erschraken hierüber und traten in das Gemach ihrer Schwester. Da sahen sie nun den fremden Fans liegen und sie sagten: "Schwester, lege dich nieder und schlafe weiter! Dieser Fremde hat, wie es scheint, nichts Böses im Sinne. Wir werden



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nebenan abwechselnd Wache halten, und wenn er dir etwas tun will, dann schreie nur und rufe uns damit!" Das Mädchen legte sich darauf auf ihre Bettseite und schlief auch bald ein. Die Brüder wachten aber nebenan abwechselnd.

Als der Fans am andern Morgen erwachte, begrüßten ihn die Brüder. Sie boten ihm Kaffee und wünschten ihm einen angenehmen Tag. Der Fans sagte: "Ich danke euch sehr dafür, daß ihr mich so freundlich begrüßt. Ich reise seit zwanzig Tagen hinter Leuten her, die täglich das Lager wechseln und unter denen sich ein schönes Mädchen befindet, das ich heiraten möchte. Letzte Nacht nun habe ich ihre Spur verloren und bin so in euer Gasr gekommen. Müde, wie ich war, habe ich mich dann auf die leere Seite eines Angarebs gelegt und bin sogleich eingeschlafen."

Der älteste Bruder sagte: "Es ist uns eine Freude, daß wir dich beherbergen können. Und eine Freude ist uns in diesem Leben wohl zu gönnen, da wir sonst Leid genug haben. Wir bitten dich also, einige Tage lang unser Gast zu sein und sind gern bereit, dir später den Weg zu dem Lager der Wandernden, das nicht weit von hier ist, zu zeigen." Der Fans sagte: "Wenn ihr mich in dieser freundlichen Weise aufnehmt und mir auch noch weiter helfen wollt, dann darf ich euch wohl bitten, mir zu sagen, was euch bedrängt, und ob ich euch nicht in eurer Bedrängnis helfen kann." Der älteste Bruder sagte: "Ich will dir gern erzählen, was uns so schwer beunruhigt. In der Gegend hier wohnt ein starker Mann mit seinen Freunden. Der Mann will unsere Schwester zur Frau haben. Da er aber ein sehr schlechter Mann ist, haben wir seine Bitten zurückgewiesen, und nun kommt er alle zwei Tage und kämpft mit uns. Er ist gestern wieder hier gewesen, was uns so ermüdet hat, daß wir dein Kommen nicht bemerkt haben. Er wird nun zwei Tage wegbleiben. Diese zwei Tage des Friedens bitten wir dich bei uns zu bleiben. Nachher wollen wir dann noch einmal kämpfen. Da wir aber schon sehr ermüdet sind, erwarten wir, daß wir das nächste Mal im Kampfe unterliegen und somit sterben werden. Die letzten Tage des Lebens möchten wir nun noch in Freuden mit dir genießen!"

Der Fans sagte: "Meine lieben Freunde! Ich habe diese Nacht so herrlich geschlafen, daß ich heute morgen meiner Gewohnheit nach einen Ritt unternehmen möchte. Erlaubt mir also, daß ich ein wenig mein Pferd bewege und habt die Güte, mir zu zeigen, in welcher Richtung die feindlichen Männer wohnen, damit ich diese



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vermeide." Die sieben Brüder zeigten nun dem Fans, in welcher Richtung die feindlichen Männer wohnten. Der Fans ritt in der entgegengesetzten Seite von dannen, machte aber, als er aus der Sehweite des Gasr war, einen Bogen und ritt gegen die fremden feindlichen Leute.

Die Leute sahen kaum aus der Ferne den Fans kommen, da riefen sie: "Laßt uns schnell auf die Pferde steigen und herausreiten. Es kommt ein Fremder des Weges, dem wollen wir Pferd und Waffen abnehmen." Die Leute nahmen also ihre Waffen zur Hand und ritten dem Fans entgegen. Sie umzingelten ihn und dachten nicht anders als, da sie so sehr in der Überzahl waren, würden sie den Fremden schnell und leicht überwinden. Der Fans wartete aber, bis sie nahe herangekommen waren und sich ein wenig gehäuft hatten. Dann zog er sein Schwert und sprengte auf sie zu. Nun erkannten die feindlichen Männer ihren Irrtum, denn rechts und links fiel sogleich einer der Tapfersten tot zu Boden, und der Fans räumte so schnell unter ihnen auf, daß sie unter Verlust mehrerer ihrer Besten und gezeichnet mit klaffenden Wunden, schneller noch als sie gekommen waren, zurückjagten. Der Fans verfolgte sie noch ein Stück weit und brachte dem einen und andern noch ein weniger ehrenhaftes Zeichen auf dem Rücken bei. Dann wandte er sein Pferd und ritt im Bogen, wie er gekommen war, wieder auf das Gasr der Brüder zu.

Die sieben Brüder begrüßten ihn aufs herzlichste und fragten ihn, ob er irgendein Erlebnis gehabt habe, da seine Kleider hier und da mit Blut bespritzt waren. Er sagte aber, er habe allerdings einen Büffel verfolgt und angeschossen, aber leider sei es ihm nicht gelungen ihn zu töten. Den Rest des Tages verbrachte er mit den Brüdern im angenehmen Zwiegespräch, und als es Nacht wurde, fand er sein Lager auf der einen Seite des Angarebs der schönen Schwester bereitet. Als er sich nun niederlegte, nahm das schöne Mädchen ihm das Schwert aus der Hand und stellte es so an die Wand, daß er es sogleich ergreifen konnte, daß es aber den Fans nicht von ihr trennte. Also verbrachten sie die Nacht gemeinsam.

Am andern Morgen rüstete der Fans sein Pferd und prüfte eingehend, ob auch der Sattel fest sitze. Dann bestieg er es, nahm von den Brüdern für einige Stunden Abschied und ritt, genau wie am Tage vorher, im weiten Bogen von dem Gasr weg zu dem Gasr der feindlichen Leute.

Als am vorhergehenden Tage die Wegfriedensstörer von dem Fans



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mit schlimmen Verlusten zurückgeschlagen waren und ihr Gasr erreicht hatten, hatte der Herr des Gasr sie mit schimpflichen Reden empfangen und hatte ihnen grobe Worte darüber gesagt, daß sie sich von einem einzelnen Reiter hätten in die Flucht schlagen lassen. Die geschlagenen Leute hatten dem Herrn des Gasr gesagt, daß der fremde Fans ein gewaltiger Mann von besonderer Art oder ein Aldjann sein müsse, und daß kein Mensch gegen ihn kämpfen könne; ihr Herr hatte sie aber ausgelacht. Dieser Herr war nun derselbe, der mit den sieben Brüdern immer wieder ihrer Schwester wegen kämpfte und der als außergewöhnlich starker Mann hoffte, das schöne Mädchen bald in seinen Besitz zu bekommen.

Er rüstete gerade einen andern Angriff auf die sieben Brüder für den andern Tag, als ein Mann zu ihm gelaufen kam und ihm mitteilte, daß der fremde Fans wieder auf dem gleichen Wege wie gestern einhergeritten komme. Als der Herr des Gasr das hörte, rief er nach seinem eigenen Pferde; denn heute wollte er an der Spitze seiner Leute selbst zeigen, wie man auch stärkere Männer niederwürfe. Als der Fans also näher zu dem Gasr kam, sah er sich einer größern Anzahl von Reitern und vor allem dem Herrn des Gasr gegenüber. Der Fans setzte sich fest in den Sattel und zog sein Schwert beizeiten. Nun war der Herr des Gasr daran, den gleichen Irrtum zu begehen, dem seine Leute am Tage vorher zum Opfer gefallen waren. Mit dem ersten Schlage versetzte der Fans ihm eine tiefe Wunde, und obgleich die andern auch auf den einzelnen Mann einstürmten, lagen doch der Herr des Gasr und mehrere seiner bewunderungswürdigsten Kämpfer tot am Boden. Der Fans begnügte sich aber heute nicht damit, den Rest der Angreifer vor sich herzutreiben, sondern er drang hinter ihnen in das Gasr und zwang sie, sich ihm als Sklaven auszuliefern und ihm alle Türen des an Schätzen reichen Gasr zu öffnen.

Der Herr des Gasr war einer der größten Harami (Räuber) der Gegend gewesen, dem keine Karawane hatte widerstehen können und dem auch alle näherliegenden Schlösser (Gasr) nach und nach zum Opfer gefallen waren. Es waren somit in dem Hause, das der Fans jetzt untersuchte, vielerlei Schätze aufgespeichert, und der Fans mußte viele Esel, einen nach dem andern beladen, bis er all das Gut ausgeräumt und zur Fortschaffung bereitgestellt hatte. Dann ließ er die Tiere von den neugewonnenen Sklaven antreiben und zog also auf das Gasr der sieben Brüder zu.

Als die sieben Brüder aus der Richtung des feindlichen Schloßherrn



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Tiere und Menschen in einer Staubwolke auftauchen sahen, meinten sie zunächst nichts anderes, als jener komme abermals, um sie mit aller Macht, wahrscheinlich zum letzten Male, anzugreifen. So warfen sie sich denn auf ihre Pferde, ergriffen die Lanzen und nahmen von ihrer Schwester Abschied. Sie ritten den fremden Reitern entgegen. Wie erstaunten sie aber, als sie bei größerer Nähe den Zug beladener Esel und treibender Sklaven, ganz am Ende aber den Fans herankommen sahen. Nun hatte der eine oder andere der Brüder schon manchesmal mit einem oder andern Manne des feindlichen Schloßherrn gekämpft. Sie erkannten daher gar bald in den Eseltreibern ihre alten Gegner und wußten somit, daß der Fans den feindlichen Schloßherrn getötet haben mußte.

Die Beute ward nun in den Hof des Gasr getrieben, und der Fans übergab sie da den sieben Brüdern. Die Brüder waren durch die Vernichtung des gefürchteten Gegners schon sehr beglückt. Als der Fans ihnen nun auch noch diese wertvolle Beute als Dank für die genossene Gastfreundschaft schenkte, und sie somit unerwartet statt eines nahen Endes einen großen Besitz vor sich sahen, baten sie den Fans, er möchte doch noch lange bei ihnen bleiben. Der Fans dankte den Brüdern für ihre freundliche Gesinnung, und heute zog er sich früher als am Tage vorher auf das Angareb der schönen Schwester zurück. Zwar schlossen die Brüder die Türe zu seinem Gemache und zogen sich, nunmehr der Pflicht aufmerksamer Wachsamkeit enthoben, in den Hof zurück, um noch einige Stunden über die glückliche Wendung ihres Schicksals zu plaudern, aber der Fans kam in dieser Nacht wenig zum Schlafen.

Als der Fans in das Gemach trat und die sieben Brüder die Türe hinter ihm geschlossen hatten, trat die schöne Schwester auf ihn zu. Sie nahm ihm das Schwert ab und sagte: "Die Waffe, mein Herr, brauchst du nun nicht mehr, denn dieses ist ein Raum des Friedens, und gegen alle Störungen werden meine Brüder draußen Wache halten." Das Mädchen nahm das Schwert und legte es auf einen Kursi (Sessel), der am Fußende des Angarebs stand. Danach schob sie dem Fans eine Schale mit Wasser hin, begann ihm die Kleider abzunehmen und ihm den Staub vom Körper zu waschen. Endlich nahm sie duftendes Öl und rieb ihn ein, bat ihn dann, sich auf dem Angareb, auf dem helle Stoffe ausgebreitet waren, auszustrecken, und kniete auf der Erde vor ihm nieder. Sie ergriff die Hand des Fans, küßte sie und sprach: "Ich danke dir, daß du mich und meine Brüder vor diesem schrecklichen Manne errettet



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und mir statt des Lebens einer Sklavin die Freiheit und einen edlen Freund gegeben hast." Der Fans sagte: "Mein Mädchen, knie nicht vor mir, sondern komm zu mir herauf und teile mein Lager, wie ich es in der ersten Nacht neben dir eingenommen habe." Das Mädchen sagte: "Ich komme. Aber das Schwert liegt nicht mehr zwischen uns!"

Darauf legte sich das Mädchen neben den Fans. Sie schmiegte sich an ihn, und wenn sie nun auch nicht mehr vor ihm kniete, so dankte sie ihm doch in sicher nicht minder inniger Weise, und der glückliche Fans gab sich in dieser Nacht der Freude über diese Dankbarkeit gern noch häufig hin. So verbrachten die beiden in dankbarer Glückseligkeit die Nacht, ohne zu schlafen.

Am andern Morgen sattelte der Fans sein Pferd, nicht um einen Spazierritt zu unternehmen, sondern um den Weg wieder zu suchen, den die Leute genommen hatten, unter denen das von ihm zur Gattin erkorene Mädchen sich befand. Er nahm also von den Brüdern Abschied. Die sieben Brüder waren sehr betrübt über diese Entschlossenheit, denn sie hatten gehofft, daß der Fans doch noch einige Zeit bei ihnen bleiben würde. Der Fans sagte aber: "Meine Freunde, nur der erscheint mir mit Recht als ein Mann bezeichnet zu werden, der einen einmal gefaßten Entschluß zu Ende führt. Das Mädchen nun, von dem ich euch erzählt habe, hat mir überall, wo ihre Leute lagerten, deutlich wahrnehmbare Zeichen zurückgelassen, woraus ich ersehe, daß ich durch unser Gespräch Hoffnungen in ihr erweckt habe, die ich nun erfüllen muß. Es darf mich darin fürs erste keine neuerwachte Liebe und Freundschaft davon abhalten, diese Hoffnungen zu erfüllen, wenn ich die Achtung vor meinen eigenen Handlungen vor mir selbst aufrechterhalten will. Darum will ich erst dieses Mädchen zu gewinnen suchen. Gelingt mir das, dann wird mich die Freundschaft, die ich zu euch und eurer Schwester gefaßt habe, dazu treiben, wenn es euch sonst recht ist, euch auf dem Rückwege in meine Heimat aufzusuchen." Der älteste Bruder sagte: "Wir sehen, daß dein Entschluß fest gefaßt ist und müssen es achten, daß du deinen Vorsatz unentwegt verfolgst. Wir werden dir deshalb auch gern sagen, wo du die Leute finden wirst, unter denen das Mädchen weilt. Wenn du es aber gewonnen hast, bitten wir dich, wieder hier vorbeizukommen und eine Gabe mit in die Heimat zu nehmen, die dir hoffentlich ebenso wert ist wie uns, und von der wir uns nur, um dir eine Freude bereiten zu



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können, trennen werden!" Der Fans sagte: "Ich sehe zu meiner Freude, daß unsere Empfindungen und Hoffnungen die gleichen sind, und daher bitte ich euch, mir meinen Weg zu zeigen, damit ich um so schneller in den mir lieb gewordenen Raum zurückkehren kann." Darauf zeigten die sieben Brüder dem Fans die Gegend und den Weg. Er nahm Abschied und ritt schnell von dannen, ohne eine Ermüdung zu spüren, trotzdem er die Nacht schlaflos verbracht hatte.

Nach wenigen Stunden kam er denn auch in eine wohlgepflegte Gegend, und ehe es noch Nacht war, sah er durch die Büsche Zelte und hörte Menschen. Der Fans stieg also von seinem Pferd, band es an und blickte durch eine Lücke in den Zweigen. Da sah er denn die gleichen Leute, denen er solange gefolgt war, und in ihrer Mitte das Mädchen mit ihrem Vater stehen. Der Vater sagte aber zu den um ihn versammelten Männern: "Ihr alle, meine jungen Freunde, begehrt von mir diese meine Tochter zum Weibe. Nun kann ich sie aber nur einem zur Frau geben, und so mögt ihr denn durch eure Stärke und Gewandtheit zeigen, wer von euch der Würdigste ist, sie heimzuführen. Besteigt alle die Pferde und reitet einer nach dem andern schnell an meiner Tochter vorüber. Im Vorüberreiten versuche aber ein jeder, sie mit einer Hand zu ergreifen, hochzuheben und auf dem Pferd mitzunehmen. Nur dem, dem dies gelingt, will meine Tochter als Gattin folgen! Auf, meine jungen Freunde! Versucht, wem das gelingt!"

Der Fans sah nun, wie die jungen Männer auf die Pferde stiegen, und wie einer nach dem andern an dem Mädchen vorüberritt und sie aufzuheben versuchte. Es gelang aber keinem. Und als der letzte erfolglos an der Tochter des Schechs vorübergeritten war, sprang der Fans auf sein Pferd und trieb es mit starkem Schlage an, so daß es in gewaltigen Sätzen in den Kreis der erschreckten Menschen hineinsprengte. Der Fans aber lenkte es auf das Mädchen zu, und als er neben ihm war, hob er es mit dem linken Arm hoch empor und setzte es im Weiterreiten sanft vor sich auf den Sattel nieder. Dann kehrte er zu dem Schech zurück, welcher sich inzwischen gefaßt hatte, und sagte: "Du bist zwar ein mir fremder Mann, aber du bist ein Fans. Du hast das, was meine Tochter selbst zur Bedingung gesetzt hat, ausgeführt und kannst demnach die Frau heimführen."

Das Mädchen selbst hatte sogleich den Mann erkannt, für den sie überall am Wege Wasser und Brot zurückgelassen hatte. Sie war also trotz der Mißstimmung und des Neides ihrer Stammesgenossen



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mit dieser Wendung des Schicksals sehr einverstanden und erklärte sich bereit, sobald es ihrem Gatten anstehe, in dessen Gefolge seine Heimat aufzusuchen.

Der Fans verbrachte also nur vierzehn Tage bei den Leuten unter den Zelten und brach dann mit seiner jungen Frau auf, um zunächst zu dem Gasr der sieben Brüder zu reiten.

Nach einem Marsche von wenigen Tagen sah der Fans das Gasr der Freunde aufsteigen. Die sieben Brüder ihrerseits hatten sorgfältig Ausschau gehalten und waren außerordentlich glücklich, als der, der gerade auf dem Turme die Wache hatte, herabrief, daß der Fans mit seiner Frau durch die Ebene daherkomme. In aller Eile rüsteten sie nun einen Raum für ihren Retter, um ihn und seine junge Frau würdig aufzunehmen, und die schöne Schwester war emsig beflissen, die besten Stoffe über dem Angareb auszubreiten, das dem Fans und seiner jungen Frau als Nachtlager dienen sollte und welches das gleiche war, auf dem sie der Ritter die erste Nacht gefunden und auf dem sie ihrem Retter so herzlich gedankt hatte. Die sieben Brüder ritten aber dem Fans entgegen und begrüßten ihn als ihren besten Freund.

Als sie den Fans nun in das Gasr geleitet hatten, sagte der älteste von ihnen: "Mein Freund, der du unser aller Erretter bist, du hast unsere Schwester damals vor dem Drängen des schlechten und starken Freiers errettet. Wir hätten nun unsere Schwester sonst nicht gern aus unserer Mitte gelassen. Du aber hast dich um sie und uns so verdient gemacht und ihre und unsere Freundschaft in so hohem Grade zu gewinnen gewußt, daß wir dir unsere Schwester gern zur Frau geben, wenn du etwa ebenso wie sie selbst dieses wünschst." Der Fans hörte diese Worte mit großer Freude und sagte: "Ich selbst bin eurer Schwester für den Dank, den sie mir gespendet hat, ebenso verpflichtet wie meiner andern Frau für das Wasser und das geröstete Brot, mit dem sie in der Wüste für mich gesorgt hat. Daß ihr euch ungern von der schönen Schwester trennt, sehe ich; wenn ich dennoch euer Anerbieten annehme, so geschieht es, weil ich eure Schwester ebenso liebe wie ihr selbst, und weil ich daheim meines Lebens nicht recht froh werden würde, wenn ich nicht diese schöne Frau auch in meinem Hause hätte. Wenn ich also meinem Vater früher dadurch ärgerlich wurde, daß ich kein Mädchen schön und würdig genug fand, es zu meiner Gemahlin zu erheben, so fürchte ich fast seine Eifersucht, wenn er nun zwei so schöne Wesen mit mir heimkommen sieht."



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Noch glücklicher aber als ihre sieben Brüder war die Schwester über die Rückkehr des Fans und die neuerliche Entscheidung ihres Schicksals, denn sie konnte sich in ihrer Erinnerung an die letzte Nacht, die der Fans in ihrer Kammer und auf ihrem Angareb verbracht hatte, nichts Schöneres wünschen als Gelegenheit zu finden, bis an ihr Lebensende immer wieder sich in Dankesbezeugungen gegen den Fans ergehen zu dürfen. Es wurde also auch diese Hochzeit in allgemeiner Fröhlichkeit begangen, und die sieben Brüder setzten ihren Stolz darein, in den nächsten Tagen in geschickter Abwechslung ihrem Gast die ausgewähltesten Gerichte auf den Platten und von den Sklaven darbieten zu lassen, die er selbst dem feindlichen Gasrherrn abgenommen und ihnen dann zum Geschenk gemacht hatte.

Nachdem der Fans einen Monat lang im Kreise der sieben befreundeten Brüder verbracht hatte, bereitete er sich auf die Heimkehr vor und trat diese in Begleitung seiner beiden Gemahlinnen an. Nachdem er von den sieben Brüdern herzlich Abschied genommen hatte, wandte er sich der Heimat zu und ritt auf einem möglichst kurzen Wege von dannen. Dieser Weg nun führte an einem Gasr vorbei, das ein starker Mann mit Namen Saidi Abd aus den Köpfen der Menschen, die er an der Straße überfallen und getötet hatte, aufgerichtet hatte, indem er sie an Stelle von Backsteinen verwendete. Als der Fans dieses Gebäude aus Schädeln sah, wurde er zornig über die Gewalttätigkeit des Saidi, und da er gern mit jenem kämpfen wollte, stieß er mit seiner Lanze gegen einen der Schädel, aus denen die Mauer des Gasr aufgeführt war. Der Schädel nun rollte in das Innere des Gasr, und da Saidi gerade in jenem Raum saß, diesem gerade vor die Füße. Saidi geriet nun auch in Zorn. Er schrie: "Warte! Du fremder Mann! Ich hoffe bald deinen Kopf an die Stelle des herausgeschlagenen setzen zu können. Warte nur ein wenig, du Fremder! Ich will mich schnell rüsten!"

Saidi kam heraus und sprang auf sein Pferd. Saidi schwang sein Schwert. Saidi schrie: "Seit Jahren warte ich auf einen Mann, der stärker ist als ich, aber jeder, den ich anfiel, hat sich als Schwächling gezeigt. Keiner hat es gewagt, mein Gasr zu berühren. Wie kommst du nun dazu?" Der Faris sagte: "Vielleicht bin ich der Mann, der stärker ist als du! Wehre dich also!" Der Fans und Saidi trafen aufeinander. Der Fans zerschlug das Schwert des Saidi. Dann ergriff er ihn und hob ihn hoch aus dem Sattel. Er warf ihn



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zu Boden und sagte: "Siehst du nun, daß ich der bin, der stärker ist als du?" Saidi sagte: "Mein Fans, ich war ein schlechter Mann, weil ich als Sklave geboren war, aber keinen fand, der stärker war als ich es bin. Nun du mich überwunden hast, bitte ich dich um mein Leben und bitte dich, mich in deinem Dienste zu verwenden. Du kannst mir glauben, daß du keinen Mann finden kannst, der treuer an dir hängt als ich." Der Fans sagte: "Komm mit mir. Ich werde sehen, was deine Worte und was deine Handlungen gelten."

Der Fans ritt nun weiter der Heimat zu und brachte so statt einer Frau zwei Gattinnen und einen Sklaven mit. Der Vater begrüßte den Sohn und beglückwünschte ihn zu der Vermehrung seines Hausstandes. Anfangs war der Vater erfreut, seinen Sohn in solcher Gesellschaft heimkehren zu sehen; nachher aber begab es sich, daß der Vater die beiden jungen Frauen seines Sohnes sah. Da war er sehr erstaunt über deren Schönheit und sagte: "Was ist es, daß mein Sohn erst mit keiner Frau dieses Landes zufrieden ist und nachher nicht eine, sondern zwei aus andern Ländern bringt, deren jede unzählige Male schöner ist als ein Mädchen dieses Landes! Was soll es, daß ein Sohn so viel mehr und Besseres hat als sein Vater! Ich hatte nichts Besseres als mein Vater; mein Vater nichts Besseres als mein Großvater. Also soll mein Sohn auch nicht mehr haben als ich! Ich werde ihn also als Lohn für seine Vermessenheit totschlagen lassen. Dann fallen mir seine Frauen ohne weiteres zu!"

Der Vater sagte zu seinem Sohne: "Mein Sohn! Deine Häuser sind nicht groß und schön genug für deine zwei ausgezeichneten Frauen und den Freund Saidi, den du mitgebracht hast. Ich will dir also morgen einige Leute geben; mit denen kannst du in den Busch reiten und kannst dort die Hölzer schlagen lassen, die zum Bau nötig sind." Der Vater ging. Als der Vater gegangen war, rief der Fans Saidi und sagte zu ihm: "Saidi, nun werde ich sehen, ob du mein Freund und treuer Diener bist. Mein Vater schickt mich morgen mit Leuten in den Busch. Ich habe beobachtet, wie mein Vater meine Frauen angesehen hat; ich glaube also, daß er vor hat, mir etwas antun zu lassen, um sich meiner Frauen zu bemächtigen. Ich weiß nicht, was mir geschieht und wann ich in der Lage sein werde zurückzukehren. Jedenfalls mache ich es dir zur Aufgabe, keinem Menschen, wer es auch sei, den Eintritt in mein Gasr zu gestatten und meine Frauen vor jedem Menschen zu schützen."



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Saidi sagte: "Ich bin betrübt, dich in so schlechter Hoffnung zu sehen. Ich freue mich aber darüber, meine Treue in deinen Diensten beweisen zu können."

Der Vater rief indessen einige seiner Leute zu sich und sagte zu ihnen: "Meine Diener, ihr werdet morgen mit meinem Sohn in den Busch gehen. Mein Sohn wird keine Waffen bei sich haben. Wenn ihr allein mit ihm im Busche seid, werft ihn nieder, stecht ihm die Augen aus und durchbohrt ihm das Herz. Als Beweis dafür, daß ihr meinen Auftrag ausgeführt habt, verlange ich von euch, daß ihr mir die ausgestochenen Augen und eine Flasche seines Blutes mitbringt!" Die Leute versprachen, den Befehl des Vaters zu befolgen. Am andern Morgen gingen sie zu dem Fans, sagten ihm, daß der Vater sie gesandt habe, für seinen Hausbau Holz zu schlagen, und daß er sie führen möge, dem Werke vorzustehen. Der Fans nahm also von seinen Frauen und Saidi Abschied und ging den Männern voran in den Busch.

Als der Fans mit den Männern weit in den Busch vorgedrungen war, kam der Führer der Leute an ihn heran und sagte: "Höre, es tut uns leid, daß wir diese Befehle ausführen müssen." Damit sprang er mit seinen Genossen auf den Fans und warf ihn im Verein mit den andern rücklings zu Boden. Der Führer der Männer sagte zu dem Niedergeworfenen: "Unser Herr hat uns befohlen, dich zu töten und ihm dein Blut und deine Augen als Beweis der Ausführung mitzubringen. Das Blut kann ich nun anderwärts nehmen. Die Augen mußt du mir aber geben." Damit drückte der Führer dem Fans die Augen aus und ging mit den andern von dannen. Er ließ den Fans lebend liegen und begnügte sich damit, ihm seine Augen zu nehmen. Auf dem Rückwege töteten die Leute dann eine Gazelle und füllten von dem Blute in ein Gefäß. Dieses Gefäß voll Blut und die Augen brachten die Leute in die Ortschaft und sagten: "Herr, wir haben deinen Sohn getötet. Sieh! Hier sind seine Augen und hier ist von seinem Blute!"

Als der Vater hörte, daß sein Sohn getötet sei, begab er sich sogleich zum Hause seines Sohnes, um dessen Frauen zu nehmen. Vor dem Hause aber stand Saidi, und als der Vater hineingehen wollte, sagte Saidi: "Herr, in dies Haus darf niemand hineingehen bis dein Sohn zurückkommt oder ich gestorben bin." Der Vater sagte: "Wenn mein Sohn nun aber getötet ist, so werde ich, sein Vater, doch wohl hineingehen dürfen!" Saidi sagte: "Nein, Herr! Du kannst nicht hineingehen, es sei denn, daß du mich an dieser



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Stelle totschlagen läßt und über mich trittst!" Der Vater sagte: "Gut, ich werde Leute senden, die dich töten sollen." Saidi sagte: "Es ist gut, ich werde mich rüsten und kämpfen." Der Vater ging.

Am andern Morgen legte Saidi sein Sarad (Panzerhernd) an, ergriff Harba (Speer) und Ssaif (Schwert) und bestieg sein Djauwad. Saidi ritt vor das Tor des Gasr und ritt vor dem Tore auf und nieder. Er sagte bei sich: "Ich freue mich auf den Kampf und bin nur traurig, daß ich nicht an der Seite meines Herrn kämpfen kann." Saidi war noch nicht lange hin und her geritten, da kamen auch schon die Leute des Vaters des Fans in Waffen und auf Pferden und drangen auf Saidi ein. Saidi rief: "Ich bin bereit zum Kampfe. Geht nur ins Tor hinein!" Er schlug mit dem Schwert um sich, daß Panzerhemden, Schilde und Arme durchschnitten wurden. Er tötete einige der Leute und jagte die andern von dannen. Der Vater kümmerte sich aber wenig darum, daß er einige seiner Leute verloren hatte. Er sandte am andern Tage mehr und besser gerüstete Männer. Saidi jagte sie wie am Tage vorher von dannen. Der Vater ließ sich nicht abschrecken. Er sandte jeden Tag neue Leute zum Kampfe, und jeden Tag wurden sie von Saidi wieder geschlagen. Der Vater sagte: "Ich muß so ja längere Zeit auf den Besitz dieser schönen Frauen verzichten; aber einmal wird auch dieser Mann der Überzahl gegenüber lahm und müde werden." Zunächst hatte der Vater sich aber noch in Geduld zu fassen, denn Saidi tötete jeden Morgen zehn oder zwanzig oder dreißig seiner besten Männer.

Inzwischen tastete der blinde Fans sich im Busche weiter. Als er einmal traurig über sein Schicksal unter einem Busche saß, schlängelte sich eine Schlange zu einem Vogelnest und hätte den darin befindlichen Vogel sicher verschlungen, wenn er nicht bis zu den Füßen des Fans geflattert wäre, der die Schlange verscheuchte und den kleinen Vogel auf einen Ast setzte. Nach einiger Zeit kam ein größerer Vogel, das war die Mutter des Kleinen. Und das Kleine schrie: "Meine Mutter! Meine Mutter! Wenn der blinde Mann mich nicht aufgenommen und hierhergesetzt und die große Schlange, die mich verfolgte, weggescheucht hätte, dann wäre ich sicherlich von ihr verschlungen worden." Der größere Vogel sagte: "So verdanke ich also die Erhaltung deines Lebens diesem Manne?" Der kleine Vogel sagte: "Ja, meine Mutter, der Mann hat mich gerettet. Der Mann ist aber blind." Die Mutter sagte: "Ich weiß es, dieser



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Mann ist blind. Sein Vater hat ihm die Augen ausdrücken und sie zu sich in sein Haus bringen lassen; da liegen sie in einem Winkel." Der kleine Vogel sagte: "Meine Mutter, du bist so stark, könntest du nicht hinfliegen und die Augen des Mannes wiederbringen ?"Die Mutter sagte: "Ja, mein Kind, der Mann hat dir das Leben gerettet; nun will ich ihm die Augen wiederbringen."

Der größere Vogel flog zu dem Gasr des Vaters. Der Vogel suchte im Hofe und fand die Augen des Fans im Staube eines Hofwinkels liegen. Darauf nahm der Vogel die Augen auf, flog zu einem Brunnen und wusch die beiden Augen sorgfältig. Dann trug er sie in den Busch, wo der Fans gerade im Schlafe lag und setzte sie dem Fans wieder ein. Nun machte der Vogel aber eine Verwechslung, indem er das rechte Auge in die linke Höhle, das linke in die rechte fügte. Das hatte nun zur Folge, daß der Fans nun wohl noch schöner aussah als früher, daß man ihn aber deshalb so leicht nicht wiedererkennen konnte. Als der Fans aber erwachte, dachte er all sein Unglück geträumt zu haben, denn als er die Augen aufschlug, konnte er sehen. Der Fans hörte zwar die Vögel über seinem Kopfe in den Büschen singen und zwitschern, er verstand sie aber nicht.

Der Fans, der nun wieder sehen konnte, begab sich sogleich auf den Heimweg. Er kam an seinem Gasr am Nachmittag an. Saidi lag am Ausgang auf einer Matte. Der Fans setzte sich zu ihm. Er merkte, daß der Saidi ihn nicht erkannte, weil er nun schöner und jünger aussah. Er sagte zu Saidi: "Ich bin ein fremder Mann. Sage mir doch, was es hier für Dinge gibt." Saidi sagte: "Es gibt hier nichts Besonderes. Ich verteidige nur jeden Tag das Gasr meines Herrn gegen Leute, die der Vater meines Herrn ausschickt. Mein Herr ist nämlich ein wenig auf Reisen. Morgen nun wird der Vater meines Herrn einen Mann gegen diesen Gasr senden, der stark ist und früher der Freund meines Herrn war. Da werde ich wieder kämpfen. Anderes Neues weiß ich nicht." Der Fremde sagte: "Dann kann ich, der Fremde, dir mehr Neues von hier sagen! Dein Herr, mein Saidi, ist nämlich wiedergekommen!" Saidi sprang auf! Saidi erkannte seinen Herrn!

Der Fans sagte: "Ich werde morgen selbst gegen meinen Feind reiten und ihn gefangen nehmen. Du aber reite zum Gasr meines Vaters. Ich danke dir für deine Freundschaft. Wir wollen immer Freunde bleiben." Der Fans ging hinein zu den Frauen.

Wie der Fans es angeordnet hatte, so geschah es.


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