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Vier Skaldengeschichten


Übertragen von Felix Niedner

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


10. Hallfred und Sris

Nun kam Gris zu den Sennhütten. Kolfinna war schwermütig. Das sah Gris. Da sprach er die Weise:



***
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Schau, ein schlimm Getümmel
Schien im Haus, Kolfinna.
Manches dahin deutet:
Dieses fällt hier Gris aufl
Schufen dreist verdruß mir
Deiner Gäste ein'ge.
Traun, du stehst in Tränen,
Tau im schönen Auge!

Bei Gris war auch Einar, der Sohn Thorir Thrandarsons. Gris wollte Hallfred nachreiten, doch hielt ihn Kolfinna ab und sagte, sie wäre nicht sicher, ob sein Los sich dann besserte. Doch wollte Gris jenen nachsetzen. Er ritt mit seinen Leuten nun vorwärts an Audolfstedt (Audolfsstadir) vorüber zur Blanda, und seine Leute waren in der Mitte des Fusses angelangt. Da warf Gris seinen Speer auf Hallfred, doch dieser sing ibn in der Luft auf und schleuderte ibn gegen Gris. Einar wollte ihn mit der Art aufhalten, aber der Spieß traf ihn in die Brust und tötete ihn. Gris sagte, Hallfred risse aus. Er antwortete, er würde nicht weiter reiten als über den Fluß, er möge ihn dort nur angreifen. Doch Gris setzte ihm nicht weiter

Nun erwirkten die Leute, daß Hallfred dem Gris für alle Schmach, die er ihm angetan hatte; eine Buße zahlen solle. Hallfred frug, was er verlange. Sris erwiderte, er würde sich zufrieden geben, wenn er die beiden Ringe, das Jarls- und das Königsgeschenk; von Hallfred erhielte. Hallfred sagte: "Eher wird andres geschehen." Darauf schieden sie. Hallfred ritt nach dem Süden zu seinem Bruder — sein Vater war schon gestorben —, und dort weilte er den Winter hindurch.

Im Frühjahr aber, als er nach Norden zurückkehrte, erhob sich ein Schneesturm vor ihnen. Hallfred meinte; das wäre ein Troll wetter! Sie ritten hernieder das Seetal entlang,



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bis sie ein Gehöft liegen sahen. Da sprangen plötzlich zwanzig Mann auf. War aus Masstadir war dorthin gekommen. Er lief auf Hallfred zu, aber dieser hieb sogleich auf ihn. Doch fing War den Streich mit einem Opfertrog auf und blieb ohne Wunde. Nun ritt Hallfred aus der Tür des Gehöres davon. War aber schrie: "Verfolgen wir ihn." Da sprach Hallfred die Weise:



***
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Stets wähnt Goldes Spender
Stärker mich zu ärgern,
Droht —Frau, schön're Stunden
Scheint's, uns war'n gemeinsam —:
Doch der Opfrer, dächt' ich,
Dabei Not wird haben.
An die Opfertöpfe
Eh' zu naschen geh' er 1!

So trennten sie sich.

Ein Mann hieß Hunröd, der wohnte auf Moorfeld (Moberg) . Gris war sein Thingmann. Thorkel Krasla (d. h. der Krabbler) wohnte damals in Hof, denn Ingolf war tot. In diesem Winter machte Hallfred neue Spottweisen über Gris, und als dieser davon erfuhr, begab er sich zu Hunröd und bat diesen um Rat in der Sache, "unausgesetzt verfolgt mich Hallfred mit Feindschaft" Hunröd sagte: "Ich rate dir du machst eine Klage anhängig und lädst Hallfred auf das Hunavatnsthing ." Sris tat so. Er ritt im Frühjahr südwärts nach Koboldsee (Hreduvatn) dort nämlich wohnten damals Galti und Hallfred. Gris lud den Hallfred wegen Einars Erschlagung auf das Hunavatnsthing. Und als Gris mit seinen Männern fort war, sprach Galti zu Hallfred: "Was denkst du in dieser Sache zu tun:" Hallfred erwiderte: "Ich denke der Hilfe meines Gesippen Thorkel mich zu versichern."

Sie ritten nun im Frühjahr von Süden, dreißig Mann im ganzen. In Hof waren sie zu Gast. Hallfred frug Thorkel, inwieweit



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er auf seinen Beistand rechnen könne. Thorkel erwiderte, er wolle gern bei dem Rechtshandel helfen, wenn Gris ein einigermaßen ehrendes Angebot gemacht würde. Die Männer kamen nun zum Thing, und auf diesem gingen Hallfred und Galti zur Bude Thorkels und frugen, was nun werden solle. Er sagte: "Ich erbiete mich gern zur Entscheidung, wenn beide Teile es wollen, und so werde ich den Vergleich einleiten. Sie verließen nun das Zelt, aber Brand Avaldsson, der Bruder Kolsinnas. lag an der Zeltwand. Er schlug Galti zu Tode, als er herausging.

Hallfred erzählte Thorkel den Totschlag. Thorkel ging mit ihm zur Bude des Gris und forderte ihn auf, den Mann herauszugeben, "oder wir werden deine Bude niederreißen . Da lief Hild mit Brand in die Tür und frug, was Thorkel wolle. Jener trug sein Begehren vor. Hild sagte: "Laß es dir nur nicht in den Sinn kommen, meinen Sohn zu töten, habe ich dich doch unter meinem Mantel geborgen und dich vor dem Tode gerettet nach Glödis Erschlagung, als Thorgils und Thorvald dich niederhauen wollten 1." Thorkel entgegnete: "Das sind alte Geschichten. Die Frauen sollen aus dem Zelte gehen. Wir wollen uns den Mann schon verschaffen." Brand aber war versteckt. So entkam er und wurde nicht gefunden. Thorkel sagte, er wäre wohl in Hunnröds Bude gegangen." Da sprach Hallfred: "Deine Unterstützung ist mir verdächtig: ich fordere jetzt Gris zum Zweikampf." Oris sagte, er habe schon früher gefordert, was er zu verlangen hätte. Da sprach Hallfred die Weise:



***
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Will, wo Schwerter schwirr'n, mit
Starkem Mut nicht kargen.
Denk auch hier vorm Heervolk
Hin stets nach Rolfinna.
Schiffes starker Steurer,
Sollst mich sehn zum Holmgang.
Komme gern, du gier'ger
Gris: das sollst du wissen .



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Gris hatte das Schwert in der Hand, das ihm der griechische Kaiser geschenkt hatte. Hallfred sah eines Tages Kolfinna gehen, Da sprach er die Weise:



***
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Eben schön dort schwebte,
Schien es mir, Kolfinna.
Hübsches Boot so huscht wohl
Hin oft durch die Inseln.
Wenn ich in schwirrender Schar sie
Schau' der muntren Frauen,
Prächtig Prunkschild, denk' ich,
Prangend da kommt gegangen.

In der Nacht aber, ehe der Kampf stattfinden sollte. als Hallfred in seinem Bett schlief, erschien ihm König Olaf im Traum. Hallfred schien froh darüber und doch erschreckt. Der König aber sprach: "Du schläfst zwar, aber doch wird es dir vorkommen , als wärest du wach. Du hast dir eine schlechte Sache vorgenommen, da du dich mit Gris um eines bösen Zwistes halber schlagen willst, jener aber hat den Wunsch ausgesprochen und Gott darum gebeten, daß der den Sieg haben solle, dessen Sache die bessere wäre. Du, was ich dir rate, nimm mit Dank an, daß es nicht zum Holmgang kommt, und büße ihn mit Geld. Früh aber, wenn du angekleidet bist, gehe hinaus zu der waldigen Höhe, die bei der Thingstätte liegt, da wo die Straßen zusammenlaufen. Du wirst dort Männer reiten sehen: mit denen besprich dich. Es kann dann leicht dahin kommen, daß dir anderes mehr wert ist als der Holmgang mit Gris. Kümmere dich dann nicht weiter darum, wenn er glaubt, du seist furchtsam." Hallfred erwachte und sann über die Erscheinung nach. Er sprach darüber zu dem Manne, der bei ihm war. Dieser aber erwiderte: "Offenbar bast du jetzt Angst vor Gris, es wäre besser gewesen. du hättest vorher guten Rat angenommen, als er dir freundlich zuredete, jetzt aber werden deine Feinde sagen, du habest keinen Mut dich zu schlagen." Hallfred sprach: "Mögen sie denken, was sie wollen, ich werde den Rat König Olafs befolgen. Das wird mir am heilsamsten sein."



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Am Morgen ging Hallfred zu dem Gehölz und sah Männer in farbigen Gewändern auf sich zureiten. Er sie nach Neuigkeiten, und da erzählten sie von dem Fall König Olafs 1. Da war Hallfred so zu Mut, als wäre er von einem Steine getroffen. Er ging sogleich voll tiefen Schmerzes in sein Zelt und legte sich ins Bett. Da sagten Gris' Leute, das jener sich so unmannhaft benähme. Gris erwiderte: "So ist es nicht. Geringere Ehren hatte ich vom griechischen Kaiser, als Hallfred vom König Olaf, doch war es für mich die schlimmste Botschaft, als ich meinen Herren verlor. Gar heiß ist Lehnsherrnliebe . Es ist gut, daß ich nicht gegen das Königsglück anzukämpfen habe, das Hallfred immer begleiten wird. Ich möchte vielmehr, daß Thorkel entscheide, wie es geplant war." Thorkel sprach: "Ich werde nun Hallfreds Sache führen und euch vergleichen." Hallfred war einverstanden. "So lautet meine Entscheidung," sagte Thorkel, "Einars Totschlag soll durch Galtis aufgewogen sein, Kolsinnas Heimsuchung aber durch den verschiedenen Wert der Männer. Für die Spottweisen auf Gris aber soll Hallfred diesem ein kostbares Geschenk geben. Da sprach Hallfred die Weise:



***
3o
Mächtig Gut, —was mache's, daß
Mannhaft ich's gewann mir,
Konnte von Jarl und König
Klingendes Gold heimbringen
Gierigem Sris als Buße
Geben soll ich's eben!
Hund, dir für ein Hohnlied!
Hin dazu Rolfinna 'l



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Thorkel bat ihn das Dichten zu lassen — "gib eine Kostbarkeit preis, wenn es auch nicht Königs Olafs Gabe ist". Da gab Hallfred Gris den Ring vom Jarl Sigvaldi, und darauf schieden sie.


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