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Vier Skaldengeschichten


Übertragen von Felix Niedner

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


7. Hallfreds Ostfahrt

eines Tages, da Hallfred vor den König trat, sprach er: Ich möchte gern Urlaub haben im Sommer, um nach Helsingör (Eyr)1 auf Handel zu segeln. Der König sprach: "Daran will ich dich nicht hindern, doch sagt mir eine Ahnung, daß du ebenso stürmisch wieder zu mir verlangen wirst wie du jetzt wegziehen willst. Gar manches wird dir dort widerfahren." Hallpred erwiderte: "Ich muß es eben wagen."

Darauf fuhr Hallfred fort. Er hörte, daß der Jarl Sigvaldi ein mächtiger Häuptling war. Hallpred suchte ihn auf und sagte, er habe ein Gedicht über ihn gemacht. Der Jarl frug: "Wer bist du:" Er sagte seinen Namen. Der Jarl sprach: "Bist du etwa König Olafs Skalde?'" So istes,"sagte Hallfred ,und ich möchte um Gehör bitten." Der Jarl versetzte: "Wie sollte mir das nicht behagen, was König Olaf so wohlgefällt!' Hallfred sagte das Lied. Es war ein Flock (kleines Preisgedicht). Der Jarl dank ihm dafür, gab ihm einen Goldring, eine halbe Mark an Wert, und bot ihm an, bei ihm zu bleiben. Hallfred dankte ihm für die Einladung, "doch will ich zuerst nach Schweden fahren. Der Jarl überließ ihm die Entscheidung.

Im selben Herbst fuhr Hallfred nach Vik, doch im Osten des



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Fjordes erlitt er mit den Seinen Schiffbruch und verlor viel Gut. Darauf fuhr Hallfred nach Konungahella und weilte dort eine Weile. Und eines Tages, als Hallfred zum Handelsplatz ging, kam ihm ein Mann entgegen. Sie sprachen sich an, und Hallfied frug ihn, wer er wäre. Er nannte sich Audgisl und sagte, er sei von England gekommen," an Geld fehlt es mir nicht. Bist du nicht Hallfred, der ,schlimme Skalde' " Er bejahte es."Ich habe gehört," sagte Audgisl, daß du Geldverlust gehabt hast, willst du, daß wir einen Handel abschließen und gemeinsam nach Götland (Gautland) zum Winteraufenthalt fahren: Ich werde dir sehn Mark Silber für die Reisegesellschaft geben. Ich habe gehört, daß deine Begleitung Geldes wert ist." Hallfred sagte, das wäre ibm recht. Der Weg war unsicher, und viele kehrten wieder um. Hallfred und seine Begleiter hatten fünf Packpferde und jeder eins zum Reiten. Sie zogen nun ostwärts in die Wälder.

Eines Tages sahen sie, daß ein Mann ihnen entgegenkam. Sie frugen, wer er wäre. Er nannte sich Önund. Er war groß an Wuchs und erklärte, er wolle gern mitziehen, wenn sie ihm einen Lohn zahlten" ,mir sind hier alle Wege kund." Audgisl wollte nichts recht von ihm wissen, er meinte, erkenne ibn doch nicht. Hallfred aber sprach dafür, ibn mitzunehmen. Das geschah auch, und er erhielt zwölf Unzen Silber. Hallfred war da der ansehnlichste unter ihnen, Audgisl war schon bejahrt. Nun zogen sie dem Wege nach. Önund führte am Tage, und gegen Abend kamen sie an ein einsames Haus. Da sprach Hallfred: "Wir haben nun dreierlei zu tun. Du, Önund, wirst Holz holen, du hast eine große Art, Audgisl soll Feuer machen. Ich aber werde Wasser holen." Da sprach Önund: " Es ist wohl am besten, reichlich Holz ins Haus zu schaffen, denn viele bedürfen solches zur Feuerung, die hier des Weges ziehen."Hallfred meinte, das sei gut gesprochen. Da sagte Audgisl: "Ich möchte lieber, daß ich Wasser hole und du Feuer machtest, Hallfred." Machen wir es also so," erwiderte dieser. Nun entfachte er das Feuer, Önund ging zum Holzholen, und jeder tat, was ihm aufgetragen war. Hallfred dünkte, die beiden blieben lange aus. Er beugte sich auf das Feuer nieder und hatte seinen Gürtel abgeschnallt und



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sich um den Hals geschlungen. An diesem war ein großes Messer, wie es die Männer damals zu tragen pflegten. Das Messer hing ibm so auf dem Rücken. Nun kam Önund mit der Holzlast herein. Er lief sogleich auf Hallfred zu und schlug auf ihn mit der Art, und zwar mit beiden Händen. Sie traf aber auf das Messer am Gürtel. Da ergriff ihn Hallfred am Fuß, betete zu Gott und sprach: "Hilf mir, weißer Christ, wenn du so mächtig bist, wie König Olaf sagt, laß diesen Mann mich nicht überwinden ."Darauf reckte sich Hallfred mit der Unterstützung Gottes und dem Glücke König Olafs unter ihm in die Höhe 1. Er hob Önund hoch und warf ihn so gewaltig nieder, daß er ohnmächtig wurde und ihm die Art aus der Hand siel. Hallfred hatte ein Kurzschwert, das schwang er, als Önund aus seiner Ohnmacht erwachte. Hallfred frug. "Hast du Audgisl getötet Er sagte: "Jawohl." Da durchbohrte ihn Hallfred mit dem Kurzschwert, zog ihn aus der Stube heraus und verschloß diese fest. Hallfred gedachte nun zu schlafen, doch das war unmöglich, denn Önund stieß in der Nacht von außen an die Tür. Da stemmte sich Hallfred von innen dagegen. So kam der Morgen heran. In der Frühe fand Hallfred den Audgisl tot am Bach. Er nahm ihm Messer und Gürtel für sich ab, dann begrub er Audgisl nach damaliger Sitte. Er sah nun, daß Önund offenbar ein großer Übeltäter war, der Leute ihres Geldes wegen umgebracht hatte; und daß hier noch reichlich Geld und Waren lagen. Da sprach Hallfred:



***
16
Goldes Träger, trügerisch,
Traun nie konnt' er schaun mich.
Selbst mein graues Silber
Schwerts ich verehrte.
Des Schlachtvolks Schlichter
Schenkt' ich Gutes, denk' ich:



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Hin zur Hel doch wollt' mich
Hau'n der tücksche Gauner 1.

Darauf ritt Hallfred weiter nach Osten über die Berge, fand aber schlechte Wege.


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