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Vier Skaldengeschichten


Übertragen von Felix Niedner

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


1. Ottar und Avaldi

Ein Mann hieß Thorvald mit dem Beinamen der Schlichter (Skiljandi). Er wohnte auf der Insel Ylf in Helgeland (Halogaland). Seine Frau hieß Thorgerd und war die Tochter Hallfreds. Ihr Bruder hieß Galti. Er war ein mächtiger Mann und wohnte in Sogn. Die Söhne Thorvalds waren Ottar und Thorkel Silber (Silfri). Thorkel war ein Bastard. Jngjald hieß ein Mann. Der wohnte auch auf der Insel. Sein Sohn hieß Avaldi. Ottar lebte bei Jngjald.

Sokki hieß ein Wiking. Der war stark und schwer zu bestehen. Er zog weit auf Heerfahrten umher und war ein Freund der Gunnhildsöhne 1. Diese herrschten nämlich damals in Norwegen. Er kam eines Nachts zu Thorvalds Gehöft. Seinen Mannen hatte er gesagt. sie würden dort reiche Beute machen können, denn da wohne ein reicher Mann. "Wir wollen Feuer an das Gehöft legen;" Das taten sie auch. Thorvald ging zur Tür und frug, wer den Brand angelegt habe. Sokki nannte sich. "Wofür haben wir zu büßen:" frug Thorvald weiter, "ich wüßte nicht, das ich dir etwas zuleide getan hätte." Sokki erwiderte: "Wir Wikinger fragen danach nicht. Wir wollen dein Leben und dein Gut haben." "Darüber habt ihr für diesmal Gewalt," versetzte Thorvald. Nun suchten die Wikinger das Gehöft mit Feuer und Schwert heim. Es endete damit, daß Thorvald dort drinnen mit vierzehn Mann verbrannt wurde, einige aber entkamen aus den Flammen. Die Wikinger nahmen alles Gut weg, dessen sie habhaft werden konnten.

Einige von Sokkis Leuten gingen nun zu Ingjalds Gehöft und legten auch dort Feuer an. Er ging zur Tür und bat um freien Abzug für seine Mannen. Der wurde aber nicht gewährt. Da ging Jngjald zu den Knaben Ottar und Avaldi und sagte: "Mein Schicksal scheint hier besiegelt. Ich möchte euch aber gern aus dem Feuer haben, daß ihr länger leben könntet. Ich will euch durch eine geheime Tür ins Freie lassen. Ihr hättet



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dann noch reichliche Aussicht dies zu rächen, wenn ihr später wieder emporkämt." Sie erwiderten, das wollten sie gern, für jetzt aber sähen sie keine Möglichkeit dazu. Darauf wurden sie durch die geheime Tür herausgelassen und entkamen durch den Rauch ins Freie.

Sie liefen, vorbei an Feuer und Waffenlärm, weiter auf die Insel, und da ihnen zu leben bestimmt war, entkamen sie und trafen einen Bauer; der auf der Insel wohnte. Ottar sagte nun: "Willst du uns ans Festland bringen Der Bauer, der sie kannte, tat dies. Sie kamen nun zu einem Heringsboot, das Fischern aus Waag (Vagar) in den Lofoten gehörte. Sie sagten, sie wären arme Burschen und nahmen dort Dienst, Nun fuhren sie, bis sie nach Sogn kamen. Da sagten die Knaben, sie wollten weiter in den Fjord hinein. "Hier haben wir verwandte." Der Führer des Heringsbootes sagte: Es soll geschehen, wie ihr wollt. Ihr habt es hier nicht schlechter als dort, wo wir euch trafen, ihr habt uns wacker gedient und werdet wohl bald noch tüchtigere Männer werden." Darauf trennten sie sich.

Spät am Tage kamen sie zu Gatti, Ottars Mutterbruder, und setzten draußen vors Haus. Gatti ging zu ihnen und frug, wer sie wären. Ottar nannte ihre Namen. "Dann sollt ihr sehr willkommen sein," versetzte Gatti, "geht zur Bank!" Sie wurden nun dort sieben oder acht Jahre gut und ehrenvoll behandelt und bald gar tüchtige Männer. Damals war die Schlacht bei Fitje (Fitjar), der König Hakon fiel, so daß die Gunnhildsöhne nun allein herrschten.

Eines Tages sagte Gatti: "Dich, Ottar, schätze ich so ein, daß du der Tüchtigere von euch zieh brüdern bist, ich hoffe, du wirst einmal ein gewaltiger Held werden. Nun stehe es jetzt aber in Norwegen so, daß ich mir nicht getraue, euch weiter hier zu behalten. Denn die Männer, die durch die Erschlagung eurer Väter schwere Schuld gegen uns auf sich geladen haben, werden fürchten, daß ihr beide noch einmal wieder in die Höhe kommt, wenn sie wissen, daß ihr am Leben seid. Ich werde euch einen Kaufschilling geben. Dann sollt ihr nach England segeln und zusehen, was weiter mit euch wird." Ottar sagte,



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er wolle nach seinem Rat handeln. Gasti hatte vorher ihren Landbesitz verkauft und dafür Geld erhalten. Nun fuhren die zieh brüder Ottar und Avaldi außer Landes, kamen nach England und erwarben sich dort Gut. Drei oder vier Jahre waren sie auf Segelfahrten nach England unterwegs gewesen, und ihr Besitz war jetzt groß. Sie fuhren dann nach den Orkneys und wurden dort von tüchtigen Männern reich geehrt. Da sprach Ottar zu Avaldi: "Ich habe im Sinn, einen Island fahrer zu kaufen und dorthin zu ziehen. Doch möchte ich, daß wir zunächst unsere väter rächten, ehe wir hier ganz flott werden." Avaldi sagte, er möge die Sache nur in die Hand nehmen . Darauf kauften sie sich ein tüchtiges Schiff und bemannten es. Sie segelten nach Norwegen und gingen zu Gatti nach Sogn, dem sie ihr vorhaben mitteilten. Gatti gaste:"Das trifft sich gut, Sokki liegt nicht weit von hier mit seinem Schiff, er schläft aber nachts in einer Oberstube am Lande. Ich werde euch einen Mann mitgeben, der über all das wohl Bescheid weiß. Sockt aber wird kaum sehr auf der Hut sein."


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