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Vier Skaldengeschichten


Übertragen von Felix Niedner

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


22. Die Zauberin Thordis

Ein Mann hieß Thorolf. Er wohnte zu Hexenfeld, und die Weissagerin Thordis, die wir früher erwähnten, war seine Frau. Die waren beide auf dem Thing, und gar mancher meinte, Thordis' Hilfe wäre viel wert. So suchte sie auch Thorvard auf und bat sie um Unterstützung gegen Kormak , indem er ihr Geld bot. Thordis stärkte ihn, soweit sie konnte, für den Holmgang.

Kormak sagte seiner Mutter, was er vorhatte. Sie frug, ob er auf Erfolg für sich dabei hoffe: "Warum nicht:" versetzte Kormak. Dalla sprach:"Doch wirst du, wie es jetzt steht, kein Glück haben, denn Thorvard wird kaum kämpfen wollen, ohne daß ihm eine Zauberin hilft! Es scheint mir ratsam, daß du die Weissagerin Thordis aufsuchst, denn ohne bösen Zauber wird es in dieser Sache nicht abgehen." "Das sagt mir gar nicht zu," erwiderte Kormak. Indes ging er zu Thordis und bat sie um Hilfe. Sie sprach: "Du bist zu spät gekommen: ibn verwundet schon keine Waffe mehr. Doch will ich dir meine Hilfe nicht versagen. Bleibe bier zur Nacht. Vielleicht widerfährt dir hier Glück, und ich kann es so einrichten, daß auch dich kein Eisen versehrt."

Kormak blieb nun bei Thordis die Nacht. Als er aber erwachte, spürte er, daß jemand unter der Decke nach seinem Haupte griff. Er frug, wer da sei. Schon aber war die Erscheinung fort und zur Haustür hinaus, Kormak lief hinterdrein. Da sah er, daß es Thordis war, und sie stand schon auf dem Platz, der zum Holmgang bestimmt war, und trug unter dem Arm eine Gans. Kormak frug, was das alles solle, aber



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sie setzte die Gans nieder und sprach: "Kannst du denn nicht still sein:"

Da legte sich Kormak wieder nieder, doch hielt er sich wach, da er wissen wollte, was Thordis weiter vornähme. Sie kain dreimal im ganzen, und jedesmal versuchte er herauszubekommen, was sie vorhabe. Das dritte Mal, als Kormak herauskam, hatte sie zwei Gänse geschlachtet und das Blut in eine Schüssel rinnen lassen. Sie hatte eben die dritte Gans ergriffen, um sie zu schlachten. Da frug Kormak: "Mütterchen, was soll das bedeuten:" Thordis sagte: " So bleibt es doch wahr, Kormak, daß man dir schwer helfen kann. Ich gedachte den Zauber zu brechen, den Thorveig auf dich und Steingerd beschworen hat. Eure Liebe wäre nun endlich glücklich geworden, hätte ich die dritte Gans schlachten können, ohne daß es jemand sah." Kormak erwiderte: "Solch Zeug glaube ich nicht," und dann sprach er die Weise:



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Zahlt' um hohes Ziel hier
Zoll: Sieg auf dem Holmgang.
Auf der Walstatt weilend
Woran schlachtet Thordis
Bitte: auf solches Blut nicht,
Brenn' ich von zwei Gänsen!
Asenmettranks-Mittlern,
Mir das bietet du hier an 1 ?

Sie gingen nun auf den Salm. Thorvard gab der Thordis mehr Geld, und der Opferstier wurde vorgeführt. Kormak sagte die Weise:



***
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Tück'scher Troll behexte
Trägerin der Seeglut!
Keiner trauen kühnlich
Kann der Frau des andern!
1



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Will des schlimm die Völva Walten, daß ich falle: Weiß ich's, ob gewiß Leid Wirkt im Holmbezirk sie 1?

Thordis sagte: "Ich kann es so einrichten, daß dich niemand erkennt!" Kormak begann sie zu schelten uno rief, sie verursache doch nur Unglück. Er wollte sie aus der Tür erren, um ihr beim Sonnenschein in die Augen zu sehen. Sein Bruder aber hielt ihn zurück und sagte, das brächte nichts Gutes. Steingerd erklärte nun, sie wolle zum Holm kommen, und so geschah es. Als Kormak sie sah, sprach er diese Weise:



***
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Helmgeschmückt sum Holme
Heut ich schritt erneut, Maid.
Weiß nicht, Holde, was doch
Wehrt uns, daß wir zärtlich:
Zweimal konnt' ich kühn die
Klinge für dich schwingen.
Wogenfeuers Fürstin,
Finde mich lieb, nicht Tintein ':

Darauf stritten sie. Kormaks Schwert wollte nicht schneiden, und so wechselten sie eine Zeitlang Hiebe, ohne daß ihre Waffen verwundeten. Zuletzt hieb Kormak dem Thorvard mit einem so mächtigen Schlag in die Seite, daß jener taumelte. Rippen waren Thorvard gebrochen. Er war kampfunfähig, und so schieden sie. Kormak sah nach dem Opfersner und hieb ibn nieder. Ihm war warm geworden. Er nahm den Helm vom Haupte und sprach die Weise:



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Fuhr Goldes Föhre,
Fort zum Holmgang dorthin.
Dritten derben Streit
Deinhalb wag' heut', Steingerd!



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Wunden schlug's Schwert wenig Wohl in diesem Holmgang: Lästige Zauberin ließ ihm Listig keine Bisse"

Er wischte sich den Schweiß an Steingerds Mantelzipfel ab. Dann sprach er:



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Oft von schwierigem Schwertkampf
Schweiz abtruck'ne ich, heißen:
Mehr doch hast du mir ja,
Maid, an Qual bereitet!
Mistkarr'nfübrer müßig
Mag zur Bank sich schlagen:
Läg' er tot: viel litt' ich
Lichte, um dich: nun dicht' ich 2!

Kormak bai dann die Steingerd mit ihm zu gehen. Sie sprach aber, sie suche sich den Mann, den sie wolle, und so trennten sie sich, jeder unwillig über den andern.

Thorvard wurde heimgebracht, und Steingerd verband ihm die Wunden. Kormak besuchte jetzt Steingerd immer. Thorvard genas langsam, und als er wieder auf die Füße kam, ging er zu Thordis und frug sie, wie er am besten ausheile. Sie sprach: "Nicht weit von hier ist ein Hügel, in dem Elfen hausen. verschabt dir den Stier, den Kormak erschlug, und röte mit dem Blut des Bullen den Hügel, vom Fleisch aber rüste den Elfen im Hügel ein Opfermahl. Dann wird es dir bald besser gehen." Darauf sandten die Brüder zu Kormak, um den Stier kaufen. Er sagte, er wolle den Kauf nicht abschlagen, er müsse aber dafür Steingerds Ring haben. Sie empfingen von Kormak für den Ring den Bullen und verfuhren mit diesem, wie Thordis gesagt hatte. Kormak aber sprach:



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Bald den Opferbullen
Bringt man heim zu Tintein.
1 Goldes Föhre ist Steingerd, die Zauberin Thordis. --Der müßig der
Halle sitzende Mistkarrenführer ist wieder Thorvald Tintein.



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Frau, die Kormak freute,
Frägt die Klingenträger:
"Web! mein Ring, der wonn'ge!
Wo ließt ihr zum Lohn ihn:"
Ihn trägt —sein Schmerz endet —
Ögmunds Sohn, der dunkle" "

Kormaks vermutung erfüllte sich: Steingerd war zornig darüber daß man ihren Ring verschenkt hatte.


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