Vier Skaldengeschichten
Übertragen von Felix Niedner
Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914
5. Der Fluch der Zauberin
Eine Frau hieß Thorveig. Sie war sehr zauberkundig. Sie wohnte zu Steinstedt (Steinstadir) im Mittfjord. Sie hatte zwei Söhne. Der ältere hieß Odd, der jüngere Gudmund . Beide waren große Prahlhänse. Odd besuchte gern Thorkel in Zunge und saß dann immer im Gespräch mit Steingerd. Thorkel schlich sich in das vertrauen der Brüder und reizte sie auf, Kormak einen Hinterbalt zu legen. Odd sagte, das überstiege seine Kraft nicht. Eines Tages kam Kormak wieder nach Zunge. Steingerd war im Saal und saß auf der Frauenbank. Die Söhne der Thorveig saßen in der Stube und waren gerüstet den Kormak zu überfallen, wenn er hereinträte. Thorkel aber hatte an der einen Seite der Tür ein gezogenes Schwert angebracht, an der anderen Seite Narfi eine Sense an ihrem langen Schaft. Und als Kormak an die Saaltür kam, fiel die Sense von oben herunter. Sie traf auf das Schwert; und eine große Scharte ward in dieses gerissen. Da kam Thorkel dazu. Er warf dem Kormak vor, daß er nur Unheil anrichte, und nannte ihn einen Schurken. Dann kehrte er eilig in die Stube zurück und rief die Steingerd heraus. Er ging mit ihr durch eine andere Tür aus dem Saal und schloß
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sie in ein Nebenhaus ein. Er sprach, Kormak und sie sollten sich nicht wieder sehen. Kormak ging in die Stube. Er sah rüstiger drein als man vermutet hatte, und die Brüder gerieten in großen Schrecken. Kormak blickte umher, ohne Steingerd zu gewahren. Als er sah, wie die Söhne Thorveigs ihre Schwerter wetzten, machte er sofort kehrt und sprach die Weise:
Staune, Hrungnirs Standort Stieß das Schwert der Wiese: Seil zur Frau ich wollte Wallen in die Halle, Drohst du Böses: besser Bist du dran gewiß nicht. Wilde Rache wohl zu Webt dir "Odins Mettrank"'! |
Da Kormak die Steingerd nirgends fand, sprach er diese Weise:
Sie ging aus dem Saale. Sehnsucht's Herz mir dehnet. Wüst die Halle: was nun Wird sein ihre Zierde: Jetzt nach jedem Platz hin Jagt mein Auge Sagend: Kein Blick kann das schöne Kind im Hause finden! |
Nach einer Weile kam Kormak zu dem Nebenhaus, in dem Steingerd war, brach es auf und sprach mit ihr. Sie sagte: "Unvorsichtig ist es von dir, daß du mich zum Gespräch auf
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suchst. Die Söhne Thorveigs wollen dir ans Leben." Da sprach Kormak:
Schwerter wetzend sitzen Seh ich meine Gegner, Niedre Bauernbengel: Bringt mich nicht um, Schlingel Nah 'n mir auf der Mark sie, Maid, zum Kampfe beide: Ist's, als schüfen Schafe Schlimmen Tod dem Grimm-wolf. |
Kormak saß nun dort den Tag über. Thorkel sah jetzt ein, daß der Anschlag mißlungen sei, den er ersonnen hatte. Nun bat er die Söhne Thorveigs Kormak in einem Tal außerhalb seines Gehöftes einen Hinterhalt zu legen. Da sprach Thorkel: "Narfi soll euch begleiten. Ich aber will daheim bleiben und euch Hilfe senden, wenn ihr sie bedürfet." Am Abend ging Kormak nach Hause, als er aber unterwegs zu dem Tal kam, sah er die Männer und sprach folgende Weise:
Eines Mädchens Anblick Alle fern mir halten. Spähen g'nug, daß der Gna der Goldbort 'ich nicht hold sei. Doch umsonst, je emf'ger Auch die Feind' auftauchen, Desto fester fass' die Frau in Lieb 'ich —traut drauf ': |
Da liefen die Söhne Thorveigs hinzu und fochten lange wider Kormak. Narfi drückte sich im Hintergrund vom Kampfe. Thorkel sah von seinem Hause aus, daß die Brüder nicht recht vorwärts kamen, und ergriff seine Waffen. In dem Augenblick kam Steingerd aus ihrem Gemach und sah, was ihr Vater vorhatte. Sie hielt ihn an den Händen zurück, und er konnte den Brüdern nicht zu Hilfe kommen. So siel schließlich Odd, Gudmund aber wurde kampfunfähig und starb bald darauf. 1
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Darauf zog Kormak heim, und Thorkel sah nach den Brüdern. Bald darauf suchte Kormak die Thorveig auf und sagte ihr, er wolle nicht, daß sie länger ihr Haus im Fjord habe zu bestimmter Stunde wirst du fortziehen, und ich weigere dir jede Buße für deine Söhne." Thorveig sprach:"Du kannst es leider leicht durchsetzen, daß ich aus der Gegend verbannt werde und meine Söhne ungerochen bleiben. Aber so werde ich mich rächen: "Nie sollst du Steingerd zu eigen haben 1." Kormak erwiderte: "Darüber wirst du keine Gewalt haben, du böse alte Hexe!
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