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Vier Skaldengeschichten


Übertragen von Felix Niedner

Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1914


3 .Kormak verliebt sich in Steingerd

Ein Mann hieß Thorkel, der wohnte auf Zunge (Tunga). Er war verheiratet und hatte eine Tochter, namens Steingerd. Sie wurde in Felstal (Gnupsdal) aufgezogen. In einem Herbst trieb ein Wal in Seespitz (Vatnsnes) ans Land, und er gehörte den Brüdern, den Söhnen Dallas. Thorgils frug Kormak, ob er lieber in die Berge zu den Schafen wolle oder mit zur Zurichtung des Wales. Er zog es vor mit den Knechten in die Berge zu geben. Ein Mann hieß Tosti. Das war ein Aufseher: er hatte für die Einsammlung der Schafe zu sorgen. So gingen er und Kormak zusammen, bis sie nach Felstal kamen. Da blieben sie die Nacht. Dort war eine große Halle, und Feuer waren angemacht, an denen die Männer sitzen konnten.

Am Abend kam Steingerd aus ihrem Frauengemach und eine Magd mit ihr. Da hörten sie im Saal die fremden Männer. Die Magd sagte: "Liebe Steingerd, wir wollen uns die Gäste anschauen." Sie sagte, dazu fühle sie kein Bedürfnis, ging aber doch zur Tür, trat auf die Schwelle und lugte über das Pförtchen in die Halle. Es war unten ein kleiner Raum zwischen Tür und Schwelle 1. Da schimmerten ihre Füße durch. Kormak sah das und sprach diese Weise:



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***
1
Starke Minne, ich merkt' es,
Meine Sinne einzwang.
An der Schwelle — wie schwillt's Herz —
Schwebt's: ein Fuß dort hebt sich:
Oft noch Fährnis fürchtet
vor dem Knöchel Kormak!
Wohin mag mich, weh, dies
Weib dereinst noch treiben:

Nun merkte Steingerd, daß sie gesehn war. Sie wandte sich zu 'dem Hagbard-Schnitzwerk an der Wand und lugte unter Hagbards Bart hervor. Jetzt fiel das Licht des Feuers aus der Halle hell auf ihr Antlitz. Da sagte Tosti: "Kormak, siehst du die Augen dort draußen bei dem Hagbardshaupte 1 ?" Kormak sprach die Weise:



***
2
Dort über Hallens Holzstoß
Helle Glut mich quälet.
Lichte Augen leuchten;
Lachen kaum mir bracht' das:
Zarter Knöchel Zier dann
Zieht mein Auge nieder.
Sah nicht mehr —doch Sehnsucht,
Schlankes Weib, trag' lang' ich.

Und abermals sprach er:



***
3
Weib, dein Wimperhimmel
Weiß lacht. Drunter gleißend,
Linnenschmucke, lockt dein
Lichter Brauenmond mich stets.
Falkengleich mir folgt dein
Fragend Aug ': ach Plage,
Bittre, nur uns beiden
Bringt es, holde Ringmaid 2 !



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Tosti sagte: "Unverwandt starrt sie auf dich." Kormak sagte:



***
4
Wandtest dein Auge, Wonn'ge,
Wenig von mir: Sehnsucht
Litt ich, barg mein Leid nicht,
Lichten Goldschmucks Fichte,
Als du, Braut des Brettspiels,
Bogst dich fort und trogst mich,
Hier auf mich stets her am
Hagbard-Kinne starrtest 1.

Darauf gingen die Mädchen in die Halle und setzten sich nieder. Kormak hörte, was sie über sein Aussehen sagten. Die Magd meinte, er sei dunkel und häßlich, Steingerd aber, er wäre schön und könnte nicht besser aussehen — " nur einen Fehler hat er — die buschige Locke auf der Stirn." Da sprach Kormak die Weise:



***
5
Eyr des Goldes, dich ärgert
Eins an mir, so klein's ist.
liste, in Frau' n schwatz leichthin
Ließest du's einfließen !
Sprachst: "Unedler Anblick!
Irrt die Locke so wirr doch
des Skalden Antlitz!
Ei! Ich kenn' die Weiber 2!

Steingerd sagte: "Seine Augen find schwarz, Schwester, und das steht ihm nicht gut." Dies hörte Kormak und sprach die Weise:



***
6
Schwarz mein Auge, Schmucke,
Strahlt, und allzufahl dir
Dünkt mein Antlitz, denk' ich
Dir zu nahen bier, Maid:



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Doch mich Frauen freuten Viel im Liebesspiele! Zarter als manch Zierbursch Zaubert Kormak, glaub' ich!

In diesem Hause brachten sie die Nacht zu. Am Morgen, als Kormak aufgestanden war, ging er zu einem Wassertrog und wusch sich. Darauf ging er ins Frauengemach, sah aber niemand dort. Er hörte aber ,Stimmen drinnen in der Stube, kehrte wieder um und trat ein. Da war Steingerd mit ihren Frauen. Die Magd sprach zu Steingerd: "Hier kommt jetzt dein schöner Mann, Steingerd." Sie erwiderte: "Ganz gewiß ist es ein hübscher Kerl." Steingerd kämmte sich. Kormak sprach:"Leihst du mir den Kamm :" Steingerd reichte ibn dem Kormak. So schönes Haar wie sie hatte keine Frau. Die Magd sagte: "Du würdest viel dafür geben, wenn du ein Weib mit solchem Haar und solchen Augen wie Steingerd hättest!" Kormak sprach diese Weise:



***
7
Blickt Ale-Sagas 1 Aug' mich
An, nicht schätzen kann ich's
Ein im lichten Antlitz
Unter —sage: ,dreihundert'.
Fünfhundert' doch hin gleich,
Hartes Freyja, wortlos
Hier ich für dein herrlich
Haupthaar zahl': das glaub' mir!

Die Magd sprach " Eure Neigung ist gegenseitig, aber wie hoch würdest du erst die ganze Steingerd einschätzen müssen!" Kormak sprach diese Seife:



***
8
Mädchen, das mich meidet,
Miss' um dich ganz Island!



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Wünsch' Hunnland von hinnen, Hei, und Dänemarks Eiland Höher schätz' Haarspeers Eyr ich Hier als selbst Grün-Irland. Gunn der Sundessonne, ich Schenke mir deint' halb England"

Nun kam Tosti herein, um Kormak zur Arbeit abzuholen. Kormak sprach diese Weise:



***
9
Rasch, mein lustig Rößlein,
Reit' du in die Weite!
Peitsche laß, nicht lässig
Los drauf, müder Tosti!
Wonne mehr bringt mir ja
Mein Gespräch mit Steingerd.
Wie des braunen Wolltiers
Weid' auf felsiger Heide !

Tosti meinte, das möchte ihn allerdings kurzweiliger dünken, und ging fort. Kormak aber setzte sich zum Brettspiel nieder und war sehr vergnügt. Steingerd sagte, er unterhielte besser, als man von ihm erzählt hätte. Dort saß er den Tag über. Da sprach er diese Weise:



***
10
Taufrischen Haars Freyja
Freute nach Bads Lust heut' mich.
Hier in meinen Haaren
Heert' ihr Locken speer ein.
Wonnige kannt' mich wenig:
Waltete Stück des Skalden!
Immer, Eyr der Fjordglut,
dich soll's mich mahnen ':



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Tosti kam nun von den Bergen zurück, und sie zogen heim, von jetzt ab wandte Kormak gern seine Schritte nach Felstal, um Steingerd zu treffen, und er bat seine Mutter, ihm schmucke Kleider zu machen, damit er Steingerd immer besser gefiele. Dana meinte, der Abstand zwischen ihnen wäre doch sehr groß, und es sei sehr ungewiß, ob ihnen diese Liebe zum Heil ausschlüge , wenn Thorkel auf Zunge davon erführe.


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